Unterzuckerung (Hypoglykämie) – Symptome – Beschwerden
Folgende Symptome und Beschwerden können auf eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) hinweisen:
Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf eine Unterzuckerung und werden oft zuerst bemerkt:
- Blässe (bei nahezu allen Patienten)
- Heißhunger: Plötzliche und starke Lust auf Essen, häufig auf zuckerhaltige Nahrungsmittel (bei den meisten Patienten)
- Palpitationen (Herzklopfen) (bei etwa 80-90 % der Patienten)
- Schwitzen: Übermäßiges Schwitzen, oft ohne erkennbaren Grund (bei etwa 80-90 % der Patienten)
Hauptsymptome (primäre Symptome)
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild einer Unterzuckerung:
- Tachykardie: Zu schneller Herzschlag (> 100 Schläge pro Minute) (bei 70-80 % der Patienten)
- Tremor (Zittern): Unwillkürliches Zittern der Hände oder anderer Körperteile (bei 70-80 % der Patienten)
- Atypisches Verhalten: Veränderungen in der Stimmung, wie Aggressivität oder Angst (in 50-60 % der Fälle)
- Benommenheit: Allgemeines Gefühl der Unklarheit oder Verwirrung
- Konzentrationsstörungen: Schwierigkeiten, sich auf Aufgaben zu konzentrieren (bei 40-50 % der Patienten)
- Parästhesien: Kribbeln oder Pelzigkeit, insbesondere in den Extremitäten
- Aphasie (Sprachstörungen): Schwierigkeiten beim Sprechen, aber auch beim Verstehen von Sprache
- Sehstörungen: Verschwommenes Sehen oder Doppelbilder
Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf zusätzliche Komplikationen hinweisen:
- Cephalgie (Kopfschmerzen)
- Nausea (Übelkeit)
- Vertigo (Schwindel)
- Bewusstlosigkeit
- In schweren Fällen der Unterzuckerung:
- Transiente Hemiplegie: Vorübergehende Halbseitenlähmung
- Delir: Vorübergehende Veränderungen in der Wahrnehmung oder Stimmung
- Epilepsie (Krampfanfälle)
- Koma: Tiefer Bewusstseinsverlust, der medizinische Notfälle erfordert
Zeichen der Hypoglykämie und Schweregrad der Unterzuckerung
Die Zeichen einer Hypoglykämie sind abhängig vom Grad der Unterzuckerung. Nach dem Schweregrad der Hypoglykämie unterscheidet man drei Gruppen:
Autonome Zeichen (Synonym: adrenerge Zeichen). Diese entstehen durch einer reaktive Adrenalinausschüttung. Zu diesen Zeichen zählen:
- Blässe
- Heißhunger
- Palpitationen (Herzklopfen)
- Schwitzen
- Tachykardie (zu schneller Herzschlag: > 100 Schläge pro Minute)
- Tremor (Zittern)
Neuroglykopenische Zeichen: Diese Zeichen entstehen durch den Glucosemangel im zentralen Nervensystem (ZNS) (Auftreten meist erst bei Blutglucose-Konzentrationen < 50 mg/dl/2,75 mmol/l). Die Glykopenie betrifft zahlreiche neuronale Funktionen und äußert sich u. a. wie folgt:
- Atypisches Verhalten (Aggressivität; Angst)
- Benommenheit
- Konzentrationsstörungen
- Parästhesien (nicht schmerzhafte Empfindung im Versorgungsgebiet eines Hautnervs mit Zeichen wie: Kribbeln, „Ameisenlaufen“, Pelzigkeit, Prickeln, Jucken etc.)
- Sprachstörungen (Aphasie)
- Sehstörungen (verschwommenes Sehen, Doppelbilder)
- Verwirrtheit
- Transiente Hemiplegie (vorübergehende Halbseitenlähmung)
- Psychose bzw. Delir
Bei weiter fallendem Blutglucosespiegel (< 30-40 mg/dl/1,65-2,2 mmol/l) entstehen schwere neurologische Störungen:
- Epilepsie (Krampfanfälle)
- Bewusstlosigkeit
- Koma
Achtung!
Bei langsam auftretenden Hypoglykämien können autonome Zeichen fehlen und neuroglykopenische Zeichen können ohne Vorwarnung auftreten. Dieses führt dann plötzlich zu schweren Störungen des Zentralnervensystems (hypoglykämischer Schock; auch als hypoglykämisches Koma bezeichnet).
Symptome einer Hypoglykämie in Abhängigkeit vom Glucose-Serumspiegel
Glucose-Serumspiegel (mmol/l) |
Symptome |
3,8 |
Anstieg der gegenregulatorischen Hormone (Glukagon, Adrenalin, Wachstumshormon, Cortisol) |
3,3 |
Autonome Symptome |
2,75 |
Neuroglykopenische Symptome: Fahrigkeit, Gedankenflucht, Redseligkeit (Logorrhoe), Reizbarkeit, Sehstörungen, Schläfrigkeit, Schwindel, Wortfindungsstörungen, Koordinationsstörungen im fortgeschrittenen Stadium: Krämpfe, eingeschränkte Handlungsfähigkeit, eingeschränktes Bewusstsein bis hin zur Bewusstlosigkeit |
2,2 |
Lethargie |
1,6 |
Koma |
1,1 |
Epilepsie |
0,5 |
Permanente Schädigung, Tod |
Hypoglykämie im Alter
- Im Laufe des Diabetikerlebens nimmt bei Typ-1-Diabetikern die Wahrnehmung von Hypoglykämien ab. Dieses zeigt, wie wichtig es ist, dass ein Hypoglykämie-Wahrnehmungstraining in die Patientenschulung aufgenommen wird [1]. Gleiches gilt auch für den Typ-2-Diabetiker.
- Bei älterene Patienten nehmen autonome und neuroglykopene Symptome am Ende der Hypoglykämie nicht so deutlich zu wie bei Patienten um die 50 Jahre. Des Weiteren ist die Zeit zwischen der Wahrnehmung der Symptome und einer Reaktion deutlich verlängert [1].
Literatur
- Olsen SE et al.: Hypoglycaemia symptoms and impaired awareness of hypoglycaemia in adults with Type 1 diabetes: the association with diabetes duration. Diabet Med 2014; 31: 1210-1217
- Bremer JP et al.: Hypoglycemia unawareness in older compared with middle-aged patients with type 2 diabetes. Diabetes Care 2009;32(8):151 doi: 10.2337/dc09-0114. Epub 2009 Jun 1.