Gastroösophageale Refluxkrankheit – Folgeerkrankungen
Im Folgenden die wichtigsten Erkrankungen bzw. Komplikationen, die durch eine gastroösophageale Refluxkrankheit mit bedingt sein können:
Atmungssystem (J00-J99)
- Asthma bronchiale (Refluxasthma)
Beachte: Eine erfolgreiche Refluxtherapie bei Asthma bronchiale kann den Bedarf an Langzeittherapeutika reduzieren! - Bronchiale Obstruktion (Verengung (Obstruktion) der Bronchien)
- Chronischer Husten (Refluxhusten)
- Chronische Laryngitis (Kehlkopfentzündung; Refluxlaryngitis)
- Chronisch obstruktive Lungenkrankheit (COPD) Exazerbation (deutliche Verschlechterung des Krankheitsbildes); wenn keine Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker) eingenommen werden
- Chronische Pharyngitis (Rachenentzündung)
- Chronische Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung) → Sinubronchitis
- Chronische Tracheobronchitis – Entzündung von Luftröhre und großen Bronchien
- Lungenfibrose (pulmonale Fibrose)
- Rezidivierende Pneumonie (Lungenentzündung) bei Säuglingen
Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)
- Anämie (Blutarmut)
Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)
- Gewichtsverlust, Dystrophie (Säuglinge!)
Herzkreislaufsystem (I00-I99)
- Angina pectoris ("Brustenge"; plötzlich auftretender Schmerz in der Herzgegend) bzw. pektanginöse Beschwerden (Brustschmerzen) (wg. refluxbedingter Reizung des Nervus vagus → Koronarspasmus/Zusammenziehen der Herzkranzgefäße)
- Vorhofflimmern (VHF) [2] (wahrscheinlich wg. refluxbedingter Reizung des Nervus vagus)
Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)
- Barrett-Ösophagus – Veränderungen der Schleimhaut durch Ersatz von Plattenepithel durch Zylinderepithel; diese Veränderung gilt als fakultative (mögliche) Präkanzerose (Krebsvorstufe) für ein Adenokarzinom (Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) von 1,2/1.000 Patientenjahre und einem relativen Risiko von 11,3; im Vergleich zur Normalbevölkerung: 8,8-14,4, das bedeutet, dass das Risiko, dass bei Vorliegen eines Barrett-Ösophagus ein Adenokarzinom entsteht, deutlich geringer ist als bislang angenommen wurde [1].
Risikofaktoren für eine Barret-Ösophagus sind [5]:- höheres Alter (drei Prozent je zusätzliches Lebensjahr)
- männliches Geschlecht (2,2-fach)
- Rauchen (+ 47 %)
- längere Läsionssegmente die Gefahr des Fortschreitens eines Barrett-Ösophagus (je zusätzlichen Zentimeter vermehrte sich das Progressionsrisiko um 25 Prozent)
- Vorliegen niedriggradiger Dysplasien
Risikofaktoren für die Entwicklung einer Barrett-Metaplasie sind: Gerd-Dauer < 5-10 Jahre, männliches Geschlecht, hellhäutig, Lebensalter > 50 Jahre, Rauchen, Übergewicht/Adipositas, axiale Hiatushernie (Gleithernie), nächtlicher Reflux, erstgradige Verwandte mit Barrett-Ösophagus und/oder Adenokarzinom
Beachte: Patienten mit Barett-Schleimhaut haben ein erhöhtes Karzinomrisiko. - Burning-Mouth-Syndrom (BMS) (Synonyme: Glossalgie, Glossodynie, Glossopyrosis) – Zungen- und Mundschleimhautbrennen
- Dentale Erosionen (Verlust von Zahnhartsubstanz)
- Gingivitis (Zahnfleischentzündung)
- Hypersensitiver Ösophagus – vorliegend, wenn Refluxereignisse formal quantitativ innerhalb der Norm liegen, aber als Sodbrennen mit positivem Symptomindex wahrgenommen werden
- Refluxösophagitis – Speiseröhrenentzündung durch den stetigen Reflux (Rückfluss) von Magensaft; diese kann mit Blutungen, Ulzerationen (Geschwüren) und Verwachsungen einhergehen und so zu Stenosen (Engstellen) bzw. Strikturen (hochgradige Einengungen; Refluxstriktur) führen
Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)
- Kopf-Hals-Tumoren traten bei Patienten mit gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD) häufiger auf [4]:
- Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs) 2,86 (95-Prozent-Konfidenzintervall 2,65-3,09)
- Karzinome im Hypopharynx ("Krebs des unteren Schlundes") 2,54 (1,97-3,29)
- Karzinome im Oropharynx (Mundrachenkrebs) 2,47 (1,90-3,23)
- Karzinome im Nasopharynx (Nasenrachenkrebs) 2,04 (1,56-2,66)
- Karzinome der Tonsillen (Mandeln) 2,14 (1,82-2,53)
- Malignome in den Nasennebenhöhlen 1,40 (1,15-1,70)
- Ösophaguskarzinom (Speiseröhrenkrebs) (Refluxkarzinom; Männer mit schwerem Reflux: 6-fach höheres Risiko, an einem Adenokarzinom der Speiseröhre zu versterben; Frauen: 3,5-fach höheres Risiko, statistisch signifikant, aber nur in der Altersgruppe der über 60-Jährigen) [3]
- Das Risiko steigt jedoch erst, wenn es zu einer erosiven Ösophagitis/Speiseröhrenentzündung mit Erosionen (Schleimhautdefekten) gekommen ist [6].
Ohren – Warzenfortsatz (H60-H95)
- Chronische Otitis media (Mittelohrentzündung)
Psychische und Verhaltensstörungen (F00-F99)
- Globusgefühl (Fremdkörpergefühl im Rachen bzw. Hals)
- Somatisierungsstörung (20 % der Patienten mit Refluxbeschwerden/GERD)
Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, anderenorts nicht klassifiziert (R00-R99)
- Chronischer Husten (Reizhusten); refluxbedingter Husten [sehr häufig]
- Dysphagie (Schluckbeschwerden)
- Hämatemesis (Bluterbrechen; Kaffeesatzerbrechen)
- Morgendliche Heiserkeit (Dysphonie wg. Laryngitis gastrica)
- Oberbauchschmerzen
- Räusperzwang
- Sodbrennen, retrosternale ("hinter dem Brustbein") Schmerzen
- Stimmveränderungen
Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)
- Mikroaspiration von Magensaft
Literatur
- Hvid-Jensen F et al.: Incidence of Adenocarcinoma among Patients with Barret's Esophagus. NEJM 2011; 365; 1375-83
- Roman C, Bruley des Varannes S, Muresan L, Picos A, Dumitrascu DL: Atrial fibrillation in patients with gastroesophageal reflux disease: A comprehensive review. World J Gastroenterol. 2014 Jul 28;20(28):9592-9. doi: 10.3748/wjg.v20.i28.9592.
- Ness-Jensen E et al.: All-cause and cancer-specific mortality in GORD in a population-based cohort study (the HUNT study). Gut 2016, online 27. Oktober; doi: 10.1136/gutjnl-2016-3125
- Riley CA et al.: Association of Gastroesophageal Reflux With Malignancy of the Upper Aerodigestive Tract in Elderly Patients. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. Published online December 21, 2017. doi:10.1001/jamaoto.2017.2561
- Krishnamoorthi R et al.: Factors Associated With Progression of Barrett’s Esophagus: A Systematic Review and Meta-analysis. Clin Gastroenterol Hepatol. 2018 Jul;16(7):1046-1055.e8. doi: 10.1016/j.cgh.2017.11.044. Epub 2017 Dec 2.
- Holmberg D et al.: Non-erosive gastro-oesophageal reflux disease and incidence of oesophageal adenocarcinoma in three Nordic countries: population based cohort study BMJ 2023;382:e076017