Erbrechen (Emesis) – Einleitung

Erbrechen (Emesis) ist die kraftvolle Entleerung des Mageninhalts durch den Mund, verursacht durch eine koordinierte Kontraktion der Magenmuskulatur und des Zwerchfells. Es handelt sich dabei um einen komplexen Reflex, der durch verschiedene Reize aktiviert werden kann und häufig von Übelkeit (Nausea) begleitet wird.

Synonyme und ICD-10: Brechreiz; Regurgitation; Vomitation; Vomiting; Vomitus; ICD-10-GM R11: Übelkeit und Erbrechen

Charakteristische Laborbefunde

Erbrechen selbst führt in der Regel nicht zu spezifischen Laborbefunden, kann aber bei anhaltendem Erbrechen folgende Veränderungen verursachen:

  • Elektrolytstörungen: Hypokaliämie (niedriger Kaliumspiegel), Hypochlorämie (niedriger Chloridspiegel)
  • Metabolische Alkalose: Erhöhte Bicarbonatwerte aufgrund des Verlusts von Magensäure
  • Erhöhte Serumnatriumwerte: Bei Dehydratation (Volumenmangel)

Formen der Erkrankung

Erbrechen kann in verschiedenen Kontexten und aufgrund unterschiedlicher Ursachen auftreten:

  • Akutes Erbrechen: Tritt plötzlich auf und ist oft mit einer Gastroenteritis (Magen-Darm-Infekt), Vergiftungen oder einem akuten Abdomen (Symptomenkomplex, der sich durch starke abdominelle Schmerzen mit möglicher Lebensbedrohung auszeichnet) assoziiert.
  • Chronisches Erbrechen: Wiederholtes Erbrechen über einen längeren Zeitraum, oft bei chronischen Erkrankungen wie Morbus Crohn (entzündliche Darmerkrankung), Pylorusstenose (Pförtnerverengung) oder bei Patienten unter Chemotherapie.
  • Zytostatika-induzierte Übelkeit und Erbrechen (CINE): Eine spezielle Form des Erbrechens, die bei Patienten unter Chemotherapie auftritt und eine spezifische medikamentöse Prophylaxe und Therapie erfordert.
  • Schwangerschaftserbrechen (Hyperemesis gravidarum): Ein extremes Erbrechen in der Schwangerschaft, das zu Dehydration und Elektrolytstörungen führen kann.

Ursachen

Erbrechen kann zahlreiche Ursachen haben, die in verschiedenen Kategorien zusammengefasst werden können:

  • Gastrointestinale Ursachen (Magen-Darm-Ursachen): Gastroenteritis (Magen-Darm-Infekt), Gastritis (Magenschleimhautentzündung), Pylorusstenose (Pförtnerverengung), Ileus (Darmverschluss), Appendicitis (Blinddarmentzündung), Cholezystitis (Gallenblasenentzündung).
  • Zentrale Ursachen: Migräne, erhöhter Hirndruck, Vestibuläre Störungen (z. B. bei Schiffsreisen oder Menière-Krankheit/Erkrankung des Innenohres, gekennzeichnet durch: Anfälle von Schwindel, Hörverlust, Phantomgeräusche).
  • Toxische Ursachen: Vergiftungen (z. B. Alkohol, Medikamente, verdorbene Lebensmittel), Chemotherapie.
  • Schwangerschaft: Häufiges morgendliches Erbrechen in der Frühschwangerschaft, möglicherweise durch hormonelle Veränderungen bedingt.
  • Infektiöse Ursachen: Virusinfektionen (z. B. Norovirus, Rotavirus), bakterielle Infektionen.
  • Psychogene Ursachen: Stress, Angststörungen, Essstörungen wie Bulimie (Ess-Brech-Sucht)

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Keine signifikanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern, außer bei Schwangerschaftserbrechen.

Häufigkeitsgipfel:
Abhängig von der zugrunde liegenden Ursache; bei Gastroenteritis häufig bei Kindern und älteren Menschen.

Prävalenz:
Variiert je nach Ursache; z. B. ist Schwangerschaftserbrechen bei etwa 50-90 % der Schwangeren zu beobachten.

Inzidenz:
Ebenfalls abhängig von der Ursache; z. B. tritt eine Gastroenteritis, die häufig Erbrechen verursacht, weltweit millionenfach pro Jahr auf.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akutes Erbrechen: Häufig selbstlimitierend, insbesondere bei Gastroenteritis. Dauert in der Regel 1-2 Tage.
  • Chronisches Erbrechen: Kann zu erheblichen Komplikationen führen, einschließlich Dehydration (Flüssigkeitsmangel), Elektrolytstörungen (Störung des Salzstoffwechsels) und Unterernährung.

Prognose

  • Akutes Erbrechen: In der Regel gut, wenn die zugrunde liegende Ursache behandelt wird. Häufige Ursachen wie virale Gastroenteritis klingen spontan ab.
  • Chronisches Erbrechen: Erfordert eine genaue Diagnostik und Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung. Prognose hängt von der Ursache ab. Zytostatika-induziertes Erbrechen kann durch prophylaktische Maßnahmen gut kontrolliert werden.

Leitlinien

  1. Guideline des britischen National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE): Diarrhoea and vomiting caused by gastroenteritis in under 5s: diagnosis and management. April 2009. www.nice.org.uk/CG084
  2. S3-Leitlinie: Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen – interdisziplinäre Querschnittsleitlinie. (AWMF-Registernummer: 032 - 054OL), Februar 2020 Langfassung