Libidostörungen des Mannes – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Libidostörungen des Mannes dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie bekannte hormonelle Erkrankungen (z. B. Hypo-/Hyperthyreose (Schilddrüsenunter-/überfunktion), Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow, Morbus Addison, polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS))?
  • Leiden Angehörige unter psychischen Erkrankungen, die möglicherweise Einfluss auf Sexualstörungen haben?

Soziale Anamnese

  • Welchen Beruf üben Sie aus?
  • Gibt es Hinweise auf psychosoziale Belastungen, die Sie belasten (z. B. beruflicher oder familiärer Stress)?
  • Haben Sie derzeit oder in der Vergangenheit psychische Konflikte durchlebt?
  • Bestehen Kontaktstörungen oder soziale Hemmungen im Umgang mit anderen Menschen?
  • Gibt es von der Norm abweichende sexuelle Neigungen?
  • Wie sehr beeinträchtigen die Libidostörungen Ihr Leben?
  • Wie beurteilt Ihre Partnerin bzw. Ihr Partner die Situation?
  • Gab es in Ihrer Erziehung Tabu-Themen, die sich auf Ihre sexuelle Entwicklung auswirken könnten?
  • Wie ist oder war die Beziehung zu Ihren Eltern?
  • Haben Sie Schwierigkeiten, Beziehungen aufzubauen oder mit anderen Menschen in Kontakt zu treten?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Wann tritt die Störung auf?
    • immer?
    • nur in bestimmten Situationen (z. B. an einem bestimmten Ort oder mit einem bestimmten Partner)?
  • Ist Geschlechtsverkehr überhaupt möglich?
  • Wie stark ist Ihre maximale sexuelle Erregung?
  • Haben Sie noch nächtliche oder morgendliche Erektionen?
  • Wie oft hatten Sie früher Geschlechtsverkehr? Wie oft heute?
  • Kommt es bei Ihnen häufig zu vorzeitigem Samenerguss?
  • Haben Sie bei der Masturbation eine Erektion?
  • Beeinträchtigt Sie Ihre sexuelle Lustlosigkeit im Alltag?
  • Leiden Sie unter Stress, innerer Unruhe oder Angstzuständen?
  • Haben Sie depressive Symptome oder Phasen der Erschöpfung?
  • Gab es in der letzten Zeit ein belastendes Ereignis (z. B. Verlust eines Angehörigen, Trennung, berufliche Krise)?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie in letzter Zeit Gewicht zu- oder abgenommen? Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
  • Treiben Sie regelmäßig Sport oder bewegen Sie sich ausreichend?
  • Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen pro Tag?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Diabetes mellitus?
    • Herz-Kreislauf-Erkrankungen?
    • Lebererkrankungen?
    • Nierenerkrankungen?
    • Schilddrüsenerkrankungen?
    • Andere hormonelle Störungen?
    • Psychische Störungen oder depressive Phasen?
  • Haben Sie Operationen im Genital- oder Beckenbereich durchgemacht?
  • Bestehen bekannte Allergien gegen Medikamente oder andere Stoffe?

Medikamentenanamnese

  • Antidepressiva
    • Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI, Selective Serotonin Reuptake Inhibitor) – Citalopram, Escitalopram, Fluvoxamin, Fluoxetin, Sertralin
  • Antihypertensiva
    • Angiotensin-II-Antagonisten (Synonyme: AT-II-RB; ARB; Angiotensin-II-Rezeptor-Subtyp-1-Antagonisten; AT1-Rezeptorantagonisten, AT1-Antagonisten; Angiotensin-Rezeptorblocker (ARB), „Sartane“) – Candesartan, Eprosartan, Irbesartan, Losartan, Olmesartan, Telmisartan, Valsartan
    • Betablocker (Atenolol, Betaxolol, Bisoprolol, Carvedilol, Celiprolol, Metoprolol, Nadolol, Nebivolol Oxprenolol, Pindolol, Propranolol 
    • Clonidin
    • Methyldopa
    • Reserpin
  • Antipsychotika (Neuroleptika)
  • Anxiolytika
  • Haarwuchsmittel (Finasterid)
  • Lipidsenker
    • Clofibrate (Bezafibrat, Fenofibrat, Gemfibrozil)
  • Magen- und Darmtherapeutika (Cimetidin, Metoclopramid)
  • Prostatamittel (Finasterid, Dutasterid)
  • Psychoanaleptika
  • Sympathomimetika 
  • Tranquilizer
  • Zytostatika (Estramustin, Methotrexat, Revlimid)

Die nachfolgend genannten Wirkstoffe bzw. Wirkstoffgruppen können eine Hyperprolaktinämie [1-4] auslösen und damit beim Mann zu Libido- und Potenzstörungen führen:

  • Adrenalin
  • Angiotensin II
  • Antiarrhythmika (Verapamil)
  • Antidepressiva
    • MAO-Hemmer (Moclobemid, Rasagilin, Selegilin, Tranylcypromin)
    • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, SSRI (Selective Serotonin-Reuptake-Inhibitoren) (Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin)
    • Trizyklische Antidepressiva (Amitryptilin, Amitriptylin­oxid, Clomipramin, Desipramin, Dopexin, Imipramin, Maprotilin, Nortriptylin, Opipramol, Tranylcypromin, Trimipramin)
  • Antiemetika (Domperidon, Metoclopramid)
  • Antihistaminika (Synonyme: Histamin-Rezeptorblocker oder Histamin-Rezeptorantagonisten)
  • Antihypertensiva (Clonidin, Methyldopa)
    • Calciumkanalblocker (Amlodipin, Dilitiazem, Nifedipin))
  • Antipsychotika (Neuroleptika)
    • Konventionelle (Klassische) Antipsychotika (Neuroleptika)
      • Butyrophenone – Benperidon, Fluspirilen, Haloperidol, Melperon, Pipamperon
      • Trizyklische Neuroleptika
        • Phenothiazine (Chlorpromazin, Fluphenazin, Levomepromazin, Perazin, Perphenazin, Promethazin, Thioridazin)
        • Thioxanthene (Chlorprothixen, Flupentixol, Zuclopenthixol)
    • Atypische Antipsychotika (Neuroleptika)
      • Benzamide – Sulpirid
      • Benzisoxazolpiperidin – Risperidon
      • Dibenzodiazepine – Olanzapin, Quetiapin
  • Antisympathotonika (Reserpin)
  • Endogene Opiate (Endorphine)
  • Endorphin
  • Hormone
    • Antiandrogene (Cyproteronacetat)
    • GnRH
    • Melatonin
    • Östrogene
    • TRH
    • TSH-Releasing-Hormon (Synonyme: Thyroid-Stimulating Hormone, Thyrotropin)
  • H2-Rezeptorenblocker (Cimetidin, Ranitidin)
  • Opioide (Hydromorphon, Morphin)
  • Oxytocin
  • Psychopharmaka (Phenothiazine, Thioxanthene)
  • Serotonin
  • Vasopressin

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Literatur

  1. Stauber M, Weyerstahl T: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme Verlag Stuttgart, 2005
  2. Karow T, Lang-Roth R: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 18. Auflage 2010
  3. Fauci AS et al.: Harrisons Innere Medizin, 17. Auflage Hrsg.: M Dietel, N Suttorp, M Zeitz ABW Wissenschaftsverlag Berlin, 2009