Divertikelkrankheit – Medikamentöse Therapie

Therapieziele

  • Verbesserung der Symptomatik
  • Vermeidung von Komplikationen

Therapieempfehlungen [1]

Nahrungskarenz zur Schmerzlinderung. NSAR sollten vermieden werden wegen Hinweise auf erhöhte Perforationsrate und erhöhte Rezidivrate (Wiederauftreten der Erkrankung) [4].

Verzicht auf eine Antibiotikatherapie ist unter folgenden Voraussetzungen zu rechtfertigen:

  • Patienten ohne Fieber ≥ 39 °C und
  • ohne Risikofaktoren (z. B. Immunsuppression),
  • bei denen eine komplizierte Divertikulitis mittels CT ausgeschlossen werden konnte.

Bei der akuten komplizierten Divertikulitis sollte eine parenterale Antibiotikatherapie unter stationären Bedingungen erfolgen.

Akute Divertikulitis:

  • Bei einer akuten unkomplizierten linksseitigen Divertikulitis (Typ 1a/Typ 1b) sollte bei Patienten mit Risikoindikatoren für einen komplizierten Verlauf (arterielle Hypertonie/Bluthochdruck, chronische Nierenerkrankungen, Immunsuppression (Unterdrückung des Immunsystems), allergische Disposition) eine Antibiotikatherapie durchgeführt werden [Konsensusstärke: Konsens, Empfehlungsstärke: Empfehlung]
  • Bei akuter unkomplizierter linksseitiger Divertikulitis ohne Risikoindikatoren für einen komplizierten Verlauf kann unter engmaschiger klinischer Kontrolle auf eine Antibiotikatherapie verzichtet werden [Konsensusstärke: Konsens, Empfehlungsstärke: offene Empfehlung]
    Dieses Vorgehen wird durch eine randomisierte Beobachtungsstudie bestätigt [5]. Laut einer Metaanalyse bringt auch eine Antibiotikatherapie bei Patienten mit erhöhtem Risiko für einen ungünstigen Verlauf (VAS-Schmerz-Score > 7, Leukozyten > 13,5 x 109/l) keine statistisch signifikanten Vorteile [7].
    Risikoindikatoren für einen komplizierten Verlauf sind arterielle Hypertonie, chronische Nierenerkrankungen, Immunsuppression, allergische Disposition.
  • Eine rechseitige Divertikulitis sollte nach denselben Therapieprinzipien behandelt werden wie eine linksseitige Divertikulitis [Konsensusstärke: starker Konsens, Empfehlungsstärke: Empfehlung)
  • Patienten mit einer komplizierten Divertikulitis (Typ 2a: Mikroabszess) sollen stationär behandelt werden. [Konsensusstärke: starker Konsens, Empfehlungsstärke: starke Empfehlung]
    • Eine parenterale ("unter Umgehung des Darms") Flüssigkeitssubstitution sollte bei mangelhafter oraler Trinkmenge durchgeführt werden
    • In Abhängigkeit von der klinischen Situation kann eine orale und Nahrungszufuhr erfolgen
    • Bei der komplizierten Divertikulitis soll eine Antibiotikatherapie durchgeführt werden (zuvor Blutkulturen zur Erregerdiagnostik)

Chronische Divertikulitis:

Es wird die symptomatische, unkomplizierte Divertikel-Krankheit (SUDD) von einer unkomplizierten rezidivierenden Divertikelkrankheit/Divertikulitis unterschieden: 

  • Typ 3a – Divertikelkrankheit mit persistierenden Symptome, Entzündungszeichen optional
  • Typ 3b – Rezidivierende Divertikulitis ohne Komplikationen
  • Die symptomatische unkomplizierte Divertikelkrankheit kann mit Mesalazin (oral; entzündungshemmendes Arzneimittel) behandelt werden [Konsensusstärke: Konsens, Empfehlungsstärke: offene Empfehlung]
    Zwei randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudien (PREVENT1 und PREVENT2) mit Patienten mit mindestens einer vorangegangenen Episode einer gesicherten akuten unkomplizierten Divertikulitis fanden keinen signifikanten Effekt der Mesalazin auf die untersuchten Endpunkte (Rezidive bzw. Lebensqualität). Weitere Studien belegen diese [3].
  • Eine generelle Empfehlung zur konservativen Sekundärprophylaxe der rekurrierenden Divertikelkrankheit (Ernährung, Lebensstil, körperliche Aktivität, Medikamente [Mesalazin, Rifaximin, Probiotika]) kann aufgrund unzureichender Datenlage nicht gegeben werden. [Konsensusstärke: Starker Konsens, Empfehlungsstärke: offene Empfehlung]

Weitere Hinweise

  • Divertikelblutung und Antikoagulation (Gerinnungshemmung): Gemäß einer Studie war Behandlung mit Thrombozytenaggregationshemmer (Medikamente, welche die Verklumpung von Blutplättchen hemmen) nach einer ersten Blutung signifikant mit einem erhöhten Risiko für eine nachfolgende Blutung assoziiert, und zwar auf fast das 1,5-Fache (Hazard Ratio [HR]: 1,47; 95 %-Konfidenzintervall: 1,15-1,88). Patienten, die zum Zeitpunkt einer erstmals entdeckten Divertikelblutung eine Antikoagulation zur Apoplexprophylaxe (Schlaganfall-Prophylaxe) erhalten hatten, war die Wahrscheinlichkeit für eine zweite Blutung dagegen nicht erhöht, dieses war unabhängig davon welches Präparat sie einnahmen (HR: 0,98; 95 %-Konfidenzintervall: 0,89-1,22).
    Falls nach der ersten Blutung die Antikoagulation abgebrochen worden war, war das Apoplexrisiko um nahezu das 2-Fache erhöht (HR: 1,93; 95 %-Konfidenzintervall: 1,17-3,19) [6].

Konservative Therapie versus operativer Therapie:

  • Führt eine adäquate konservative Therapie nicht zur Ausheilung der akuten unkomplizierten Divertikulitis, sollte nach Ausschluss einer Komplikation bzw. anderer Erkrankungen eine operative Therapie erwogen werden. [Konsensusstärke: starker Konsens, Empfehlungsstärke: Empfehlung]
  • Eine erfolgreich behandelte akute unkomplizierte Divertikulitis (Typ Ia und Typ Ib) stellt keine Operationsindikation dar. [Konsensusstärke: starker Konsens, Empfehlungsstärke: Negativempfehlung]
  • Nach erfolgreich behandelter akuter unkomplizierter Divertikulitis (Typ Ia und Ib) bei Patienten mit Risikoindikatoren für Rezidive (Wiederauftreten der Erkrankung) und Komplikationen (z. B. Transplantation, Immunsuppression, chronisch-systemische Glucocorticoide) kann eine OP-Indikation bestehen. [Konsensusstärke: starker Konsens, Empfehlungsstärke: offene Empfehlung]
  • Bei Nichtansprechen einer adäquaten konservativen Therapie der komplizierten Divertikulitis (Typ II a - b) sollte eine Operation mit aufgeschobener Dringlichkeit durchgeführt werden. [Konsensusstärke: starker Konsens, Empfehlungsstärke: Empfehlung]
  • Bei Patienten mit erfolgreich behandelter komplizierter Divertikulitis (Makroperforation/schwerer Darmdurchbruch, Abszess/abgekapselte Eiterhöhle) (Typ IIb) sollte die Operation im entzündungsfreien Intervall empfohlen werden. [Konsensusstärke: Konsens, Empfehlungsstärke: Empfehlung]
  • Patienten mit freier Perforation und Peritonitis bei akut komplizierter Divertikulitis sollen unmittelbar nach Diagnosestellung operiert werden (Notfall-Operation). [Konsensusstärke: starker Konsens, Empfehlungsstärke: starke Empfehlung]
  • Eine postdivertikulitische Stenose (Verengung) ist dann klinisch relevant, wenn sie zu einer behandlungsbedürftigen Behinderung der Stuhlpassage führt. Eine klinisch relevante Stenose sollte je nach klinischem Befund dringlich, frühelektiv oder elektiv operiert werden. [Konsensusstärke: starker Konsens , Empfehlungsstärke: Empfehlung]
  • Die chronisch-rezidivierende, unkomplizierte Divertikulitis (Typ IIIb) sollte nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung in Abhängigkeit vom individuellen Beschwerdebild nach Möglichkeit im entzündungsfreien Intervall operiert werden (individualmedizinische Entscheidung). Eine generelle elektive Intervalloperation in Abhängigkeit von der Anzahl der vorausgegangenen entzündlichen Schübe ist nicht gerechtfertigt. [Konsensusstärke: starker Konsens, Empfehlungsstärke: Empfehlung / Negativempfehlung]

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für die Darmgesundheit sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (A, E, D3)
  • Mineralstoffe (Calcium)
  • Weitere Vitalstoffe (Probiotische Kulturen: Laktobazillen, Bifidobakterien)

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. S3-Leitlinie: Divertikelkrankheit/Divertikulitis. (AWMF-Registernummer: 021-020), Oktober 2021 Langfassung
  2. Tursi A, Elisei W, Giorgetti GM et al.: Effectiveness of different therapeutic strategies in preventing diverticulitis recurrence. European review for medical and pharmacological sciences 2013; 17: 342-348
  3. Raskin JB et al.: Mesalamine did not prevent recurrent diverticulitis in phase 3 controlled trials. Gastroenterology. 2014 Oct;147(4):793-802.
  4. Lanas A, Sopena F (2009) Nonsteriodal anti-inflammatory drugs and lower gastrointestinal complications. Gastroenterol Clin N Am 38:333-352
  5. Daniels L et al.: Randomized clinical trial of observational versus antibiotic treatment for a first episode of CT-proven uncomplicated acute diverticulitis. Br J Surg 2016, online 30. September; doi: 10.1002/bjs.10309
  6. Vajravelu RK et al.: Incidence, Risk Factors, and Clinical Effects of Recurrent Diverticular Hemorrhage: A Large Cohort Study. Gastroenterology. 2018 Jul 26. pii: S0016-5085(18)34814-5. doi: 10.1053/j.gastro.2018.07.026
  7. Van Dijk ST et al.: Observational versus antibiotic treatment for uncomplicated diverticulitis: an individual-patient data meta-analysis. Br J Surg 2020; https://doi.org/10.1002/bjs.11465

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Divertikelkrankheit/Divertikulitis. (AWMF-Registernummer: 021-020), Oktober 2021 Langfassung