Erektionsstörung – Einleitung

Die Erektile Dysfunktion (ED) – umgangssprachlich Erektionsstörung genannt – beschreibt ein chronisches Krankheitsbild von mindestens 6-monatiger Dauer, bei dem mindestens 70 % der Versuche, einen Geschlechtsverkehr zu vollziehen, erfolglos sind.

Die ED definiert sich nicht über eine maximal noch zu erreichende Tumeszenz (Anschwellung) oder Rigidität (Härte) des Penis, sondern wird als nicht zufriedenstellende, partnerschaftliche sexuelle Interaktion aufgefasst.

Synonyme und ICD-10: Erectio deficiens; Erection disorders; Erektile Dysfunktion (ED); Impotentia coeundi; Impotentia sexualis; Impotenz; Potenz; Potenzstörung; ICD-10-GM F52.2: Versagen genitaler Reaktionen

Zur Klarstellung: Beim Begriff „Impotenz“ muss die „Impotentia generandi“, also die Zeugungsunfähigkeit oder Infertilität, von der „Impotentia coeundi“, also der erektilen Dysfunktion (ED) oder Erektionsstörung unterschieden werden. 

Formen der Erektilen Dysfunktion

  • Organisch bedingte ED: verursacht durch körperliche Erkrankungen oder Verletzungen.
  • Psychogen bedingte ED: verursacht durch psychische oder emotionale Probleme.
  • Gemischte ED: sowohl organische als auch psychogene Faktoren spielen eine Rolle.

Epidemiologie

Häufigkeitsgipfel: Das Maximum des Auftretens der erektilen Dysfunktion liegt zwischen dem 60. und 80. Lebensjahr.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)

  • Die „Massachusetts Male Aging Study“ (MMAS) zeigte, dass 52 % der zwischen 40 und 70 Jahre alten Männer eine Erektionsstörung aufwiesen. In 17 % war dies eine minimale Störung, in 25 % eine mittelgradige und in 10 % eine komplette erektile Dysfunktion [1].
  • Eine bundesdeutsche Studie zur Prävalenz der ED ergab, dass bei den 40- bis 49-Jährigen die Prävalenz 9,5 % betrug, bei den 50- bis 59-Jährigen 15,7 %, bei den 60- bis 69-Jährigen 34,4 % und bei den über 70-Jährigen 53,4 % [3].
  • In einer aktuellen Studie wurden 40 Studien zu ED aus allen Teilen der Welt zusammengefasst, wobei sich enorme Schwankungen in der ED-Prävalenz zeigten (3-77 %); die Prävalenz in Europa lag zwischen 17 und 65 % [5].

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen)

  • Alterspezifische Inzidenzraten von 1,2 % für die 40- bis 49-Jährigen, 2,98 % für die 50- bis 59-Jährigen und 4,6 % für die 60- bis 69-Jährigen wurden errechnet [1].
  • Die Inzidenzrate war niedriger bei Männern mit höherem sozioökonomischen Status und eng verknüpft mit dem allgemeinen Gesundheitsstatus.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Organisch bedingte ED: Hängt stark von der zugrunde liegenden körperlichen Erkrankung ab. Eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung können den Verlauf verbessern.
  • Psychogen bedingte ED: Oft besser behandelbar durch psychologische Interventionen und Verhaltensänderungen.
  • Gemischte ED: Erfordert eine multidisziplinäre Behandlung, die sowohl körperliche als auch psychische Aspekte berücksichtigt.

Prognose

  • Der Erfolg der Therapie hängt davon ab, ob die für die erektile Dysfunktion verantwortliche Ursache ausreichend behandelt bzw. gegebenenfalls geheilt werden kann.
  • Eine frühzeitige ärztliche Konsultation verbessert die Prognose erheblich.
  • Bei Männern mit höherem sozioökonomischen Status und ohne schwere Begleiterkrankungen ist die Prognose besser.

Komorbiditäten 

  • Bei Patienten mit einer sexuellen Dysfunktion bestehen häufig Depressionen (12,5 %) und/oder Angststörungen (23,4 %) [2].
  • ED ist assoziiert mit benigner Prostatahypertrophie (BPH; gutartige Prostatavergrößerung; 1,3-6,2-fache Wahrscheinlichkeit) und Demenz (1,7-fache Wahrscheinlichkeit) [5].
  • Patienten mit ED und Plaque-Psoriasis haben im Vergleich zur Kontrollgruppe häufiger Hypertonie (Bluthochdruck) (33,5 % versus 19,9 %), Hyperlipidämie/Fettstoffwechselstörung (32,5 % vs. 23,6 %) und Diabetes mellitus (11,5 % vs. 5,2 %) [4].

Literatur

  1. Feldman HA, Goldstein I, Hatzichristou DG, Krane RJ, McKinlay JB: Impotence and its medical and psychosocial correlates: results of the Massachusetts Male Aging Study. J Urol. 1994 Jan; 151 (1): 54-61
  2. Rajkumar RP et al.: Depression and anxiety in men with sexual dysfunction: a retrospective study. doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.comppsych.2015.03.001
  3. Braun M et al. (1999): The „Cologne 8.000 men survey“ – prevalence and therapy necessity of men with erectile dysfunction. Poster presented at the 1st Int. Consultation on erectile dysfunction. Paris
  4. Ji S et al.: Erectile dysfunction in patients with plaque psoriasis: the relation of depression and cardiovascular factors. International Journal of Impotence Research 2016; 28:96-100; doi: 10.1038/ijir.2016.6
  5. Kessler A et al.: The global prevalence of erectile dysfunction: a review BJUI 02 July 2019 https://doi.org/10.1111/bju.14813

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion. (AWMF-Registernummer: 030-112), Februar 2018 Langfassung