Gastroösophageale Refluxkrankheit – Einleitung
Als gastroösophageale Refluxkrankheit (GÖRK) wird der häufige Reflux (lat. refluere = zurückfließen) von saurem Magensaft und anderen Mageninhalten in den Ösophagus (Speiseröhre) bezeichnet, wenn dieser zu störenden Symptomen und/oder Komplikationen führt.
Synonyme und ICD-10: Gastro-oesophageal reflux disease (GORD); Gastroesophageal Reflux Disease (GERD); gastroösophageale Refluxkrankheit (Refluxkrankheit); gastroösophagealer Reflux; Reflux-Ösophagitis; Refluxkrankheit; Refluxösophagitis; peptische Ösophagitis; Ösophagitis - peptische; ICD-10 K21.-: Gastroösophageale Refluxkrankheit
Die gastroösophageale Refluxkrankheit zählt zu den häufigsten gastrointestinalen (Magen-Darm-Trakt betreffend) Erkrankungen.
Formen der gastroösophagealen Refluxkrankheit
Die gastroösophageale Refluxkrankheit wird eingeteilt in:
- Primäre Refluxkrankheit
- Sekundäre Refluxkrankheit – bei Grunderkrankungen
Abhängig von endoskopischen und histologischen Befunden werden zwei Krankheitsbilder (Phänotypen) der gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD, engl.: Gastroesophageal reflux disease) unterschieden:
- Endoskopisch negative Refluxkrankheit (nicht-erosive Refluxkrankheit, NERD; engl.: Non erosive reflux disease), d. h. symptomatischer Reflux ohne endoskopische und histologische Hinweise auf eine Refluxösophagitis (refluxbedingte Speiseröhrenentzündung); Patienten mit NERD finden sich unter anderem bei:
- Kindern: bei diesen ist ein gastroösophagealer Reflux (GÖR) ein physiologischer Prozess, bei dem es zum Reflux (Rückfluss) von Mageninhalt in die Speiseröhre kommt
- hypersensitivem Ösophagus, d. h. bei Wahrnehmung von Sodbrennen, obwohl objektiv Refluxereignisse nicht im vermehrten Ausmaß nachgewiesen werden können (ca. ein Drittel der Patienten)
- funktionellen Refluxbeschwerden (ca. 2/3 der Patienten)
- Refluxösophagitis (erosive Refluxkrankheit, ERD; engl.: erosive reflux disease), d. h. endoskopische und/oder histologische/feingewebliche Hinweise auf eine Refluxösophagitis/erosive Refluxerkrankung bei erosiv-entzündlicher Schleimhaut des distalen Ösophagus (untere Teil der Speiseröhre)
Weitere Unterformen, die zu GERD gehören:
- Extra-ösophageale Manifestationen – siehe dazu unter "Symptome – Beschwerden" unter "Begleitsymptome" und unter "Folgeerkrankungen"
- Komplikationen der GERD*
- Barrett-Ösophagus*
*Siehe unter Folgeerkrankungen
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen; Männer haben allerdings häufiger schwere Ösophagitiden (Speiseröhrenentzündung), ein Barrett-Ösophagus und ein Barrett-Karzinom (siehe dazu unter Folgeerkrankungen).
Häufigkeitsgipfel: in den ersten 6 Lebensmonaten und > 50 Jahre; bis zu 50 % der Säuglinge zeigen bereits in den ersten drei Monaten mehrfach täglich Regurgitationen/Rückfluss von Speisebrei aus dem Magen über die Speiseröhre in den Mund (Maximum: 4. Lebensmonat (67 %); abnehmend bis zum 12. Lebensmonat (5 %))
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Liegt bei ca. 20-25 % – mit steigender Tendenz (in den westlichen Industrieländern).
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Chronisch-rezidivierend: Bei etwa 85 % der Patienten zeigt die GÖRK einen chronisch-rezidivierenden Verlauf mit wiederkehrenden Symptomen.
- Asymptomatische Läsionen: Ca. 60 % der Betroffenen haben keine endoskopisch sichtbaren Läsionen, während bei den restlichen 40 % Läsionen sichtbar sind.
- Refluxösophagitis: Etwa 10 % der Patienten entwickeln eine Refluxösophagitis.
- Barrett-Syndrom: Bis zu 10 % der Patienten mit Refluxösophagitis entwickeln ein Barrett-Syndrom, eine Präkanzerose für Ösophaguskarzinom (Krebsvorstufe eines Speiseröhrenkrebs).
- Laryngopharyngealer Reflux (LPR): Reflux von Mageninhalt kann auch supraösophageale Strukturen schädigen, was zu Symptomen wie Räusperzwang, Heiserkeit, Reizhusten, Brennen im Hals, Asthma bronchiale und Rhinosinusitis (Entzündung der Nasenschleimhaut und der Nebenhöhlen) führen kann.
- Stiller Reflux: Kardinalsymptome des gastroösophagealen Refluxes wie Sodbrennen und Regurgitation (Hochwürgen von Speise aus der Speiseröhre bzw. dem Magen) fehlen; tritt meistens in aufrechter Position auf.
Prognose
- Frühe Stadien (I und II)
- Konservative Therapie: Behandlung mit H2-Rezeptor-Antagonisten, Protonenpumpenhemmern (PPI) und Antazida.
- Lebensstiländerungen: Vermeidung von Reflux-fördernden Substanzen wie Alkohol und Rauchen.
- Fortgeschrittene Stadien (III und IV)
- Chirurgische Eingriffe: Notwendig, wenn konservative Therapie nicht ausreichend ist.
- Fundoplikatio: Typischer chirurgischer Eingriff im Stadium III.
- Bougierung: Indiziert bei Stadium IV zur Aufdehnung von Stenosen des Ösophagus.
- Chirurgische Eingriffe: Notwendig, wenn konservative Therapie nicht ausreichend ist.
- Barrett-Ösophagus
- Überwachung und Management: Regelmäßige endoskopische Überwachung zur Früherkennung von Dysplasien und Karzinomen.
- Komplikationen und Langzeitprognose
- Adenokarzinom: Bei etwa 10 % der Patienten mit Barrett-Syndrom entwickelt sich ein Adenokarzinom.
- Symptomkontrolle: Effektive Behandlung führt zu guter Lebensqualität; unbehandelte oder schwer behandelbare GÖRK kann das Risiko für Komplikationen erhöhen.
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Gastroösophageale Refluxkrankheit. (AWMF-Registernummer: 021-013), Mai 2014 Langfassung
- Katz P.O. et al.: ACG Clinical Guideline for the Diagnosis and Management of Gastroesophageal Reflux Disease. The American Journal of Gastroenterology; January 2022. doi: 10.14309/ajg.0000000000001538