Bluterbrechen (Hämatemesis) – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Hämatemesis (Bluterbrechen) dar.

Familienanamnese

  • Wie ist der allgemeine Gesundheitszustand Ihrer Angehörigen?
  • Gibt es in Ihrer Familie Erkrankungen, die häufig vorkommen?
  • Bestehen in Ihrer Familie bekannte Erbkrankheiten, insbesondere Gerinnungsstörungen oder gastrointestinale Erkrankungen (Magen-Darm-Erkrankungen)?
  • Gibt es familiäre Häufungen von Lebererkrankungen oder Magen-Darm-Erkrankungen?

Sozialanamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Sind Sie in Ihrem Beruf schädigenden Arbeitsstoffen ausgesetzt (z. B. Chemikalien, Toxine)?
  • Besteht eine erhöhte körperliche oder psychische Belastung?
  • Haben Sie in Ihrem sozialen Umfeld gehäuft Infektionen oder Umweltbelastungen bemerkt?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

Hämatemesis kann lebensbedrohlich sein. Eine detaillierte Symptomerfassung ist notwendig.

  • Wann ist Ihnen die Blutung aufgefallen?
  • War das erste Auftreten plötzlich oder gab es vorangehende Symptome?
  • Besteht die Blutung kontinuierlich oder tritt sie schubweise auf?
  • Haben Sie bereits früher ähnliche Beschwerden gehabt?
  • Wie sieht die Blutung aus:
    • Helles, rotes Blut? → Hinweis auf frische, arterielle Blutung (z. B. Ösophagusvarizen, Mallory-Weiss-Syndrom)*
    • Dunkles, kaffeesatzartiges Blut? → Hinweis auf geronnenes Blut aus dem Magen (z. B. Ulkusblutung)*
    • Teerstuhl? → Hinweis auf eine bereits verdaute Blutung aus dem oberen Gastrointestinaltrakt*
  • Haben Sie einen schnellen Puls oder Schwindelgefühle?*
  • Fühlen Sie sich abgeschlagen oder ungewöhnlich müde?
  • Treten Kreislaufprobleme oder Ohnmachtsanfälle auf?*
  • Bestehen begleitende Magen- oder Oberbauchschmerzen? Falls ja:
    • Wo genau sind die Schmerzen lokalisiert?
    • Wie stark sind die Schmerzen auf einer Skala von 1 bis 10?
      • 0-2: kein/kaum Schmerz
      • 3-4: bei Ablenkung ist der Schmerz nicht mehr im Mittelpunkt
      • 5-6: Schmerz behindert Gehen, Ein- und Durchschlafen
      • 7-8: Bedürfnis sich hinzulegen, Ablenkung nicht mehr möglich, gesamtes Denken kreist um den Schmerz*
      • 9-10: unaushaltbare, fürchterliche Schmerzen, der Patient "möchte schreien" oder schreit tatsächlich*
  • Haben Sie Völlegefühl, Übelkeit oder Sodbrennen?
  • Bestehen Appetitlosigkeit oder andere Magen-Darm-Beschwerden?
  • Haben Sie Fieber oder Infektzeichen?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie in der letzten Zeit ungewollt an Körpergewicht verloren? Falls ja, wie viel in welchem Zeitraum?
  • Haben Sie vermehrten Stress oder Ernährungsgewohnheiten, die sich verändert haben?
  • Gibt es Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -einschränkungen?
  • Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen pro Tag?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche?

Eigenanamnese inkl. Medikamentenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Bestehen Gerinnungsstörungen oder sind diese in der Vergangenheit diagnostiziert worden?
    • Bestehen bekannte Magen-Darm-Erkrankungen (z. B. Magengeschwüre, Refluxkrankheit (Rückfluss von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre), Gastritis (Magenschleimhautentzündung), Ösophagusvarizen (Speiseröhrenkrampfadern))?
    • Haben Sie bekannte Krebserkrankungen, insbesondere des Verdauungstrakts?
    • Leiden Sie unter Lebererkrankungen (z. B. Leberzirrhose (Leberschrumpfung), Hepatitis)?
  • Operationen und Interventionen:
    • Haben Sie in der Vergangenheit Operationen am Magen-Darm-Trakt durchlaufen?
    • Wurden Sie bereits wegen Magen- oder Speiseröhrenerkrankungen behandelt?
    • Gab es frühere endoskopische Eingriffe oder Blutstillungsverfahren?
  • Strahlen- und Chemotherapie:
    • Wurde bei Ihnen eine Strahlentherapie im Bereich des Magen-Darm-Trakts durchgeführt?
    • Haben Sie eine Chemotherapie erhalten, die Schleimhautveränderungen begünstigen könnte?
  • Impfstatus:
    • Sind Sie gegen Hepatitis A/B geimpft?
    • Besteht ein vollständiger Impfstatus gemäß Empfehlungen?
  • Allergien und Unverträglichkeiten:
    • Bestehen bekannte Allergien gegen Medikamente, Kontrastmittel oder Nahrungsmittel?
    • Gibt es Unverträglichkeiten gegen gängige Schmerzmittel oder Blutverdünner?

Medikamentenanamnese

  • Nehmen Sie blutverdünnende Medikamente ein (z. B. ASS, Marcumar, NOAKs)?
  • Nehmen Sie NSAR (z. B. Ibuprofen, Diclofenac) oder Kortisonpräparate ein?
    • Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) führen zu einer drei- bis fünffachen Erhöhung des Risikos für Komplikationen im oberen Gastrointestinaltrakt (obere GI-Blutung, Perforation (Durchbruch), Ulkus (Geschwür)); die Komplikationen sind dosisabhängig
  • Haben Sie in der Vergangenheit Protonenpumpenhemmer (PPI) zur Magenschutztherapie erhalten?

Siehe auch unter Arzneimittelnebenwirkungen, unter:

  • "Blutung durch Medikamente"
  • "Störung der Thrombozyten durch Medikamente"

Umweltanamnese

  • Sind Sie beruflich oder privat Arsen oder anderen Umweltgiften ausgesetzt?
  • Gibt es Faktoren in Ihrer Umgebung, die Ihre Beschwerden begünstigen könnten?
  • Besteht eine berufliche Exposition gegenüber toxischen Substanzen? 

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.