Erbrechen (Emesis) – Operative Therapie

Erbrechen kann in bestimmten Fällen eine operative Intervention erfordern, insbesondere wenn die zugrunde liegende Ursache eine mechanische Obstruktion (Verlegung des Darms) oder eine strukturelle Erkrankung des Magen-Darm-Trakts (Magen-Darm-System) ist.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Eine chirurgische Intervention ist angezeigt bei:

  • Mechanischem Darmverschluss (Ileus, Verstopfung des Darms durch Blockade) – Insbesondere bei inkarzerierten Hernien (eingeklemmten Eingeweidebrüchen), Adhäsionen (Verwachsungen), Tumoren (Geschwulsten) oder Volvulus (Darmverdrehung).
  • Pylorusstenose (Verengung des Magenausgangs) – umfasst zwei Hauptformen: die hypertrophe Pylorusstenose, eine idiopathische Verdickung der Pylorusmuskulatur im Säuglingsalter, und die narbige Pylorusstenose, die als Spätfolge chronischer Ulkuskrankheit auftritt. Die hypertrophe Form manifestiert sich typischerweise in der 3.-. 6. Lebenswoche mit schwallartigem, nicht galligem Erbrechen, oft nach den Mahlzeiten, sowie einer tastbaren oliveförmigen Resistenz im rechten Oberbauch. Die Pathogenese ist multifaktoriell mit genetischer Prädisposition, meist autosomal-rezessivem Erbgang.
  • Gastroösophagealer Reflux (Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre) mit therapierefraktärer Ösophagitis (unbehandelbarer Entzündung der Speiseröhre) – Indikation zur Fundoplicatio (chirurgische Verstärkung des Speiseröhrenschlusses).
  • Magenausgangsstenose (Einengung des Magenausgangs) – Durch Ulkuskrankheit (Magengeschwüre) oder Tumor (Geschwulst) bedingte Verengung.
  • Perforation (Durchbruch) oder Nekrose (Gewebeuntergang) im Magen-Darm-Trakt – Bei schwerwiegenden Infektionen, ischämischer Kolitis (Darmdurchblutungsstörung) oder toxischem Megakolon (massive Dickdarmerweiterung mit schweren Entzündungen).
  • Magenkarzinom (Magenkrebs) oder intestinale Neoplasien (Krebserkrankungen im Darmbereich) – Resektion (Entfernung des betroffenen Gewebes) zur Vermeidung von Tumor-bedingtem Erbrechen.
  • Chronische Gastroparese (Magenlähmung) – In therapierefraktären (nicht behandelbaren) Fällen kann eine chirurgische Magenentleerungshilfe notwendig sein.
  • Intussuszeption (Einstülpung eines Darmabschnitts in einen anderen) – Vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern, wenn eine manuelle Reposition (Zurückführung) nicht erfolgreich ist.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Schlechter Allgemeinzustand – Hohe operative Risiken bei schwerer Kachexie (starker Abmagerung) oder Multiorganversagen (gleichzeitiges Versagen mehrerer Organe).
  • Nicht-operative Ursachen des Erbrechens – Bei metabolischen (stoffwechselbedingten), neurologischen (das Nervensystem betreffenden) oder psychogenen (seelisch bedingten) Ursachen ist eine OP nicht indiziert.
  • Erfolgreiche konservative Therapie – Wenn alternative Maßnahmen (Ernährungsumstellung, medikamentöse Therapie) das Symptom ausreichend kontrollieren.

Operationsverfahren

Je nach Ursache stehen folgende operative Maßnahmen zur Verfügung:

  • Laparoskopische oder offene Hernienreposition (operative Rückführung eines Eingeweidebruchs) und -rekonstruktion (Wiederherstellung der Bauchwand) – Bei inkarzerierten Hernien (eingeklemmten Brüchen).
  • Gastroduodenale Resektionen (Entfernung von Magen- und Zwölffingerdarmanteilen, z. B. Billroth I oder II, pyloruserhaltende Duodenopankreatektomie) – Bei Tumoren (Krebserkrankungen) oder Magenausgangsstenosen (Einengung des Magenausgangs).
  • Fundoplicatio (chirurgische Verstärkung des Speiseröhrenschlusses durch Magenmanschette, z. B. nach Nissen oder Toupet) – Bei therapierefraktärem gastroösophagealem Reflux (nicht behandelbarem Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre).
  • Gastrostomie oder Jejunostomie (operative Anlage einer künstlichen Magen- oder Dünndarmeröffnung) – Zur Sicherstellung der enteralen Ernährung (Nahrungsaufnahme über den Verdauungstrakt) bei chronischer Gastroparese (Magenlähmung).
  • Darmresektion (chirurgische Entfernung eines Darmabschnitts) oder Enteroanastomosen (operative Verbindung von Darmabschnitten) – Bei mechanischem Ileus (Darmverschluss) durch Tumoren, Verwachsungen oder Ischämien (Durchblutungsstörungen).

Postoperative Nachsorge

  • Ernährungsaufbau (schrittweises Wiederherstellen der Ernährung) – Stufenweise Kostaufbau von Flüssigkeit bis fester Nahrung.
  • Medikamentöse Begleittherapie – Protonenpumpenhemmer (PPI, Medikamente zur Reduzierung der Magensäureproduktion) bei Fundoplicatio, Antiemetika (Mittel gegen Erbrechen) bei persistierendem Erbrechen.
  • Physiotherapie und Mobilisation (Bewegungstherapie und frühe Mobilisation) – Vermeidung von postoperativen Komplikationen wie Darmatonie (Darmträgheit).
  • Regelmäßige klinische und bildgebende Kontrollen – Überwachung auf Rezidive (erneutes Auftreten der Erkrankung) oder Anastomoseninsuffizienz (mangelhafte Heilung von Darmnähten).

Mögliche Komplikationen

  • Anastomoseninsuffizienz (mangelhaft verheilte Darmnaht mit Durchlässigkeit für Darminhalt) – Risiko bei Magen- und Darmresektionen (chirurgische Teilentfernungen des Magen-Darm-Trakts).
  • Postoperativer Ileus (Darmträgheit nach einer Operation) – Verzögerung der normalen Darmfunktion.
  • Dysphagie (Schluckstörungen) nach Fundoplicatio – V. a. bei zu straffer Manschette (chirurgisch verstärkter Speiseröhrenschluss).
  • Verwachsungen (Bridenileus, Darmverschluss durch Narbenstränge nach Operationen) – Risiko nach abdominalen Operationen (Eingriffen im Bauchraum).
  • Erneutes Auftreten der Symptomatik – Insbesondere bei unzureichender Behebung der Grunderkrankung.

Vergleich der Operationsmethoden

Verfahren Indikation (Einsatzgebiet) Vorteile Nachteile
Fundoplicatio Refluxkrankheit (Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre) Refluxkontrolle, Vermeidung von Medikamenten Dysphagie-Risiko (Schluckbeschwerden)
Magenresektion (Teilweise Magenentfernung, z. B. Billroth I/II) Tumor (Krebs), Magenausgangsstenose (Einengung des Magenausgangs) Entfernung der Pathologie (krankhaften Veränderung) Malabsorption (Aufnahmestörung von Nährstoffen) möglich
Darmresektion (Entfernung eines Darmabschnitts) Ileus (Darmverschluss), Tumor (Krebserkrankung) Entfernung der Ursache Anastomoseninsuffizienz (unzureichende Heilung der Darmnaht) möglich
Laparoskopische Hernienreposition (Minimal-invasive Bruchoperation) Inkarzerierte Hernie (Eingeweidebruch mit Einklemmung) Minimal-invasiv, schnellere Erholung Risiko für Rezidiv (erneutes Auftreten)

Fazit

Die chirurgische Therapie des Erbrechens ist nur in Fällen mechanischer Obstruktionen (Blockaden) oder struktureller Pathologien (krankhafte Veränderungen im Verdauungssystem) indiziert. Die Wahl des Verfahrens richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Konservative Maßnahmen sind primär auszuschöpfen, bevor eine Operation in Erwägung gezogen wird.