Drohende Frühgeburt – Einleitung
Die „Drohende Frühgeburt“ bezeichnet eine Schwangerschaftskomplikation, bei der vorzeitige Wehen auftreten, die das Risiko einer Geburt vor der 37. Schwangerschaftswoche erhöhen. Es handelt sich um regelmäßige Kontraktionen der Gebärmutter, die auf eine bevorstehende Geburt hindeuten können.
Synonyme und ICD-10
- Synonyme: drohende Wehen, Frühgeburtsbestrebung, frustrane Kontraktionen, unnütze Wehen, vorzeitiger Geburtsbeginn
- ICD-10:
- O47.-: Frustrane Kontraktionen (unnütze Wehen)
- O47.0: Frustrane Kontraktionen vor 37 vollendeten Schwangerschaftswochen
- O47.1: Frustrane Kontraktionen ab 37 oder mehr vollendeten Schwangerschaftswochen
- O60.-: Vorzeitige Wehen und Entbindung
- O60.0: Vorzeitige Wehen ohne Entbindung
- O60.1: Vorzeitige spontane Wehen mit vorzeitiger Entbindung
Formen der Erkrankung
- Frustrane Kontraktionen vor 37 Wochen: Vorzeitige Wehen ohne Entbindung
- Frustrane Kontraktionen ab 37 Wochen: Vorzeitige Wehen ohne Entbindung
- Vorzeitige Wehen ohne Entbindung: Wehenbeginn vor 37 Wochen ohne nachfolgende Geburt
- Vorzeitige Wehen mit Entbindung: Wehenbeginn vor 37 Wochen mit nachfolgender Geburt
Epidemiologie
Häufigkeitsgipfel: Keine spezifischen Altersgipfel, jedoch häufiger bei älteren Schwangeren und Mehrlingsschwangerschaften.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Etwa 9 % in Deutschland, höhere Prävalenz in afrikanischen Ländern (16-18 %).
Verlauf und Prognose
Verlauf
Die „Drohende Frühgeburt“ kann unterschiedlich verlaufen und hängt stark vom Schwangerschaftsalter ab. Häufig beginnt sie mit vorzeitigen Wehen, die als regelmäßige Kontraktionen der Gebärmutter auftreten und auf eine bevorstehende Geburt hindeuten können. Die Diagnose wird gestellt, wenn diese Wehen vor der 37. Schwangerschaftswoche auftreten.
Die Inzidenz der Frühgeburt beträgt in Deutschland ca. 9 %. Im europäischen Vergleich ist sie hoch, während sie in einigen afrikanischen Staaten wie Malawi, Kongo, Simbabwe und Mosambik zwischen 16 % und 18 % liegt.
Verlaufskomplikationen können unter anderem sein:
- Vorzeitiger Blasensprung: Kann zu einem Verlust des Fruchtwassers führen und das Risiko für Infektionen erhöhen.
- Cervixinsuffizienz: Die Schwäche des Gebärmutterhalses kann zu einer frühzeitigen Öffnung führen.
- Infektionen: Können vorzeitige Wehen auslösen und das Risiko für Komplikationen erhöhen.
- Plazentainsuffizienz: Die unzureichende Versorgung des Fötus mit Nährstoffen und Sauerstoff kann das Wachstum des Fötus beeinträchtigen.
Seit vielen Jahren ist die Rate an Frühgeburten insgesamt gleich geblieben, jedoch ist die Zahl der extremen Frühgeburten vor der 28. Schwangerschaftswoche stark angestiegen. Die Ursachen hierfür sind bisher nicht genau bekannt, es werden jedoch die Zunahme von Mehrlingsschwangerschaften, das steigende Alter der Schwangeren und die Zunahme von Erkrankungen wie Gestationsdiabetes (GDM; Schwangerschaftsdiabetes) diskutiert.
Prognose
Die Prognose einer drohenden Frühgeburt hängt in erster Linie vom Schwangerschaftsalter und damit von der Reife des Kindes ab.
- Extrem frühe Frühgeburten vor der 28. Schwangerschaftswoche: Diese sind mit einer besonders hohen Letalität (Sterblichkeit) verbunden. Etwa 77 % der gesamten perinatalen Mortalität (Zahl der Todesfälle von Säuglingen im Alter von weniger als 7 Tagen und der Todesfälle von Föten im Alter von ≥ 28 Schwangerschaftswochen pro 1.000 Lebendgeburten) in Deutschland sind auf Frühgeburten zurückzuführen.
- Komplikationen: Je früher die Geburt erfolgt, desto höher ist das Risiko für schwerwiegende Komplikationen wie Atemprobleme (RDS), Infektionen, neurologische Beeinträchtigungen, Ernährungsprobleme und langfristige Entwicklungsstörungen.
- Langzeitfolgen: Spätfolgen können Lernschwierigkeiten, Verhaltensprobleme und motorische Defizite umfassen.
Trotz dieser Risiken können Fortschritte in der neonatologischen Intensivmedizin die Überlebensrate und die Lebensqualität vieler Frühgeborener erheblich verbessern. Insbesondere die Verabreichung von Steroiden zur Beschleunigung der Lungenreifung und spezialisierte intensivmedizinische Betreuung haben die Prognose für extrem frühgeborene Kinder verbessert.
Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung der drohenden Frühgeburt, die Betreuung in spezialisierten Perinatalzentren sowie eine umfassende Nachsorge sind entscheidend, um die bestmöglichen Ergebnisse für Mutter und Kind zu erzielen. Die langfristige Betreuung und Förderung der Kinder durch multidisziplinäre Teams aus Ärzten, Therapeuten und Pädagogen ist ebenfalls von großer Bedeutung, um die Entwicklung und Lebensqualität der betroffenen Kinder zu optimieren.
Literatur
- Schleußner E.: Drohende Frühgeburt: Prävention, Diagnostik und Therapie. Dtsch Arztebl Int 2013; 110 (13): 227-36. doi: 10.3238/arztebl. 2013. 0227
- WHO: Born Too Soon. The Global Action Report on Preterm Birth. World Health Organization 2012.
Leitlinien
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- RCOG Guidelines (Royal College of Obstetricians and Gynaecologists): Green-top Guideline No. 44. November 2006 (Minor amendment October 2010).
- S2k-Leitlinie: Sepsis bei Neugeborenen – frühe Form – durch Streptokokken der Gruppe B, Prophylaxe. (AWMF-Registernummer: 024 - 020), März 2016 Langfassung
- S2k-Leitlinie: Prävention und Therapie der Frühgeburt. (AWMF-Registernummer: 015 - 025), Oktober 2022 Langfassung