Morbus Basedow – Medikamentöse Therapie
Therapieziel
Erreichen einer euthyreoten Stoffwechsellage (= Schilddrüsenwerte im Normbereich)
Therapieempfehlungen
- Thyreostatika (Medikamente, die die Schilddrüsenfunktion hemmen und gegen Überfunktionen der Schilddrüse eingesetzt werden)
- bei manifester Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) → Thioamidtyp (Thiamazol und Carbimazol) oder mit Propylthiouracil (PTU); Therapiedauer: einjährige (bis eineinhalbjährige) thyreostatische Therapie; danach Auslassversuch: wenn keine Remission M. Basedow: einjährige (bis eineinhalbjährige) thyreostatische Therapie; nach 6-18 Monaten Auslassversuch: wenn keine Remission (Nachlassen von Krankheitssymptome), dann Radiojodtherapie oder Langzeit-Thyreostase
[Labor: Bestimmung der freien peripheren Schilddrüsenhormone 1‑ bis 2‑mal pro Monat] - bei latenter Hyperthyreose (selten) individuelle Entscheidung [s. u. latente Hypothyreose]
- bei manifester Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) → Thioamidtyp (Thiamazol und Carbimazol) oder mit Propylthiouracil (PTU); Therapiedauer: einjährige (bis eineinhalbjährige) thyreostatische Therapie; danach Auslassversuch: wenn keine Remission M. Basedow: einjährige (bis eineinhalbjährige) thyreostatische Therapie; nach 6-18 Monaten Auslassversuch: wenn keine Remission (Nachlassen von Krankheitssymptome), dann Radiojodtherapie oder Langzeit-Thyreostase
- Betablocker bei Tachykardie (Herzfrequenz > 100 Schläge/min) → Propranolol
- Bei Fortschreiten der Orbitopathie (hervorstehende Augen) trotz euthyreoter Stoffwechsellage (normaler Schilddrüsenfunktion) → hochdosierte Therapie mit Glucocorticoiden (Prednisolon/Methylprdnisolon); in seltenen Fällen ggf. retrobulbäre Radiatio (Orbitaspitzenbestrahlung; Orbita = "knöcherne Augenhöhle"))
ggf. zukünftig: Antikörper Teprotumumab; dieser wurde in den USA als Orphan Drug zugelassen (s. u. Hervortreten der Augen (Exophthalmus)/medikamentöse Therapie) - Keine Remission (Rückbildung der Symptome) innerhalb von 12 bis 18 Monaten:
- Radiojodtherapie (RJT) oder
- Langzeit-Thyreostase oder
- Thyreoidektomie (operative Entfernung der gesamten Schilddrüse)
- Thyreotoxische Krise: s. u. Hyperthyreose/Thyreotoxische Krise/Medikamentöse Therapie
- Therapie der endokrinen Ophthalmopathie (s. u.)
- Therapie in der Schwangerschaft und Stillzeit (s. u.)
- Siehe auch unter "Weitere Therapie".
Weitere Hinweise
- Der TRAK-Serumspiegel (Thyreotropin-Rezeptor-Autoantikörper, üblicherweise TSH-Rezeptor-Autoantikörper genannt) lässt eine prognostische Aussage zum Krankheitsverlauf zu. Ein TRAK-Serumspiegel von ≤10 IU/l etwa 6 Monate nach Krankheitsbeginn schließt eine Remission ("dauernde Abschwächung der Symptome ")("dauernde Abschwächung der Symptome ") weitgehend aus.
- Eine thyreostatische Langzeittherapie kann bei fehlender oder kleiner Struma, bei leichter Hyperthyreose, bei niedrigem TRAK-Titer und bei einer niedrigen Perfusionsrate in der Duplexsonographe in Betracht gezogen werden.
Therapie der endokrinen Ophthalmopathie
- Bei Fortschreiten der Orbitopathie (immunologisch bedingte Entzündung des Orbitainhalts/hervorstehende Augen) trotz euthyreoter Stoffwechsellage → hochdosierte Therapie mit Glucocorticoiden (Prednisolon/Methylprdnisolon); in seltenen Fällen ggf. retrobulbäre Radiatio.
- Der monoklonale Antikörper Teprotumumab könnte das erste wirksame Medikament zur Behandlung des Exophthalmus (Vorwölbung des Augapfels) beim Morbus Basedow sein. Der Antikörper bindet am Rezeptor für den Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktor 1 (IGF-1), der die Proliferation von Fibroblasten in der Augenhöhle fördert [1].
Therapie in der Schwangerschaft und Stillzeit
Bestimmung der TRAK (Thyreotropin-Rezeptor-Autoantikörper, üblicherweise TSH-Rezeptor-Autoantikörper genannt) am Ende des zweiten bzw. Anfang des dritten Trimenons (22.-28. Schwangerschaftswoche), um das fetale bzw. neonatale Hyperthyreoserisiko abzuschätzen. Fetales und neonatales Monitoring auf eine Hyperthyreose bei 2‑ bis 3‑fachen des oberen Referenzwerts.
- Wenn TRAk erhöht → Gefahr der Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) des Fötus: Risiko-Schwangerschaft, d. h. Überprüfung der kindlichen Entwicklung alle vier Wochen durch den Gynäkologen
Im Falle einer manifesten Hyperthyreose:
- Bei Tachykardie: Gabe von Betablockern möglich
- 1. Trimenon (Schwangerschaftsdrittel): Propylthiouracil (PTU)
- 2. + 3. Trimenon: Thiamazol (Beachte: Thiamazol ist im 1. Trimenon embryotoxisch!)
- Fetales Missbildungsrisiko ist bei adäquater Therapie nicht erhöht.
- Stillzeit: PTU; Cave (Achtung!): Hypothyreose (Schilddrüsenuntersuchung) der Mutter
Beachte: Auf die in der Schwangerschaft indizierte Jodidgabe muss verzichtet werden!
Literatur
- Smith TJ et al.: Teprotumumab for Thyroid-Associated Ophthalmopathy. N Engl J Med 2017; 376:1748-1761 May 4, 2017 doi: 10.1056/NEJMoa1614949