Struma (Kropf) – Medizingerätediagnostik

Obligate Medizingerätediagnostik

  • Schilddrüsensonographie mit Duplex-/Dopplersonographie 
    • Bestimmung des Schilddrüsenvolumens (SD-Volumen)
      Beachte in der Schwangerschaft: In der Schwangerschaft kann sich das SD-Volumen der Mutter verdoppeln (oberster Toleranzwert: 18 ml)
    • morphologische Abgrenzung einer Struma diffusa, Struma uni- oder multinodosa von anderen Ursachen einer Struma; Schilddrüsenmalignome (bösartige Neubildungen der Schilddrüse):
      • Hypoechogenität: solider echoarmer Knoten* (> 1-1,5 cm)*
      • Mikrokalzifikation*
      • intranoduläres Vaskularisationsmuster
      • unscharfe Randbegrenzung und die „Tiefer-als-breit“-Form 
      Ultraschallbasierte "histologische" ("feingewebliche Untersuchung") Diagnose:
      Sensitivität (Prozentsatz erkrankter Patienten, bei denen die Krankheit durch die Anwendung des Verfahrens erkannt wird, d. h. ein positiver Befund auftritt) von 83-99 %, Spezifität 56-85 % (Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Gesunde, die nicht an der betreffenden Erkrankung leiden, durch das Verfahren auch als gesund erkannt werden)

      Drei Kriterien entscheiden über Pro oder Kontra bei der Biopsie (Gewebeentnahme; hier: Feinnadelaspirationszytologie (FNAZ)): Mikrokalk, Größe von mehr als 1-1,5 cm, vollständig solide Konsistenz (= echoarm) – diese drei sonographischen Kriterien sind  mit dem Risiko für Malignität eines Schilddrüsenknotens assoziiert. Rein zystische und/oder spongiforme Knoten kann man meist konservativ beobachten [1].
  • Sono-Elastographie/Ultraschall-Elastographie (bildgebendes Verfahren, welches die Elastizität von Gewebe misst) – bei Verdacht auf Schilddrüsenkarzinom (Malignome zeigen eine veränderte Gewebekonsistenz; bei der Elastographie ist eine verminderte Komprimierbarkeit nachweisbar) [ein weicher Knoten ist in etwa 97-99 Prozent der Fälle gutartig (Quelle: DEGUM)]

Fakultative Medizingerätediagnostik – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Schilddrüsenszintigraphie – durchzuführen bei folgenden Indikationen:
    • knotige Veränderungen der Schilddrüse (uni- oder multinodöse Knotenstruma*): in Deutschland wird bei Knoten > 10 mm einmalig eine Basisszintigraphie (unabhängig vom TSH-Wert) empfohlen (wg. Jodmangelversorgung in Deutschland); bei multinodöser Struma wird in jedem Fall eine Szintigraphie empfohlen, um ggf. nicht autonome Knoten zu identifizieren (hier muss zur Überprüfung der Dignität eine Biopsie (Gewebeentnahme; hier: Feinnadelaspirationszytologie, FNAZ) durchgeführt werden) 
    • Verdacht auf Schilddrüsenkarzinom (Schilddrüsenkrebs)
    • Verdacht auf Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) mit autonomen Bereichen (Verselbstständigung von Teilen des Schilddrüsengewebes vom thyreotropen Regelkreis (Hypothalamus-Hypophyse-Schilddrüse), sodass die Synthese (Produktion) von Schilddrüsenhormonen nicht bedarfsgerecht erfolgt)

*Identifikation von verdächtigen Knoten, bei Fokussierung auf kalte und nicht autonome Areale, bei sonographisch auffälligem Befund

Knotendiagnostik im Ultraschall nach Leitlinie der European Thyroid Association (ETA):

  • Knoten soll beschrieben werden, wenn die Größe die "Grenze von 1 cm" überschreitet.
  • Pro Schilddrüsenlappen soll nur der größte Knoten im Detail festgehalten werden.
  • Des Weiteren Beschreibung von sonographischen Auffälligkeiten (unscharf randbegrenzt, ganz stark echoarm oder Mikrokalk)
  • Indikation zur Feinnadelpunktion (FNA): Punktionswürdig sind Knoten > 1 cm, die mindestens eines der folgenden Kriterien aufweisen (EU-TIRADS 5):
    • nicht oval/rundlich,
    • unregelmäßige Randbegrenzung,
    • Mikrokalzifizierungen und
    • ausgeprägte Hypoechogenität
  • FNA: größere Knoten (> 1,5 cm), die leicht hypoechogen sind (EU-TIRADS 4).

Weitere Hinweise

  • Bei Nachweis einer Schilddrüsen-Autonomie kann auf die Abklärung einer Dignität des Knotens (Abklärung, ob der Knoten gut oder bösartig ist) verzichtet werden, da im Regelfall autonome Adenome benigne (gutartig) sind.
  • Die aktuellen Leitlinien raten sonographisch auffällige Knoten, in Abhängigkeit von der Knotengröße, regelmäßig per Ultraschall bzw. Feinnadelbiopsie zu überwachen.
    Eine Studie, die im Verlauf knapp 1.000 Patienten mit über 1.500 als gutartig diagnostizierten Schilddrüsenknoten über 5 Jahre hinweg beobachtet hat, kommt zu folgenden Ergebnissen:
    • Ein Schilddrüsenkarzinom wurde bei fünf Knoten (0, 3 %) identifiziert. Vier davon stammten aus der Gruppe, die bereits zu Beginn aufgrund suspekter ("verdächtiger") sonographischer Kriterien punktiert worden waren, d. h. nur 1,1 % der biopsierten Knoten wurde als falsch negativ klassifiziert!
    • Nur einer von 852 Knoten < 1 cm (0,1 %)  zeigte im Verlauf Malignität (Bösartigkeit). Der Knoten wurde erst im 5. Jahr auffällig und zeigte im Ultraschall eine Hypoechogenität (schwach reflektierende, echoarme Strukturen) und unscharfe Grenzen.
    • Das Wachstum von Knoten zeigte sich meist recht früh, häufig bereits im ersten Jahr.
    Fazit der Autoren: Bei kleinen (< 1 cm) und zytologisch unauffälligen Knoten ist eine Nachuntersuchung nach einem Jahr ausreichend. Falls kein Wachstum vorliegt, ist eine weitere Untersuchung in 5 Jahren ausreichend. Ausnahmen sind junge Patienten oder ältere adipöse Patienten mit multiplen oder großen Knoten (Größe < 7,5 mm) [2].
  • Form des Schilddrüsenknotens (Länge-Breite-Verhältnis) und Malignitätrisiko (Bösartigkeitsrisiko): eine längliche Form scheint er nicht für Malignität zu sprechen. Je kugeliger sich ein Knoten im Ultraschall präsentierte, und dieses war unabhängig von Alter und Geschlecht der Patienten oder Knotengröße, desto mehr steigt das Malignitätsrisiko [6]:
    • Länge-Breite-Verhältnis von
      • > 2 (also deutlich länglicher Knoten): Krebsrisiko betrug knapp 15 %
      • 1,5-2,0: Krebsrisiko stieg auf 20 %
      • 1-1,5 (zunehmend Kugelform): Krebsrisiko knapp 26 %. 
  • Schilddrüseninzidentalome (zufällige Entdeckung einer Raumforderung unklarer Bedeutung): Von 1153 Patienten wurde bei 37,4 % eine Biopsie wegen eines Schilddrüsenknotens durchgeführt; Patienten waren signifikant häufiger > 45 Jahre alt, Männer, weiße Rasse und hatten eine Body-Mass-Index> 30 kg / m2; von den 17,2 % der Inzidentalome, die zu einer Operation führten, wurden 8,5 % als Schilddrüsenkarzinom eingestuft [5].
  • Im Kindes- und Jugendalter sind Schilddrüsenknoten meist benigne (gutartig). Knoten mit einem Durchmesser > 1 cm sollten nach Bestimmung des TSH und des Calcitonins durch eine Feinnadelaspirationszytologie (FNAZ) abgeklärt werden. 
  • Im Alter nimmt die Zahl der Schilddrüsenknoten zu, aber deren Malignitätrisiko verringert sich zugleich: Krebsprävalenz [3]:
      • 22,9 % in der jüngsten Altersgruppe (20-29 Jahre)
      • 12, 6 % in der höchsten Altersgruppe (≥ 70 Jahre) 
    Das relative Risiko für maligne Knoten sank zwischen 20 und 60 Jahren um 2,2 % jährlich.
  • Ein Ultraschallscreening auf Schilddrüsenveränderungen bei älteren Menschen über 60 Jahren soll nicht durchgeführt werden [4].

Beachte: Eindeutige klinische Malignitätskriterien (Kriterien der Bösartigkeit) sollten immer einen höheren Stellenwert haben als widersprüchliche benigne (gutartige) Ergebnisse einer Feinnadelaspirationszytologie (gezielte Entnahme von verdächtigem Gewebe, das unter dem Mikroskop untersucht wird). D. h., dass eindeutige klinische Malignitätskriterien allein zur Operation führen können.

Literatur

  1. Smith-Bindman R et al.: Risk of Thyroid Cancer Based on Thyroid Ultrasound Imaging Characteristics. Results of a Population-Based Study. JAMA Intern Med 2013, online 26. August; doi:10.1001/jamainternmed.2013.9245
  2. Durante C et al.: The Natural History of Benign Thyroid Nodules. JAMA 2015;313(9):926-935; doi:10.1001/jama.2015.0956
  3. Kwong N et al.: The Influence of Patient Age on Thyroid Nodule Formation, Multinodularity, and Thyroid Cancer Risk. doi: http://dx.doi.org/10.1210/jc.2015-3100
  4. Feldkamp J: Klug entscheiden: . . . in der Endokrinologie Dtsch Arztebl 2016; 113(17): A-821 / B-696 / C-687 
  5. Iwata AJ et al.: Comparison of incidental versus palpable thyroid nodules presenting for fine-needle aspiration biopsy. Head Neck 2018, online First published: 9 March 2018 https://doi.org/10.1002/hed.25132
  6. Pappa T et al.: Thyroid nodule shape independently predicts risk of malignancy. J Clin Endocrinol Metab 2022; https://doi.org/10.1210/clinem/dgac246

Leitlinien

  1. Durante C et al.: 2023 European Thyroid Association Clinical Practice Guidelines for thyroid nodule management Eur Thyroid J . 2023 Aug 14;12(5):e230067. doi: 10.1530/ETJ-23-0067.