Darmkrebs (Kolonkarzinom) – Operative Therapie
Kolonkarzinom
Das Kolonkarzinom (Darmkrebs) stellt eine der häufigsten malignen (bösartigen) Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts (Magen-Darm-Trakt) dar. Die frühzeitige Diagnosestellung und differenzierte Therapieplanung, insbesondere bei frühstadien T1-Karzinomen, ist entscheidend für die Prognose. Die aktuellen Empfehlungen der S3-Leitlinie bieten eine evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage zur Behandlung von pT1-Karzinom des Kolons (frühes Dickdarmkarzinom).
Vorgehen bei pT1-Karzinomen
Ergibt die histologische (feingewebliche) Untersuchung eines endoskopisch R0-entfernten Polypen ein pT1-Karzinom, richtet sich das weitere Vorgehen nach dem individuellen Risikoprofil:
- Low-risk pT1-Karzinom:
- Günstiges Risikoprofil: low grade (G1, G2), keine Lymphgefäßinvasion (L0), keine Tumorknospenbildung (Bd 1), R0-Resektion (operative Entfernung im Gesunden)
- Keine onkologische Nachresektion erforderlich
- Endoskopische Nachsorge: erste Kontrolle nach sechs Monaten, Koloskopie (Darmspiegelung) nach drei Jahren
- High-risk pT1-Karzinom:
- Ungünstiges Risikoprofil: high grade (G3, G4), Lymphgefäßinvasion (L1), ausgeprägte Tumorknospenbildung (Bd 2/3), R1-Resektion (operative Entfernung im Gesunden)
- Empfehlung zur radikalen onkologischen Resektion (Hemikolektomie (Teilentfernung eines Dickdarmabschnittes) oder segmentale Kolektomie mit Lymphadenektomie (operative Entfernung von Lymphknoten))
- Inkomplette Abtragung eines Low-risk pT1-Karzinoms:
- Komplette endoskopische oder lokale chirurgische Entfernung erforderlich
- Falls keine R0-Situation erreicht werden kann oder Zweifel an der pT1-Situation bestehen, ist eine onkologisch-chirurgische Resektion indiziert
Chirurgische Therapie des Kolonkarzinoms
Die Operation ist die zentrale Therapie des Kolonkarzinoms. Die aktuellen chirurgischen Prinzipien beinhalten:
- Komplette mesokolische Exzision (CME):
- Entfernung des Tumors mit umgebendem Mesokolon zur Mitresektion der drainierenden Lymphknoten
- Präzise Dissektion entlang der embryonalen Schichten zur Schonung gesunden Gewebes und Reduktion lokaler Rezidive
- Totale mesorektale Exzision (TME) beim Rektumkarzinom (Mastdarmkrebs):
- Indiziert bei Tumoren des mittleren und unteren Rektumdrittels
- Partielle Mesorektumexzision beim Karzinom des oberen Rektumdrittels
- Distaler Sicherheitsabstand von 1-2 cm, nach neoadjuvanter Therapie sind 5 mm akzeptabel
- Lymphadenektomie (operative Entfernung von Lymphknoten):
- Entfernung von mindestens 12 Lymphknoten zur adäquaten Tumorstadieneinteilung
- En-bloc-Resektion (komplette Entfernung des Tumors mit umliegendem Gewebe) tumoradhärenter Organe:
- Indiziert zur Vermeidung einer Tumorzelldissemination
- Schonung der autonomen Beckennerven:
- Schutz der Nn. hypogastrici sowie der Plexus hypogastrici inferiores et superiores zur Vermeidung postoperativer Funktionseinschränkungen (z. B. Harn- und Sexualfunktion)
Formen der Dickdarmresektion
- Hemikolektomie rechts: Entfernung des rechten Dickdarms mit terminalem Ileum (untere Teil des Dünndarms)
- Hemikolektomie links: Entfernung des linken Dickdarms bis zur linken Kolonflexur (Krümmung des Dickdarms)
- Transversumresektion: Entfernung des Colon transversum (Teil des Dickdarms, der quer in der Bauchhöhle liegt)
- Sigmaresektion: Entfernung des Colon sigmoideum (vorletzter Teil des Dickdarms)
Die Funktion des Darmes wird durch die Resektion eines Abschnittes in der Regel nicht wesentlich beeinträchtigt. Nach der Resektion erfolgt in den meisten Fällen eine direkte Anastomosierung (chirurgische Verbindung zweier Darmabschnitte) der Darmenden mittels Naht oder Klammernahttechnik.
Postoperative Nachsorge
Die Nachsorge richtet sich nach dem Tumorstadium und dem individuellen Risiko:
- Regelmäßige Koloskopien (Darmspiegelung) zur Früherkennung von Rezidiven (Wiederauftreten der Erkrankung)
- CT- oder MRT-Untersuchungen bei fortgeschrittenen Stadien zur Detektion von Metastasen (Tochtergeschwülste)
- CEA-Serumbestimmung (Carcinoembryonales Antigen (CEA, Tumormarker)) zur Verlaufskontrolle
Mögliche Komplikationen
- Anastomoseninsuffizienz (mangelhafte Heilung der Darmverbindung) mit Peritonitis (Bauchfellentzündung)
- Postoperative Ileusbildung (Darmverschluss)
- Blutungen oder Infektionen im Operationsgebiet
- Chronische Diarrhö oder Stuhlentleerungsstörungen
- Nervenschäden mit Beeinträchtigung der Blasen- oder Sexualfunktion
Vergleich der Operationsmethoden
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Hemikolektomie rechts | Entfernung des rechten Hemikolons | Gute onkologische Kontrolle, Erhalt der Passage | Gefahr von Resorptionsstörungen |
Hemikolektomie links | Entfernung des linken Hemikolons | Weniger funktionelle Einschränkungen | Erhöhtes Risiko für Anastomoseninsuffizienz (mangelhafte Heilung der Darmverbindung) |
Transversumresektion | Resektion des Colon transversum | Selten erforderlich, gute Resektionsrate | Potenzielle Mobilisationsschwierigkeiten |
Sigmaresektion | Entfernung des Colon sigmoideum | Häufige Operation, gute funktionelle Ergebnisse | Erhöhtes Risiko für Anastomosenkomplikationen |
Fazit
Die chirurgische Behandlung des Kolonkarzinoms erfordert eine standardisierte Vorgehensweise nach aktuellen Leitlinien. Die Entscheidung über die optimale Therapie hängt von der histologischen Risikoeinschätzung ab. Während bei Low-risk pT1-Karzinomen (frühes Dickdarmkarzinom) häufig eine endoskopische Therapie mit engmaschiger Nachsorge ausreicht, erfordert die High-risk Situation eine radikale chirurgische Therapie. Die vollständige mesokolische Exzision mit Lymphadenektomie (operative Entfernung von Lymphknoten) ist das Standardverfahren zur onkologischen Kontrolle. Die postoperativen Nachsorgemaßnahmen sind essenziell zur frühzeitigen Erkennung möglicher Rezidive oder Metastasen.
Chirurgische Resektion des kolorektalen Karzinoms: Wann laparoskopisch, robotisch oder klassisch?
Die Wahl des geeigneten chirurgischen Resektionsverfahrens beim kolorektalen Karzinom (Darmkrebs) (KRK) ist von entscheidender Bedeutung für die onkologische Sicherheit, die postoperative Erholung und die langfristige Lebensqualität der Patienten. In einer aktuellen Übersichtsarbeit wurden die fortschreitenden Entwicklungen und differenziellen Einsatzmöglichkeiten der chirurgischen Resektionsverfahren beim kolorektalen Karzinom (Darmkrebs) detailliert diskutiert [11].
Minimal-invasive Chirurgie (MIC, minimal-invasives Operationsverfahren)
Die minimal-invasive Chirurgie umfasst sowohl laparoskopische als auch robotergestützte Verfahren und hat in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen. Vorteile der MIC beinhalten:
- Schnellere postoperative Erholung,
- Reduziertes Schmerzaufkommen,
- Kürzere Hospitalisationsdauer,
- Geringere Rate an postoperativen Komplikationen wie Wundinfektionen und Narbenhernien.
Allerdings zeigen aktuelle Metaanalysen, dass keine signifikante onkologische Überlegenheit gegenüber der offenen Chirurgie besteht. Die Rate an R0-Resektionen (vollständige Tumorentfernung mit negativen Resektionsrändern) ist in allen Verfahren vergleichbar [11].
Laparoskopische Chirurgie
Die laparoskopische Kolonresektion (Schlüssellochchirurgie des Dickdarms) hat sich als Standardverfahren bei frühen und mittleren Stadien des kolorektalen Karzinom (Darmkrebs)s etabliert. Sie bietet:
- Ein reduziertes Trauma durch kleinere Inzisionen,
- Schnellere Rekonvaleszenz,
- Weniger postoperative Adhäsionen,
- Geringere Wundinfektionsraten.
Einschränkungen:
- Erhöhte technische Anforderungen,
- Längere Operationszeiten,
- Eingeschränkte Sicht und Manipulation bei ausgedehnten Tumoren oder Adipositas.
Robotergestützte Chirurgie
Die robotische Chirurgie (Operationsverfahren mit Roboterassistenz) hat das Potenzial, die Nachteile der laparoskopischen Chirurgie zu minimieren. Sie zeichnet sich durch folgende Vorteile aus:
- Erhöhte Präzision durch 3D-Sicht,
- Bessere Ergonomie für den Operateur,
- Verbesserte Instrumentenbeweglichkeit, insbesondere bei komplexen pelvinen Eingriffen (Eingriffe im Becken).
Dennoch bestehen auch Limitationen:
- Hohe Kosten und limitierte Verfügbarkeit,
- Längere Operationszeiten,
- Keine eindeutige onkologische Überlegenheit gegenüber der konventionellen laparoskopischen Methode [11].
Offene Chirurgie
Trotz der Fortschritte in der minimal-invasiven Chirurgie bleibt die offene Chirurgie (konventionelle Bauchoperation) in bestimmten Szenarien unersetzlich, darunter:
- Fortgeschrittene oder ausgedehnte Tumoren,
- Multiviszerale Resektionen,
- Lokalrezidive mit ausgedehnter Infiltration,
- Technische Kontraindikationen für MIC (z. B. massive Adhäsionen nach Voroperationen).
Die offene Chirurgie (konventionelle Bauchoperation) bietet weiterhin eine sichere und etablierte Methode, insbesondere bei komplexen Resektionen, erfordert jedoch eine längere postoperative Erholungsphase.
Fazit
Die Wahl zwischen laparoskopischer, robotischer oder klassischer offener Resektion beim kolorektalen Karzinom (Darmkrebs) sollte individuell anhand folgender Faktoren getroffen werden:
- Tumorcharakteristika (Größe, Lokalisation, Stadium),
- Patientenspezifische Faktoren (Komorbiditäten/Begleiterkrankungen, Körperstatur, funktioneller Status),
- Chirurgische Expertise und Verfügbarkeit der Technik,
- Patientenpräferenzen.
Die Übersichtsarbeit hebt hervor, dass trotz der technologischen Fortschritte MIC und Robotik onkologisch nicht der offenen Chirurgie überlegen sind. In spezifischen, komplexen Fällen bleibt die offene Chirurgie (konventionelle Bauchoperation) eine unverzichtbare Option [11].
Kolonkarzinom und akutes Abdomen
Ein Kolonkarzinom (Dickdarmkrebs) kann sich in etwa 20 % der Fälle als akutes Abdomen (plötzliche, starke Bauchschmerzen) manifestieren. In ca. 80 % dieser Fälle führt die Tumorprogression zu einem mechanischen Ileus (Darmverschluss), der eine sofortige chirurgische Intervention erforderlich macht, um eine Perforation der Darmwand und eine daraus resultierende Peritonitis (Bauchfellentzündung) zu vermeiden.
Therapeutische Ansätze beim Darmverschluss durch Kolonkarzinom
1. Notfalloperation
Die Notfalloperation ist die konventionelle Therapie bei mechanischem Ileus aufgrund eines Kolonkarzinoms. Dabei erfolgt eine sofortige Resektion des Tumors mit der primären Anastomosierung des Darms. In vielen Fällen ist eine direkte Rekonstruktion der Darmpassage jedoch nicht möglich, sodass eine temporäre oder dauerhafte Anlage eines Anus praeter (künstlicher Darmausgang) notwendig wird.
2. Endoskopische Stent-Platzierung als „Bridge to Surgery“
Eine alternative Strategie stellt die endoskopische Platzierung eines selbstexpandierenden Metallstents (SEMS) dar. Der Stent dehnt die tumorbedingte Engstelle auf, sodass die Darmpassage vorübergehend wiederhergestellt wird. Dies ermöglicht eine elektive Tumorresektion unter optimierten Bedingungen.
Eine Studie ergab:
- Stent-Gruppe: Nur 45 % der Patienten benötigten einen Anus praeter.
- Notfall-OP-Gruppe: In 69 % der Fälle war ein Anus praeter erforderlich.
- Mortalitätsrate: Die Sterberate nach einem Jahr war in beiden Gruppen vergleichbar [6].
Klinische Bedeutung und Limitationen der Stent-Therapie
Die Stent-Platzierung als „Bridge to Surgery“ kann in bestimmten Fällen die Notwendigkeit eines künstlichen Darmausgangs reduzieren und die postoperative Morbidität (Erkrankungshäufigkeit) verringern. Allerdings ist das Verfahren nicht ohne Risiken, darunter:
- Perforationsgefahr – insbesondere bei fortgeschrittener Tumorinfiltration.
- Stent-Migration – ein Verrutschen des Stents (Gitterröhrchen, das den Darm offen hält) kann zu erneuten Beschwerden führen.
- Onkologische Unsicherheiten – mögliche Förderung der Tumorzellstreuung durch mechanischen Stress.
Aktuelle Leitlinien empfehlen die Methode daher vorrangig bei Patienten mit erhöhtem Operationsrisiko oder wenn eine sofortige Notfalloperation vermieden werden soll. Die endgültige Therapieentscheidung sollte interdisziplinär erfolgen.
Kolorektalkarzinom und Lebermetastasen
Isolierte Lebermetastasen (Tochtergeschwülste in der Leber) sollten ebenfalls chirurgisch entfernt werden – falls möglich.
Die simultane Resektion von Lebermetastasen beeinflusst wahrscheinlich das Langzeitüberleben im Vergleich zu einem zweizeitigen Vorgehen bei geeigneter Selektion der Patienten nicht (aktuelle S3-Leitlinie).
Phase-3-Studie: Patienten mit bis zu zehn Lebermetastasen einer Größe von maximal 3 cm lebten mit einer thermischen Ablation (Abtragung) der Metastasen (Tochtergeschwülste) ähnlich lange wie mit einer Resektion [12].
Rektumkarzinom
Das Rektumkarzinom (Mastdarmkrebs) ist ein maligner Tumor des Rektums, der chirurgisch, chemotherapeutisch und strahlentherapeutisch behandelt wird. Die Standardtherapie orientiert sich an den aktuellen S3-Leitlinien [Leitlinie: S3-Leitlinie] und berücksichtigt individuelle Tumorstadien sowie anatomische Gegebenheiten.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Gesicherte Diagnose eines Rektumkarzinoms mittels histopathologischer Untersuchung
- Tumorstadium UICC II/III mit Indikation zur neoadjuvanten Therapie
- Lokal fortgeschrittenes Adenokarzinom (cT3/4 und/oder cN+)
- Rektumkarzinomrezidiv (Wiederauftreten eines Rektumkarzinoms) mit Resektabilität (chirurgische Entfernbarkeid)
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Inoperable Tumoren aufgrund extensiver Infiltration benachbarter Strukturen ohne Resektabilität (chirurgische Entfernbarkeid)
- Schwere Komorbiditäten, die eine Operation unmöglich machen
- Nicht kontrollierte systemische Erkrankungen
Operationsverfahren
Die chirurgische Entfernung des Tumors ist die wichtigste therapeutische Maßnahme. Die totale mesorektale Exzision (TME) ist der Goldstandard für die kurative Behandlung [Leitlinie: S3-Leitlinie]. Ziel ist die vollständige Entfernung des Mesorektums mit tumorfreien Absetzungsrändern (R0-Resektion):
- Transanale minimal-invasive Chirurgie (TAMIS) – Ein minimalinvasives Verfahren für kleinere, oberflächliche Tumoren.
- Totale mesorektale Exzision (TME) – Standardverfahren für Rektumkarzinome, das eine vollständige Resektion des mesorektalen Fettgewebes mit Lymphknoten einschließt. Die laparoskopische TME (lapTME) gilt als gleichwertig zur offenen Chirurgie.
- Kolorektale Anastomose mit Sphinktererhalt – Falls der Tumor den Sphinkter (Schließmuskel) nicht infiltriert, kann eine direkte Anastomose erfolgen.
- Anlage eines Stomas – Falls eine Sphinkterinfiltration vorliegt, muss ein Anus praeter (künstlicher Darmausgang) erfolgen.
Postoperative Nachsorge
- Regelmäßige endoskopische Kontrollen zur frühzeitigen Detektion eines Rezidivs
- Stuhlfrequenz- und Kontinenztraining bei Patienten mit Low Anterior Resection Syndrome (LARS; s. u. )
- Ernährungsberatung zur Unterstützung der Darmfunktion
- Engmaschige Kontrolle bei Patienten mit permanentem Stoma (künstlicher Darmausgang)
Mögliche Komplikationen
- Low Anterior Resection Syndrome (LARS) – Häufige postoperative Komplikation nach sphinktererhaltender Operation (schließmuskelerhaltende Operation) mit Symptomen wie Dranginkontinenz (plötzlicher Drang des Stuhlgangs, der nicht mehr aufzuhalten ist), fraktionierter Entleerung und Diarrhö (Durchfall).
- Anastomoseninsuffizienz – Erhöhtes Risiko für septische Komplikationen
- Peritoneale und lokale Tumorrezidive (Wiederauftreten der Erkrankung betreffend das Bauchfell oder am Ort der Erkrankung)
- Beckenplexusläsionen mit konsekutiven funktionellen Einschränkungen (z. B. Harnblasen- und Sexualfunktionsstörungen)
Vergleich der Operationsmethoden
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
TAMIS | Transanale minimal-invasive Resektion | Organerhaltend, weniger invasiv, kürzere Rekonvaleszenz | Nur für kleine, oberflächliche Tumoren geeignet |
TME (offen/lapTME) | Totale mesorektale Exzision | Goldstandard, vollständige Resektion | Risiko für LARS, längere Heilungsphase |
Stomaanlage | Anlage eines permanenten oder temporären Anus praeter | Sichere Darmentleerung, notwendig bei Sphinkterinfiltration | Dauerhafte Einschränkung der Lebensqualität |
Fazit
Die Behandlung des Rektumkarzinoms hat sich durch moderne chirurgische und onkologische Verfahren erheblich verbessert. Die TME bleibt der Goldstandard für die operative Therapie, wobei minimalinvasive Techniken wie die lapTME eine gleichwertige Alternative zur offenen Chirurgie darstellen. Patienten müssen über mögliche postoperative Komplikationen wie das Low Anterior Resection Syndrome (LARS) umfassend aufgeklärt werden. Die Behandlung in multimodalen Konzepten mit neoadjuvanter Radiochemotherapie erhöht die Heilungschancen und verbessert langfristig die funktionellen Ergebnisse. In einer Studie war das komplette histopathologische Ansprechen des Tumors gegenüber dem Standardvorgehen (siehe oben) um 10 % erhöht, wenn die Behandlung in folgenden Schritten erfolgte: erst eine Radiochemotherapie (RCT), dann eine Chemotherapie und zuletzt die Operation [10].
Rektumkarzinomrezidiv
- Wiederauftreten eines Rektumkarzinoms: Die chirurgische R0-Resektion stellt bei der Behandlung eines lokal rezidivierten Rektumkarzinoms (LRRC) die einzige Chance auf Heilung dar. Dabei sollte die Tumoreröffnung vermieden und die Indikation zur En-bloc-Resektion beteiligter Nachbarorgane großzügig gestellt werden.
Stoma-Anlage
- Bei der radikalen Operation des Rektumkarzinoms mit TME (Totale mesorektale Exzision) und tiefer Anastomose soll ein temporäres Deviationsstoma (Anus praeter) vorgeschaltet werden.
- Als Deviationsstoma sind Kolostoma (künstlicher Darmausgang des Dickdarms) und Ileostoma (künstlicher Darmausgang des Dünndarms) gleichwertig.
Weitere Hinweise
- Bei geeigneter Selektion und Expertise des Operateurs führt die laparoskopische Operation zu gleichen onkologischen Ergebnissen wie beim offenen Verfahren [1, 2, 3).
Bei minimalinvasiven Eingriffen waren die Mortalitätsraten während des Klinikaufenthalts der offenen Operation insgesamt signifikant überlegen (1,8 % vs. 4,7 %); die Liegezeiten waren nach minimalinvasiven Eingriffen meist kürzer (10-15 Tage vs. 15-19 Tage nach offener Operation) [9]. - Nach R1-Resektion (makroskopisch wurde der Tumor entfernt; in der Histopathologie sind jedoch kleinere Tumoranteile im Resektionsrand nachweisbar) von Adenokarzinomen des Rektums sind nicht lokale Rezidive (örtliches Wiederauftreten) des Tumors das Problem, sondern das Auftreten von Fernmetastasen (Tochtergeschwülste; Lungenmetastasen 77 %, Lebermetastasen 32 %) [4].
- Die präoperative mechanische Darmreinigung in Kombination mit einer oralen Antibiotikatherapie führte zu einer signifikant niedrigeren Rate von Wundinfektion 30 Tage nach dem Eingriff in Vergleich zu Eingriffen ohne beide Vorsorgemaßnahmen (3,2 % versus 9,0 %). Auch die Anastomoseninsuffizienz (Aufreißen oder Undicht werden der Verbindung der Darmenden) trat deutlich seltener auf (2,8 % versus 5,7 %) [5].
- Die Ergebnisse einer bevölkerungsgestützten Studie in den Niederlanden lassen vermuten, dass Patienten mit kolorektalem Karzinom im Stadium IV mit einer primären Resektion als Erstmaßnahme offenbar länger leben als mit einer systemischen Therapie: 24 % in der Gruppe mit der primären Resektion (operativen Entfernung) im Vergleich zur Gruppe mit systemischer Therapie nur noch 14 %.
Die mediane Überlebenszeit nach Operation als Initialtherapie betrug 17,2 Monate (95 %-Konfidenzintervall zwischen 16,3 und 18,1 Monaten) und in der Vergleichsgruppe 11,5 Monate (95 %-Konfidenzintervall zwischen 11,0 und 12,0 Monaten). [7]. - Watchful Waiting (beobachten und abwarten) zeigte bei Patienten mit Rektumkarzinom ohne Metastasen, die mit einer klinisch vollständigen Remission auf die neoadjuvante Radiochemotherapie (RCTX) reagieren, ein zusätzlich verursachtes Risiko von 2-3 %, am Tumor zu sterben. Dieses scheint damit eine geeignete Therapiestrategie zu sein [8]. Es handelte sich dabei um eine prospektive Kohortenstudie mit 100 Patienten (weitere Studien sind abzuwarten).
Literatur
- Green BL, Marshall HC, Collinson F et al.: Long-term follow-up of the Medical Research Council CLASICC trial of conventional versus laparoscopically assisted resection in colorectal cancer. (2013) Br J Surg 100:75-82
- Kuhry E, Schwenk W, Gaupset R et al. (2008) Long-term results of laparoscopic colorectal cancer resection. Cochrane Database Syst Rev 2:CD003432
- S3-Leitlinie: Kolorektales Karzinom. (AWMF-Registernummer: 021 - 007OL), Januar 2019 Kurzfassung Langfassung
- Tilly C et al.: R1 Rectal Resection: Look Up and Don’t Look Down. Ann Surg 2014; 260: 794-800
- Scarborough JE et al.: Combined Mechanical and Oral Antibiotic Bowel Preparation Reduces Incisional Surgical Site Infection and Anastomotic Leak Rates After Elective Colorectal Resection. An Analysis of Colectomy-Targeted ACS NSQIP. Ann Surg 2015; online 23. Januar; doi: 10.1097/SLA.0000000000001041
- Hill J et al.: CREST: Randomised phase III study of stenting as a bridge to surgery in obstructing colorectal cancer – Results of the UK ColoRectal Endoscopic Stenting Trial (CREST). J Clin Oncol 34, 2016 (suppl; abstr 3507)
- ‘t Lam-Boer J et al.: Palliative resection of the primary tumor is associated with improved overall survival in incurable stage IV colorectal cancer: A nationwide population-based propensity-score adjusted study in the Netherlands. Int J Cancer 2016; online 24. Juni. doi: 10.1002/ijc.30240
- Martens MH et al.: Long-term Outcome of an Organ Preservation Program After Neoadjuvant Treatment for Rectal Cancer. J Natl Cancer Inst 2016; 108 (12): djw171. doi: 10.1093/jnci/djw171
- Ghadban T et al.: Minimally invasive surgery for colorectal cancer remains underutilized in Germany despite its nationwide application over the last decade. Sci Reports 2018; 8: 15146; online 11. Oktober; doi: 10.1038/s41598-018-33510-y
- Fokas E et al.: Randomized Phase II Trial of Chemoradiotherapy Plus Induction or Consolidation Chemotherapy as Total Neoadjuvant Therapy for Locally Advanced Rectal Cancer: CAO/ARO/AIO-12 Journal of Clinical Oncology 2019 doi: 10.1200/JCO.19.00308
- Willis M et al.: Chirurgische Resektion des kolorektalen Karzinoms Wann laparoskopisch, robotisch oder klassisch? Die Gastroenterologie / Ausgabe 5/2024 Print ISSN: 2731-7420 Elektronische ISSN: 2731-7439 doi: https://doi.org/10.1007/s11377-024-00804-9
- Van der Lei S et al.: Thermal ablation versus surgical resection of small-size colorectal liver metastases (COLLISION): an international, randomised, controlled, phase 3 non-inferiority trial. Lancet Oncol. 2024; https://doi.org/10.1016/S1470-2045(24)00660-0
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Kolorektales Karzinom. (AWMF-Registernummer: 021 - 007OL), November 2017 Kurzfassung Langfassung