Nebenschilddrüsenunterfunktion (Hypoparathyreoidismus) – Folgeerkrankungen

Im Folgenden die wichtigsten Erkrankungen bzw. Komplikationen, die durch einen Hypoparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenunterfunktion) mit bedingt sein können:

Augen und Augenanhangsgebilde (H00-H59)

  • Tetanischer Katarakt (Verkalkung der Augenlinse)

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Bei einer Überdosierung von Calcium kann es zu folgenden Komplikationen kommen:
    • Hypercalcämie-Syndrom – dieses führt zu:
      • gastrointestinalen Störungen/Magen-Darm-Störungen: Nausea (Übelkeit), Emesis (Erbrechen), Obstipation (Verstopfung) und Anorexie (Appetitlosigkeit)
      • Störungen der renalen Tubulusfunktion: Polyurie und Polydipsie (übermäßiger Flüssigkeitsaufnahme durch Trinken); Nephrolithiasis (Nierensteine), Nephrokalzinose (Nierenverkalkung)
      • kardiovaskulären Symptomen: Hypertonie (Bluthochdruck), Bradyarrhythmien (sehr langsamen Herzschlag mit einer Frequenz unter 50 Schlägen pro Minute ohne erkennbaren Rhythmus) und QT-Verkürzung (bis zur Asystolie/ohne Herzkontraktion)
      • neuromuskulären Symptomen: rasche Ermüdbarkeit, Muskelschwäche, Hyporeflexie (Reflexabschwächung), depressive Verstimmung, Apathie (Teilnahmslosigkeit), Koma
    • Hypercalcämische Krise (Serum-Calcium > 3,5 mmol/l) – Polyurie (vermehrte Harnausscheidung), Exsikkose (Austrocknung), Hyperpyrexie (extremes Fieber: > 41 °C), Herzrhythmusstörungen, Schwäche und Lethargie sowie Somnolenz (Benommenheit) bis hin zum Koma
  • Hypercalciurie (vermehrte Ausschüttung von Calcium über den Urin) – da die Reabsorption von Calcium durch das Fehlen fehlende Parathormon in der Niere nicht stattfinden kann
  • Hyperphosphatämie (Phosphatüberschuss)
  • Hypocalcämie (Calciummangel)
  • Hypomagnesiämie (Magnesiummangel)

Haut und Unterhaut (L00-L99)

  • Alopecia (Haarausfall)
  • Brüchige Nägel

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Arrhythmien (Herzrhythmusstörungen)
  • Elektrokardiogramm (EKG; Aufzeichnung der elektrischen Aktivitäten des Herzmuskels) – verlängertes QT-Intervall (QT-Verlängerung)
  • Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
  • Synkopen – kurz andauernde Bewusstlosigkeit

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)

  • Beeinträchtigung der Knochenmineralisation
    • Knochendichte ist deutlich höher als bei gesunden Menschen – v. a. im Bereich der Lendenwirbelsäule und der Hüfte
    • Veränderung der Mikrostruktur: erhöhte Trabekelzahl und dickere Trabekel als gesunde Kontrollen
  • Brachymetakarpie (Verkürzung einzelner oder mehrerer Mittelhandknochen)
  • Höheres trabekuläres Knochenvolumen
  • Knochenschmerzen
  • Osteosklerose (Sklerose (Verhärtung) des Knochengewebes) 

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Angststörungen
  • Bipolare Störung (psychische Störung, bei der depressive und manische Phasen vorkommen)
  • Depressive Verstimmung
  • Idiopathische intrakranielle Hypertension (IIH; Synonym: Pseudotumor cerebri, PTC) – erhöhter Hirndruck ohne erklärende Ursache; 90 % der Patientinnen leiden unter Kopfschmerzen, diese nehmen meist beim Nach-Vorne-Beugen, Husten oder Niesen zu; bei jedem zweiten Patienten findet sich ein Papillenödem (Schwellung (Ödem) an der Einmündung des Sehnervs in die Netzhaut, das sich als Vorwölbung des Sehnervenkopfes bemerkbar macht; Stauungspapille i. R. beidseitig); Auftreten mit beidseitiger Augen-Symptomatik [plötzlicher Sehverlust beim Kind]
  • Kalzifizierung (Verkalkung) der Hirngefäße
  • Krampfanfälle
  • Psychose – Symptomenkomplex (Syndrom), der durch Halluzinationen, Wahn, Realitätsverlust oder Ich-Störungen gekennzeichnet ist.
  • Stammganglienkalzifizierung (Morbus Fahr/Verkalkung der Basalganglien des Gehirns)  mit jedem Jahr der Erkrankung steigt die Wahrscheinlichkeit einer Verkalkung der Basalganglien um 12 % [1]

Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99) 

  • "Brain Fog" (deutsch "Gehirnnebel"): Symptom, das kognitive Einbußen wie Lethargie und Konzentrationsschwäche zusammenfasst
  • Palpitationen – Herzaktionen, die vom Betroffenen selbst als ungewöhnlich schnell, kräftig oder unregelmäßig wahrgenommen werden

Urogenitalsystem (N00-N99)

  • Nephrokalzinose – Ablagerung von Calcium-Salzen in den Nierengefäßen und Bindegewebe der Niere 
  • Nephrolithiasis (Nierensteine)
  • Niereninsuffizienz – Prozess, der zu einer langsam fortschreitenden Verringerung der Nierenfunktion führt.

Literatur

  1. Goswami R et al.: Prevalence and progression of basal ganglia calcification and its pathogenic mechanism in patients with idiopathic hypoparathyreoidism. Clin Endocr (Oxf) 2012 Aug;77(2):200-6. doi: 10.1111/j.1365-2265.2012.04353.x.