Colitis ulcerosa – Medikamentöse Therapie
Therapieziele
- Remissionsinduktion (im akuten Schub eine Krankheitsberuhigung erreichen) und -erhaltung
- Es sollte eine mukosale Heilung angestrebt werden (Ziel ist die endoskopische Remission; ggf. auch histologische/feingewebliche Untersuchung).
Therapieempfehlungen
Therapieempfehlung in Abhängigkeit von Phase (s. o.) und Intensität [3, 4]:
- Remissionsinduktion:
- akuter Schub:
- leichter Schub: Mesalazin (5-ASA; antiinflammatorische, d. h. antientzündliches Darmtherapeutikum), oral; bei distaler Colitis (bis linke Flexur/Biegung des Darms links; Linksseitenkolitis): topische Therapie:
- 5-Aminosalizylate (5-ASA) mit Suppositorien, Rektalschaum oder Klysmen oder
- 2 g Budesonid-Schaum
- mäßiger Schub: zusätzlich Steroide oral (Prednisolonäquivalente; Glucocorticoide); bei distaler Colitis (bis linke Flexur; Linksseitenkolitis): topische ("örtliche") Therapie
- schwerer/fulminanter Schub: systemische Steroidtherapie (i.v.), bei Steroidrefraktärität (Nichtansprechen auf Steroide/Glucocorticoide) zusätzlich Ciclosporin (Cyclosporin A) oder Anti-TNF-α-Antikörper (z. B. Infliximab); ggf. auch Tacrolimus; ggf auch Ustekinumab (monoklonaler Antikörper; Interleukin (IL)-12/23-Inhibitor), Januskinaseinhibitoren und evtl. Ozanimod (Immunsuppressivum)
Falls es unter Ciclosporin (Cyclosporin A)- oder Anti-TNF-α-Antikörper-Therapie nach spätestens sieben Tagen zu keinem Therapieansprechen kommt, muss eine Kolektomie (operative Entfernung des gesamten Dickdarms) diskutiert werden. - Beachte: Bei steroidabhängigem Verlauf, das heißt, wenn Steroide über drei Monate nicht ausgeschlichen werden können, sollte eine Therapieeskalation zu einem Immunsuppressivum oder einem Biologikum stattfinden.
- leichter Schub: Mesalazin (5-ASA; antiinflammatorische, d. h. antientzündliches Darmtherapeutikum), oral; bei distaler Colitis (bis linke Flexur/Biegung des Darms links; Linksseitenkolitis): topische Therapie:
- chronisch-aktive Colitis ulcerosa: Immunsuppressiva
- akuter Schub:
- Remissionserhaltung bzw. Rezidivprophylaxe (Maßnahmen zur Abwendung des Wiederauftretens):
- Eine systemische Glucocorticosteroide soll nicht zur Rezidivprophylaxe langfristig eingesetzt werden!
- leichte Colitis ulcerosa: Patienten, die durch Mesalazin (5-ASA) in eine Remission überführt werden konnten, sollten mindestens zwei Jahre eine remissionserhaltende Therapie mit 5-ASA bekommen:
- bei 5-ASA-slow/delayed-released-Präparaten mindestens 1,5 g/d
- bei 5-ASA-MMX-Formulierungen mindestens 2,4 g/d
- mittlere und schwere Colitis ulcerosa: Bei Steroidabhängigkeit oder bei mehr als einem steroidpflichtigen Schub pro Jahr: Azathioprin oder 6-Mercaptopurin (6-MP); Dauer der Therapie mind. 2-3 Jahre)); ggf. auch Zufuhr von Probiotika (Supplemente mit probiotischen Kulturen)
- schwere i.v.-Steroid-refraktäre Colitis ulcerosa: primär Anti-TNF-α-Antikörper (hier: Infliximab, Adalimumab und Golimumab) oder Cylcosporin A; ggf auch Ustekinumab (monoklonaler Antikörper; Interleukin (IL)-12/23-Inhibitor), Tofacitinib und Upadacitinib (JAK-Inhibitoren) und Ozanovid
Beachte:- Infliximab und Calcineurin-Inhibitoren können bei schwerer therapierefraktärer Colitis ulcerosa mit oder ohne Azathioprin gleichberechtigt eingesetzt werden.
- Bei extraintestinalen Manifestationen (Auftreten der Erkrankung außerhalb des Darms) wie Gelenkbeschwerden eher zu TNF-Antikörpern greifen.
- Cave: "Vorläufige Daten aus einer klinischen Studie mit Patienten mit rheumatoider Arthritis deuten auf ein höheres Risiko für schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse und maligne Erkrankungen (außer nicht-melanozytärer Hautkrebs, NMSC) im Zusammenhang mit Tofacitinib im Vergleich zu einem TNF-Inhibitor hin" [10].
Weitere Hinweise
- Im Krankheitsschub kann auch in der Schwangerschaft die Gabe von Glucocorticoiden notwendig werden. Das Risiko für das Kind stufen Experten bei Prednison als niedrig ein.
- Definition einer schweren Colitis ulcerosa (potenziell lebensbedrohlich) entsprechend den ECCO-Leitlinien:
- ≥ 6 blutige Diarrhöen (Durchfälle) und
- Zeichen einer schweren systemischen Erkrankung (Fieber > 37,8 °C, Tachykardie > 90/min, Hämoglobin < 10,5 g/dl, BSG-Erhöhung > 30 mm/h)
- Infektionsrisiko bei systemischer Steroidtherapie ab Tagesdosen von über 10 mg, kumulativen Dosen von mehr als 700 mg oder bei einer über 2-wöchiger Therapiedauer
- Beachte: Eine häufige Ursache der CED-assoziierten Anämie (Blutarmut) ist der Eisenmangel.
Eisenmangelanämie: schwangere Frauen ≤ 11 g/dl, nicht schwangere Frauen ≤ 12 g/dl, Männer ≤ 13 g/dl)
Eisenmangelanämie (Hämoglobin ≥ 10 g/dl):- orale Eisensubstitution; bei Unverträglichkeit oder nicht Ansprechen auf die orale Substitution bzw. bei schwerer Anämie (Hämoglobin < 10 /dl / 6,3mmol/l) intravenöse Gabe von Eisen.
- Eine Vitamin-B 12-Substitution soll bei nachgewiesener Vitamin-B 12-Mangelanämie parenteral ("unter Umgehung des Darmes") erfolgen.
- Nach Absetzen einer TNTα-Blocker-Therapie (elektiv oder wg. UAW oder wg. top-down-Strategie) betrug die Inzidenzrate für ein Rezidiv (Wiederauftreten der Erkrankung) 17 % pro Patientenjahr. Die mediane Zeit bis zum Rezidiv nach Absetzen der Therapie lag bei elf Monaten. Nach Rezidiv konnte durch erneute Behandlung mit demselben TNF-α-Blocker in 69-79 % eine klinische Remission erzielt werden (Infliximab: 79 %; Adalimumab: 69 %) [8].
- Eine langfristige systemische Corticosteroidtherapie als Rezidivprophylaxe sollte nicht durchgeführt werden [9].
Beachte: Bei steroidabhängigem Verlauf, das heißt, wenn Steroide über drei Monate nicht ausgeschlichen werden können, sollte eine Therapieeskalation zu einem Immunsuppressivum oder einem Biologikum stattfinden.
Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)
Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für die Darmgesundheit sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:
- Vitamine (A, C, E, D3, K, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
- Mineralstoffe (Calcium, Chlorid, Kalium, Magnesium, Natrium, Phosphor)
- Spurenelemente (Chrom, Eisen, Fluorid, Jod, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
- Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Alpha-Linolensäure (ALA), Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA); Omega-6-Fettsäure: Linolsäure, Gamma-Linolenäure (GLA))
- Weitere Vitalstoffe (Probiotika wie E. coli Nissle, Laktobazillen, Bifidobakterien u. a. [2], Fruchtsäuren – Citrat (gebunden in Magnesium-, Kalium- und Calciumcitrat))
Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.
Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
Literatur
- Greenfield SM, Green AT, Teare JP, Jenkins AP, Punchard NA, Ainley CC, Thompson RP: A randomized controlled study of evening primrose oil and fish oil in ulcerative colitis. Aliment Pharmacol Ther. 1993 Apr;7(2):159-66.
- Furrie E, Macfarlane S, Kennedy A, Cummings JH, Walsh SV, O'neil DA, Macfarlane GT: Synbiotic therapy (Bifidobacterium longum/Synergy 1) initiates resolution of inflammation in patients with active ulcerative colitis: a randomised controlled pilot trial. Gut. 2005 Feb;54(2):242-9.
- Dignass A, Lindsay JO, Sturm A, Windsor A, Colombel JF, Allez M, D’Haens G, D’Hoore A, Mantzaris G, Novacek G, Oresland T, Reinisch W, Sans M, Stange E, Vermeire S, Travis S, Van Assche G: Second European evidence-based consensus on the diagnosis and management of ulcerative colitis part 2: current management. J Crohns Colitis. 2012 Dec;6(10):991-1030.
- Dignass A, Preiss JC, Aust DE, Autschbach F, Ballauff A, Barretton G, Bokemeyer B, Fichtner-Feigl S, Hagel S, Herrlinger KR, Jantschek G, Kroesen A, Kruis W, Kucharzik T, Langhorst J, Reinshagen M, Rogler G, Schleiermacher D, Schmidt C, Schreiber S, Schulze H, Stange E, Zeitz M, Hoffmann JC, Stallmach A. [Updated German guideline on diagnosis and treatment of ulcerative colitis, 2011]. Z Gastroenterol. 2011 Sep;49(9):1276-341.
- Panaccione R, Ghosh S, Middleton S, Márquez JR, Scott BB, Flint L, van Hoogstraten HJ, Chen AC, Zheng H, Danese S, Rutgeerts P: Combination therapy with infliximab and azathioprine is superior to monotherapy with either agent in ulcerative colitis. Gastroenterology. 2014 Feb;146(2):392-400.
- Andersen NN et al.: Association between tumour necrosis factor-α inhibitors and risk of serious infections in people with inflammatory bowel disease: nationwide Danish cohort study. BMJ 2015;350:h2809
- „Aus der UAW-Datenbank“: Fulminante Myokarditis mit akuter kardialer Dekompensation nach Erstgabe von Adalimumab (Humira®) bei Colitis ulcerosa. AkdÄ Drug Safety Mail | 15-2016
- Casanova MJ et al.: Evolution After Anti-TNF Discontinuation in Patients With Inflammatory Bowel Disease: A Multicenter Long-Term Follow-Up Study. The American Journal of Gastroenterology 112, 120-131 (January 2017) | doi:10.1038/ajg.2016.569
- Dignass A, Preiß JC, Aust DE et al.: Aktualisierte Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Colitis ulcerosa. Z Gastroenterol 2011 Sep;49(9):1276-341. doi: 10.1055/s-0031-1281666. Epub 2011 Aug 24.
- AkdÄ Drug Safety Mail: Rote-Hand-Brief zu Xeljanz® vom 24.03.2021
Leitlinien
- Addendum zu den S3-Leitlinien Morbus Crohn und Colitis ulcerosa: Betreuung von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen in der COVID-19-Pandemie – offene Fragen und Antworten. Z Gastroenterol 2020; 58: 672–692
- S3-Leitlinie: Colitis ulcerosa. (AWMF-Registernummer: 021-009), April 2021. Langfassung