Schilddrüsenentzündung (Thyreoiditis) – Ursachen

Akute Thyreoiditis

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die akute Thyreoiditis (Schilddrüsenentzündung) ist eine seltene, aber schwerwiegende Erkrankung, die meist durch eine Infektion mit Bakterien, seltener durch Viren oder Pilze ausgelöst wird. Die akute Form ist oft mit einer eitrigen Entzündung der Schilddrüse verbunden.

Infektionswege und Mechanismen

Die bakterielle akute Thyreoiditis wird häufig durch Staphylokokken oder Streptokokken verursacht, die über verschiedene Wege in die Schilddrüse gelangen können:

  • Hämatogene Ausbreitung (über das Blut) von einer anderen Infektionsquelle im Körper.
  • Direkte Ausbreitung durch benachbarte Strukturen, wie dem Sinus piriformis, einem embryonalen Überbleibsel, das eine Verbindung zur Schilddrüse aufweisen kann. Über diesen Weg können Infektionserreger in die Schilddrüse eindringen.
  • Trauma oder Operationen im Halsbereich, die den direkten Zugang für Erreger ermöglichen.

Prädisponierende Faktoren

Bei älteren Personen oder Patienten mit einer lang bestehenden Struma (vergrößerte Schilddrüse) oder einem Schilddrüsentumor ist das Risiko einer akuten Thyreoiditis erhöht. Diese Veränderungen können das Gewebe anfälliger für Infektionen machen, da sie die normale Funktion der Schilddrüse beeinträchtigen und den Abwehrmechanismus schwächen.

Weitere Erreger

Neben bakteriellen Infektionen können auch Viren oder Pilze (z. B. bei immunsupprimierten Patienten) eine akute Thyreoiditis auslösen. In diesen Fällen wird die Entzündung in der Regel durch das direkte Eindringen von Krankheitserregern in das Schilddrüsengewebe verursacht, was zu einer lokalen Immunreaktion führt.

Pathophysiologische Veränderungen

Die Infektion führt zu einer eitrigen Entzündung in der Schilddrüse, wobei es zu einer Ansammlung von Leukozyten (weiße Blutkörperchen), Abszessbildung (Eiterhöhlenbildung) und Gewebszerstörung kommen kann. Dieser Prozess kann zu einer schnellen Vergrößerung und Schwellung der Schilddrüse führen, die von starken Schmerzen, Fieber und Druckempfindlichkeit begleitet wird.

Risikofaktoren

  • Alter: Ältere Personen mit einer lange bestehenden Struma sind besonders gefährdet.
  • Vorgeschichte: Schilddrüsenoperationen oder -tumoren können das Risiko einer Infektion erhöhen.
  • Immunschwäche: Patienten mit geschwächtem Immunsystem, beispielsweise durch Chemotherapie oder andere immunsuppressive Therapien, sind anfälliger für Infektionen mit seltenen Erregern wie Pilzen.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die akute Thyreoiditis ist eine seltene, aber ernsthafte Erkrankung, die durch Bakterien, Viren oder Pilze verursacht werden kann. Sie tritt oft in Verbindung mit strukturellen Anomalien wie einem Sinus piriformis, einer lang bestehenden Struma, oder einem Schilddrüsentumor auf. Das entzündete Schilddrüsengewebe schwillt an, was zu starken Schmerzen, Fieber und lokalen Symptomen führt. Eine rasche Diagnose und Behandlung, oft mit Antibiotika, ist erforderlich, um Komplikationen wie Abszesse oder Schilddrüsenzerstörung zu verhindern.

Ätiologie (Ursachen) 

Krankheitsbedingte Ursachen

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Bakterielle Infektionen, vor allem Staphylokokken, Streptokokken
  • Mykosen (Aspergillus, Candida)
  • Virale Infektionen (Adeno-, Echo, Herpes-, Masern-, Mumps- und Influenzaviren)

Thyreoiditis de Quervain (subakute Thyreoiditis)

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Thyreoiditis de Quervain, auch als subakute granulomatöse Thyreoiditis bezeichnet, ist eine entzündliche Erkrankung der Schilddrüse, die typischerweise nach einem Virusinfekt auftritt. Die genaue Ätiologie (Ursache) ist noch ungeklärt, doch man vermutet, dass die Krankheit durch eine postvirale Entzündungsreaktion ausgelöst wird.

Virusinfekt als Auslöser

Es gibt Hinweise darauf, dass die Thyreoiditis de Quervain mit Virusinfektionen assoziiert ist, insbesondere mit Infektionen durch Adenoviren, Coxsackieviren, Mumpsviren oder Echoviren. Der Zusammenhang mit viralen Infekten basiert auf dem Auftreten der Erkrankung nach grippalen Infekten oder anderen viralen Atemwegserkrankungen. Diese viralen Erreger verursachen eine autoimmunartige Entzündungsreaktion, die zu einer Schädigung des Schilddrüsengewebes führt.

Genetische Disposition

Eine genetische Veranlagung scheint eine Rolle zu spielen, da einige Familien eine Häufung von Fällen aufweisen. Menschen mit bestimmten HLA-Typen (z. B. HLA-B35) zeigen eine höhere Anfälligkeit für die Entwicklung dieser Erkrankung, was auf eine genetische Empfänglichkeit für autoimmune Prozesse hindeutet.

Histologische Veränderungen

Die histopathologische Untersuchung der Schilddrüse zeigt eine granulomatöse Entzündung, die durch eine Infiltration von Granulozyten (Abwehrzellen) und Monozyten (Vorläufer von Makrophagen/Fresszellen) gekennzeichnet ist. Es bildet sich ein granulomatöser Entzündungsprozess mit dem Auftreten von Riesenzellen, die versuchen, das entzündete Gewebe zu „fressen“ und zu entfernen. Dieser Prozess wird auch als pseudotuberkulöse Entzündung bezeichnet, da die Zellstrukturen denjenigen bei einer Tuberkulose ähneln, jedoch keine tuberkulösen Erreger nachgewiesen werden können.

Zerstörung der Schilddrüsenstruktur

Durch die granulomatöse Entzündung wird die normale Schilddrüsenarchitektur zerstört. Es kommt zu Nekrosen (Gewebsuntergang) und einer vorübergehenden Überfunktion der Schilddrüse (Thyreotoxikose), da durch die Entzündung gespeicherte Schilddrüsenhormone freigesetzt werden. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung kann die Schilddrüsenfunktion aufgrund des Gewebeverlustes vorübergehend oder dauerhaft beeinträchtigt sein, was zu einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) führen kann.

Phasen der Erkrankung

Die Thyreoiditis de Quervain verläuft typischerweise in mehreren Phasen:

  • Initiale Phase: Freisetzung von Schilddrüsenhormonen aus den zerstörten Follikeln, was zu einer vorübergehenden Überfunktion (Thyreotoxikose) führt.
  • Entzündungsphase: Schmerzhafte Schwellung der Schilddrüse und allgemeine Entzündungssymptome.
  • Erholungsphase: Normalisierung der Schilddrüsenfunktion mit einer möglichen Übergangsphase der Hypothyreose.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Thyreoiditis de Quervain ist eine subakute, wahrscheinlich postvirale Entzündung der Schilddrüse, die durch eine granulomatöse Infiltration mit Granulozyten und Monozyten gekennzeichnet ist. Die Erkrankung führt zur Zerstörung der Schilddrüsenstruktur und kann eine vorübergehende Überfunktion (Thyreotoxikose) sowie eine Übergangshypothyreose verursachen. Eine genetische Prädisposition scheint ebenfalls eine Rolle zu spielen. Die Krankheit heilt in der Regel von selbst aus, kann jedoch durch entzündungshemmende Maßnahmen unterstützt werden.

Ätiologie (Ursachen) 

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern ‒ Nachweis von HLA-B37 (konnte bei > 60 % der Betroffenen nachgewiesen werden)

Krankheitsbedingte Ursachen

Atmungssystem (J00-J99)

  • Atemwegsinfektion, nicht näher bezeichnet

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Infektion mit dem severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2 (SARS-CoV-2) [1]

Hashimoto-Thyreoiditis

Pathogenese und Ätiologie der Hashimoto-Thyreoiditis [s. u. Hashimoto-Thyreoiditis]

Weitere Formen der Thyreoiditis

Ätiologie (Ursachen)

Krankheitsbedingte Ursachen

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Autoimmunthyreoiditis (AIT; Schilddrüsenentzündung, die durch Autoimmunprozesse bedingt ist): 
    • Hashimoto-Thyreoiditis (hypertroph) – stellt sich als chronisch lymphzytäre Schilddrüsenentzündung mit einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) dar [s. u. Hashimoto-Thyreoiditis]
  • Silent Thyreoiditis (stumme Schilddrüsenentzündung) ‒ zu den Autoimmunthyreoiditiden zählende Thyreoiditis mit mildem Verlauf
  • Postpartum-Thyreoiditis (PPT; postpartale Thyreoiditis) – erstmaliges Auftreten einer Autoimmunthyreoiditis (AIT) bis 12 Monate nach Entbindung mit Antikörpernachweis bei bestehender Euthyreose (normaler Schilddrüsenfunktion); bei ca. vier Prozent der Schwangeren; Risikopatienten sind Frauen, bei denen schon vor oder während der Schwangerschaft erhöhte Schilddrüsenantikörper (TPO-Antikörper) festgestellt wurden sowie Frauen mit Diabetes mellitus, M. Basedow oder einer chronischen viralen Hepatitis.

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Akute Thyreoiditis durch Bakterien, Viren, Pilze etc. ausgelöste Infektion der Schilddrüse; vor allem Staphylokokken, Streptokokken; Aspergillus, Candida; Infektion mit dem severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2 (SARS-CoV-2) 
  • Parasitäre Thyreoiditis ‒ durch Parasiten wie Echinokokkus (Bandwürmer) oder Strongylidae (Palisadenwürmer)

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Karzinomassoziierte Thyreoiditis ‒ Schilddrüsenentzündung, die im Rahmen einer bösartigen Neubildung auftritt

Weitere Ursachen

  • Strahlenthyreoiditis ‒ nach Bestrahlung mit radioaktivem Jod; selbstlimitierend

Medikamente

  • Arzneimittelinduzierte Thyreoiditis (Synonym: medikamenteninduzierte Thyreoiditis) – vor allem nach der Einnahme von
    • Amiodaron
    • Immun-Checkpoint-Inhibitoren wie Programmed-cell-death-protein-1(PD-1)- oder Cytotoxic-T-lymphocyte-antigen-4-Antikörper (CTLA-4-Antikörper)
    • Lithium
    • Zytokinen (Interferon-Alpha, Interleukin-2)

Literatur

  1. Aemaz Ur Rehman M, Farooq H, Ali MM, Ebaad Ur Rehman M, Dar QA, Hussain A: The association of subacute thyroiditis with COVID-19: a systematic review. SN Compr Clin Med 2021;29:1-13  doi: 10.1007/s42399-021-00912-5.