Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom – Einleitung

Beim obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) handelt es sich um wiederholte Atemaussetzer im Schlaf, die durch eine Verengung oder Verlegung der oberen Atemwege verursacht werden. Diese Episoden, die definitionsgemäß mindestens 10 Sekunden andauern müssen, können mehrere hundertmal pro Nacht auftreten und führen zu wiederholten Aufwachreaktionen und einer fragmentierten Schlafstruktur.

Synonyme und ICD-10: ICD-10-GM 47.31: Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom

Formen des Schlafapnoe-Syndroms

Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS)

  • ICD-10-G47.31: Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom
  • Merkmale: Einengung oder kompletter Verschluss der oberen Atemwege während des Schlafes
  • Häufigkeit: 90 % der Schlafapnoe-Fälle

Zentrales Schlafapnoe-Syndrom (ZSAS)

  • ICD-10 G47.30: Zentrales Schlafapnoe-Syndrom
  • Merkmale: Wiederholte Atemstillstände durch fehlende Aktivierung der Atemmuskeln (episodische Hemmung des Atemantriebs)
  • Häufigkeit: 10 % der Schlafapnoe-Fälle

Mischformen

Es existieren auch verschiedene Mischformen aus OSAS und ZSAS.

Am häufigsten kommt die obstruktive bzw. die gemischte Schlafapnoe vor.

Formen des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms (OSAS)

  • Primäres (idiopathisches) obstruktives Schlafapnoe-Syndrom
    • Definition: Auftreten von Atemaussetzern ohne erkennbare zugrundeliegende Erkrankung.
    • Merkmale: Häufig bei übergewichtigen Personen, die in Rückenlage schlafen.
  • Sekundäres obstruktives Schlafapnoe-Syndrom
    • Definition: Auftreten von Atemaussetzern als Folge einer anderen zugrunde liegenden Erkrankung.
    • Ursachen: Anatomische Anomalien: Z. B. Vergrößerung der Mandeln oder Adenoide, abweichendes Nasenseptum.
    • Neuromuskuläre Erkrankungen: Z. B. Muskeldystrophie, myasthenische Syndrome.
    • Endokrinologische Störungen: Z. B. Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion), Akromegalie (Gigantismus)
  • Syndromale Formen
    • Definition: Auftreten von obstruktiver Schlafapnoe im Rahmen genetischer oder syndromaler Erkrankungen.
    • Beispiele:
      • Down-Syndrom: Häufig verengte Atemwege und Hypotonie der Muskulatur.
      • Prader-Willi-Syndrom: Neigung zu Adipositas und Hypotonie der Atemmuskulatur.
  • Lageabhängige obstruktive Schlafapnoe
    • Definition: Auftreten von Atemaussetzern vorwiegend in Rückenlage.
    • Merkmale: Verbesserung der Symptome in Seitenlage.
  • Altersabhängige obstruktive Schlafapnoe
    • Definition: Häufigkeit und Schwere der Atemaussetzer steigen mit zunehmendem Alter.
    • Merkmale: Oft verbunden mit altersbedingten Veränderungen der Atemwegsstrukturen und Muskeltonus.
  • Geschlechtsabhängige obstruktive Schlafapnoe
    • Definition: Unterschiede in der Häufigkeit und Präsentation der Krankheit zwischen Männern und Frauen.
    • Merkmale: Männer sind häufiger betroffen, jedoch steigt das Risiko bei Frauen nach der Menopause.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer sind häufiger betroffen als Frauen.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt bei Männern vorwiegend im mittleren Lebensalter auf und bei Frauen meist nach der Menopause (Wechseljahre der Frau). 

Auch Kinder können betroffen sein. Hier ist die Ursache in der Regel eine Hyperplasie (Vergrößerung) der Rachen- oder Gaumenmandel.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) der obstruktiven Schlafapnoe: Diese liegt bei 7-14-30 % der männlichen Bevölkerung und 2-7-13 % der erwachsenen Frauen.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Das Schlafapnoe-Syndrom zeigt einen variablen Verlauf, der stark von der Form und Schwere der Erkrankung sowie von individuellen Faktoren des Patienten abhängt:

  • Akuter Verlauf: Akute Beschwerden wie übermäßige Tagesmüdigkeit, lautes Schnarchen und morgendliche Kopfschmerzen treten frühzeitig auf und können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Durch die nächtlichen Atemaussetzer kommt es zu wiederholten Weckreaktionen, die den Schlaf fragmentieren und seine Erholsamkeit mindern. Dies führt zu einer Erhöhung der Sympathikusaktivität und einem Abfall des Sauerstoffgehalts im Blut.
  • Chronischer Verlauf: Ohne adäquate Behandlung kann das Schlafapnoe-Syndrom chronisch verlaufen und ernsthafte gesundheitliche Komplikationen nach sich ziehen. Dies schließt das erhöhte Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Hypertonie (Bluthochdruck), koronare Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung), Herzinsuffizienz (Herzschwäche) und Apoplex (Schlaganfall) ein. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus. Chronische Tagesmüdigkeit kann die Leistungsfähigkeit und Konzentration im Alltag beeinträchtigen und das Unfallrisiko im Straßenverkehr und am Arbeitsplatz erhöhen.

Prognose

Die Prognose des Schlafapnoe-Syndroms ist stark abhängig von der rechtzeitigen Diagnose und der konsequenten Behandlung:

  • Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS): Mit der Anwendung der Continuous Positive Airway Pressure (CPAP)-Therapie, bei der die Atemwege durch Überdruck offen gehalten werden, können die Symptome in den meisten Fällen deutlich gelindert werden. Die CPAP-Therapie hat sich als effektivste Behandlungsmethode erwiesen und kann die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern. Sie reduziert auch das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen und andere Folgeerkrankungen. Die Prognose ist bei konsequenter Anwendung der Therapie gut, und die Betroffenen können in vielen Fällen ein nahezu normales Leben führen.
  • Zentrales Schlafapnoe-Syndrom (ZSAS): Die Behandlung des zentralen Schlafapnoe-Syndroms gestaltet sich komplexer und erfordert eine individuell abgestimmte Therapie. Auch hier kann die CPAP-Therapie zum Einsatz kommen, oft in Kombination mit anderen Behandlungsmethoden wie der Bilevel Positive Airway Pressure (BiPAP)-Therapie oder der adaptive servo-ventilation (ASV). Die Prognose ist variabel und hängt von der zugrunde liegenden Ursache sowie der Wirksamkeit der Therapie ab.
  • Kinder: Bei Kindern ist die Ursache häufig eine Hyperplasie der Rachen- oder Gaumenmandeln, die operativ behandelt werden kann. Nach erfolgreicher Entfernung der vergrößerten Mandeln ist die Prognose in der Regel sehr gut, und die meisten Kinder erholen sich vollständig.

Komorbiditäten

  • Bei 50 % der Patienten ist die OSAS mit depressiven und ängstlichen Symptomen assoziiert.
  • Durch die Therapie mittels CPAP werden depressiv-ängstliche Symptome gebessert. Dieser Effekt ist besonders ausgeprägt bei Patienten mit mittelschwerer und schwerer Depression [1].
  • Weitere Komorbiditäten sind Kopfschmerzen, kognitive Defizite (Mild Cognitive Impairment, MCI), Herzrhythmusstörungen (u. a. Vorhofflimmern (VHF) und Sinusarreste/AV-Blöcke), Hypertonie (Bluthochdruck), Apoplex (Schlaganfall), Epilepsie (der Therapierbarkeit), nicht erholsamer Schlaf mit Tagesmüdigkeit und vermehrte Tagesschläfrigkeit.

Literatur

  1. Gupta MA et al.: Obstructive Sleep Apnea and Psychiatric Disorders: A Systematic Review. J Clin Sleep Med 2015;11(2):165-175.

Leitlinien

  1. S2e-Leitlinie: HNO-spezifische Therapie der obstruktiven Schlafapnoe bei Erwachsenen. (AWMF-Registernummer: 017-069), September 2015 Kurzfassung Langfassung
  2. SS3-Leitlinie: Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen Schlafbezogene Atmungsstörungen. (AWMF-Registernummer: 063-001), Juli 2020 Langfassung