Magen-Darm-Blutung (Gastrointestinale Blutung) – Weitere Therapie
Danke Vorgehen und Risikoeinschätzung
- Das Vorgehen bei einer gastrointestinalen Blutung (GIB) muss sich primär an der klinischen Symptomatik und Lokalisation der Blutungsquelle orientieren.
- Eine okkulte Blutung kann in Ruhe zeitnah im Regelfall ambulant abgeklärt werden:
- Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD; endoskopische Untersuchung des Ösophagus (Speiseröhre), des Gaster (Magen)) und des Duodenum (Zwölffingerdarms)) und/oder
- Ileokoloskopie (endoskopische Untersuchung des Colons (Dickdarms), des Caecums (Blinddarm) und des terminalen Ileums (die letzten zehn bis 15 Zentimeter des Krummdarms)).
- Kapselendoskopie (bei Verdacht auf eine mittlere GIB)
- Ein schwerer hämorrhagischer Schock bedarf der umgehenden stationären Diagnostik und Therapie.
- Eine okkulte Blutung kann in Ruhe zeitnah im Regelfall ambulant abgeklärt werden:
- Zur ersten Risikoeinschätzung erfolgt eine Anamnese inkl. Medikamentenanamnese (ggf. auch Fremdanamnese), der sich eine klinische Untersuchung und die Erhebung der Vitalparameter (Blutdruck, Herzfrequenz, O2-Sättigung) anschließt.
- Typischerweise führt eine obere GIB häufiger zur stationären Aufnahme als die untere GIB.
Die Therapie der gastrointestinalen Blutung (GI-Blutung, GIB) richtet sich generell nach der Ursache [2]:
Blutungstyp | Ambulant oder stationär | Therapie bzw. Vorgehen |
Nicht-variköse Blutung (z. B. Ulkusleiden, Antikoagulation) |
Je nach Risikoabschätzung |
|
Variköse Blutung (z. B. bekannte Leberzirrhose) | Sofortige stationäre Aufnahme |
|
Vermutete untere gastrointestinale Blutung (okkultes Blut im Stuhl, gelegentliche Blutauflagerungen) | Bei eindeutig stabiler klinischer Situation und niedrigem Risikoprofil ambulant | |
Vermutete untere gastrointestinale Blutung und Hinweisen auf eine akute Gefährdung durch die Blutung (z. B. eine intermittierend schwere Hämatochezie mit vegetativer Reaktion) | Sofortige stationäre Aufnahme | |
Hämorrhagischer Schock bei vermuteter nicht-variköser oberer gastrointestinaler Blutung | Sofortige stationäre Aufnahme |
|
Beachte:
- Eine Notfallendoskopie zur Blutstillung ist auch unter Thrombozytenaggretationshemmer oder Antikoagulantien möglich und sinnvoll.
- Bei Vorhofflimmern wird eine überbrückende Therapie perioperativ mit niedermolekularen Heparin nicht mehr empfohlen
Ca. 80 % der GIB sistieren spontan, das heißt hören von alleine auf zu bluten.
Bei einer gastrointestinale Blutung erfolgt die gezielte Blutstillung nach dem sogenannten EURO-Konzept:
- Endoskopieren (Betrachten des betroffenen Organs mittels einer Glasfaseroptik)
- Unterspritzen (mit NaCl 0, 9 % und/oder Adrenalin), Fibrinkleber, Clipping (Klippen), Laserkoagulation
- Rezidivgefahr abschätzen (Gefahr des Wiederauftretens)
- Operieren
Weitere Hinweise [2]
- Zur endoskopischen Stillung nicht-variköser Blutungen können die Injektionstherapie, mechanische Verschlüsse (Hämoclips) sowie thermische Verfahren ("auf Wärme beruhend": z. B. Radiofrequenzablation) verwendet werden.
- Für Blutungen die unter Anwendung der Standardverfahren nicht sistieren, können „over-the-scope clips“ oder Hämostasesprays genutzt werden.
- Bei Hochrisikostigmata (Stadien: FIa, FIb, FIIa) soll nach initialer Injektionstherapie ein zweites endoskopisches Hämostaseverfahren (mechanisch oder thermisch) erfolgen, um eine Rezidivblutung (Wiederauftreten einer Blutung) zu vermeiden.
- Bei Hochrisikopatienten mit oberer gastrointestinaler Blutung hat sich eine rasche Endoskopie nicht als vorteilhaft erwiesen: Der primäre Endpunkt der Studie (Tod innerhalb der ersten 30 Tage) trat nach der frühzeitigen Endoskopie mit 8,9 % häufiger auf als in der Kontrollgruppe, wo nur 6,6 % der Patienten innerhalb der ersten 30 Tage verstarben. In der Kontrollgruppe verging im Schnitt 16,8 Stunden bis zur Endoskopie; in der "Urgent"-Gruppe 2,5 Stunden.
Möglicherweise hat die Säurehemmung, die bei beiden Patientengruppen sofort durchgeführt wurde, in der Kontrollgruppe die Abheilung von Ulzera (Geschwüre), aus denen es am häufigsten blutet, gefördert [4]. - Eine Blutung aus Neoplasien (Neubildungen) im Gastrointestinaltrakt sollte primär endoskopisch therapiert werden.
Bei einer Ösophagusvarizenblutung ist die Gummibandligatur die Standardtherapie.
Medikamentöse Therapie
Folgende symptomatische Therapie kann initial durchgeführt werden [2]:
- Schockbekämpfung, d. h. flach lagern, großlumige Zugänge legen, Volumengabe, Sauerstoffgabe
- Bei unzureichendem Ansprechen auf eine Volumentherapie können im hämorrhagischen Schock passager Katecholamine zur Kreislaufstabilisierung eingesetzt werden.
- Erythrozytenkonzentrate
- Patienten mit vermuteter gastrointestinaler Blutung sollen allogene Erythrozytenkonzentrate erhalten, sodass der Hämoglobin-Wert zwischen 7-9 g/dl stabilisiert wird.
- Bei einem Hämoglobin-Wert über 10 g/dl und fehlenden klinischen Zeichen einer anämischen Hypoxie (Sauerstoffmangel aufgrund von Blutarmut) sollten keine Erythrozytenkonzentrate transfundiert werden.
- Die Indikation für eine Transfusion entspricht überwiegend einem pH-Wert < 7 g/dl.
- Bei massiver gastrointestinaler Blutung und hämorrhagischem Schock können Erythrozytenkonzentrate nach klinischer Einschätzung (unabhängig vom Hämoglobinwert) gegeben werden.
- Patienten mit vermuteter gastrointestinaler Blutung sollen allogene Erythrozytenkonzentrate erhalten, sodass der Hämoglobin-Wert zwischen 7-9 g/dl stabilisiert wird.
- Bei vermuteter variköser oberer gastrointestinaler Blutung können Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker) verabreicht werden (auch bei variköser Blutung, da die Unterscheidung zwischen variköser und nichtvariköser Blutung nicht zuverlässig ist)
Detaillierte medikamentöse Therapie zur Schockbehandlung finden Sie unter "Schock".
Operative Therapie
- Varizenblutung: Intrahepatische Stent-Shunt (TIPS; transjugulärer intrahepatischer portosystemischer (Stent-)Shunt; angiografisch geschaffene Verbindung zwischen der Pfortader und der Lebervene durch die Leber hindurch (portosystemischer Shunt)) kann die Rezidivblutung aus Ösophagusvarizen (Krampfadern der Speiseröhre) besser verhindern.
- Blutungen aus dem Magen:
- Applikation von Ligaturgummibändern
- Radiofrequenzablation (RFA) – z. B. beim GAVE (engl. "gastric antral vascular ectasia")-Syndrom
- Argonplasmakoagulation (APC) – bei Blutungen aus Angiodysplasien (kleine Herde oder Knötchen von Blutgefässen, vor allem kleinen Arterien)
- Akute peptische Ulkusblutung (magensaftbedingte Geschwüre): Hämospray zur Blutstillung sowie 72 h hoch dosierte Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI
- Dieulafoy-Ulcus (Dieulafoy-Läsion oder Exulceratio simplex) ist eine seltene Form eines blutenden Magengeschwürs (Ulcus ventriculi); endoskopische Bandligatur effizienter im Vergleich zur Elektrokoagulation mit einer Blutstillungsrate von über 90 Prozent [1].
- Radiogene Proktitis (Strahlentherapie-bedingte Entzündung des Mastdarms) – Radiofrequenzablation (RFA)
Weitere Hinweise [2]
- Eine Notfallendoskopie zur Blutstillung ist auch unter Thrombozytenaggretationshemmer oder Antikoagulantien möglich und sinnvoll.
- Bei akuter Blutung oder klinisch instabiler Situation soll die Antikoagulation bis zur Notfallendoskopie ausgesetzt werden.
- Bei schwerer gastrointestinaler Blutung kann die Antikoagulation (NOAKs, Vitamin-K-Antagonist) vor der endoskopischen Blutstillung antagonisiert werden.
- Propofol scheint als Sedativum zur Notfallendoskopie bei gastrointestinaler Blutung sicher zu sein.
- Die intravenöse tägliche Prophylaxe eines Stressulkus (= Stressprophylaxe) bei Intensivpatienten mit Pantoprazol (40 mg Bolus) kann die Rate von gastrointestinalen Blutung zwar leicht senken, war aber ohne Einfluss auf die Mortalität [3].
Hinweis zu Wiederaufnahme von Antikoagulantien (Gerinnungshemmer): Die die Therapie mit oralen Antikoagulantien (OAK) kann innerhalb einer Woche nach der gastrointestinalen Blutung mit einem DOAK in der geringstmöglichen Dosis wieder aufgenommen werden; für einen Vitamin-K-Antagonisten gilt dieses mit einem INR-Zielwert von 2-2,5. Fall zuvor eine Triple-Therapie verordnet war, sollte auf eine duale Therapie umgestellt werden.
Organisationen und Selbsthilfegruppen
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
Postfach 91 01 52, D-51071 Köln
Telefon: 0221-89920, Fax: 0221-8992300 E-Mail: poststelle@bzga.de, Internet: www.bzga.de
Literatur
- Krishnan A et al.: Role of endoscopic band ligation in management of non-variceal upper gastrointestinal bleeding. Trop Gastroenterol. 2013, 34(2):91-94
- S2k-Leitlinie: Gastrointestinale Blutung. (AWMF-Registernummer: 021 - 028), Mai 2017 Langfassung
- Krag M et al.: Pantoprazole in Patients at Risk for Gastrointestinal Bleeding in the ICU N Engl J Med October 24, 2018 doi: 10.1056/NEJMoa1714919
- Lau JYW et al.: Timing of Endoscopy for Acute Upper Gastrointestinal Bleeding. N Engl J Med 2020; 382:1299-1308 doi: 10.1056/NEJMoa1912484
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Gastrointestinale Blutung. (AWMF-Registernummer: 021 - 028), Mai 2017 Langfassung