Darmkrebs (Kolonkarzinom) – Strahlentherapie
Kolonkarzinom
Die Strahlentherapie (Radiotherapie, Behandlung mit ionisierender Strahlung) spielt beim Kolonkarzinom (Dickdarmkrebs ohne Befall des Enddarms oder Analkanals) eine untergeordnete Rolle, da das Karzinom im Gegensatz zum Rektumkarzinom (Mastdarmkrebs) primär chirurgisch (operativ) und systemisch (medikamentös) behandelt wird. Aufgrund der Lage des Kolons (Dickdarms) innerhalb der Peritonealhöhle (Bauchfellhöhle) ist eine alleinige Strahlentherapie aufgrund der Beweglichkeit des Darms sowie der Strahlenempfindlichkeit angrenzender Organe wie Dünndarm, Leber und Nieren limitiert. Dennoch kann die Strahlentherapie in bestimmten klinischen Situationen, insbesondere im Rahmen einer multimodalen Therapie (Kombinationstherapie aus mehreren Behandlungsarten), eine sinnvolle Ergänzung sein.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die Strahlentherapie beim Kolonkarzinom wird selektiv angewendet, vor allem in folgenden Situationen:
- Lokoregionäre Rezidive (örtlich begrenzte Rückfälle) – Bei nicht operablen oder grenzwertig resektablen (teilweise operierbaren) Rezidiven (Tumorrückfällen) nach kurativer Resektion (vollständiger Entfernung des Tumors mit Heilungsabsicht).
- Unvollständige Resektion (R1/R2-Resektion, nicht vollständige Tumorentfernung) – Adjuvante Bestrahlung (ergänzende Strahlentherapie) zur Reduktion des Lokalrezidivrisikos (Risiko eines erneuten Auftretens am ursprünglichen Ort).
- Palliative Therapie (lindernde Behandlung) – Symptomkontrolle bei inoperablen Tumoren, zur Blutstillung oder Schmerzreduktion.
- Adjuvante Strahlentherapie (ergänzende Bestrahlung) bei Hochrisikokonstellationen – Individuelle Indikationsstellung (fallbezogene Entscheidung) bei lokal fortgeschrittenen Stadien mit peritonealer (Bauchfell-) oder lymphatischer (Lymphknoten-) Infiltration (Tumoreinwachsen in benachbartes Gewebe).
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
Kontraindikationen der Strahlentherapie sind insbesondere:
- Hohe Strahlenempfindlichkeit der umgebenden Organe – Risiko für Strahlenenteritis (entzündliche Darmerkrankung durch Bestrahlung), Strahlennephropathie (strahlenbedingte Nierenschädigung) oder Leberschäden.
- Ausgedehnte peritoneale Karzinose (starke Tumorausbreitung im Bauchfellraum) – Geringer Nutzen der Strahlentherapie in dieser Situation.
- Patienten mit schweren Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) – Insbesondere bei eingeschränkter Nierenfunktion oder entzündlichen Darmerkrankungen.
Verfahrensbeschreibung
Die Strahlentherapie erfolgt üblicherweise als externe Strahlentherapie (Bestrahlung von außen) mit modernen Bestrahlungstechniken:
- Intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT, Bestrahlung mit individuell angepasster Intensität) – Optimierte Dosisverteilung mit Schonung benachbarter Organe.
- Image-guided Radiotherapy (IGRT, bildgesteuerte Bestrahlung) – Positionskontrolle zur Berücksichtigung der Darmbeweglichkeit.
- Stereotaktische Strahlentherapie (SBRT, hochpräzise Bestrahlung kleiner Tumorareale) – In palliativen Fällen bei oligometastatischen (wenige Metastasen aufweisenden) Befunden oder isolierten Tumorresiduen (verbliebenen Tumorresten).
Therapiedurchführung
- Dosis und Fraktionierung (Strahlendosis und Einteilung in Sitzungen):
- Adjuvante Strahlentherapie (ergänzende Bestrahlung nach Operation) – 45-50,4 Gy (Gray, Maßeinheit für Strahlendosis) in 1,8-2,0 Gy Fraktionen (Einzeldosen pro Sitzung).
- Palliative Radiotherapie (lindernde Bestrahlung) – 30-36 Gy in 3-6 Gy Fraktionen zur Symptomlinderung.
- SBRT bei Metastasen (präzise Bestrahlung von Tochtergeschwülsten) – 40-60 Gy in 3-5 Fraktionen.
- Bestrahlungsfelder (Zielgebiete der Strahlentherapie):
- Primärtumorregion (Bereich des ursprünglichen Tumors) bei unvollständiger Resektion.
- Lymphabflusswege (Lymphknotenregionen) bei Hochrisikokonstellationen.
- Metastasierte Areale (Regionen mit Tochtergeschwülsten), z. B. Leber, Lunge, retroperitoneale Lymphknoten (Lymphknoten im hinteren Bauchraum).
Erfolgsaussichten und Ansprechraten
- Adjuvante Strahlentherapie (ergänzende Strahlenbehandlung nach OP) – Kann das lokale Rezidivrisiko (Risiko für ein erneutes Auftreten am selben Ort) senken, allerdings ohne klaren Überlebensvorteil.
- Palliative Strahlentherapie (lindernde Bestrahlung) – Effektiv zur Linderung tumorbedingter Beschwerden (z. B. Schmerzen, Blutungen).
- SBRT bei Metastasen (hochpräzise Bestrahlung von Metastasen) – Gute lokale Kontrolle mit 60-80 % Ansprechraten (Erfolgsquote), insbesondere bei oligometastatischen Patienten (Patienten mit vereinzelten Metastasen).
Vergleich mit alternativen Verfahren
Die Strahlentherapie steht beim Kolonkarzinom (Dickdarmkrebs) im Vergleich zu anderen Therapieoptionen im Hintergrund:
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Chirurgie (operative Tumorentfernung) | Radikale Resektion (vollständige Tumorresektion) | Kurative Option (heilender Ansatz), vollständige Tumorentfernung | Operative Risiken, postoperative Morbidität (Krankheitsfolgen nach OP) |
Chemotherapie (medikamentöse Behandlung des Tumors) | 5-FU, Capecitabin, Oxaliplatin | Systemische Kontrolle (Behandlung von Metastasen im ganzen Körper), Behandlung von Metastasen (Tochtergeschwülsten) | Nebenwirkungen, myelotoxisch (knochenmarkschädigend) |
Strahlentherapie (Bestrahlung mit ionisierender Strahlung) | IMRT, IGRT, SBRT | Lokale Kontrolle (Behandlung des Tumors am ursprünglichen Ort) bei Rezidiven oder Metastasen | Strahlenenteritis (strahlenbedingte Darmentzündung), begrenzte Indikationen (nur bei bestimmten Fällen anwendbar) |
Fazit
Die Strahlentherapie spielt beim Kolonkarzinom (Dickdarmkrebs ohne Rektum- und Analkarzinom) eine selektive Rolle und wird vor allem in palliativen (lindernden) oder speziellen adjuvanten (ergänzenden) Situationen eingesetzt. Moderne Bestrahlungstechniken ermöglichen eine gezielte Therapie mit Schonung des umliegenden Gewebes. Ihr Stellenwert bleibt jedoch im Vergleich zu chirurgischen (operativen) und systemischen (medikamentösen) Therapien begrenzt.
Rektumkarzinom
Die Strahlentherapie (Radiotherapie, Behandlung mit ionisierender Strahlung) spielt beim Rektumkarzinom (Mastdarmkrebs) eine zentrale Rolle in der multimodalen Therapie. Sie wird in der Regel in Kombination mit einer Chemotherapie (Radiochemotherapie, RCTX) durchgeführt, entweder vor der Operation (neoadjuvant) oder nach der Operation (adjuvant). Studien belegen, dass eine neoadjuvante Radiochemotherapie Vorteile gegenüber einer postoperativen Strahlentherapie hat. Ein Verzicht auf die neoadjuvante Strahlentherapie bei Patienten im Stadium II/III senkt die Überlebenswahrscheinlichkeit [1].
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die Strahlentherapie ist fester Bestandteil der Therapie beim lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinom (Stadium II/III) und kommt in folgenden Situationen zum Einsatz:
- Neoadjuvante Radiochemotherapie (präoperative kombinierte Bestrahlung und Chemotherapie) – Standardtherapie zur Tumorverkleinerung vor der Operation, Reduktion des Lokalrezidivrisikos und Verbesserung der Operabilität.
- Adjuvante Radiochemotherapie (postoperative kombinierte Strahlen- und Chemotherapie) – Bei unvollständiger Resektion (R1/R2) oder hohem Lokalrezidivrisiko.
- Definitive Radiochemotherapie (bei Inoperabilität oder Ablehnung der Operation) – Behandlung mit kurativem Ansatz bei Patienten, die nicht operiert werden können oder möchten.
- Palliative Strahlentherapie (lindernde Bestrahlung bei fortgeschrittenem Tumorstadium) – Zur Kontrolle tumorbedingter Symptome wie Schmerzen, Blutungen oder Stenosen (Einengungen).
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
Strahlentherapie ist kontraindiziert bei:
- Schwere entzündliche Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) – Hohe Strahlenempfindlichkeit des Gewebes.
- Ausgedehnte Metastasierung – Bei systemisch dominierendem Krankheitsbild ist eine alleinige Strahlentherapie nicht zielführend.
- Eingeschränkte Organfunktion – Insbesondere bei schwerer Niereninsuffizienz oder hepatischer Dysfunktion.
Verfahrensbeschreibung
Die Strahlentherapie des Rektumkarzinoms wird überwiegend als perkutane (von außen durch die Haut verabreichte) Strahlentherapie mit modernen Techniken durchgeführt:
- Intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT) – Optimierte Dosisverteilung zur Schonung der umliegenden Organe.
- Image-guided Radiotherapy (IGRT) – Bildgestützte Bestrahlung zur Verbesserung der Präzision.
- Hypofraktionierte Bestrahlung (verkürzte Behandlungszeit mit höheren Einzeldosen) – Alternative zur konventionellen Fraktionierung in bestimmten Fällen.
Therapiedurchführung
-
Neoadjuvante Radiochemotherapie:
- Bestrahlungsdosis: 50,5 Gy (Gray, Maßeinheit der Strahlendosis) in 25-28 Fraktionen.
- Chemotherapie: Fluorouracil (5-FU) und Oxaliplatin oder FOLFOX-Protokoll (Fluorouracil, Leucovorin und Oxaliplatin).
- Ziel: Tumormassenreduktion zur Verbesserung der Resektabilität (Operabilität).
-
Adjuvante Radiochemotherapie:
- Bestrahlungsdosis: 45-50,4 Gy in 1,8-2 Gy Fraktionen.
- Chemotherapie: 5-FU- oder Capecitabin-basierte Schemata.
- Ziel: Reduktion des Lokalrezidivrisikos nach unvollständiger Tumorresektion.
-
Definitive Radiochemotherapie (nicht operable Patienten):
- Bestrahlungsdosis: 50-54 Gy in 1,8-2 Gy Fraktionen.
- Chemotherapie: Kombination aus Fluoropyrimidinen (5-FU oder Capecitabin).
- Ziel: Tumorkontrolle mit kurativer Intention.
-
Palliative Strahlentherapie:
- Bestrahlungsdosis: 30-36 Gy in 3-6 Gy Fraktionen.
- Ziel: Symptomkontrolle bei fortgeschrittenem Tumorstadium.
Erfolgsaussichten und Ansprechraten
- Neoadjuvante Radiochemotherapie – Reduziert das Lokalrezidivrisiko (Wiederauftreten der Erkrankung an der gleichen Stelle) auf unter 10 % und verbessert die Wahrscheinlichkeit einer sphinktererhaltenden (Schließmuskelerhaltende) Operation [7].
- Adjuvante Radiochemotherapie – Senkt das Risiko lokaler Rückfälle, insbesondere nach R1/R2-Resektionen.
- Definitive Radiochemotherapie – Kann bei inoperablen Patienten eine lokale Kontrolle des Tumors ermöglichen.
- Palliative Radiotherapie – Effektive Symptomkontrolle, insbesondere bei Blutungen und Schmerzen.
Vergleich mit alternativen Verfahren
Die Strahlentherapie ist ein zentraler Bestandteil der Behandlung des Rektumkarzinoms. Im Vergleich zu anderen Therapieverfahren zeigt sich Folgendes:
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Radiochemotherapie (Bestrahlung + Chemotherapie) | IMRT, IGRT | Tumorverkleinerung vor OP, Reduktion des Lokalrezidivrisikos | Strahlenbedingte Nebenwirkungen (z. B. Diarrhoe, Proktitis) |
Operation (chirurgische Tumorentfernung) | Total mesorektale Exzision (TME) | Potenziell kurativ, vollständige Tumorentfernung | Operative Risiken, Möglichkeit eines permanenten Stomas (künstlicher Darmausgang) |
Alleinige Chemotherapie (medikamentöse Tumorbehandlung) | FOLFOX, Capecitabin | Systemische Kontrolle, Behandlung von Mikrometastasen | Keine lokale Kontrolle, allein nicht ausreichend für die meisten Stadien |
Fazit
Die Strahlentherapie ist essenzieller Bestandteil der multimodalen Therapie des Rektumkarzinoms, insbesondere in der neoadjuvanten (präoperativen) Therapie. Sie verbessert die Resektabilität, reduziert das Risiko lokaler Rückfälle und erhöht die Wahrscheinlichkeit einer sphinktererhaltenden (schließmuskelerhaltende) Operation. Die Kombination mit einer Chemotherapie (Radiochemotherapie) zeigt dabei die besten Ergebnisse. Die definitive oder palliative Strahlentherapie bleibt wichtigen Sonderfällen vorbehalten.
Weitere Hinweise
- Die totale neoadjuvante Therapie (TNT) (= Behandlung vor der Operation) mit Radiochemotherapie und vorgeschalteter FOLFIRINOX-Chemotherapie in der Behandlung von Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom verlängert – im Vergleich mit Patienten nach Standardtherapie – das krankheitsfreie Überleben und verringert die Toxizität der Therapie (Phase-III-Studie) [4].
- Lokal fortgeschrittene Rektumkarzinome:
- zwei Schemata im Vergleich [6]:
- Chemoradiotherapie (50 Gy über fünf Wochen plus Capecitabin) vor der Op. plus sechs Zyklen CAPOX danach
- Kurzzeitbestrahlung und neoadjuvante Therapie (KNT): einwöchige Bestrahlung mit 25 Gy und vier Zyklen CAPOX vor der Op. plus zwei Zyklen CAPOX danach.
Gesamtüberleben (engl. Overall Survival, OS) und lokale Tumorkontrolle: 2. Schema
Fazit: Die Kombination aus präoperativ kurzer Strahlen- und intensiver Chemotherapie ist eine Alternative zum Standardverfahren. Nach drei Jahren sind sogar ein Drittel mehr Patienten am Leben.
- Netzwerkmetaanalyse: Beste Raten für eine pathologische Komplettresponse und für das ereignisfreie Überleben lassen sich mit Strategien zur totalen neoadjuvanten Therapie (TNT) erzielen. Die TNT kann die neoadjuvante Radiochemotherapie um drei bis viereinhalb Monate erweitern und vor sowie nach der Strahlenchemotherapie verabreicht werden [8].
- zwei Schemata im Vergleich [6]:
Analkarzinom (s. u. Analkarzinom)
Beim Analkarzinom (Analkrebs) gilt die Radiochemotherapie (RCTX) als Behandlungsstandard. Der Erfolg der Therapie stellt sich häufig erst Wochen oder Monate nach Abschluss der Behandlung ein. Erst 26 Wochen nach Beginn der RCTX sollte die Entscheidung zu einer etwaigen "Salvage"-Operation erfolgen [2].
Die totale neoadjuvante Therapie (TNT), d. h. die Sequenz Radiochemotherapie gefolgt von konsolidierender Chemotherapie bzw. der umgekehrten Reihenfolge (Induktionschemotherapie gefolgt von Radiochemotherapie), ist hinsichtlich des lokalen Tumoransprechens anderen Vorgehensweisen überlegen. Ein verlängertes Intervall zwischen Radiochemotherapie und Operation führt nicht dazu, dass das krankheitsfreie Überleben, die chronische Toxizität, die Lebensqualität sowie auch funktionelle Ergebnisse negativ beeinträchtigt werden [5].
Als Behandlungsstandard gilt: Bestrahlung des Tumors, der Leisten- und Beckenlymphknoten (Gesamtdosis von 50,4-59,4 Gy) und eine simultane intravenöse Chemotherapie (5-Fluorouracil an Tag 1-4 sowie Tag 29-32 und Mitomycin C an Tag 1 und 29) [3].
Weiteres dazu s. u. Analkarzinom.
Lebermetastasen
Lebermetastasen (Tochtergeschwülste in der Leber) sind häufige sekundäre Manifestationen kolorektaler Karzinome (Dickdarm- und Enddarmkrebs). Die Therapie richtet sich nach Anzahl, Größe und Verteilung der Metastasen sowie nach dem Allgemeinzustand des Patienten. Während chirurgische Resektionen (operative Entfernung) und systemische Chemotherapien (medikamentöse Tumorbehandlung) die Standardbehandlung darstellen, kommen in bestimmten Fällen lokalablative Verfahren (lokale tumorzerstörende Methoden) wie die Selective Internal Radiation Therapy (SIRT, selektive interne Strahlentherapie) zum Einsatz.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die Strahlentherapie bei Lebermetastasen wird selektiv eingesetzt, insbesondere wenn chirurgische oder systemische Therapieoptionen nicht infrage kommen:
- Selective Internal Radiation Therapy (SIRT, selektive interne Strahlentherapie mit radioaktiven Mikrosphären)
- Indiziert bei disseminierten (weit verbreiteten) Lebermetastasen kolorektaler Karzinome (Darmkrebserkrankungen) bei Patienten, die für keine andere Therapieoption geeignet sind.
- Wird derzeit bevorzugt innerhalb klinischer Studien (wissenschaftliche Untersuchungen zur Therapieoptimierung) durchgeführt, da die Evidenz (wissenschaftliche Nachweise) für den routinemäßigen Einsatz noch begrenzt ist.
- Verwendet Yttrium-90-Mikrosphären (radioaktive Kügelchen), die über die Leberarterie direkt in die Tumorversorgung eingebracht werden, um das Tumorgewebe gezielt zu bestrahlen.
- Stereotaktische Strahlentherapie (SBRT, hochpräzise gezielte Bestrahlung) –
- Indikation bei wenigen (oligometastatischen) Lebermetastasen, insbesondere wenn eine chirurgische Entfernung nicht möglich ist.
- Wird mit hohen Strahlendosen in wenigen Sitzungen (z. B. 45-60 Gy in 3-5 Fraktionen) durchgeführt.
- Zeigt hohe lokale Kontrollraten von über 80 Prozent, insbesondere bei Patienten mit begrenzter Metastasierung.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Ausgedehnte extrahepatische Metastasierung (Metastasen außerhalb der Leber) – Strahlentherapie der Leber ist hier nicht zielführend.
- Schwere Leberinsuffizienz (schwere Funktionsstörung der Leber, z. B. Child-Pugh C) – Erhöhtes Risiko für eine Strahlenhepatopathie (strahlenbedingte Leberschädigung).
- Eingeschränkte Leberperfusion (gestörte Durchblutung der Leber) – Kann die Wirksamkeit von SIRT beeinträchtigen.
Verfahrensbeschreibung
Die beiden Hauptmethoden der Strahlentherapie für Lebermetastasen sind:
- Selective Internal Radiation Therapy (SIRT, selektive interne Strahlentherapie)
- Applikation (Verabreichung) von Yttrium-90-Mikrosphären (radioaktive Mikrokügelchen) über die Leberarterie direkt in das Tumorgewebe.
- Zielt auf eine selektive Tumorbestrahlung mit gleichzeitiger Schonung des umliegenden Lebergewebes.
- Wird in spezialisierten Zentren und meist innerhalb klinischer Studien angewendet.
- Stereotaktische Strahlentherapie (SBRT, hochpräzise gezielte Strahlentherapie)
- Anwendung von hohen Strahlendosen auf definierte Metastasenbereiche mit hochpräziser Technik.
- Reduktion (Verringerung) des Tumorvolumens ohne direkte Gewebszerstörung.
- Durchführung in wenigen Fraktionen (Sitzungen) mit moderner bildgestützter Technologie.
Therapiedurchführung
- SIRT:
- Prätherapeutische Diagnostik (Untersuchungen vor der Therapie): Angiographie (Darstellung der Lebergefäße) zur Identifikation der optimalen Verteilung der Mikrosphären.
- Verfahren: Injektion (Einspritzung) der Yttrium-90-Mikrosphären über einen Katheter (dünner Schlauch) in die Leberarterie.
- Dosis: Abhängig vom Tumorvolumen, meist zwischen 1–3 GBq (Gigabecquerel, Maßeinheit für Strahlenaktivität).
- Ziel: Selektive Tumorbestrahlung mit begrenzter Schädigung des gesunden Lebergewebes.
- SBRT:
- Bestrahlungsdosis: 45–60 Gy in 3–5 Fraktionen, abhängig von der Tumorgröße und -lage.
- Ziel: Maximale lokale Tumorkontrolle (Eindämmung des Tumors) mit minimaler Schädigung des umgebenden Gewebes.
Erfolgsaussichten und Ansprechraten (Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Behandlung)
- SIRT:
- Kann zu einer partiellen Tumorregression (teilweiser Tumorrückgang) führen, insbesondere bei Patienten mit isolierten Lebermetastasen.
- Medianes Überleben (durchschnittliche Überlebenszeit): Variiert je nach Tumorlast, zwischen 8-18 Monaten.
- Bessere Ergebnisse bei Kombination mit Chemotherapie (medikamentöser Tumorbehandlung).
- SBRT:
- Hohe lokale Kontrollraten (über 80 Prozent nach 1 Jahr).
- Längeres progressionsfreies Überleben (Zeitraum ohne Krankheitsfortschritt) bei Patienten mit oligometastatischem Verlauf (vereinzelte Metastasen/Tochtergeschwülste).
Vergleich mit alternativen Verfahren
Die Strahlentherapie ist eine Option, wenn chirurgische oder systemische Behandlungen nicht möglich sind.
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Chirurgische Resektion (operative Entfernung der Metastasen) | Leberteilresektion (Entfernung eines Teils der Leber) | Potenziell kurativ (heilend), beste Langzeitprognose | Nur für wenige Patienten geeignet, operative Risiken |
Chemotherapie (medikamentöse Tumorbehandlung) | FOLFOX, FOLFIRI (Kombinationstherapien mit Fluorouracil, Leucovorin, Irinotecan oder Oxaliplatin) | Systemische Kontrolle (Behandlung im ganzen Körper) | Nebenwirkungen, begrenzte Wirksamkeit bei alleiniger Anwendung |
SIRT (selektive interne Strahlentherapie mit Mikrosphären) | Yttrium-90-Mikrosphären | Gezielte Behandlung bei Lebermetastasen, keine systemischen Nebenwirkungen | Nur in spezialisierten Zentren, begrenzte Evidenz |
SBRT (stereotaktische Strahlentherapie) | Hochpräzise Bestrahlung | Hohe lokale Kontrolle, nicht-invasiv | Risiko für Lebertoxizität (Leberschädigung), begrenzte Daten für Langzeitwirksamkeit |
Fazit
Die Strahlentherapie spielt eine selektive Rolle bei der Behandlung von Lebermetastasen, insbesondere wenn chirurgische (operative) und systemische (medikamentöse) Optionen nicht infrage kommen. SIRT ist eine vielversprechende Methode für disseminierte (verstreute) Lebermetastasen, wird aber primär in klinischen Studien eingesetzt. Die SBRT bietet eine effektive lokale Kontrolle bei begrenzten Metastasen, zeigt aber nur in speziellen Patientengruppen eine Überlebensverlängerung. Der optimale Therapieansatz muss individuell festgelegt werden.
Literatur
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- Loch H, Loch F. Analkarzinom. Coloproctology 2019; 4 Print ISSN: 0174-2442 Elektronische ISSN: 1615-6730 https://doi.org/10.1007/s00053-019-0372-y
- Conroy T et al.: Neoadjuvant chemotherapy with FOLFIRINOX and preoperative chemoradiotherapy for patients with locally advanced rectal cancer (UNICANCER-PRODIGE 23): a multicentre, randomised, open-label, phase 3 trial. Lancet Neurol 2021; https://doi.org/10.1016/S1470-2045(21)00079-6
- Fokas E et al.: Chemoradiotherapy Plus Induction or Consolidation Chemotherapy as Total Neoadjuvant Therapy for Patients With Locally Advanced Rectal Cancer Long-term Results of the CAO/ARO/AIO-12 Randomized Clinical Trial JAMA Oncol. Published online November 18, 2021. doi:10.1001/jamaoncol.2021.5445
- Jin J et al.: Multicenter, Randomized, Phase III Trial of Short-Term Radiotherapy Plus Chemotherapy Versus Long-Term Chemoradiotherapy in Locally Advanced Rectal Cancer (STELLAR). J Clin Oncol 2022; https://doi.org/10.1200/JCO.21.01667
- Schrag D et al.: Preoperative Treatment of Locally Advanced Rectal Cancer N Engl J Med. June 4, 2023 doi: 10.1056/NEJMoa2303269
- Turri G et al.: Treatment of Locally Advanced Rectal Cancer in the Era of Total Neoadjuvant Therapy. A Systematic Review and Network Meta-Analysis. JAMA Netw Open 2024; 7(6):e2414702; https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2024.14702