Nebenschilddrüsenüberfunktion (Hyperparathyreoidismus) – Operative Therapie

Der Hyperparathyreoidismus wird in drei Formen unterteilt: Primärer (pHPT), sekundärer (sHPT) und tertiärer (tHPT) Hyperparathyreoidismus. Die operative Therapie variiert je nach Ursache und klinischer Symptomatik.

1. Primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT)

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Serum-Calcium > 3 mmol/l.
  • Organmanifestationen (z. B. Osteoporose (Knochenschwund), Nephrolithiasis (Nierensteine), kardiovaskuläre Komplikationen/Herz-Kreislauf Probleme).
  • Funktionsstörungen (z. B. Muskelschwäche, neuropsychiatrische Symptome, gastrointestinale Beschwerden).
  • Hypercalcämische Krise mit Symptomen wie:
    • Herzrhythmusstörungen.
    • Emesis (Erbrechen), Nausea (Übelkeit), Fieber, Exsikkose (Austrocknung).
    • Polyurie (vermehrtes Wasserlassen), Bewusstseinsstörungen.
  • Mineralsalzverlust der Knochen (> 2 SD unterhalb der geschlechtsspezifischen Norm).
  • Alter < 50 Jahre.

Operationsverfahren

  • Minimal-invasive Parathyreoidektomie (Entfernung der Nebenschilddrüsen): Entfernung der adenomatös vergrößerten Nebenschilddrüse (> 50 mg) über einen kleinen Zugang.
  • Bilaterale zervikale Exploration (beidseitige Halsuntersuchung): Operative Untersuchung aller vier Nebenschilddrüsen zur Identifikation von Hyperplasie (Gewebevermehrung) oder Mehrdrüsenerkrankungen.
  • Subtotaler Parathyreoidektomie (teilweise Entfernung der Nebenschilddrüsen): Entfernung von 3,5 Drüsen, falls eine generalisierte Hyperplasie vorliegt.
  • Totale Parathyreoidektomie mit Autotransplantation (komplette Entfernung und Wiedereinsetzung von Gewebe): Entfernung aller vier Drüsen mit Reimplantation (Wiedereinsetzung) von Nebenschilddrüsengewebe in den Unterarm.

Mögliche Komplikationen

  • Hypocalcämie (Calciummangel) postoperativ, erfordert engmaschige Kontrolle.
  • Recurrensparese (Stimmbandnervenlähmung) bei Verletzung des N. recurrens.
  • Persistenz oder Rezidiv (Fortbestehen oder Wiederauftreten) des Hyperparathyreoidismus.

Die Parathyreoidektomie ist die einzige kurative (heilende) Maßnahme beim symptomatischen pHPT und zeigt eine Erfolgsrate von 95-99 %.

Weitere Hinweise

  • Bei Patienten mit pHPT tritt nach fünf und zehn Jahren mit und ohne Operation ein eGFR-Verlust (geschätzte glomeruläre Filtrationrate, ein Maß für die Nierenfunktion) von mindestens 50 % auf. Nur in der Altersgruppe unter 60 Jahre besteht für sofort operiert ein geringeres Risiko als für Nichtoperierte [1].

2. Sekundärer Hyperparathyreoidismus (sHPT)

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Therapierefraktäre Hyperplasie (nicht auf Behandlung ansprechende Gewebevermehrung) der Nebenschilddrüsen.
  • Persistierende Hyperparathyreoidismus-Symptomatik trotz medikamentöser Therapie.
  • Erhalt der Nierenfunktion durch Vermeidung von renalen Komplikationen (Nierenschäden).

Operationsverfahren

  • Subtotaler Parathyreoidektomie: Entfernung von 3,5 Nebenschilddrüsen zur Behebung der Überproduktion von Parathormon (Hormon zur Calciumsregulation.
  • Totale Parathyreoidektomie mit Autotransplantation: Reimplantation von Nebenschilddrüsengewebe in den Unterarm.

Mögliche Komplikationen

  • Hypocalcämie mit Tetanie-Risiko (Muskelkrämpfe durch niedrigen Calciumspiegel)
  • Persistierender sHPT bei unvollständiger Entfernung.

3. Tertiärer Hyperparathyreoidismus (tHPT)

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Persistierende Hypercalcämie trotz Nierentransplantation.
  • Symptomatische Hyperparathyreoidismus-Folgen (z. B. Osteoklastome (nnochenabbaurunde Tumoren), ektope Mineralisationen (Calciumablagerung in Organen).

Operationsverfahren

  • Parathyreoidektomie, analog zum primären Hyperparathyreoidismus.

Mögliche Komplikationen

  • Langsame Rückbildung von Osteoklastomen.
  • Seltene Notwendigkeit einer weiteren Operation.

Fazit

Die operative Therapie des Hyperparathyreoidismus richtet sich nach der jeweiligen Form. Während die Parathyreoidektomie beim pHPT eine hohe Erfolgsrate aufweist, ist sie beim sHPT und tHPT nur in ausgewählten Fällen notwendig. Eine differenzierte Indikationsstellung ist entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden und eine langfristige Normalisierung der Calcium-Homöostase zu gewährleisten.

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Primärer Hyperparathyreoidismus. (AWMF-Registernummer: 174 - 006), März 2016 Langfassung