Stress – Einleitung

Das Wort "Stress" ist in den alltäglichen Wortschatz eingegangen. Patienten klagen häufig über Stress aufgrund von Überarbeitung, fehlender Freizeit sowie familiären, partnerschaftlichen oder beruflichen Sorgen. Auch Einsamkeit kann bei vielen Menschen Stress verursachen. In der Psychologie werden Belastungen aus diesen verschiedenen Lebensbereichen unter dem Begriff "Stress" zusammengefasst. Wenn Stress negative Auswirkungen hat, sprechen wir von "Distress".

Synonyme und ICD-10
: Belastung; Disstress; Eustress; Stressoren; Typ-A-Persönlichkeit; Typ-A-Verhalten; ICD-10-GM Z73: Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung

Arten von Stress

  • Eustress: Anregender Stress, beispielsweise durch positive Erlebnisse wie aktiver Tätigkeit in der Natur oder beim Sport.
  • Distress: Negativer Stress, der durch Überlastung und Sorgen verursacht wird.

Stress als medizinisches Phänomen

Stress ist keine Krankheit im medizinischen Sinn. Es gibt keine Diagnose Stress beziehungsweise Distress. In der ICD-10-Klassifikation ist Stress folgerichtig nicht als Krankheit aufgeführt. Es gibt auch keine exakte Symptombeschreibung, so wie wir sie etwa von der Depression oder den Angststörungen oder von körperlichen Krankheitssyndromen her kennen.

Definition nach Lazarus

Stress liegt nach Lazarus (1999) dann vor, wenn die Anforderungen aus der Umgebung oder die inneren Anforderungen die Reaktionsmöglichkeiten einer Person beanspruchen oder überfordern.

Folgen von Stress

Stress kann, wenn er nicht bewältigt und verarbeitet wird, zu Belastungsfolgen führen:

  • Stresskrankheiten im engeren Sinne:

    • Anpassungsstörung
    • Akute Belastungsstörung
    • Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
    • Burnout-Syndrom
  • Körperliche und seelische Krankheiten aus chronischer Belastung:

    • Psychosomatische Erkrankungen, heute weitgehend unter dem Begriff der Somatoformen Störungen zusammengefasst
  • Erkrankungen durch Stress als Cofaktor:

    • Myokardinfarkt (Herzinfarkt)
    • Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung)
    • Hypertonie (Bluthochdruck)
    • Depression

Gesundheitspolitische Dimension von Stress

Wenn die Herzkreislaufkrankheiten und die Depression im Stress einen wichtigen gemeinsamen Ursachenfaktor haben, so hat der Faktor Stress nicht nur eine psychologische und medizinische, sondern auch eine gesundheitspolitische Dimension.

Salutogenese und Präventionsmedizin

Die moderne Psychologie betont die „Salutogenese“ (Antonovsky 1987) im Rahmen der Stressforschung. Das Augenmerk wird dabei auf die Erhaltung und Wiederherstellung von Gesundheit und nicht auf die Krankheit gelenkt. Gesundheit ist nach der WHO-Definition ein „Zustand vollkommen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen“. Gesundheit darf also nicht nur als das Fehlen von Symptomen definiert werden. So gewinnt im Rahmen gerade der jüngsten Gesundheitspolitik folgerichtig auch die Präventionsmedizin (Synonym: Präventivmedizin) eine besondere Rolle.

Stressdiagnostik und -bewältigung

Erkennung und Abbau von Stress

Ein wichtiger Aspekt im medizinischen Alltag, um Krankheiten vorzubeugen.

Stressdiagnostik

  • DocMedicus Expertensystem für Präventionsmedizin:
    • Fragenkatalog zur Messung der Belastungen und Belastungsfolgen
    • Score-basierte Ergebnisse und individuelle Bewertung

Stressbewältigungsstrategien

  • Positive und negative Verarbeitungsstrategien in Stresszuständen (Copingverhalten)

Maßnahmen zur Stressreduktion

Mit dem Wissen um den Grad der Belastungen – Stress –, die Verarbeitungsmöglichkeiten von Stress und das Ausmaß der Belastungsfolgen beim Patienten, hat der Arzt eine fundierte Grundlage, präventive Maßnahmen zur Stressreduktion einzuleiten.

  • Psychotherapeutische Beratung: Dringend indiziert bei ausgeprägten Belastungsfolgen.
  • Stressmanagement-Training: Kann empfohlen und angeschlossen werden.

Zusammenfassung

Stress hat viele Facetten und kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Während Eustress anregend und förderlich sein kann, führt Distress zu gesundheitlichen Problemen. Stress ist keine Krankheit im klassischen Sinne, dennoch spielt er eine bedeutende Rolle bei der Entstehung verschiedener physischer und psychischer Erkrankungen. Die moderne Stressforschung und Präventionsmedizin betonen die Bedeutung der Salutogenese und die Notwendigkeit einer umfassenden Stressdiagnostik und -bewältigung.