Hämorrhoiden – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Entstehung von Hämorrhoiden basiert auf einer progressiven Verlagerung und Vergrößerung der Hämorrhoidalgefäßpolster im Analkanal. Diese Gefäßpolster, bestehend aus dem Plexus hämorrhoidalis superior und dem Corpus cavernosum recti, sind normale Strukturen im Enddarm, die zur Kontinenz beitragen. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einer distalen Verlagerung dieser Polster, was zunehmend zu Beschwerden führt.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

  • Verlagerung und Vergrößerung des Hämorrhoidalplexus
    • Die sogenannte „sliding anal lining“-Theorie beschreibt die fortschreitende Verschiebung der Hämorrhoidalpolster nach distal (von der Körpermitte weg). Dies geschieht durch den Zerfall muskulärer und elastischer Fasern, die normalerweise den Plexus hämorrhoidalis stabilisieren.
    • Während das Pressen bei der Defäkation (Stuhlentleerung) möglicherweise eine Rolle bei der Entstehung spielt, wird dies in jüngerer Forschung zunehmend infrage gestellt. Stattdessen könnte der Mechanismus primär in einer Gewebeschwäche liegen.
  • Stabilitätsverlust des Bindegewebes
    • Studien zeigen, dass Menschen mit Hämorrhoidalleiden ein signifikant niedrigeres Verhältnis von Kollagen Typ I zu Typ III aufweisen. Kollagen Typ I bietet hohe mechanische Stabilität, während Kollagen Typ III eine weniger stabile Struktur hat. Ein höherer Anteil an Kollagen Typ III im Bindegewebe schwächt die Stabilität und begünstigt die Entstehung von Hämorrhoiden [1].
    • Dieser Gewebeaufbau entspricht auch anderen Erkrankungen mit Bindegewebsschwäche wie Hernien (Bruchsackbildung) oder der Aortendissektion (Aneurysma dissecans aortae; Aufspaltung (Dissektion) der Wandschichten der Aorta) [2].

Sekundäre pathophysiologische Mechanismen

  • Gefäßstauung und Volumenzunahme der Gefäßpolster
    • Die lokale Stauung und das erhöhte Blutvolumen führen zur Vergrößerung des Plexus hämorrhoidalis. Dieser Prozess trägt zum Entstehen der Hämorrhoidenknoten bei und kann zu Symptomen wie Juckreiz, Blutungen und Prolaps (Vorfall) der Gefäßpolster führen.
  • Einfluss erhöhter intraabdominaler Drucke
    • Erhöhter Druck im Bauchraum, etwa durch häufiges Pressen, chronische Obstipation (Verstopfung) oder schweres Heben, kann ebenfalls die Verlagerung des Plexus hämorrhoidalis begünstigen.

Klinisches Bild

Leitsymptome

  • Juckreiz, Brennen und ein Druckgefühl im Analbereich
  • Helles Blut auf dem Toilettenpapier oder auf dem Stuhl (häufiges erstes Anzeichen)
  • Prolapsierende Knoten, die sich im fortgeschrittenen Stadium nicht mehr spontan zurückverlagern lassen

Fortgeschrittene Symptome

  • Schmerzen und erhöhter Druck im Analkanal durch eingeklemmte Knoten
  • Sekundäre Hautirritationen durch austretendes Sekret und Blutungen

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Entstehung von Hämorrhoiden ist ein komplexer Prozess, bei dem sowohl mechanische Faktoren wie die Verlagerung des Hämorrhoidalplexus als auch strukturelle Schwächen im Bindegewebe eine Rolle spielen. Besonders das erhöhte Vorkommen von Kollagen Typ III im Bindegewebe deutet auf eine genetische Veranlagung für die Erkrankung hin. Die Symptome reichen von leichten Irritationen bis zu schwereren Beschwerden wie Blutungen und Prolaps, was eine frühzeitige Diagnose und Behandlung unerlässlich macht.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern: es konnten 102 Regionen im menschlichen Genom identifiziert werden, die Gene enthal­ten, die zu einem erhöhten Risiko für Hämorrhoidalleiden beitragen; die Ergebnisse zeigen, dass Hämorrhoidalleiden zum Teil auf Fehl­funktionen der glatten Muskulatur, der Blutgefäße und des Bindegewebes in diesem Bereich resultieren [3].
    • Bindegewebsinsuffizienz (Bindegewebsschwäche)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Falsche Ernährungsweise – Eine ballaststoffarme, flüssigkeitsarme und fettreiche Ernährung kann das Risiko von Verstopfung und Hämorrhoiden erhöhen.
  • Bewegungsmangel und Haltung
    • Langes Sitzen und Stehen – Führt zu einer verminderten Durchblutung im Beckenbereich, was die Entstehung von Hämorrhoiden begünstigen kann.
    • Sitzende Arbeitshaltung – Erhöht den Druck im Beckenbodenbereich und fördert die Bildung von Hämorrhoiden.
  • Toilettengewohnheiten
    • Verstärktes Pressen bei der Defäkation (beim Stuhlgang) – Wird häufig durch Obstipation (Verstopfung) ausgelöst und belastet die Gefäße im Analbereich.
    • Übermäßig lange Toilettengänge – Verlängerte Sitzzeiten auf der Toilette fördern die Bildung von Hämorrhoiden durch erhöhten Druck im Analbereich.
  • Belastung durch schweres Heben
    • Heben von schweren Gegenständen – Erhöht den Druck im Bauchraum und belastet die Gefäße im Beckenbodenbereich.
  • Übergewicht
    • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas) [2] – Kann zu einem erhöhten Druck im Beckenbereich führen und die Entstehung von Hämorrhoiden

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Obstipation
  • Portale Hypertonie (portale Hypertension; Pfortaderhochdruck) – Erhöhung des Blutdrucks durch eine Lebererkrankung wie beispielsweise Leberzirrhose – knotiger Umbau der Leber mit Funktionsverlust
  • Sphinktersklerose – Starre des Schließmuskels
  • Sphinkterspasmus (Schließmuskelkrampf)
  • Tumoren im Beckenbereich

Weitere Ursachen

  • Schwangerschaft und Entbindung

Literatur

  1. Wess L et al.: Cross linking of collagen is increased in colonic diverticulosis. Gut 1995; 37: 91-94
  2. Langenbach MR et al.: Decreased collagen ratio type I/III in association with hemorrhoidal disease. J Transl Sci 2018; 5: 1-4 doi: 10.15761/JTS.1000278
  3. Zheng T et al.: Genome-wide analysis of 944 133 individuals provides insights into the etiology of haemorrhoidal disease. Gut 2021;70:1538-1549