Struma (Kropf) – Strahlentherapie

Die Strahlentherapie ist eine zentrale Behandlungsoption bei gutartigen und bösartigen Schilddrüsenerkrankungen. Sie umfasst zwei Hauptverfahren:

  1. Radiojodtherapie (RJT, Behandlung mit radioaktivem Jod) – Standardbehandlung bei differenzierten Schilddrüsenkarzinomen (bösartigen Tumoren der Schilddrüse) sowie gutartigen Schilddrüsenvergrößerungen (Struma).
  2. Perkutane Strahlentherapie (IMRT/SBRT) und Protonentherapie (Bestrahlung von außen) – insbesondere bei radiojodrefraktären (nicht auf Radiojodtherapie ansprechenden) oder aggressiven Schilddrüsentumoren.

Radiojodtherapie (RJT, Behandlung mit radioaktivem Jod)

Wirkmechanismus

Die Radiojodtherapie nutzt radioaktives Jod-131, das selektiv von Schilddrüsenzellen über den Natrium-Jodid-Symporter (NIS, Jod-Transportprotein der Schilddrüse) aufgenommen wird. Die Betastrahlung führt zur gezielten Zerstörung des Schilddrüsengewebes bei minimaler Schädigung des umliegenden Gewebes.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Indikation Erläuterung
Diffuse euthyreote Struma (gleichmäßig vergrößerte Schilddrüse ohne Über- oder Unterfunktion) Schilddrüsenvolumen < 70 ml, insbesondere bei Unverträglichkeit oder Ablehnung einer Operation.
Rezidivstruma (erneute Schilddrüsenvergrößerung nach Therapie) Nach Schilddrüsenoperation oder medikamentöser Therapie.
Multinodöse Struma (Schilddrüsenvergrößerung mit mehreren Knoten) Besonders bei mechanischer Beeinträchtigung oder autonomer Hormonproduktion.
Multifokale Schilddrüsenautonomie (mehrere überaktive Schilddrüsenknoten) Unkontrollierte Hormonproduktion unabhängig von der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse).
Solitäres autonomes Adenom (ein einzelner überaktiver Schilddrüsenknoten) Einzelner autonomer Knoten („heißer Knoten“).
Papilläres und follikuläres Schilddrüsenkarzinom (bösartige Tumoren mit Jodaufnahmefähigkeit) Ablation (Entfernung) von Restgewebe nach Thyreoidektomie (vollständiger Entfernung der Schilddrüse) und Behandlung von Metastasen (Tochtergeschwülste).

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Schwangerschaft und Stillzeit – absolute Kontraindikation, da das radioaktive Jod das ungeborene oder gestillte Kind schädigen kann.
  • Schwere Strahlennephropathie (Nierenschädigung durch Strahlung) oder Knochenmarkinsuffizienz (schwere Beeinträchtigung der Blutbildung im Knochenmark) – erhöhtes Nebenwirkungsrisiko.

Erfolgsaussichten und Nebenwirkungen

Aspekt Details
Erfolgsaussichten Hohe Ansprechraten bei differenzierten Schilddrüsenkarzinomen mit einer 10-Jahres-Überlebensrate > 90 % bei Frühdiagnose.
Häufige Nebenwirkungen Vorübergehende Sialadenitis (Speicheldrüsenentzündung mit Mundtrockenheit und Schwellung), leichte Übelkeit.
Langfristige Risiken Subklinische oder manifeste Hypothyreose (leichte oder ausgeprägte Schilddrüsenunterfunktion) – erfordert lebenslange Substitutionstherapie mit L-Thyroxin (synthetisches Schilddrüsenhormon).
Sehr selten Strahleninduzierte Leukämie (Blutkrebs durch Strahlung) – Risiko < 0,1 %.

Perkutane Strahlentherapie (IMRT/SBRT) und Protonentherapie 

Wirkmechanismus

Im Gegensatz zur Radiojodtherapie erfolgt die perkutane Strahlentherapie (äußere Strahlentherapie) durch externe Hochpräzisionsbestrahlung mit Photonen (hochenergetischen Lichtteilchen) oder Protonen (geladenen Teilchen), um bösartige Schilddrüsentumoren gezielt zu behandeln.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Indikation Erläuterung
Anaplastisches Schilddrüsenkarzinom (hochaggressiver, schlecht behandelbarer Tumor der Schilddrüse) Hohe Strahlenresistenz erfordert IMRT (intensitätsmodulierte Radiotherapie) oder Protonentherapie zur lokalen Tumorkontrolle.
Medulläres Schilddrüsenkarzinom (Tumor der C-Zellen der Schilddrüse) Perkutane Strahlentherapie bei lokalem Wachstum oder inoperabler Erkrankung.
Radiojodrefraktäre Schilddrüsenkarzinome (nicht auf Radiojodtherapie ansprechende Tumoren) IMRT oder stereotaktische Bestrahlung (SBRT) bei Progression oder Metastasen.
Palliative Strahlentherapie (Linderung von Symptomen durch Bestrahlung) Behandlung von Knochenmetastasen oder Weichteilinfiltration zur Schmerzreduktion.

Vergleich der Strahlentherapieverfahren

Verfahren Technik Indikation Vorteile Nachteile
Radiojodtherapie (RJT) Jod-131, systemische Aufnahme Papilläres/follikuläres Karzinom, Schilddrüsenautonomie Hohe Selektivität, niedrige Nebenwirkungen Nicht wirksam bei medullären oder anaplastischen Karzinomen
IMRT (Intensitätsmodulierte Strahlentherapie) Präzise modulierbare externe Bestrahlung Anaplastisches, medulläres, radiojodrefraktäres Karzinom Gewebeschonend, hohe Dosis möglich Mehrere Sitzungen erforderlich
SBRT (Stereotaktische Bestrahlung) Hochpräzise, fokussierte Bestrahlung Metastasierte (Tochtergeschwülste bildend) oder lokal fortgeschrittene Tumoren Hohe Dosis pro Sitzung, wenige Therapietage Nicht für großvolumige Tumoren geeignet
Protonentherapie Partikeltherapie mit hoher Präzision Tumoren nahe sensiblen Strukturen Hohe Wirksamkeit, geringe Streustrahlung Hohe Kosten, begrenzte Verfügbarkeit

Fazit

Die Radiojodtherapie (RJT) bleibt der Goldstandard für gutartige Schilddrüsenerkrankungen und differenzierte Schilddrüsenkarzinome, während die perkutane Strahlentherapie (IMRT, SBRT) und Protonentherapie bei radiojodrefraktären oder aggressiven Tumoren eingesetzt wird. Die Wahl der Strahlenbehandlung hängt von der Art des Schilddrüsentumors und der individuellen Situation des Patienten ab.