Struma (Kropf) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Eine Struma (Schilddrüsenvergrößerung) entsteht in den meisten Fällen durch eine Jodmangelversorgung. Jod ist ein essenzielles Spurenelement, das für die Produktion der Schilddrüsenhormone T3 und T4 benötigt wird. Bei Jodmangel kann die Schilddrüse nicht ausreichend Hormone produzieren, was zu einem Kompensationsmechanismus führt: Die TSH-Konzentration (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) steigt reaktiv an, da die Hypophyse versucht, die Schilddrüse zu stimulieren, mehr Hormone zu produzieren. Dieser Anstieg von TSH führt zur Hyperplasie (vermehrte Zellbildung) der Schilddrüse, was zu einer sichtbaren Vergrößerung führt.
Formen der Struma nach Funktion
- Euthyreote Struma (Jodmangelbedingte Struma)
Bei der euthyreoten Struma sind die Schilddrüsenhormonwerte (T3, T4) im Normbereich, obwohl die Schilddrüse vergrößert ist. Der Körper kann die verminderte Jodzufuhr noch durch vermehrte TSH-Stimulation kompensieren, sodass der Stoffwechsel nicht beeinträchtigt wird. Die Vergrößerung der Schilddrüse dient als Kompensationsmechanismus, um die Produktion der Hormone trotz des Jodmangels aufrechtzuerhalten. - Hypothyreote Struma (Struma mit Hypothyreose)
Wenn der Jodmangel so stark ausgeprägt ist, dass die kompensatorische TSH-Stimulation nicht mehr ausreicht, kommt es zur Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose). Bei der hypothyreoten Struma sind die Schilddrüsenhormone T3 und T4 erniedrigt, was zu einer Stoffwechselverlangsamung führt. Typische Symptome sind Müdigkeit, Gewichtszunahme, Kälteempfindlichkeit und Konzentrationsstörungen. - Hyperthyreote Struma (Struma mit Hyperthyreose)
Bei einer fokalen Autonomie (autonome Struma) kommt es zu lokalen Mutationen in der Schilddrüse, die zu einer unabhängigen Hormonproduktion führen. In solchen Fällen entwickelt sich eine hyperthyreote Struma, bei der die Schilddrüse übermäßig Hormone produziert. Dies führt zu einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) mit Symptomen wie Gewichtsverlust, Nervosität, Herzrasen und Hitzewallungen.
Weitere Ursachen der Struma
- Dyshormonogene Struma
Diese Form der Struma tritt bei genetischen Defekten auf, die die Synthese der Schilddrüsenhormone stören. Obwohl Jod in ausreichender Menge vorhanden ist, können die Schilddrüsenfollikel aufgrund eines Enzymmangels die Hormone nicht korrekt produzieren. Dieser Zustand führt zu einer Vergrößerung der Schilddrüse bei gleichzeitigem Hormonmangel. - Autonome Struma
Bei der autonomen Struma kommt es durch lokale Mutationen zur TSH-unabhängigen Produktion von Schilddrüsenhormonen. Dies führt zur Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose), die ohne Behandlung langfristig zu einer toxischen Kropfbildung führen kann. Diese Form tritt häufig in Jodmangelgebieten auf, in denen es durch dauerhafte Stimulation der Schilddrüse zu autonomen Veränderungen kommt.
Mechanismen der Strumabildung
- Jodmangel: Durch den chronischen Mangel an Jod wird die Schilddrüse durch den steigenden TSH-Spiegel zu vermehrtem Wachstum stimuliert, um die Hormonproduktion aufrechtzuerhalten. Die diffuse Vergrößerung kann später in eine fokale Autonomie übergehen, wodurch Schilddrüsenknoten entstehen.
- Lokale Mutationen: Chronische TSH-Stimulation kann lokale genetische Mutationen hervorrufen, die dazu führen, dass einzelne Knoten in der Schilddrüse unabhängig von TSH Hormone produzieren.
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Eine Struma ist in der Regel eine Folge von Jodmangel und tritt als Kompensationsmechanismus der Schilddrüse auf, um die Hormonproduktion zu stabilisieren. Je nach Funktionsstatus der Schilddrüse kann die Struma euthyreot, hypothyreot oder hyperthyreot sein. Bei fortschreitendem Jodmangel können autonome Schilddrüsenknoten entstehen, die eine Hyperthyreose verursachen. Eine frühzeitige Diagnose und Jodsubstitution sind entscheidend, um die Entstehung von Schilddrüsenknoten oder einer Schilddrüsenüberfunktion zu verhindern.
Jodmangelbedingte Struma/euthyreote Struma und dyshormogenen Struma
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern
- Geschlecht – Frauen sind insgesamt häufiger betroffen; wahrscheinlich bedingt durch ein erhöhtes Vorkommen von Autoimmunerkrankungen
- Hormonelle Faktoren
- Jugendliche in der Wachstumsphase*
- Schwangere*
- Stillende*
- Frauen im Klimakterium (Wechseljahre der Frau)
*Personen mit erhöhtem Jodbedarf (→ endemischer alimentärer Jodmangel)
Verhaltensbedingte Ursachen
- Ernährung
- Aufnahme strumigener Substanzen wie:
- Casavawurzeln
- Gemüse aus der Crucifeae-Familie (Blumenkohl, Rosenkohl, Wirsing) [Thiocyanate]
- Milch (aus Gebieten mit Gras, das Strumigene enthält)
- Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – Jod; siehe Prävention mit Mikronährstoffen
- Aufnahme strumigener Substanzen wie:
Krankheitsbedingte Ursachen
Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)
- Akromegalie (IGF-1-abhängig) – endokrinologische Erkrankung, die durch eine Überproduktion des Wachstumshormons Somatotropin (STH) hervorgerufen wird, mit ausgeprägter Vergrößerung der Körperendglieder oder vorspringenden Teile des Körpers (Akren), wie beispielsweise Hände, Füße, Unterkiefer, Kinn, Nase und Augenbrauenwülste
- Autoimmunthyreoiditis (Schilddrüsenfunktion: euthyreot, hypo- und hypertyhreot) – bei Hashimoto-Thyreoiditis liegt eine Destruktion (Zerstörung der Thyreozyten (hormonbildende Zellen der Schilddrüse) vor; bei M. Basedow liegt eine TRAK- vermittelte Thyreozytenstimulation vor
- Jodmangelbedingte diffuse Struma (E01.0)
- Jodmangelbedingte mehrknotige Struma (E01.1)
- Jodmangelbedingte Struma, nicht näher bezeichnet (E01.2)
- Nichttoxische diffuse Struma (E04.0)
- Nichttoxischer solitärer Schilddrüsenknoten (E04.2)
- Nichttoxische mehrknotige Struma (E04.2)
- Sonstige näher bezeichnete nichttoxische Struma (E04.8)
- Nichttoxische Struma, nicht näher bezeichnet (E04.9)
- Dyshormogene Struma (E07.1)
- Riedelstruma
- Schilddrüsenhormonsynthesestörung – TSH-getriggerte Struma multinodosa
- Schilddrüsen-Hormonresistenz (endorganabhängige Funktion)
- Thyreoiditis de Quervain (Schilddrüsenfunktion: euthyreot, hypo- und hypertyhreot) – meist druckschmerzhaft, Fieber und Allgemeinzustand verschlechtert, erhöhte Entzündungsparameter
Medikamente
- Lithium
- Perchlorat
- Thyreostatika
Struma mit Hypothyreose/hypothyreote Struma (Schilddrüsenunterfunktion)
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Genetische Belastungen durch Eltern, Großeltern
Krankheitsbedingte Ursachen
Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)
- Autoimmunthyreoiditis (Schilddrüsenfunktion: euthyreot, hypo- und hypertyhreot) – bei Hashimoto-Thyreoiditis liegt eine Destruktion der Thyreozyten vor; bei M. Basedow liegt eine TRAK-vermittelte Thyreozytenstimulation vor
- Erworbene Hypothyreose
- Kongenitale (angeborene) Hypothyreose mit diffuser Struma
- Schilddrüsenhormonsynthesestörung – TSH-getriggerte Struma multinodosa
- Thyreoiditis de Quervain (Schilddrüsenfunktion: euthyreot, hypo- und hypertyhreot) – meist druckschmerzhaft, Fieber und Allgemeinzustand verschlechtert, erhöhte Entzündungsparameter
Medikamente
- Lithium
- Perchlorat
- Thyreostatika
Struma mit Hyperthyreose/hyperthyreote Struma (Schilddrüsenüberfunktion)
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Genetische Belastungen durch Eltern, Großeltern
Krankheitsbedingte Ursachen
- Autoimmunthyreoiditis (Schilddrüsenfunktion: euthyreot, hypo- und hypertyhreot) – bei Hashimoto-Thyreoiditis liegt eine Destruktion der Thyreozyten vor; bei M. Basedow liegt eine TRAK-vermittelte Thyreozytenstimulation vor
- Hyperthyreose mit diffuser Struma (E05.0)
- Hyperthyreose mit toxischem solitärem Schilddrüsenknoten (E05.1)
- Hyperthyreose mit toxischer mehrknotiger Struma (E05.3)
- Jodmangelbedingte mehrknotige Struma (E01.1) in Kombination mit Autoimmunthyreoiditis
- Thyreoiditis de Quervain (Schilddrüsenfunktion: euthyreot, hypo- und hypertyhreot) – meist druckschmerzhaft, Fieber und Allgemeinzustand verschlechtert, erhöhte Entzündungsparameter
- TSHom (Synonym: Gonadotropinom) – TSH produzierender Hypophysentumor ist typischerweise mit den klinischen Zeichen einer Schilddrüsenüberfunktion und einer Vergrößerung der Schilddrüse vergesellschaftet (seltene Ursache für eine Schilddrüsenüberfunktion)
Zu Ursachen einer Hypothyreose bzw. einer Hyperthyreose – siehe bei der jeweiligen Krankheit.