Blinddarmentzündung (Appendicitis) – Operative Therapie

Die operative Therapie der Appendicitis (Blinddarmentzündung) richtet sich nach dem klinischen Bild und der Komplikationslage. Die Appendektomie (operative Entfernung des Wurmfortsatzes, Appendix vermiformis) ist die Therapie der ersten Wahl bei akuter unkomplizierter Appendicitis in allen Altersgruppen.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Akute unkomplizierte Appendicitis (nicht komplizierte Blinddarmentzündung) – Standardindikation zur Appendektomie (Entfernung des Wurmfortsatzes).
  • Komplizierte Appendicitis (komplizierte Blinddarmentzündung) Perforation (Durchbruch) oder Peritonitis (Bauchfellentzündung) erfordern eine sofortige Operation.
  • Perityphlitischer Abszess (abgekapselte Eiteransammlung um die Appendix)
    • Makroabszess (> 3 cm, große Eiteransammlung)Interventionelle Drainagenanlage (Einlage eines Kunststoffschlauchs zur Drainage des Abszesses) + antibiotische Therapie, ggf. spätere Intervallappendektomie (Appendektomie in einer beschwerdefreien Phase).
    • Mikroabszess (< 3 cm, kleine Eiteransammlung)Sofortige Operation, da eine perkutane Punktion (Eiterentnahme mit einer Nadel durch die Haut) meist nicht möglich ist.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Hochgradige Komorbiditäten (schwere Begleiterkrankungen), die eine Narkose (Vollnarkose für die Operation) zu risikoreich machen.
  • Schwere Sepsis (lebensbedrohliche Infektion mit Organversagen) – Hier kann eine differenzierte Behandlungsstrategie mit intensivmedizinischer Stabilisierung notwendig sein.

Operationsverfahren

1. Ordnung

  • Appendektomie (operative Entfernung des Wurmfortsatzes)
    • 3-Trokar-Laparoskopie (minimalinvasive Bauchspiegelung) – Goldstandard mit ca. 70 % der Fälle, schnellerer Heilung und geringeren postoperativen Schmerzen.
    • Laparotomie (offene Operation über Bauchschnitt) Indikation bei Perforation (Durchbruch der Appendix), perityphlitischem Abszess (abgekapselte Eiteransammlung) oder Kontraindikationen zur Laparoskopie (medizinische Gründe gegen eine Bauchspiegelung).

Postoperative Nachsorge

  • Frühzeitige Mobilisation (frühes Aufstehen nach der Operation) zur Vermeidung von Thrombosen (Blutgerinnseln) und Verwachsungen (Verklebungen im Bauchraum).
  • Antibiotikatherapie (Behandlung mit Antibiotika) bei komplizierter Appendicitis (z. B. Piperacillin/Tazobactam oder Ceftriaxon + Metronidazol).
  • Ernährungsaufbau (Wiederaufnahme der Nahrungsaufnahme): Frühzeitige orale Nahrungsaufnahme (Essen über den Mund) bei unkomplizierter Appendektomie.
  • Wundkontrolle (Überwachung der Operationswunde) – Beobachtung auf Infektionen (Wundentzündungen) oder Sekretabfluss (Austritt von Wundflüssigkeit).

Mögliche Komplikationen

  • Wundinfektionen oder Abszesse (Eiteransammlungen in der Wunde) – Besonders nach perforierter Appendicitis.
  • Darmverschluss (Ileus, Verstopfung des Darms) – Durch postoperative Verwachsungen möglich.
  • Nachblutungen (Blutungen nach der Operation) – Selten, jedoch möglich nach unzureichender Hämostase (Blutstillung während der OP).
  • Peritonitis (Bauchfellentzündung) – Bei unbehandelter Perforation (Durchbruch der Appendix).

Vergleich der Operationsmethoden

Verfahren Indikation Vorteile Nachteile
Laparoskopische Appendektomie (Bauchspiegelung zur Entfernung des Wurmfortsatzes) Akute unkomplizierte Appendicitis Minimalinvasiv, geringere Schmerzen, schnellere Erholung Höherer technischer Aufwand
Offene Appendektomie (Laparotomie, Bauchschnitt zur Entfernung des Wurmfortsatzes) Perforierte Appendicitis, perityphlitischer Abszess Direkte Sichtkontrolle, weniger instrumentenabhängig Längere Heilungsdauer, mehr postoperative Schmerzen

Weitere Hinweise

  • Kinder mit Appendicitis müssen nicht zwingend umgehend nach einer Klinikeinlieferung operiert werden. Eine Studie zeigt, dass ein Aufschub bis maximal 24 Stunden nach Diagnose das Komplikationsrisiko nicht erhöht [1].
  • Eine rezidivierende Appendicitis eines Kindes sollte, wenn die Entzündung durch die Antibiotikatherapie abgeheilt ist, und sich das Kind in einem stabilen Zustand befindet, operativ entfernt werden. Dieses erfolgt im Regelfall durch eine minimalinvasive Intervallappendektomie, die als besonders sicher gilt und sehr selten mit Komplikationen einhergeht.
  • Siehe wg. einer unkomplizierten Appendicitis bei Kindern und Erwachsenen auch unter "Medikamentöser Therapie".
    Beachte: Risikogruppen für ein konservatives Therapieverfahren sind:
    • Alter > 65 Jahre
    • Adipositas/Fettsucht (BMI > 30 kg/m2)
    • Immunsuppression (Unterdrückung des Immunsystems) oder erworbene Immundefizite (Immunschwäche)
    • Nachweis eines Appendikolithen (Kotstein mit Einlagerung von Calcium oder anderen anorganischen Salzen)
  • Vergleich Antibiotikatherapie mit Appendekomie: Bei der Behandlung der Appendicitis waren Antibiotika der Appendektomie aufgrund der Ergebnisse einer Standard-Gesundheitszustandsmessung nicht unterlegen. In der Antibiotikagruppe hatten sich fast 3 von 10 Teilnehmern innerhalb von 90 Tagen einer Appendektomie unterzogen. Teilnehmer mit Appendikolith hatten ein höheres Risiko für eine Appendektomie und für Komplikationen als Teilnehmer ohne Appendikolith [2].
  • Antibiotikatherapie bei ErwachsenenRund zwei Drittel der Erwachsenen mit radiologisch bestätigter akuter Appendizitis benötigen im Jahr nach einer initialen Antibiotikagabe keine operative Therapie. Des Weiteren war die Komplikationsrate (primärer Endpunkt) bei den initial konservativ Behandelten sogar etwas niedriger als bei umgehender Appendektomie [3].

Fazit

Die Appendektomie (operative Entfernung des Wurmfortsatzes) ist die bevorzugte Therapie bei akuter unkomplizierter Appendicitis. Die laparoskopische Methode (Bauchspiegelung) ist aufgrund der schnelleren Heilung und geringeren postoperativen Schmerzen der Goldstandard. Bei komplizierten Fällen oder Abszessbildung (Eiteransammlung) kann eine interventionelle Drainage (Einlage eines Kunststoffschlauchs zur Entleerung des Abszesses) mit späterer Intervallappendektomie (Operation in einer späteren beschwerdefreien Phase) sinnvoll sein.

Literatur

  1. Serres SK et al.: Time to Appendectomy and Risk of Complicated Appendicitis and Adverse Outcomes in Children JAMA Pediatr. 2017; online 19. Juni 2017; doi:10.1001/jamapediatrics.2017.0885
  2. Flum DR et al.: A Randomized Trial Comparing Antibiotics with Appendectomy for Appendicitis The CODA Collaborative N Engl J Med. 2020 Nov 12;383(20):1907-1919.
  3. Scheijmans JCG et al.: Antibiotic treatment versus appendicectomy for acute appendicitis in adults: an individual patient data meta-analysis. Lancet 2025; https://doi.org/10.1016/S2468-1253(24)00349-2