Hodenschmerzen – Operative Therapie

Ultima-Ratio-Therapie bei chronischen Hodenschmerzen

Die mikrochirurgische Denervierung des Samenstrangs (Durchtrennung der schmerzleitenden Nerven im Samenstrang) bzw. die mikrochirurgische Samenstrangneurolyse (Beseitigung von Druck auf die Nerven im Samenstrang) stellt die letzte therapeutische Option (Ultima Ratio) bei chronischer Testalgie (chronischer Hodenschmerz, engl. chronic testicular pain, CTP) dar. Ziel dieser mikrochirurgischen Verfahren ist die gezielte Ausschaltung der schmerzleitenden Nervenfasern, um eine nachhaltige Schmerzreduktion zu erreichen [1].

Chirurgische Therapieoptionen beim Post-Vasektomie-Schmerz

Beim Post-Vasektomie-Schmerzsyndrom (anhaltender Hodenschmerz nach Sterilisation) kann eine Epididymektomie (operative Entfernung des Nebenhodens) in Betracht gezogen werden, sofern der Schmerz sicher im Bereich des Nebenhodens lokalisiert wurde. Zur Diagnostik sind folgende Untersuchungen erforderlich:

  • Palpation (Abtasten) des Nebenhodens
  • Sonographie (Ultraschalluntersuchung) des Hodens und Nebenhodens

Die Schmerzfreiheitsrate nach Epididymektomie liegt bei über 90 % [2, 3].
Als Ultima-Ratio-Therapie wird in schweren Fällen auch die Orchiektomie (operative Entfernung des Hodens) diskutiert.

Weitere chirurgische Eingriffe bei chronischen Hodenschmerzen

Bei Patienten mit chronischen Hodenschmerzen (engl. chronic scrotal content pain, CSCP) wurden in einer Untersuchung in 52 % der Fälle chirurgische Eingriffe empfohlen oder durchgeführt [4]:

  • Mikrochirurgische Denervierung (gezielte Durchtrennung schmerzleitender Nerven) bei positivem Ansprechen auf eine Samenstrangblockade: 22 %
  • Epididymektomie (operative Entfernung des Nebenhodens): 17 %
  • Weitere chirurgische Eingriffe (Varikozelektomie (operative Entfernung von Krampfadern am Hoden), Orchiektomie (operative Entfernung des Hodens) oder Hydrozelektomie (operative Entfernung eines Wasserbruchs im Hoden)): 16 %

Vergleich der Operationsmethoden

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten chirurgischen Verfahren zur Behandlung von chronischen Hodenschmerzen, insbesondere im Rahmen des Post-Vasektomie-Schmerzsyndroms:

Verfahren Indikation (Anwendungsgebiet) Erfolgsrate Risiken & Nebenwirkungen Ultima Ratio?
Mikrochirurgische Denervierung (Durchtrennung schmerzleitender Nerven) Chronische Testalgie, positive Reaktion auf Samenstrangblockade 70-80 % Schmerzreduktion Mögliche erneute Nervenregeneration, Taubheitsgefühl Nein
Epididymektomie (operative Entfernung des Nebenhodens) Post-Vasektomie-Schmerz, isolierter Nebenhoden-Schmerz > 90 % Schmerzfreiheit Möglicher Verlust der Hormonproduktion bei bilateraler OP Nein
Varikozelektomie (operative Entfernung von Krampfadern am Hoden) Hodenschmerzen durch Krampfadern 60-80 % Schmerzreduktion Infektionen, Rezidive Nein
Hydrozelektomie (operative Entfernung eines Wasserbruchs im Hoden) Schmerzen durch Flüssigkeitsansammlung im Hodensack 80–90 % Schmerzfreiheit Infektion, Schwellung Nein
Orchiektomie (operative Entfernung des Hodens) Schwerster chronischer Hodenschmerz, erfolglose Vorbehandlungen 100 % Schmerzfreiheit, aber irreversible Funktionseinbuße Hormonverlust, psychische Belastung Ja

Fazit

Die mikrochirurgische Denervierung des Samenstrangs (Durchtrennung der schmerzleitenden Nerven) bietet eine vielversprechende nicht-destruktive Therapieoption für Patienten mit chronischen Hodenschmerzen. Bei Post-Vasektomie-Schmerzen zeigt die Epididymektomie (operative Entfernung des Nebenhodens) eine hohe Erfolgsrate. Die Orchiektomie (operative Entfernung des Hodens) bleibt die letzte Option (Ultima Ratio) für Patienten, bei denen alle anderen Behandlungsmaßnahmen versagt haben.

Literatur

  1. Engeler D et al.: EAU Guidelines 2019: Chronic Pelvic Pain. https://uroweb.org/guideline/chronic-pelvic-pain/
  2. Heidenreich A et al.: Management of chronic testalgia by microsurgical testicular denervation. Eur Urol. 2002; 41: 392-7 doi: 10.1016/s0302-2838(02)00023-4
  3. Sinha V et al.: Post-vasectomy pain syndrome: diagnosis, management and treatment options. Transl Androl Urol.
    017 May;6(Suppl 1):S44-S47. doi: 10.21037/tau.2017.05.33.
  4. Sischka MF et al.:Testicular pain – not always what it seems: A cross-sectional assessment of patients presenting for chronic scrotal content pain at a tertiary care center. Urology 2023; https://doi.org/10.1016/j.urology.2023.01.019