Analbeschwerden (Anorektale Schmerzen) – Differentialdiagnosen

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Analvenenthrombose (AVT; Synonyme: Analthrombose, Perianalthrombose, Perianalvenenthrombose, perianale Thrombose) – Verschluss einer Vene im Bereich des Anus; akut einsetzender perianaler Schmerz mit stechender Schmerzsymptomatik; Auftreten nach stärkerem Pressakt, Heben schwerer Lasten etc.; die Inspektion (Betrachtung) zeigt einen oder mehrere prallelastische Knoten, die blau-livide verfärbt sind

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Analtuberkulose ‒ Tuberkulose, die im Bereich des Anus lokalisiert ist
  • Perianale Streptokokkendermatitis (PSD) – Symptome/Beschwerden: perianale Juckreiz, Wundgefühl und Schmerzen; Erreger: β-hämolysierende Streptokokken (BHS); Therapie der Wahl: orale Antibiose mit Penicillinen oder Cephalosporinen 

Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)

  • Analabszess – Eiteransammlung im Bereich des Anus; Symptomatik: im Verlauf zunehmender klopfender oder dumpfer Schmerz mit zunehmender perianaler (" um den After herum") Schwellung; deutliches Krankheitsgefühl; teils mit hohem Fieber einhergehend
  • Analfistel – Verbindung zwischen dem Anus und beispielsweise anderen Darmanteilen; brennende, stechende und dumpfe Schmerzsymptomatik; Dauerschmerz, je nach Lokalisation in Intensität schwankend → Abklärung eines Morbus Crohn erforderlich; in ca. 40 % der Fälle ist dieses das erste Symptom der Erkrankung
  • Analfissur (schmerzhafter Einriss der Haut/Schleimhaut im Bereich des Afters) – Schmerzeintritt meist während und nach der Defäkation (Stuhlgang), danach Persistenz für einige Zeit und nimmt danach wieder ab
  • Analkryptitis – Entzündung am Anus; brennende und stechende Schmerzsymptomatik; Dauerschmerz, verstärkt nach Stuhlgang
  • Analtuberkulose ‒ Tuberkulose, die im Bereich des Anus lokalisiert ist
  • Hämorrhoiden (häufig als: thrombotische Hämorrhoiden)
  • Inkarzerierter Hämorrhoidalprolaps – bei höhergradigem Hämorrhoidalleiden (Grad 4) kann es zu einer dauerhaften Verlagerung von Schleimhaut aus dem Analkanal kommen
  • Inkarzerierter Rektumprolaps – eingeklemmte Vorwölbung des Enddarms
  • Morbus Crohn ‒ chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED); verläuft meist in Schüben und kann den gesamten Verdauungstrakt befallen; charakterisierend ist der segmentale Befall der Darmmukosa (Darmschleimhaut), das heißt, es können mehrere Darmabschnitte befallen sein, die durch gesunde Abschnitte voneinander getrennt sind. (Analfistel)
  • Obstipation (Verstopfung)
  • Perianalabszess (perianaler Abszess) – eitrige Entzündung im Gewebe um den Anus
  • Perianales Hämatom ‒ Bluterguss im Gewebe um den Anus
  • Proctalgia fugax (anorektales Schmerzsyndrom; Analspasmus/Afterkrampf) – kurzzeitige krampfartige Schmerzzustände im Anal- und Mastdarmbereich (Spastik der Beckenbodenmuskulatur) für Sekunden bis Minuten 
  • Proktitis – Entzündung des Enddarms; dumpfe Schmerzsymptomatik; vermehrter Stuhlgang, Dauerschmerz, vor Stuhlgang zunehmend, danach Linderung

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99) 

  • Kokzygodynie (Coccygodynie) – Steißbeinschmerzen: Schmerzen direkt über der Steißbeinspitze (die „tiefste Stelle“ von Rückenschmerzen), mit spitz stechender und scharfer Schmerzsymptomatik; anfallsweise; meistens selbstlimitierend; lösen sich mit wenig bis keiner medizinischen Therapie

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Ovarialtumoren ‒ nicht näher bezeichnete Neubildungen im Bereich der Eierstöcke
  • Präsakrale Tumoren, nicht näher bezeichnet
  • Tumoren im anorektalen Bereich (z. B. Analkarzinom, Rektumkarzinom/Mastdarmkrebs)

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Funktionelle anorektale Schmerzen – s. u. Klassifikation  [1]
  • Verletzungen der Cauda equina, nicht näher bezeichnet ‒ pferdeschweifförmiges Nervenfaserbündel, welches das Ende des Rückenmarks bildet

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Descensus perinei bzw. Syndrom des deszendierenden Perineums (DPS) – Tiefertreten des Perineums (Damm; Region zwischen After und den äußeren Geschlechtsorganen) beim Pressen unter die Sitzbeinhöckerebene; führt zur erschwerten oder schmerzhaften Defäkation (Stuhlgang) sowie das Gefühl der Stuhlblockade mit unvollständiger Entleerung,
  • Endometriose ‒ Vorkommen von Endometrium (Gebärmutterschleimhaut) außerhalb der Gebärmutter, beispielsweise in oder auf den Ovarien (Eierstöcken), den Tuben (Eileitern), der Harnblase oder dem Darm
  • Ovarialzyste ‒ Eierstockzyste
  • Prostatitis (Prostataentzündung) 

Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)

  • Verletzungen, nicht näher bezeichnet (z. B. Fremdkörper) 

Weitere Ursachen

  • Beckenbodensenkung, nicht näher bezeichnet

Literatur

  1. Drossman DA, Hasler WL. Rome IV-functional GI disorders: disorders of gut-brain interaction. Gastroenterology. 2016;150(6):1257–1261. doi: 10.1053/j.gastro.2016.03.035

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Analabszess. (AWMF-Registernummer: 088 - 005), Juni 2016 Langfassung
  2. S3-Leitlinie: Rektovaginale Fistel. (AWMF-Registernummer: 088 - 004), August 2017 Langfassung