Extrauteringravidität – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Extrauteringravidität (EUG), auch als ektope Schwangerschaft bekannt, bezeichnet eine Schwangerschaft, bei der sich die Blastozyste (5-6 Tage alter Embryo) außerhalb der Gebärmutterhöhle einnistet. Der häufigste Ort der Einnistung ist der Eileiter (Tubargravidität), aber die Einnistung kann auch im Eierstock (Ovarialgravidität) oder in der Bauchhöhle (Abdominalgravidität) erfolgen.

Störungen der Tubenpassage

Die häufigste Ursache einer EUG ist eine Störung der Tubenpassage. Unter normalen Bedingungen wird die befruchtete Eizelle durch die wellenförmigen Bewegungen der Zilien (winzige Haarstrukturen) im Eileiter in die Gebärmutter transportiert. Wenn dieser Mechanismus beeinträchtigt ist, bleibt die Blastozyste im Eileiter stecken und nistet sich dort ein.

Faktoren, die die Tubenpassage beeinflussen können, sind:

  • Entzündliche Prozesse: Infektionen wie die pelvic inflammatory disease (PID), häufig ausgelöst durch Chlamydien oder Gonokokken, können zu Narbenbildung und Verklebungen in den Eileitern führen, was die Tubenpassage beeinträchtigt.
  • Zilienfunktionsstörungen: Die Bewegung der Zilien kann durch Entzündungen oder strukturelle Schäden im Eileiter beeinträchtigt werden, was den Transport der Eizelle erschwert.
  • Tubenmotilitätsstörungen: Veränderungen in der Muskelbewegung der Eileiter, die für den Transport der Eizelle in die Gebärmutter verantwortlich sind, können ebenfalls eine EUG begünstigen.

Einnistungsstörung

Eine gestörte Nidation (Einnistung) der Blastozyste in der Gebärmutter kann auch zur Entstehung einer EUG beitragen. Wenn die Blastozyste die Gebärmutterhöhle nicht rechtzeitig erreicht oder es zu hormonellen Ungleichgewichten kommt, die die Gebärmutterschleimhaut nicht ausreichend auf die Nidation vorbereiten, kann es zur ektope Einnistung kommen, insbesondere im Eileiter.

Risikofaktoren und Pathophysiologie

Bis zu 50 % der Frauen mit einer EUG weisen keine erkennbaren Risikofaktoren in der Anamnese auf. Dennoch gibt es einige bekannte Risikofaktoren, die eine EUG begünstigen:

  • Frühere Tubenerkrankungen oder Operationen: Narben oder Verwachsungen nach Operationen oder entzündlichen Prozessen können den normalen Transport der Eizelle behindern.
  • Intrauterinpessare (IUP): Die Verwendung von Kupfer- oder hormonellen Intrauterinpessaren (Spirale) erhöht das Risiko für eine EUG, da sie die Nidation in der Gebärmutterhöhle verhindern, jedoch die Konzeption nicht immer vollständig verhindern.
  • Vorangegangene EUG: Frauen, die bereits eine EUG hatten, haben ein erhöhtes Risiko für eine erneute ektopische Schwangerschaft.
  • Hormonelle Einflüsse: Hormone, die die Bewegungen der Eileiter oder die Empfänglichkeit der Gebärmutter für die Einnistung beeinflussen, können ebenfalls eine Rolle spielen.

Seltene Formen der EUG

  • Ovarialgravidität: In seltenen Fällen nistet sich die Blastozyste im Eierstock ein.
  • Abdominalgravidität: Bei einer Abdominalgravidität kommt es zur Einnistung in der Bauchhöhle, was extrem selten und gefährlich ist. Diese Form der EUG ist häufig mit einer höheren Mortalität (Sterberate) und Morbidität (Erkrankungsrate) verbunden.
  • Tubargravidität: Obwohl Tubargraviditäten die häufigste Form der EUG darstellen, ist es äußerst selten, dass eine solche Schwangerschaft vollständig ausgetragen wird.

Zusammenfassung

Die Extrauteringravidität entsteht in der Regel durch eine Störung des Eileitertransports, meist aufgrund von entzündlichen Prozessen oder Narbenbildung, die den normalen Transport der befruchteten Eizelle zur Gebärmutter behindern. Auch hormonelle und mechanische Faktoren können die Nidation außerhalb der Gebärmutter fördern. Die häufigste Form ist die Tubargravidität, während andere Formen, wie die Ovarial- und Abdominalgravidität, seltener vorkommen.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Lebensalter – Alter > 40 Lebensjahre

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Früher Geschlechtsverkehr
  • Multiple Sexualpartner
  • Genussmittelkonsum
    • Tabak (Rauchen) (moderat erhöhtes Risiko bei Zigarettenkonsum)
  • Vaginalduschen

Krankheitsbedingte Ursachen

Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (O00-O99)

  • Zustand nach Extrauteringravidität
  • Zustand nach Abort (Fehlgeburt)

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Endometriose – Vorkommen von Endometrium (Gebärmutterschleimhaut) extrauterin (außerhalb der Gebärmutterhöhle), beispielsweise in oder auf den Ovarien (Eierstöcken), den Tuben (Eileitern), der Harnblase oder dem Darm
  • Pathologische (krankhafte) Veränderungen an der Tube, nicht näher bezeichnet – z. B. Tubenanomalie, nach Infektionen oder chirurgischen Eingriffen (auch nach Sterilisation/Unfruchtbarmachung) 
  • Sterilität der Frau
  • Zustand nach aszendierenden Infektionen/Adnexitis (Entzündung von Eileiter und Eierstock), z. B. wg. Chlamydieninfektionen, Neisseria gonorrhoeae-Infektion

Medikamente

  • Medikamente vom Benzodiazepintyp → Frauen, die in den 90 Tagen vor der Konzeption (Empfängnis) Benzodiazepine (z. B. ‎Diazepam, ‎Lorazepam, Midazolam) eingenommen haben, hatten ein um fast 50 % erhöhtes Risiko einer Extrauteringravidität, verglichen mit denen, die nicht solche Präparate verwendet hatten [1].

Operationen

  • Abdominalbereich (Bauchbereich), z. B. Appendektomie (z. B. bei Appendicitis perforata), Sectio caesarea (Kaiserschnitt))
    • inneres Genitale:
      • Abortcurettage – Ausschabung der Gebärmutter, in der eine gestörte Schwangerschaft verblieben ist
      • Operation an der Tube (Eileiter), z. B. Zustand nach Tubensterilisation (Eileitersterilisation; ca. 30 % aller Schwangerschaften nach Sterilisation sind Extrauteringraviditäten)
  • Zunahme assistierender reproduktiver Maßnahmen (Techniken der assistierten Reproduktion)
    • In-vitro-Fertilisation (IVF) mit Transfer von mehreren Embryonen

Weitere Ursachen

  • Intrauterinpessar (Spirale) (ca. 50 % der Schwangerschaften beiliegendem Intrauterinpessar sind Extrauteringraviditäten)

Literatur

  1. Wall-Wieler E et al.: Benzodiazepine use before conception and risk of ectopic pregnancy. Hum Reprod 2020; https://doi.org/10.1093/humrep/deaa082