Bauchschmerzen (Abdominalschmerzen) – Symptome – Beschwerden
Folgende Symptome und Beschwerden können gemeinsam mit Abdominalschmerzen (Bauchschmerzen) auftreten:
Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf spezifische Erkrankungen im Zusammenhang mit Bauchschmerzen:
- Stechende, brennende oder reißende Schmerzen (tritt bei 60-70 % der Betroffenen auf)
- Auftreten nach Belastung oder nach einer Mahlzeit (tritt bei ca. 40-50 % der Betroffenen auf)
- Kolikartige Beschwerden (tritt bei 30-40 % der Betroffenen auf)
- Atemnot (Dyspnoe): Durch Schmerzen, die die Atmung behindern (tritt bei ca. 20-30 % der Betroffenen auf)
- Ausstrahlung der Schmerzen in andere Körperregionen: Z. B. Rücken oder Schulter; tritt bei 20-30 % der Betroffenen auf
Hauptsymptome (primäre Symptome)
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild der Erkrankungen, die mit Bauchschmerzen assoziiert sind:
- Übelkeit (Nausea) (tritt bei 50-60 % der Betroffenen auf)
- Erbrechen (tritt bei 30-50 % der Betroffenen auf)
- Durchfall (Diarrhoe) (tritt bei 40-50 % der Betroffenen auf)
- Verstopfung (Obstipation) (tritt bei 20-30 % der Betroffenen auf)
- Blähungen (Meteorismus) (tritt bei 30-40 % der Betroffenen auf)
Schmerzregionen/Schmerzlokalisationen als Hinweis auf das erkrankte Organ
Nachfolgende Sortierung ist nach absteigender Verlässlichkeit [1]
Lokalisation | Erkrankungen |
Linke Flanke | Dermatologische Ursachen: v. a. subkutane Abszesse, Granulome oder Herpes zoster (Gürtelrose) |
Rechts unter dem Rippenbogen | Leber und Gallengangsystem: v. a. Cholezystitis Gallenblasenentzündung), Cholangitis (Gallengangsentzündung), Choledocholithiasis (Gallensteinleiden: im Hauptgallengang) |
Rechte Flanke | Harntrakt: v. a. Nephrolithiasis (Nierensteine)/Urolithiasis Harnsteine) |
Mittlerer Unterbauch | Intestinum (Eingeweide): v. a. Enteritis (Darmentzündung), Gastroenteritis (Magen-Darm-Grippe), Obstipation (Verstopfung) |
Links unter dem Rippenbogen | Muskuloskelettale Ursache: v. a. Kontusion (Prellung), Myalgie (Muskelschmerzen), postoperative Schmerzen |
Epigastrisch ("auf den Oberbauch (das Epigastrium) bezogen") |
Ösophagus (Speiseröhre), Magen, Duodenum (Zwölffingerdarm): v. a. Gastroenteritis, Refluxösophagitis (Reflux (lat. refluere = zurückfließen) von saurem Magensaft und anderen Mageninhalten in den Ösophagus (Speiseröhre) mit nachfolgender Speiseröhrenentzündung), Barrett-Syndrom (Veränderungen der Schleimhaut der Speiseröhre durch Ersatz von Plattenepithel durch Zylinderepithel; Veränderung gilt als fakultative (mögliche) Präkanzerose (Krebsvorstufe) ) |
Linke Flanke | Harntrakt: v. a. Nephrolithiasis/Urolithiasis) |
Beachte: Die Autoren weisen darauf hin, dass man sich bei den Assoziationen nicht allzu sicher sein sollte.
Posttestwahrscheinlichkeit (gegenüber der Prätestwahrscheinlichkeit) für die Erkrankung eines bestimmten Organs bzw. Organsystems steigt bei Vorliegen entsprechender Schmerzen um 15-25 %.
Bei fehlenden Schmerzen an entsprechender Stelle sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung assoziierter Organe um rund 15 %.
Warnzeichen (red flags)
Anamnestische Angaben
- Beginn der Symptome nach dem 60. Lebensjahr
- Familiäre Anamnese für Karzinome im oberen Gastrointestinaltrakt
- Dysphagei (Schluckbeschwerden)
- Appetitverlust
- Fieber/Schüttelfrost unklarer Ursache
- Synkope (kurzzeitige Bewusstlosigkeit), Kollaps
- Anhaltendes Erbrechen nach Schmerzbeginn
- Ausstrahlende Schmerzen – insbesondere in den Bereichen von linker Schulter, linkem Arm und linker Hand, ebenso möglich sind Halsschmerzen und Kieferschmerzen → denken an: Myokardinfarkt (Herzinfarkt)
- Blutverlust (Hämatemesis, Melaena (Teerstuhl))
- Gastroenteritis (Magen-Darm-Grippe) → denken an: akute Appendicitis (Blinddarmentzündung)
- Chronische Diarrhoe/Durchfall (> 2 Wochen), vor allem nächtliche Diarrhoe
- Analer Blutabgang
- Dysurie (Schmerzen beim Wasserlassen)
- Ungewollter Gewichtsverlust > 5 %
- Schwangerschaft (s. u.)
Klinische Befunde
- Peritonismus (Zustand, in dem das Peritoneum (Bauchfell) gereizt ist, ohne dass eine voll entwickelte Peritonitis (Bauchfellentzündung) vorliegt)
- Kreislaufinstabilität
- Schwitzen
- Schläfrigkeit
- Sehr starke Schmerzen, die nicht übereinstimmen mit den diskreten klinischen Befunden → denken an: z. B. Ischämie/Mesenterialinfarkt/akuter Verschluss eines Darmgefäßes, Obstruktion/Volvulus (Darmdrehung)
- Epigastrische (Oberbauch) Schmerzen + Gewichtsverlust + normalem endoskopischen Befund → denken an: Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs) (ca. 50 % der Fälle).
- Ikterus (Gelbsucht) mit Fieber → denken an: Cholangitis (Gallengangsentzündung)
- Supraklavikuäre Lymphknotenvergrößerung (Virchow-Drüse) → denken an: Magenkarzinom (Magenkrebs)
- Anämie (Blutarmut)
- Schwangerschaft:
- Einseitige Unterbauchschmerzen in der Frühgravidität (Frühschwangerschaft) mit leichter Schmierblutung (schwärzlicher Ausfluss) sind bis zum Beweis des Gegenteils immer als eine Extrauteringravidität (Schwangerschaft, bei der die Einnistung außerhalb der Gebärmutter stattfindet) zu betrachten.
- An die Möglichkeit vorzeitiger Wehen denken!
- Cave! Eine Appendicitis/Blinddarmentzündung ist im 3. Trimenon/Schwangerschaftsdrittel schwer zu diagnostizieren).
- Bei schweren, anhaltenden Schmerzen und einem mäßig druckdolenten (druckschmerzhaften) und harten Uterus (Gebärmutter) bei meist nur geringer vaginaler Blutung an eine vorzeitige Plazentalösung denken (Notfall! Sofortige Krankenhauseinweisung).
Warnzeichen (red flags) bei Kindern und Jugendlichen
Anamnestische Angaben
- Familiäre Vorgeschichte: chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED), gastroduodenaler Ulzera oder Zöliakie
- Schwere Diarrhoe (Durchfall) und/oder nächtliche Diarrhoe
- Sichtbares Blut im Stuhl
- Menstruationsstörungen
- Pubertas tarda – verzögerte oder auch völlig fehlende Entwicklung der Pubertät; eine verzögerte Pubertät liegt vor, wenn beim sonst gesunden Mädchen bzw. Jungen die Pubertät jenseits eines Lebensalters von 13,5 (bei Mädchen) bzw. 14 Jahren (beim Jungen) keine Pubertätszeichen vorhanden sind.
Klinische Befunde
- Schmerzen abseits des Nabels
- Ausstrahlung der Schmerzen
- Fieber
- Ungewollte Gewichtsabnahme bzw. Wachstumsstörung
- Abnahme der Leistungsfähigkeit
- Tastbare Resistenzen
- Anale Veränderungen wie Marisken (schlaffe Hautfältchen (Marisken) um den äußeren Anus herum), Fissuren; Fisteln (→ denken an: Morbus Crohn)
- Arthritis (Gelenkentzündung)
Vier Kriterien sprechen für eine organische Ursache [2]:
- Oberbauchschmerz (Odds Ratio für NSAP*: 0,48),
- sich verschlimmernder Schmerz (OR: 0,57),
- wandernder Schmerz (OR: 0,42) und
- Erbrechen (OR: 0,47)
Mit diesen vier Kriterien konnten organische Schmerzen signifikant von NSAP* unterschieden werden (akzepatbles AUC = 0,654) [2].
*non-specific abdominal pain/unspezifische Bauchschmerzen (NSAP)
Literatur
- Yamashita S et al.: Relationships between sites of abdominal pain and the organs involved: a prospective observational study. BMJ Open 2020;10:e034446; https://doi.org/10.1136/bmjopen-2019-034446
- Bouenel M et al.: Determining Clinical Predictors to Identify Non-Specific Abdominal Pain and The Added Value of Laboratory Exams: A Prospective Derivation Study in a Pediatric Emergency Department. Acta Paediatr 2023; https://doi.org/10.1111/apa.16911