Colitis ulcerosa – Ernährungstherapie

Der häufig bei Colitiskranken anzutreffende unzureichende Ernährungszustand, welcher durch Untergewicht, negative Stickstoffbilanz, vermindertes Serumalbumin, reduzierte Serumkonzentration von Vitalstoffen (Mikronährstoffe) gekennzeichnet ist, beeinflusst das Befinden der Patienten sowie den Krankheitsverlauf äußerst negativ.

Bei Kindern verzögert die Malnutrition das Längenwachstum und die Pubertät [1].
Demzufolge muss die Ernährungstherapie beziehungsweise die präoperative Behandlung der Colitis ulcerosa aus einer energiereichen Ernährung bestehen, die alle wichtigen Nähr- und Vitalstoffe (Makro- und Mikronährstoffe) in genügenden Mengen enthält [4.2.]. Ziel der Ernährungstherapie ist es, den Allgemeinzustand zu verbessern, die Symptome zu lindern und Komplikationen zu vermeiden.
Die Behandlung steht so lange im Vordergrund, bis die Schübe der ulzerierenden Colitis – zwar unter Hinterlassung morphologischer Veränderungen der Darmschleimhaut – ausheilen und die Entzündungserscheinungen abklingen [4.2.].

In dem Fall einer fulminanten Colitis – toxisches Megakolon – beziehungsweise der Entstehung von bösartigen Tumoren im Dick- oder Mastdarm ist meist eine operative Entfernung des Dickdarms erforderlich [1].
Eine den Bedarf deckende Ernährung spielt auch für die Zeit nach operativen Eingriffen eine wesentliche Rolle, da ein schlechter Ernährungszustand den postoperativen Verlauf erheblich hinauszögern kann [4.2.]. Um vor ausgeprägten klinischen Mangelsymptomen geschützt zu sein, sollten Colitiskranke – je nach Bedarf – die kritischen Vitalstoffe (Mikronährstoffe), darunter fett- und wasserlösliche Vitamine, Calcium, Magnesium, Eisen, Zink, Selen, essentielle Fettsäuren, Proteine und Ballaststoffe, erhöht über die Nahrung aufnehmen beziehungsweise mit diesen substituiert werden. Erhöht mangelgefährdete Patienten, die sehr niedrige Serumspiegel von beispielsweise Vitamin B12, Eisen und Zink aufweisen, müssen parenteral mit diesen Vitalstoffen (Mikronährstoffe) substituiert werden [1].
Da Vitamin D oftmals in zu geringfügigen Mengen über die Nahrung aufgenommen wird – geringer Verzehr von Fisch, wie Aal und Hering – und die Sonnenlichtexposition vor allem während der Wintermonate gering ist, ist der Vitamin-D-Bedarf bei Colitis-Patienten ebenfalls erhöht. Es wird eine Vitamin D-Supplementation empfohlen [4.2.]. Insbesondere kann eine regelmäßige sowie großzügige Aufnahme von Vitamin A, E, Zink und Omega-3-Fettsäuren bei Colitis-Patienten den Entzündungsprozess verringern, die Darmwand vor Geschwüren schützen, die Symptome lindern und die Schleimhautregeneration fördern [5.4.].

Ernährungsempfehlungen bei sekundärem Disaccharidasemangel

Die ulzerierende Colitis geht oftmals aufgrund der primären entzündlichen Erkrankung der Darmwand mit einem sekundären Lactasemangel einher. Je nach Schwere der Schädigung der Darmzotten, ist die Aktivität der Lactase herabgesetzt [4.2.]. Hierbei kann die durch Milch und Milchprodukten zugeführte Lactose nicht aufgespalten und in der Folge nicht resorbiert werden. In diesem Fall sollte zu Beginn der diätetischen Behandlung der Colitis ulcerosa auf Milchzucker weitgehend verzichtet werden, um typische Symptome der Lactoseintoleranz – Blähungen und krampfartige Beschwerden (Meteorismus) sowie Durchfall (Diarrhoe),  – zu vermeiden. Demzufolge sind in der Diät lactosearme Milch und Milchprodukte zu integrieren, damit die Aufnahme der wertvollen Nähr- und Vitalstoffe (Makro- und Mikronährstoffe) der Milch – unter anderem Vitamin A, D, E, K, Calcium und biologisch hochwertiges Protein – gesichert ist [4.2.]. Mit zunehmender Regeneration der Darmzotten während der diätetischen Therapie, normalisiert sich die Aktivität des Enzyms Lactase und Milch sowie Milchprodukte werden wieder normal vertragen [4.2.]. 

Bedeutung von Calcium und Vitamin D

Ernähren sich Colitis-Patienten überwiegend ballaststoffarm, kann es rasch zu Calcium-Defiziten kommen, die nicht resorbierten Fettsäuren mit Calcium zu unlöslichen Kalkseifen verbinden. Schließlich wird die Resorption von Calcium gehemmt und es besteht die erhöhte Gefahr eines Calcium-Mangels aufgrund eines geringen Verzehrs von Ballaststoffen wird die Umwandlung von primären Gallensäuren in sekundäre Gallensäuren im Dickdarm gefördert, was zu einer geringen mizellaren Konzentration führt. Anfallende Fettsäuren können folglich nicht mehr resorbiert werden, wodurch sich – je nach Ausmaß der Fettresorptionsstörung. Oxalsäure kann in der Folge nicht mehr von Calcium zu Calciumoxalat gebunden werden. Die freie, aus der Nahrung aufgenommene Oxalsäure wird verstärkt resorbiert und über den Harn ausgeschieden (Hyperoxalurie). Ferner erhöht der vermehrte Anfall von Oxalsäure die Gefahr der Nieren- und Harnsteinbildung (Urolithiasis) [4.2.].

Demzufolge sollten Colitis ulcerosa-Patienten oxalsäurehaltige Lebensmittel, wie Rote Bete, Petersilie, Rhabarber, Spinat, Mangold sowie Nüsse, meiden [1]. Eine fettarme Diät und eine zusätzliche Gabe von Calcium sichert die Bindung von Calcium mit Oxalsäure und verhindert auf diese Weise eine Hyperoxalurie und eine daraus folgende Steinbildung [4.2.]. Bei Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung findet sich häufig eine erniedrigte Knochendichte, die auf die Steroidtherapie zurückzuführen ist [4.2.]. Eine mangelnde körperliche Aktivität, eine unzureichende Zufuhr von Calcium und Vitamin D mit der Nahrung und die mehr oder weniger ausgeprägten Resorptionsstörungen können ebenfalls für die niedrige Knochendichte verantwortlich sein [4.2.]. Die Deckung des erhöhten Bedarfs an Calcium und Vitamin D ist daher bei entzündlichen Darmerkrankungen von wesentlicher Bedeutung. Calcium- und Vitamin D-Substitutionen fördern die Knochengesundheit und beugen Mangelversorgungen vor [4.2.].

Bedeutung von Eisen

Treten bei der ulzerierenden Colitis infolge gastrointestinaler Symptome, wie Ausbildung von Geschwüren, Strikturen, Fisteln oder Abszessen, chronische Sickerblutungen im Darminneren auf, kommt es durch die starken beziehungsweise lang anhaltenden Blutungen zu hohen Eisen-Verlusten. Verlieren Patienten zusätzlich durch häufig auftretende blutige Durchfälle viel Blut, verstärken sich die Eisen-Defizite. Die Gefahr eines Eisen-Mangels steigt unter diesen Umständen erheblich an [4.2.]. Eisen sollte daher oral zugeführt werden. Das Spurenelement ist insbesondere für den Sauerstofftransport im menschlichen Organismus essentiell [5.2.].

Bedeutung von Antioxidantien

Um Bakterien und Keime im Bereich der geschädigten Kolonschleimhaut abzuwehren, synthetisieren die weißen Blutkörperchen freie Sauerstoffradikale in hohen Mengen. Freie Radikale vermehren sich im Körper in Form von Kettenreaktionen, indem sie dem angegriffenen Molekül ein Elektron entreißen und es dadurch selbst zu einem Freien Radikal machen. Die vermehrte Radikalbildung – vor allem in der Kolonschleimhaut – wird als oxidativer Stress bezeichnet.
Oxidativer Stress geht mit einer Schädigung von körpereigenen Proteinen, Enzymen, Aminosäuren, Kohlenhydraten im Zytoplasma sowie Zellmembranen einher. Zudem werden die DNS (Erbsubstanz), der Zellkern und die Mitochondrien angegriffen. Fettsäuren werden in toxische Verbindungen umgewandelt (Lipidperoxidation) [4.1.].
Beeinträchtigungen der Zellkern-DNA können zu Genmutationen führen, die einzelne zelluläre Funktionen beeinträchtigen. In der Folge besteht ein erhöhtes Risiko, dass Krebszellen – Kolonadenom beziehungsweise -karzinom – entstehen können [4.1.].
Weiterhin vermindert oxidativer Stress die Konzentration von Antioxidantien, die die Freien Radikale wirkungsvoll entgiften beziehungsweise ihre Entstehung verhindern oder hemmen können und damit das Überleben der Mukosazellen ermöglichen.
Ohne antioxidative Schutzfaktoren wie Vitamin B2, B3, E, D, C, Selen, Zink, Mangan und Kupfer sowie die sekundären Pflanzenstoffe – wie beispielsweise Carotinoide und Polyphenole – können die schädlichen Sauerstoffradikale nicht abgefangen werden.
Der hohe Anfall an freien Sauerstoffradikalen unterhält beziehungsweise fördert schließlich die Entzündungsreaktionen der chronisch entzündlichen Darmerkrankung. Durch eine hohe Zufuhr von Antioxidantien über die Nahrung oder Substitutionen kann die Vermehrung der schädigenden Radikale im Dickdarm gehemmt, dessen Konzentration verringert und die Entzündungsreaktionen der Kolonschleimhaut vermindert werden [4.1.].

Bedeutung von Omega-3-Fettsäuren und Gamma-Linolensäure

Bei der ulzerierenden Colitis lassen sich in der Schleimhaut und in der Spülflüssigkeit des Mastdarms erhöhte Konzentrationen der Entzündungsmediatoren Leukotrien B4, Prostaglandin E2 sowie Thromboxan A2 finden [4.2.]. Zudem sind hohe Arachidonsäure-Konzentrationen in der Darmmukosa feststellbar, wodurch die Bildung der Entzündungsmediatoren gefördert wird.
Nachtkerzenöl enthält reichlich Gamma-Linolensäure. Bei der medikamentösen Behandlung mit Nachtkerzenöl bewirkt ein hohes Angebot an Gamma-Linolensäure eine Verminderung der Synthese des Entzündungsmediators Prostaglandin E2 und eine vermehrte Bildung der Prostaglandine E1. Prostaglandine aus der Serie 1 hemmen wiederum die Freisetzung der Arachidonsäure aus den Zellmembranen [4.2.]. Infolge der Wirkung der wertvollen Gamma-Linolensäure verringern sich die Konzentrationen der Entzündungsmediatoren in der Kolonschleimhaut, wodurch die Regeneration der Mukosa gefördert wird.
Zur medikamentösen Therapie werden den Patienten neben Nachtkerzenöl auch Fischöl, welches reich an Omega-3-Fettsäuren – insbesondere Eicosapentaensäure – in Form von Gelatinekapseln verabreicht. Eicosapentaensäure (EPA) hat einen entzündungshemmenden Effekt, indem bei erhöhter Zufuhr vermehrt das antiinflammatorisch wirksame Prostaglandin I3 synthetisiert und die Bildung von Leukotrien B4 deutlich reduziert wird [4.2.]. Somit sind Omega-3-Fettsäuren für die Schleimhautregeneration der Darmwand von erheblicher Bedeutung [1].
Eine Gabe von 5 Gramm Omega-3-Fettsäuren pro Tag führt bei der Colitis ulcerosa durch die Beeinflussung der Entzündungsmediatoren zu einer Verringerung des Umfangs sowie der Heftigkeit der Dickdarmentzündung und Linderung der Symptome [1].
Ferner werden essentielle Fettsäuren – Omega-3-Fettsäuren, wie alpha-Linolensäure, EPA sowie DHA, und Omega -6-Verbindungen, wie Linolsäure, Gamma-Linolensäure und Arachidonsäure – besonders zur Deckung des erhöhten Kalorienbedarfs Colitiskranker benötigt.

Bedeutung des niedermolekularen Proteins

Aufgrund der häufig auftretenden Unterversorgung mit Proteinen – unter anderem wegen des hohen intestinalen Eiweißverlustes und der Hypalbulinämie –, haben Colitis ulcerosa-Kranke einen erhöhten Bedarf an qualitativ hochwertigen Eiweißen. Insbesondere sollte niedermolekulares Protein – hochwertiges, komplettes und kurzkettiges Eiweiß aus Milch, Soja, Kartoffeln oder Ei – zugeführt werden, da dessen Ausnutzung nahezu 100 % beträgt. Die Ursache liegt in der Resorption dieses Eiweißes, wozu nur ein stark reduzierter Aufwand durch den menschlichen Verdauungstrakt notwendig ist. Auch erheblich geschwächte Patienten können den Aufwand der Eiweißresorption leisten. Beim enzymatischen Abbau des hochmolekularen Nahrungsproteins entstehen kleine Aminosäurenketten – Oligopeptide, die fast so schnell abgebaut und verstoffwechselt werden, wie Glucose [6].
Übliche langkettige Nahrungsproteine – zum Beispiel Fleisch – werden hingegen nur zu 40-70 % aufgeschlossen und resorbiert. Bei einigen Colitis-Patienten können herkömmliche Nahrungsproteine allergische Reaktionen auslösen und sollten aus diesem Grund in der diätetischen Kost reduziert werden [1].
Patienten mit ulzerierender Colitis sollten etwa 100-125 Gramm niedermolekulares Protein pro Tag zu sich nehmen, um den Widerstand gegen krankmachende Einflüsse, wie Bakterien und Keime, zu erhöhen. Die zusätzliche Zufuhr des hochmolekularen Eiweißes bei proteinunterversorgten Menschen hat eine positive Wirkung auf Körpergewicht, Gesamteiweiß im Serum, das Serumalbumin sowie auf den Spiegel der Gamma-Globuline. Zudem wird die Funktion des Immunsystems, die Blutzirkulation und die Resorption sowie Verwertung von Nähr- und Vitalstoffen (Makro- und Mikronährstoffe) unterstützt [1].
Niedermolekulares Protein liefert die Aminosäure Glutamin. Dieses Substrat spielt im Energiestoffwechsel der Dünndarmschleimhaut eine wesentliche Rolle, da es eine wichtige Energiequelle für die Darmzellen ist. Glutamin wirkt Schleimhautbeschädigungen des Darms entgegen und wird für den Heilungsprozess der Dickdarmwand benötigt [4.1.].

Ausreichender und regelmäßiger Verzehr von Ballaststoffen – protektive Wirkungen

  • Hemmung der Entstehung von Dickdarmtumoren – Kanzerogenese – durch Bindung von Kanzerogenen sowie durch die beim bakteriellen Abbau entstehenden kurzkettigen Fettsäuren – vor allem weist Buttersäure antikanzerogene Wirkungen auf. Indem Ballaststoffe das Stuhlgewicht erhöhen, verdünnt sich die Konzentration aller krebserzeugenden Faktoren. Da bei ballaststoffreicher Kost durch Beschleunigung der Darmperistalik die Transitzeit des Stuhls verkürzt ist, wird damit auch die Kontaktzeit der Kanzerogene mit der Darmwand verringert. Patienten mit ballaststoffreicher Ernährung zeigen ein um etwa 40 % vermindertes Risiko für Darmkrebs, wobei die Sterblichkeit mit steigender Ballaststoffzufuhr sinkt.
  • Kardioprotektive Effekte – Ballaststoffe gewähren Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Knapp 30 Gramm Faserstoffe am Tag reichen aus, um das Herzinfarktrisiko um fast um die Hälfte zu senken.
  • Senkung des LDL-Cholesterinspiegels um bis zu 25 %
  • Verbesserung der Kohlenhydrattoleranz – durch den niedrigen glykämischen Index ballaststoffreicher Lebensmittel. Auch bei Diabetikern kommt es infolge hoher Ballaststoffzufuhr zur Verbesserung der Kohlenhydrattoleranz.
  • Immunmodulierende Eigenschaften – insbesondere Hemizellulose und Pektine. Achten Colitis-Patienten auf eine regelmäßige Ballaststoffzufuhr – etwa 30 Gramm am Tag –, kann die Immunkompetenz durch Steigerung der unspezifischen sowie spezifischen Abwehrmechanismen deutlich verbessert werden.
  • Erhöhte Ausscheidung von Fett sowie toxischen Substanzen mit dem Stuhl – Ballaststoffe binden Fettsäuren und giftige Schadstoffe sowie Schwermetalle. Beispielsweise geht Pektin mit Blei und Quecksilber eine Bindung ein, wodurch die Schwermetalle vermehrt ausgeschieden werden und der bereits durch die Entzündungsreaktionen geschwächte Körper von Colitis-Patienten vor oxidativen Schäden geschützt wird [5.1.].

Aufgrund der vielseitigen Wirkungsmechanismen von Faserstoffen sollten Patienten mit Colitis ulcerosa ihre Ballaststoffzufuhr auf jeden Fall erhöhen und parallel dazu auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme achten. Ballaststoffe benötigen Flüssigkeit zum Quellen. Bei geringer Flüssigkeitszufuhr verringert sich ihr Quellvermögen, wodurch eine Obstipation verursacht werden kann [5.1.].

Bedeutung sekundärer Pflanzenstoffe

Achten Colitiskranke auf eine ausreichende Zufuhr bioaktiver Substanzen, wie Karotinoide, Saponine, Polyphenole und Sulfide, kann die Entstehung von Dickdarmkrebs gehemmt werden [5.1.].

  • Carotinoide – zum Beispiel in Aprikosen, Brokkoli, Erbsen und Grünkohl – sind in der Lage, die für die Krebsentstehung verantwortlichen Phase-1-Enzyme zu hemmen.
  • Saponine – vor allem in Bohnen, grünen Bohnen, Kichererbsen sowie Sojabohnen – binden primäre Gallensäuren und tragen so dazu bei, dass die Bildung sekundärer Gallensäuren reduziert wird. In hohen Konzentrationen können sekundäre Gallensäuren als Tumorpromotoren wirken. Die von den Saponinen gebundenen primären Gallensäuren werden vermehrt mit dem Stuhl ausgeschieden. Für die Neubildung von Gallensäuren wird dann körpereigenes Cholesterin verwendet, wodurch der Cholesterinspiegel im Blut sinkt. Indem Saponine Cholesterin unlösbar im Darm binden, wird der Cholesterinspiegel ebenfalls erniedrigt [5.1.].
  • Die zu den Polyphenolen gehörenden Flavonoide – vorrangig in Zitrusfrüchten, roten Trauben, Kirschen, Beeren sowie Pflaumen – weisen strukturelle Ähnlichkeiten mit Nukleotiden auf und können daher DNA-Bindungsstellen für aktive Kanzerogene maskieren. Zudem besitzen sie die Fähigkeit, das Wachstum DNA-geschädigter Zellen zu verhindern. Weiterhin wirken sich Flavonoide positiv auf den Vitalstoffstatus aus. Sie steigern die Wirkung von Vitamin C und Coenzym Q10 um den Faktor Zehn, haben einen stabilisierenden Einfluss auf den Vitamin C-Plasmaspiegel und verzögern den Verbrauch von Vitamin E [5.1.]. Phenolsäuren – insbesondere zu finden in verschiedenen Kohlsorten, Kaffee, Radieschen und Weizenvollkorn – sind stark antioxidativ wirksam und können deshalb zahlreiche krebsfördernde Stoffe aus der Umwelt, wie Nitrosamine und Mykotoxine, inaktivieren.
  • Sulfide – reichlich enthalten in Knoblauch, Zwiebeln, Schnittlauch, Spargel und Schalotten – weisen ähnliche krebshemmende Effekte wie Karotinoide, Saponine und Polyphenole auf. Sie wirken zusätzlich immunmodulatorisch, indem sie natürliche Killerzellen sowie zelltötende T-Lymphozyten aktivieren, um die Kanzerogenese aufzuhalten [5.1.].

Bedeutung der Wachstumsfaktoren

Wachstumsfaktoren – grow factors – sind Fett- beziehungsweise Protein-Moleküle, die protektive Wirkungen auf die Darmschleimhaut aufweisen. Zu den wichtigsten Wachstumsfaktoren gehören der Epidermal growth factor, das Neurotensin und der Insulin-like-growth factor [4.2.].
Diese sind in der Lage, die Zellneubildung sowie das Wachstum in der Dickdarmschleimhaut zu stimulieren, wodurch die Nähr- und Vitalstoffresorption bei Colitis ulcerosa-Kranken erheblich verbessert wird [4.2.]. Zudem kann infolge der Zellproliferation die bei Colitis-Patienten häufig herabgesetzte Barrierefunktion der Dickdarmschleimhaut optimiert werden, sodass die Aufnahme von Bakterien, Keimen und Endotoxinen beziehungsweise ein Übertritt von Antigenen aus den Darminneren in die Lymphe und in das Pfortaderblut weitgehend verhindert wird [4.2.].
Colitis-Patienten sollten demzufolge mit zusätzlichen Gaben von Wachstumsfaktoren ernährt werden, um den Ernährungs- und Allgemeinzustand durch Steigerung der Nähr- und Vitalstoffresorption zu verbessern, die Schleimhautbarriere des Dickdarms aufrechtzuerhalten und die Entzündungserscheinungen der Darmwand zu verringern [4.2.].

Ernährungstherapie bei mildem Krankheitsverlauf – Erhaltung der Remission

Liegen keine besonderen Komplikationen vor, wird zur Erhaltung der symptomfreien beziehungsweise symptomarmen Zeit mit einer leichten Vollkost ernährt [4.2.]. Hierbei müssen solche Lebensmittel, Zubereitungsverfahren und Speisen gemieden werden, die erfahrungsgemäß die typischen Beschwerden auslösen.
Nahrungsmittelempfindlichkeiten können die chronische Darmentzündung verschlimmern [2].
Grundsätzlich sind Nahrungsmittelunverträglichkeiten bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen häufiger als bei Gesunden. Klinischen Studien zur Folge, kam es nach Elimination solcher Lebensmittel, die die Symptomatik der Colitis ulcerosa verschlimmern, zu langen beschwerdefreien Intervallen und geringen Rückfallraten. Hierbei wurden insbesondere auf Weizenprodukte, Milch und Milchprodukte, Zitrusfrüchte, Hefe, Mais, Bananen, Tomaten, Wein sowie Eier verzichtet, da diese Nahrungsmittel am häufigsten Beschwerden auslösen [4.1.].
Colitiskranke sollten langfristig und regelmäßig ballaststoffreiche Lebensmittel, wie Vollkornprodukte, Reis, Weizenkleie, Haferkleie, Obst, Gemüse sowie Hülsenfrüchte, zu sich nehmen. Ein hoher Ballaststoffverzehr gewährleistet ein hohes Angebot an kurzkettigen Fettsäuren im Dickdarm. Indem Acetat, Propionat und Butyrat die Stoffwechselaktivität und Wachstumsrate der Darmflora fördern, kann die bei Colitis-Patienten häufig herabgesetzte Schleimhautbarriere des Dickdarms optimiert werden. Kurzkettige, niedermolekulare Fettsäuren sind damit in der Lage, die Heftigkeit der chronischen Darmentzündung und die Anzahl sowie die Schwere der Rückfälle zu vermindern [4.2.]. Vor allem wirkt sich n-Butyrat als wesentliches energielieferndes Substrat der Kolonmukosa positiv auf den Krankheitsverlauf der Colitis ulcerosa aus.
Untersuchungen zur Folge, führt insbesondere der Ballaststoff Ispaghula zu einer Linderung der typischen Symptome – Diarrhoe, Völlegefühl, Schleimhautabsonderung – bei inaktiver Colitis ulcerosa [1].
Wasserlösliche Ballaststoffe, wie in Früchten vorkommende Pektine und Pflanzengummis, sind unerlässlich für die Wiederherstellung der Darmfunktion. Sie weisen gegenüber unlöslichen Ballaststoffen eine noch höhere Wasserbindungskapazität auf. Indem lösliche Ballaststoffe die Darmpassage verlängern, die Stuhlhäufigkeit reduzieren, vermehrt Wasser binden und das Stuhlgewicht erhöhen, wirken sie Diarrhöen und damit hohen Flüssigkeits- sowie Elektrolytverlusten entgegen [4.1.].
Es ist zu empfehlen, raffinierte Kohlenhydrate weitgehend zu meiden. Sie fördern die bakterielle Überwucherung, verschlimmern die Schädigung der Dickdarmschleimhaut und verstärken Resorptionsstörungen sowie Vitalstoffmängel [4.1.].
Letztlich kann eine ballaststoffreiche, zuckerfreie Ernährung den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Ferner wird die Rate an erforderlichen operativen Eingriffen deutlich gesenkt [4.1.].

Ernährungstherapie im akuten Schub, bei allgemeiner Malnutrition oder spezifischen Substratdefiziten sowie nach ausgedehnter Darmresektion

Künstlich enterale Ernährung

Bei schweren Verläufen der ulzerierenden Colitis mit schweren Nähr- und Vitalstoffverwertungsstörungen, intestinalen Fisteln sowie allgemeiner Mangelernährung oder spezifischen Substratdefiziten ist es ratsam, zur Schonung der Darmfunktion eine künstlich enterale Ernährung in Form einer chemisch definierten Formeldiät beim Patienten durchzuführen. Eine schwer lösliche Kost während eines akuten Schubs reizt hingegen zusätzlich die entzündlichen Dickdarmschleimhäute, wodurch die Schwere des Schubs erhöht und dessen Dauer verlängert wird.
Formeldiäten – Elementar- beziehungsweise Peptiddiäten – werden in gebrauchsfertiger flüssiger Form – in einigen Fällen über eine Nasogastralsonde – verabreicht. Sie bestehen aus einem voll bedarfsdeckenden bilanzierten Gemisch mono- oder niedermolekularer sowie ohne enzymatische Spaltung resorbierbarer Nährstoff- und Vitalstoffe (Makro- und Mikronährstoffe), wie Aminosäuren, Oligopeptide, Mono-, Di- und Oligosaccharide, Triacylglyceride, Vitamine, Elektrolyte sowie Spurenelemente [2]. Die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe muss individuell angepasst werden [2].
Im Gegensatz zu nährstoffdefinierten Diäten – mit 20 bis 35 % Fett -, enthalten chemisch definierte Formeldiäten nur maximal 1,5 % der Energie als Fett. Somit wird das Wachstum von pilzartigen Mikroorganismen wie Mykoplasmen und Mykobakterien, im Darminneren gehemmt. Ein hoher Fettgehalt hingegen fördert dessen Wachstum sowie die Bildung von Antigenen, die die Darmschleimhaut sowohl morphologisch als auch funktionell schädigen können [4.2.]. Eine fettreiche Ernährung, die insbesondere einen hohen Gehalt an Linolsäure aufweist, erhöht die Umwandlung in Arachidonsäure. Arachidonsäure gehört zu den Omega-6-Verbindungen und fördert in hoher Konzentration im Darminneren das Auftreten von Lipidperoxidationen sowie die Bildung von Entzündungsmediatoren – vor allem Leukotrien B4 [4.2.].
Chemisch definierte Formeldiäten wirken sich demzufolge positiv auf die Darmschleimhaut aus. Sie vermindern die Durchlässigkeit der Darmmukosa sowie die Ausscheidung der weißen Blutkörperchen mit dem Stuhl [1]. Zudem verbessern sie den Ernährungszustand, da sie den erhöhten Kalorien- und Vitalstoffbedarf der Patienten ausreichend decken.
Wie beim Morbus Crohn lässt sich in 50-90 % durch ausschließliche Ernährung mit einer Elementardiät ein vorübergehendes Nachlassen der Krankheitssymptome (Remission) erzielen.
Da jedoch die Rückfallrate mit etwa 50 % sehr hoch liegt, sind chirurgische Eingriffe zur Wiederherstellung der Darmfunktion anzustreben. In diesem Fall verbessert eine künstlich enterale Ernährung vor Operationen den Allgemeinzustand bei mangelernährten Patienten und verringert die Rate postoperativer Komplikationen [1].
Die Deckung des Energie-, Nähr- und Vitalstoffbedarfs (Makro- und Mikronährstoffe) ist besonders bei Kindern mit Colitis ulcerosa von erheblicher Bedeutung. Eine künstliche enterale Ernährung eignet sich gut zur Behandlung des Minderwuchses [1]. Die enterale Ernährung ist aufgrund des geringen Überwachungsaufwandes, der niedrigeren Komplikationsrate und der geringeren Kosten der parenteralen Ernährung vorzuziehen. Bei der parenteralen Ernährungsweise besteht zudem ein erhöhtes Risiko für zentralvenöse Katheterinfektionen, wobei Bakterien über den Katheter in die Blutbahn des Patienten gelangen (Kathetersepsis). Außerdem kann es infolge parenteraler Nahrungszufuhr zu einem Verschluss der Vena subclavia durch ein Blutgerinnsel kommen [4.2.].

Totale parenterale Ernährung – orale Nahrungskarenz

Falls die enterale Ernährung nicht möglich ist beziehungsweise bei überaus schwerwiegenden Krankheitsverläufen der Colitis ulcerosa – nicht auf eine Therapie ansprechende Blutungen, drohendes toxisches Megakolon –, muss der Patient bei über einen Venenzugang (parenteral) ernährt werden. In etwa 60 % lässt sich auf diese Weise ein vorübergehendes Nachlassen der Krankheitssymptome (Remission) erzielen. Dennoch erleiden circa 40 % der Patienten mit Remission unter totaler parenteraler Ernährung innerhalb eines Jahres einen Erkrankungsrückfall [1].
Durch eine totale parenterale Ernährung verbessert sich bei mangelernährten Colitiskranken der Ernährungszustand, welche Tatsache vor allem für Patienten, die sich vor einer Operation befinden, von wesentlicher Bedeutung ist. Zudem senkt eine parenterale Ernährungsweise die Rate von Komplikationen, die während Operationen auftreten können [1]. Künstlich enterale beziehungsweise totale parenterale Ernährung – hemmende Effekte auf die chronische Entzündung

  • Verbesserung des Ernährungszustandes mit positiver Auswirkung auf den Krankheitsverlauf
  • Quantitative und qualitative Veränderungen der Darmflora
  • Verminderung der Belastung des Darms mit Antigenen, wie Bakterien, Keime sowie Endotoxinen
  • Normalisierung der gestörten Barrierefunktion der Darmschleimhaut durch Verminderung der Durchlässigkeit der Darmmukosa
  • Positive Effekte einer „Ruhigstellung“ des Darms [4.2.]

Nebenwirkungen von Medikamenten

Neben der Malabsorption können auch Medikamente, die bei der Colitis ulcerosa-Behandlung zur Entzündungshemmung beziehungsweise zur Abheilung der entzündlichen Darmwandveränderungen häufig eingesetzt werden, die Entwicklung von Nähr- und Vitalstoffmängeln begünstigen [4.2.].

  • Synthetisch hergestellte Steroide – Corticosteroide, wie Fludrocortison, Prednison, Prednisolon und Methylprednisolon – behindern die Resorption von Calcium, Phosphor und Zink, erhöhen die renale Ausscheidung von Vitamin C, B6, Kalium, Natrium, Calcium, Magnesium sowie Phosphor und steigern den Bedarf an Vitamin D, E sowie Folsäure [5.5.]. Da Corticosteroide als Immunsuppressiva einen hemmenden Effekt auf das Immunsystem haben, wird bei langfristiger Anwendung das Immunsystem erheblich beeinträchtigt – erhöhte Anfälligkeit auf Infektionen. Außerdem kann es zu Blutdruckanstieg, Wassereinlagerungen, Muskelschwund, einer verstärkten Neigung zu Blutergüssen, Akne und Stimmungsschwankungen kommen [5.5.].
  • Die Substanz Sulfasalazin beziehungsweise Salazosulfapyridin – wird sowohl bei der Colitis ulcerosa als auch beim Morbus Crohn über Monate und Jahre verabreicht. Erst durch die Spaltung des Salazosulfapyridins durch die Dickdarmbakterien wird die eigentliche Wirksubstanz, das Mesalazin (5ASA) freigesetzt. Salazosulfapyridin hemmt insbesondere die Vitamin-B9-Resorption und kann somit zur Entwicklung eines Folsäure-Mangels beitragen [5.5.].
  • Salicylate, wie Mesalazin, senken die Serumspiegel von Folsäure sowie Eisen. Weiterhin setzen Salizylate die Resorption von Vitamin C herab und behindern dessen Aufnahme in die Leukozyten (weißen Blutkörperchen). Demzufolge wird der Vitamin-C-Spiegel im Plasma sowie in den Thrombozyten (Blutplättchen) gesenkt und die renale Ausscheidung von Vitamin C erhöht [5.5.].

Methotrexat gehört zu den immunsuppressiven Wirkstoffen. Neben der Resorption von Folsäure blockiert es die Resorption von Vitamin B12 und erhöht den Zink-Bedarf [5.5.]. Colestyramin bindet Gallensäure und wird zur Behandlung der Diarrhoe verwendet. Dieses Medikament trägt zu Defiziten sämtlicher Vitalstoffe (Mikronährstoffe) bei, indem es die Aufnahme von Vitamin A, Beta-Carotin, D, E, K, B9 sowie Eisen beeinträchtigt [2.2.]. Colestyramin hemmt außerdem die intestinale Resorption von Schilddrüsenhormonen [5.5.].

Des Weiteren wurden die folgenden Fachbücher für die Verfassung dieses Artikels herangezogen [7, 8].

Literatur

  1. Biesalski HK, Bischoff SC, Pirlich M, Weimann A (Hrsg.): Ernährungsmedizin. Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer. 5. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2017
  2. Heepe F: Diätetische Indikationen. Kapitel 4, 529-543 Springer-Verlag Berlin Heidelberg; 1998
  3. Huth K, Kluthe R: Lehrbuch der Ernährungstherapie. Kapitel 11, 13, 275-277 Georg Thieme Verlag Stuttgart, New York, 1995
  4. Kasper H: Ernährungsmedizin und Diätetik. Kapitel 1, 76-85 (4.1.), 3, 162-211 (4.2.) Urban & Fischer Verlag; München/Jena 2000
  5. Schmidt E, Schmidt N: Leitfaden Mikronährstoffe. Kapitel 1, 48-86 (5.1.), 2, 96-228 (5.2.), 230-312 (5.3.), 318-339 (5.4.) f, 7, 640-649 (5.5.) Urban & Fischer Verlag; München, Februar 2004
  6. Verband für Ernährung und Diätetik (VFED) e. V. Praxis der Diätetik und Ernährungsberatung. Kapitel 3, 374-389
  7. Hahn A, Ströhle A, Wolters M. Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. 4. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2023
  8. Biesalski HK: Vitamine, Spurenelemente und Minerale. Indikationen, Diagnostik, Therapie. 3. Auflage, Georg Thieme Verlag, München 2024