Darmkrebs (Kolonkarzinom) – Labordiagnostik
Man unterscheidet beim Kolonkarzinom (Darmkrebs) ein Untersuchungsprogramm zur Früherkennung – Darmkrebsvorsorge – und ein Untersuchungsprogramm zur Diagnosesicherung. Zudem sind mehrere Untersuchungen präoperativ, das heißt vor einer geplanten Operation, notwendig – siehe dazu unter Medizingerätediagnostik.
Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen
- CEA (Carcinoembryonales Antigen)
- der CEA-Wert ist ein unabhängiger prognostischer Tumormarker und sollte daher präoperativ bestimmt werden
- in der Nachsorge Bestimmung von CEA alle zwei bis drei Monate in den ersten zwei Jahren
Laborparameter 2. Ordnung (Diagnostik, Nachsorge/Therapiekontrolle)
- Humangenetische Abklärung – bei jedem kolorektalen Karzinom vor dem 50. Lebensjahr
- CCSA (colon cancer-specific antigen-3, CCSA-4) – mit diesem Test auf Kolonkarzinomproteine im Blut lassen sich 91 Prozent der Erkrankungen feststellen [1]
- CA 19-9 (Carbohydrat-Antigen 19-9) – in circa 70 % der Fälle erhöht (jedoch nicht spezifisch für Karzinome des Magen-Darm-Traktes)
Der Parameter erhöht nicht die Aussagefähigkeit bezüglich des Vorliegens eines Rezidivs (Wiederauftreten der Erkrankung) im Vergleich zu einer alleinigen CEA-Wert-Bestimmung. - Molekulargenetische Untersuchungen bei Verdacht auf:
- Hereditäres Nicht-Polypöses Kolorektales Karzinom (HNPCC) – autosomal-dominanter Erbgang mit 80%iger Penetranz; frühes Manifestationsalter (mittleres Alter bei Diagnose: 45 Jahre); häufig synchrone/metachrone Zweitkarzinome des Kolons und Rektums; aktuell sind vier Gene (MLH1, MSH2, MSH6, PMS2) identifiziert, deren Keimbahnmutationen für das Auftreten von HNPCC verantwortlich sind
- Familiäre Adenomatöse Polyposis (FAP)
- Peutz-Jeghers-Syndrom (PJS)
- Juvenile Polyosis Coli (JPC)
- BRAF-Status: BRAF-Mutationen sind beim kolorektalen Karzinom mit einer schlechteren Prognose assoziiert als Tumoren vom BRAF-Wildtyp
- RAS-Biomarkertest (blutbasiertes Verfahren; OnkoBEAM-Test) – Überwachung des RAS-Mutationsstatus während der laufenden Therapie; das RAS-Gen spielt eine zentrale Rolle bei der Kontrolle des Wachstums von Krebszellen und ist entscheidend bei der Auswahl der gezielten Therapie
Beachte: Aktueller Goldstandard zur Bestimmung des RAS-Status ist die Gewebebiopsie. - Nachweis von Mikrosatelliten (MIS)-Instabilität mittels Genotyping und Quantifizierung der Tumormutationslast (TMB) mittels Next Generation Sequencing – bei metastasiertem kolorektalen Karzinom ggf. zukünftig bereits in der Erstlinientherapie [negativer Faktor: niedrige TMB]
In einer Studie konnte gezeigt werden, dass bei MSS-Tumoren (MSI-stabile Tumoren, 93 % der Patienten) die Ausprägung der TMB auf die Prognose auswirkt [5] - KI-67 (KI67; Synonym: MIB1, Proliferationsmarker zur Objektivierung und Absicherung des Gradings, lässt Rückschlüsse auf das Wachstumsverhalten zu) [starke Exprimierung von Ki-67: Sterberisiko um 50 % erhöht; lag der Grenzwert für einen KI-67 positiven Befund bei 20-30 % positiver Zellen, korrelierte dies mit einer verdoppelten Sterberate] [4]
- Liquid biopsy: zirkulierende Tumor-DNA Fragmente (ctDNA) im Blut
- Screening auf Mutationen in RAS-Genen beim metastasierten kolorektalen Karzinom, um ein Ansprechen auf monoklonale EGFR-Antikörper vorherzusagen; wird sicherlich zum neuen Goldstandard: mithilfe der DNA-Analyse wurden erheblich mehr Mutationen entdeckt als durch die Gewebebiopsie; ein weiterer Vorteil ist die Schnelligkeit der Auswertung (nur 2 Tage) [3]
- Hinweise auf ein Rezidivrisiko nach einer chirurgischen Resektion bei Patienten im Stadium II bzw. Indikationsstellung für eine Chemotherapie? Fazit: ctDNA-negative Patienten scheinen ein sehr geringes Rezidivrisiko zu haben. Weitere Ergebnisse sind abzuwarten [2].
- Positiver ctDNA-Test nach einer kurativ beabsichtigen Op: Rezidivrisiko ist nach Resultaten einer Metaanalyse rund achtfach höher als bei einem negativen Befund [6].
- Multimodaler Plasma-ctDNA-Test: Kolorektale Karzinome wurden mit hoher Genauigkeit erkannt, beim Erkennen von Präkanzerosen war die Genauigkeit gering [7].
Es wurden nur Personen mit positivem FOBT-Befund getestet.
Krebsfrüherkennungsmaßnahmen (KFEM)
- ≥ 50. Lebensjahr: jährlich Test auf okkultes (nicht sichtbares) Blut im Stuhl (immunologische FOBT (iFOBT))
- ≥ 55. Lebensjahr: alle 2 Jahre Test auf okkultes Blut im Stuhl, alternativ maximal 2 Koloskopien im Abstand von 10 Jahren
Literatur
- Leman ES, Schoen RE, Weissfeld JL, Cannon GW, Sokoll LJ, Chan DW, Getzenberg RH.: Initial analyses of colon cancer-specific antigen (CCSA)-3 and CCSA-4 as colorectal cancer-associated serum markers. Cancer Res. 2007 Jun 15;67(12):5600-5.
- Tie J et al.: Circulating tumor DNA analysis detects minimal residual disease and predicts recurrence in patients with stage II colon cancer. Science Translational Medicine 06 Jul 2016: Vol. 8, Issue 346, pp. 346ra92 DOI: 10.1126/scitranslmed.aaf6219
- Thierry AR et al.: Clinical utility of circulating DNA analysis for rapid detection of actionable mutations to select metastatic colorectal patients for anti-EGFR treatment. Ann Oncol. 2017;28(9):2149-59.
- Luo ZW et al.: Increased expression of Ki-67 is a poor prognostic marker for colorectal cancer patients: a meta analysis. BMC Cancer 2019. doi: https://doi.org/10.1186/s12885-019-5324-y
- Venook AP, Niedzwiecki D, Lenz H et al.: Effect of First-Line Chemotherapy Combined With Cetuximab or Bevacizumab on Overall Survival in Patients With KRAS Wild-Type Advanced or Metastatic Colorectal Cancer: A Randomized Clinical Trial. JAMA 2017;317(23):2392-2401. https://doi.org/10.1001/jama.2017.7105
- Chidharla A et al.: Circulating Tumor DNA As A MRD Assessment And Recurrence Risk In Patients Undergoing Curative Intent Resection With Or Without Adjuvant Chemotherapy In Colorectal Cancer: A Meta-analysis medRxiv Nov. 7, 2022 doi: https://doi.org/10.1101/2022.11.04.22281967
- Bessa X et al.: High accuracy of a blood ctDNA-based multimodal test to detect colorectal cancer. Ann Oncol 2023; https://doi.org/10.1016/j.annonc.2023.09.3113