Halsschmerzen – Einleitung

Halsschmerzen sind Schmerzen, die im Bereich des Hals-, Mund- und Rachenraums auftreten. Sie sind häufig ein Symptom von Infektionen der oberen Atemwege, insbesondere einer akuten Pharyngitis (Rachenentzündung). Die Beschwerden können von Schluckbeschwerden, Trockenheit und Kratzen im Hals begleitet sein.

Synonyme und ICD-10: ICD-10-GM R07.0: Halsschmerzen

In den meisten Fällen sind Halsschmerzen Anzeichen eines leichten Infekts der oberen Atemwege, der überwiegend viral bedingt ist (Virenquote von bis zu 80 %). Bakterielle Erreger, wie Streptokokken, werden bei Tonsillopharyngitis (Entzündung des Rachens und der Tonsillen/Mandeln) lediglich in 20-35 % der Fälle nachgewiesen.

Die Definition „akute Halsschmerzen“ umfasst Pharyngitis, Rhinopharyngitis (kombinierte Entzündung von Nasenschleimhaut (Rhinitis) und Rachenschleimhaut (Pharyngitis)), akute Tonsillitis (Mandelentzündung) bzw. Tonsillopharyngitis, mit einer Dauer von weniger als 14 Tagen – siehe dazu unter der gleichnamigen Erkrankung.

Formen der Erkrankung

Gemäß der aktuellen S2k-Leitlinie soll bei Patienten mit Halsschmerzen mit oder ohne Schluckbeschwerden nur noch eine der drei folgenden Diagnosen angegeben werden:

  • Akute Pharyngitis: Entzündung der Rachenschleimhaut, häufig viral bedingt.
  • Akute Tonsillitis: Entzündung der Gaumenmandeln, häufig durch Streptokokken verursacht.
  • Akute Tonsillopharyngitis: Kombination aus Tonsillitis und Pharyngitis.
  • Chronische Halsschmerzen: Dauern länger als 14 Tage und haben meistens nicht-infektiöse Ursachen wie Reflux, Rauchen oder allergische Reaktionen.

Ursachen

Halsschmerzen können durch verschiedene Erreger und andere Faktoren verursacht werden:

  • Virale Ursachen: Rhinoviren, Adenoviren, Coronaviren, Influenzaviren.
  • Bakterielle Ursachen: Streptococcus pyogenes (Gruppe A Streptokokken), Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia pneumoniae.
  • Nicht-infektiöse Ursachen: Refluxkrankheit (Rückfluss von Magensäure), Rauchen, Allergien, trockene Luft, mechanische Reizungen (z. B. durch lautes Sprechen oder Singen).

Differentialdiagnosen

Wichtige Differentialdiagnosen bei Halsschmerzen umfassen:

  • Epiglottitis: Akute Entzündung des Kehldeckels, die zu Atemnot führen kann (Notfall).
  • Peritonsillarabszess: Abszessbildung im Bereich der Gaumenmandeln, erfordert häufig chirurgische Intervention.
  • Infektiöse Mononukleose: Virusinfektion durch Epstein-Barr-Virus, gekennzeichnet durch ausgeprägte Halsschmerzen, Fieber und Lymphknotenschwellungen.
  • Diphtherie: Seltene, aber schwere bakterielle Infektion, die zu Halsschmerzen und Pseudomembranen im Rachen führt.
  • Tumoren im Kopf-Hals-Bereich: Besonders bei anhaltenden, einseitigen Halsschmerzen ohne erkennbare Ursache.

Halsschmerzen können Symptom vieler Erkrankungen sein (siehe unter "Differentialdiagnosen").

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Gleiches Vorkommen bei Männern und Frauen.

Häufigkeitsgipfel
: Halsschmerzen treten am häufigsten bei Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren sowie bei Erwachsenen unter 45 Jahren auf.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Etwa 5-10 % der Bevölkerung leidet jährlich an akuten Halsschmerzen. Halsschmerzen sind für etwa 2 % der Arztbesuche in Hausarztpraxen verantwortlich.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Kinder können bis zu 5-7 Episoden pro Jahr haben, Erwachsene etwa 2-3 Episoden pro Jahr.

Saisonale Häufung der Erkrankung
: Halsschmerzen treten häufiger in den Wintermonaten auf, korrelierend mit der Grippe- und Erkältungssaison.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Verschiedene Viren (Rhinoviren, Adenoviren, Influenzaviren) und Bakterien (Streptococcus pyogenes).

Erregerreservoir
: Hauptsächlich der Mensch.

Vorkommen
: Weltweit verbreitet, besonders häufig in kühleren Klimazonen während der Wintermonate.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Ja, hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Hoch, insbesondere bei Streptokokkeninfektionen.

Übertragungsweg
: Tröpfcheninfektion (Husten, Niesen), seltener durch direkten Kontakt mit kontaminierten Oberflächen.

Eintrittspforte
: Schleimhäute der oberen Atemwege.

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 2-4 Tage.

Krankheitsdauer
: In der Regel 7-10 Tage.

Dauer der Infektiosität
: Solange Symptome bestehen, insbesondere in den ersten Tagen der Infektion.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Nicht routinemäßig bestimmt.

Erregerspezifische Immunität
: Keine dauerhafte Immunität, insbesondere gegen virale Erreger.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akute Halsschmerzen: Bei akuten Halsschmerzen muss, soweit möglich, eine genaue Diagnose gestellt werden. Die häufigsten Diagnosen umfassen akute Tonsillitis (Mandelentzündung), akute Tonsillopharyngitis (Rachen- und/oder Gaumenmandelentzündung) oder akute Pharyngitis (Rachenentzündung). Diese Erkrankungen stellen die häufigsten Ursachen von Halsschmerzen dar.
  • Spontanverlauf: In den meisten Fällen bessern sich die Halsschmerzen spontan innerhalb von ein bis zwei Tagen und verschwinden nach etwa einer Woche vollständig.
  • Arztbesuch: Ein Arztbesuch wird nur selten erforderlich, meistens bei gleichzeitig auftretendem hohen Fieber oder bei Vorliegen von „Red flags“ (Warnzeichen, die auf eine ernstere Erkrankung hinweisen: s. u. "Symptome – Beschwerden").
  • Überweisung an den HNO-Arzt: Eine Überweisung an einen HNO-Arzt ist angezeigt bei:
    • Halsschmerzen, die länger als 6 Wochen anhalten
    • Verdacht auf einen Peritonsillarabszess, der eine sofortige Vorstellung beim HNO-Arzt oder Klinikeinweisung erfordert
    • Verdacht auf eine Neoplasie (Neubildung)
    • Rezidivierende akute Tonsillitiden (mehr als 6 Episoden pro Jahr) zur Abklärung einer Operationsindikation
  • Sofortige Klinikeinweisung: Dringend erforderlich bei:
    • Atembeeinträchtigung oder Stridor (pfeifendes Atemgeräusch), Verdacht auf Epiglottitis (Kehldeckelentzündung) oder infektiöse Mononukleose
    • Hinweise auf eine schwere systemische Erkrankung (z. B. Meningitis/Hirnhautentzündung, Diphtherie)
    • Dehydration (Exsikkose) oder Hinweise auf schwerwiegende Komplikationen
  • Keine Besserung nach 3-4 Tagen: Falls nach 3-4 Tagen keine Besserung der Symptome eintritt, müssen Differentialdiagnosen erneut überprüft werden, insbesondere die Möglichkeit einer infektiösen Mononukleose, systemische Erkrankungen oder eine Antibiotika-Resistenzentwicklung bei vorheriger Antibiotikabehandlung.

Prognose

  • Günstiger Verlauf: In der Regel verlaufen Halsschmerzen harmlos und die Patienten erholen sich vollständig innerhalb von einer Woche.
  • Komplikationsrisiken: Komplikationen treten selten auf, können jedoch schwerwiegend sein. Zu den potenziellen Komplikationen gehören Peritonsillarabszesse, akute rheumatische Fieber oder eine Glomerulonephritis nach Streptokokkeninfektionen.
    Hinweis: Von einer Glomerulonephritis spricht man, wenn eine beidseitige Entzündung der Nieren vorliegt, bei der die Nierenkörperchen und hier die Glomerula zuerst betroffen sind
  • Langzeitprognose: Die Langzeitprognose orientiert sich an der zugrunde liegenden Ursache der Halsschmerzen. Beispielsweise kann bei chronischen Halsschmerzen eine Behandlung der zugrunde liegenden Ursache erforderlich sein, um eine vollständige Genesung zu erreichen.
  • Wiederholte Infektionen: Patienten mit rezidivierenden Infektionen können von präventiven Maßnahmen wie einer Tonsillektomie (operative Entfernung der Mandeln) profitieren, wenn dies medizinisch indiziert ist.

Leitlinien

  1. Leitlinie der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V.): Halsschmerzen. HNO 2011. doi10.1007/s00106-011-2263-6
  2. S2k-Leitlinie: Entzündliche Erkrankungen der Gaumenmandeln / Tonsillitis, Therapie. (AWMF-Register Nr. 017 - 024), August 2015. Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Halsschmerzen. (AWMF-Register Nr. 053 - 010), Oktober 2020. Kurzfassung Langfassung