Achalasie – Operative Therapie
Die Achalasie (Motilitätsstörung der Speiseröhre) ist eine seltene Erkrankung, die durch eine fehlende Erschlaffung des unteren Ösophagussphinkters (UÖS, unterer Speiseröhrenschließmuskel) und eine gestörte Peristaltik (Bewegungsmuster der Speiseröhre) gekennzeichnet ist. Operative Verfahren stellen eine wesentliche Therapieoption dar, insbesondere wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichen.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Achalasie Typ I oder Typ II (funktionelle Störung der Speiseröhre) – insbesondere bei unzureichendem Ansprechen auf konservative Therapien
- Rezidivierende oder persistierende Beschwerden (wiederkehrende oder anhaltende Symptome) – nach Ballondilatation
- Kontraindikationen oder unzureichender Erfolg (eingeschränkte Wirksamkeit oder Gegenanzeigen) – einer medikamentösen Therapie
- Vermeidung von langfristiger Refluxerkrankung (chronischer Rückfluss von Magensäure) – durch gezielte Myotomie (Muskeldurchtrennung) mit Antirefluxverfahren
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Schwere Allgemeinerkrankungen – die eine Operation nicht erlauben
- Starke Verwachsungen oder anatomische Besonderheiten (operative Einschränkungen) – die eine Myotomie erschweren
- Spastische Ösophaguserkrankungen (krankhafte Muskelkrämpfe der Speiseröhre) – bei denen eine Dilatation kontraindiziert ist
Operationsverfahren
Ballondilatation (Aufweitung mit einem Ballon)
- Indikation – Achalasie Typ I oder Typ II
- Verfahren – Mechanische Dehnung des UÖS mittels endoskopisch eingeführtem Ballon
- Erfolgsquote – 70–80 %
- Nachteil – Hohes Rezidivrisiko (Wiederauftreten der Symptome), oft mehrere Behandlungen erforderlich
- Komplikationen – Perforationsrisiko (Durchbruch der Speiseröhrenwand, ca. 2–5 %), gastroösophagealer Reflux (saurer Rückfluss aus dem Magen)
Extramuköse Myotomie des unteren Ösophagussphinkters (Gottstein-Heller-Operation, operative Durchtrennung des Muskels)
- Verfahren – Durchtrennung der Muskelfasern des UÖS zur dauerhaften Entspannung
- Technik – Offene oder laparoskopische Myotomie (laparoskopische Heller-Myotomie, LHM)
- Indikation – Alternative zur Ballondilatation, bei mehrfachen Rezidiven nach Dilatation
- Erfolgsquote – bis zu 90 %
- Komplikationen – In 10 % der Fälle Refluxkrankheit aufgrund einer Verschlussinsuffizienz (unzureichender Schließmechanismus des Schließmuskels)
- Hinweis – Kombination mit Antirefluxeingriff (z. B. Fundoplikatio nach Dor oder Toupet) empfohlen
Perorale endoskopische Myotomie (POEM, endoskopische Muskelspaltung)
- Verfahren – Endoskopische Durchtrennung der zirkulären Muskelfasern sowohl im tubulären Ösophagus als auch in der Hochdruckzone des UÖS
- Indikation – Patienten mit hohem Operationsrisiko oder als Alternative zur LHM
- Vorteile – Minimalinvasive Technik, hohe klinische Wirksamkeit
- Nachteile – Hohe Rate an gastroösophagealem Reflux (Post-POEM GERD, Rückfluss von Magensäure nach dem Eingriff) [1]
- Komplikationen – Perforation (Durchbruch der Speiseröhrenwand), Mediastinitis (Entzündung im Brustraum), Pneumothorax (Luftansammlung im Brustraum)
Injektion von Botulinumtoxin (BTX, Muskelrelaxans) in den unteren Ösophagussphinkter
- Verfahren – Endoskopische Injektion im Rahmen einer Gastroskopie (Magenspiegelung)
- Indikation – Spastische Erkrankungen, Patienten mit hoher Komorbidität (Begleiterkrankungen)
- Vorteile – Minimale Invasivität, schnelle Wirkung
- Nachteile – Kurze Wirkdauer (ca. 6 Monate), hohe Rezidivrate (Wiederauftreten der Beschwerden)
- Komplikationen – Keine schweren Nebenwirkungen bekannt, mögliche lokale Entzündungen
Ösophagektomie (Entfernung der Speiseröhre)
- Indikation – Schwerste Formen der Achalasie mit massiver Dilatation (Megaösophagus, extreme Erweiterung der Speiseröhre)
- Verfahren – Totale oder partielle Entfernung der Speiseröhre mit Magenhochzug oder Koloninterponat (Ersatz durch Magen oder Dickdarmsegment)
- Erfolgsquote – Letzte Option bei therapierefraktären (behandlungsresistenten) Fällen
- Komplikationen – Hohe Morbidität (Krankheitsbelastung), Anastomoseninsuffizienz (mangelhafte Heilung der Nahtstellen), Infektionen
Postoperative Nachsorge
- Langfristige Überwachung – auf gastroösophagealen Reflux (saurer Rückfluss aus dem Magen)
- Ernährungsanpassung – mit weicher Kost in der Frühphase
- Endoskopische Kontrollen – zur Beurteilung des postoperativen Erfolgs
- Bei LHM oder POEM – Bei Refluxsymptomatik ggf. Protonenpumpeninhibitoren (PPI, Säureblocker) erforderlich
Mögliche Komplikationen
- Ballondilatation (Aufweitung des Schließmuskels mit einem Ballon) – Perforation (Durchbruch der Speiseröhrenwand), rezidivierende Symptome (wiederkehrende Beschwerden)
- LHM (laparoskopische Heller-Myotomie, operative Durchtrennung des Muskels) – Refluxkrankheit (Rückfluss von Magensäure), selten Perforationen (Durchbruch der Speiseröhrenwand)
- POEM (perorale endoskopische Myotomie, endoskopische Muskelspaltung) – Post-POEM GERD (Refluxkrankheit nach POEM), Mediastinitis (Entzündung im Brustraum), Pneumothorax (Luftansammlung im Brustkorb)
- BTX-Injektion (Botulinumtoxin-Injektion, Lähmung des Muskels durch Nervengift) – Kurzzeitige Wirksamkeit (begrenzte Dauer der Wirkung), Notwendigkeit wiederholter Behandlungen (mehrfache Anwendungen erforderlich)
- Ösophagektomie (Entfernung der Speiseröhre mit Ersatz durch Magen oder Darm) – Anastomoseninsuffizienz (unzureichende Heilung der Nahtstellen), Infektionen (Entzündungen durch Bakterien), hohe Morbidität (hohes Krankheitsrisiko)
Vergleich der Operationsmethoden
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Ballondilatation | Endoskopische Dehnung des UÖS | Minimalinvasiv, schnelle Durchführung | Hohe Rezidivrate, Perforationsrisiko |
Laparoskopische Heller-Myotomie (LHM) | Operative Durchtrennung der Muskelfasern | Hohe Erfolgsquote, dauerhafte Wirkung | Refluxkrankheit in 10 %, chirurgische Risiken |
Perorale endoskopische Myotomie (POEM) | Endoskopische Myotomie | Minimalinvasiv, schnellere Erholung | Hohe Rate an gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD) [1], mögliche Perforation (Durchbruch) |
BTX-Injektion | Endoskopische Injektion von Botulinumtoxin | Einfache Anwendung, keine OP nötig | Kurze Wirkdauer, Wiederholung notwendig |
Ösophagektomie | Entfernung der Speiseröhre mit Rekonstruktion | Ultima Ratio bei schwerer Achalasie | Hohe Morbidität (Krankheitshäufigkeit), lange Erholungszeit |
Weitere Hinweise
- Zur laparoskopische Heller-Myotomie (LHM) gehört im Regelfall die Fundoplicatio nach Dor (= Magenfundus wird um den unteren Abschnitt des Ösophagus (Speiseröhre) geschlagen und vernäht). Um das Vernarbungensrisiko zu vermindern, wird der Sphinkter (Schließmuskel) vom Inneren der Speiseröhre aus durchtrennt. Das Verfahren wird als perorale endoskopische Myotomie (POEM) bezeichnet. Nachteil dieses Verfahrens ist, dass keine Fundoplicatio möglich ist, deshalb häufiger mit einem gastroösophagealen Reflux (s. o.) gerechnet werden muss: nach 24 Monaten war die Refluxösophagitis (Speiseröhrenentzündung aufgrund eines Reflux) nach POEM häufiger (44 versus 29 %, Odds-Ratio 2,00; 95-%-Konfidenzintervall 1,03 bis 3,85); Patienten mussten ebenfalls häufiger Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI, Säureblocker) (52,8 % 27,2 %) einnehmen [2].
- Hinweis: Die LHM sollte idealerweise bei jungen Menschen mit Achalasie eingesetzt werden.
Fazit
Die Wahl des geeigneten Verfahrens zur Behandlung der Achalasie hängt von der Schwere der Erkrankung, den Begleiterkrankungen des Patienten und der individuellen Risikokonstellation ab. Während die Ballondilatation eine minimalinvasive Erstlinientherapie für Achalasie Typ I und II darstellt, ist die laparoskopische Heller-Myotomie (LHM) als Goldstandard mit einer hohen Erfolgsquote etabliert. Die perorale endoskopische Myotomie (POEM) bietet eine vielversprechende Alternative mit geringerer Invasivität, jedoch mit höherem Refluxrisiko. Botulinumtoxin ist eine Option für Patienten mit hoher Komorbidität (Begleiterkrankungen), während die Ösophagektomie nur in therapierefraktären Fällen erforderlich ist. Eine interdisziplinäre Betreuung ist essenziell, um die optimale Therapieentscheidung für jeden Patienten zu treffen.
Literatur
- Csendes A et al.: Late results of a prospective randomised study comparing forceful dilatation and oesophagomyotomy in patients with achalasia. Gut 1989; 30: 299-304
- Werner YB et al.: Endoscopic or Surgical Myotomy in Patients with Idiopathic Achalasia. N Engl J Med 2019; 381:2219-2229 doi: 10.1056/NEJMoa1905380