Darmkrebs (Kolonkarzinom) – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik des Kolonkarzinoms (Darmkrebs) dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie Krebserkrankungen, die häufig vorkommen?
  • Gibt es Fälle von Darmkrebs oder Darmpolypen bei Angehörigen, insbesondere vor dem 50. Lebensjahr?
  • Gibt es Hinweise auf erbliche Syndrome wie HNPCC/Lynch-Syndrom oder familiäre adenomatöse Polyposis (FAP)?

Soziale Anamnese

  • Welchen Beruf üben Sie aus?
  • Gibt es Hinweise auf psychosoziale Belastungen oder Belastungen aufgrund Ihrer familiären Situation?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Sind Ihnen Veränderungen im Stuhl wie Blutauflagerungen, Schleim oder eine dunkle Verfärbung (Teerstuhl) aufgefallen?*
  • Haben sich Ihre Stuhlgewohnheiten verändert (z. B. häufiger oder seltener Stuhlgang, Durchfall, Verstopfung)?
  • Haben Sie ein Gefühl der unvollständigen Darmentleerung?
  • Haben Sie vermehrt Darmkrämpfe, Bauchschmerzen oder Blähungen?
  • Fühlen Sie sich häufig müde oder abgeschlagen?
  • Seit wann bestehen diese Veränderungen?
  • Haben Sie Symptome wie ungeklärtes Fieber, Nachtschweiß oder ungewollten Gewichtsverlust festgestellt?*

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Haben Sie chronische Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn?
    • Haben Sie in der Vergangenheit Krebserkrankungen wie z. B. Mammakarzinom (Brustkrebs), Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs) oder Endometriumkarzinom (Gebärmutterkrebs) gehabt?
    • Haben Sie bekannte Darmpolypen oder Adenome (gutartige Tumoren) im Darm?
  • Wurden in der Vergangenheit Eingriffe am Magen-Darm-Trakt vorgenommen?

Medikamentenanamnese 

  • Antibiotika
    • Patienten, die im Kindesalter oft Antibiotika einnehmen mussten, haben als Erwachsene ein signifikant erhöhtes Darmkrebsrisiko von bis zu 17 % [3].
    • Patienten, die im Alter zwischen 20 und 39 Jahren über zwei Monate oder länger Antibiotika erhalten haben, hatten im Alter bei einer Vorsorgekoloskopie zu 36 % häufiger Kolonpolypen [1].
    • Erhöhtes Risiko für die Schädigung des Darmmikrobions unter Aminoglykosiden (+53 %) und reduziertes Risiko unter Penicillinen (-17 %); reduziertes Darmkrebsrisiko (Glykopeptide, Tetrazykline und Chinolone); erhöhtes Risiko (Carbapeneme, Makrolide).
      Antibiose über zwei Wochen: Risikoerhöhung in proximalen Kolon (+57 %); im Rektum ist das Risiko reduziert (-42 %) [4].

Umweltanamnese

  • Wurde in Ihrer Region ein erhöhter Nitratgehalt im Trinkwasser festgestellt?
    • Nitrat wird im Körper zu Nitrit und N-Nitroso-Verbindungen umgewandelt; Personengruppe, die mit ≥ 16,75 mg/l der höchsten Belastung ausgesetzt war, hatte im Vergleich zu Personen, die mit < 0,69 mg/l am wenigsten Nitrat über das Trinkwasser aufgenommen hatten, ein beinahe 20 % höheres Risiko für ein kolorektales Karzinom (HR 1,16, 95 %-KI 1,08-1,25) [2].
      Fazit: Der Grenzwert von maximal 50 mg Nitrat pro Liter Trinkwasser gemäß der EU-Trinkwasserrichtlinie sollte überdacht werden.
    • Arbeiten Sie in der Landwirtschaft oder in Berufen mit erhöhter Exposition gegenüber Nitrat oder Düngemitteln?

* Falls diese Frage mit „Ja“ beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Literatur

  1. Cao Y et al.: Long-term use of antibiotics and risk of colorectal adenoma. Gut. 2017 doi:10.1136/gutjnl-2016-313413.
  2. Schullehner J et al.: Nitrate in drinking water and colorectal cancer risk: A nationwide population‐based cohort study. Int J Cancer 2018 18 Februar 13 Feb 13 https://doi.org/10.1002/ijc.31306
  3. Lu SSM et al.: Antibiotics Use and Subsequent Risk of Colorectal Cancer: A Swedish Nationwide Population-Based Study. J Natl Cancer Inst 2021; doi: 10.1093/jnci/djab125
  4. Cheung KS et al.: Association between antibiotic consumption and colon and rectal cancer development in older individuals: A territory-wide study. Cancer Medicine 2022; https://doi.org/10.1002/cam4.4759