Rückenschmerzen – Prävention
Zur Prävention der Rückenschmerzen muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.
Biographische Ursachen
- Berufe
- Schwerarbeit – Tätigkeiten wie Baugewerbe, das Heben schwerer Lasten.
- Lang andauernde Einwirkungen von Vibrationen – Tätigkeiten mit Stampfern oder Bohrern.
- Sitzende Tätigkeiten – Büroangestellte mit langer Verweildauer in einer Position.
- Erhöhte Kraftanstrengung – Arbeiten mit körperlicher Überbeanspruchung.
- Ungünstige Körperhaltungen – Berufe wie Bodenleger, Friseure oder Uhrmacher.
- Wiederholte Bewegungen – Fließbandarbeiten ohne ergonomische Anpassungen.
Verhaltensbedingte Risikofaktoren
- Ernährung
- Mikronährstoffmangel – Fehlende Versorgung mit Calcium, Magnesium und Vitamin D erhöht das Risiko für Muskelschwäche und Knochenbrüche.
- Übermäßige Kalorienzufuhr – Fördert Übergewicht, was die Belastung der Wirbelsäule verstärkt.
- Genussmittelkonsum
- Alkohol [2] – Chronischer Konsum beeinträchtigt die Muskelregeneration und hemmt die Aufnahme essenzieller Mikronährstoffe wie Calcium und Magnesium, was die Stabilität des Knochengerüsts negativ beeinflusst. Zusätzlich fördert Alkohol Entzündungsprozesse, die Rückenschmerzen verschlimmern können.
- Tabak (Rauchen)
- Fördert degenerative Bandscheibenprozesse – Rauchen reduziert die Durchblutung der Bandscheiben, was zu einer verminderten Nährstoffversorgung und einer beschleunigten Degeneration führt.
- Beeinträchtigt die Knochenheilung – Die geringere Sauerstoffzufuhr kann die Regeneration von Knochen und Gewebe verzögern.
- Erhöht die Entzündungsneigung – Chronische Entzündungen durch Rauchen können Rückenschmerzen verstärken und die Regeneration beeinträchtigen.
- Körperliche Aktivität
- Bewegungsmangel – Führt zu Muskelschwäche und instabiler Rumpfmuskulatur.
- Übermäßige sportliche Tätigkeit – Belastet die Wirbelsäule, insbesondere bei falscher Technik.
- Einseitige Belastungen – Lang andauerndes Sitzen oder monotone Arbeiten.
- Psycho-soziale Situation
- Stress und emotionale Belastungen – Verstärken die Schmerzempfindung und erhöhen das Risiko einer Chronifizierung.
- Depressive Neigungen – Fördern passive Schmerzverarbeitung und Schonverhalten.
- Übergewicht (Adipositas)
- BMI ≥ 25 – Erhöht den Druck auf die Wirbelsäule und begünstigt Bandscheibenverschleiß.
Medikamente
- Glucocorticoide – Risiko für osteoporotische Frakturen (Knochenbrüche durch Osteoporose) bei Langzeitgebrauch.
- Opiate – Rückenschmerzen bei Entzugserscheinungen.
- Analgetika (Schmerzmittel) – Können beim Absetzen zu Rückenschmerzen führen.
Umweltbelastungen
- Vergiftungen – Entzugserscheinungen bei Alkohol-, Opiat- oder Schmerzmittelmissbrauch können Schmerzen verstärken.
Weitere Risikofaktoren
- Schwangerschaft – Erhöhtes Risiko durch hormonelle Veränderungen und zusätzliche Belastung der Wirbelsäule.
- Ungünstige Schlafpositionen – Verstärken muskuläre Verspannungen und Rückenschmerzen.
Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)
Ergonomische Anpassungen
- Arbeitsplatzgestaltung – Ergonomische Sitzmöbel und Steh-Sitz-Arbeitsplätze.
- Heben schwerer Lasten – Techniken zur Vermeidung von Belastungen der Lendenwirbelsäule.
- Ruhiges Arbeiten – Vermeidung von Stress und Zwangshaltungen.
Regelmäßige Bewegung
- Stärkung der Rückenmuskulatur – Durch gezieltes Krafttraining und Übungen wie Yoga oder Pilates.
- Moderate Belastung – Regelmäßige sportliche Aktivität wie Schwimmen oder Nordic Walking.
Gewichtsmanagement
- Normalgewicht halten – Reduktion des Körpergewichts zur Entlastung der Wirbelsäule.
- Ernährungsumstellung – Ausgewogene Kost mit Mikronährstoffen wie Calcium und Vitamin D.
Stressmanagement
- Entspannungstechniken – Meditation oder progressive Muskelentspannung.
- Arbeitszeitmanagement – Vermeidung von Überstunden und Belastungsspitzen.
Sekundärprävention
Die Sekundärprävention richtet sich an Personen, die bereits an Rückenschmerzen leiden, um eine Chronifizierung zu vermeiden:
Früherkennung und Behandlung
- Ärztliche Abklärung bei länger andauernden Schmerzen zur Identifikation spezifischer Ursachen.
- Physiotherapie zur Förderung von Beweglichkeit und Schmerzreduktion.
Schmerzmanagement
- Multimodale Schmerztherapie – Kombination aus physikalischer Therapie, psychologischer Betreuung und medikamentöser Behandlung.
- Einsatz von Schmerzmitteln in niedrigster wirksamer Dosierung.
Individuelle Anpassungen
- Verbesserung der Körperhaltung und Bewegungsabläufe im Alltag.
- Einsatz orthopädischer Hilfsmittel bei Fehlstellungen.
Tertiärprävention
Die Tertiärprävention zielt darauf ab, die Lebensqualität bei chronischen Rückenschmerzen zu verbessern und Rezidive zu verhindern:
Langfristige Betreuung
- Regelmäßige Nachsorge durch Orthopäden oder Physiotherapeuten.
- Individuelles Rehabilitationsprogramm zur Stärkung der Muskulatur.
Nachhaltige Lebensstiländerungen
- Förderung eines aktiven Lebensstils mit moderater körperlicher Belastung.
- Aufklärung über ergonomische Anpassungen am Arbeitsplatz und zu Hause.
Psychologische Unterstützung
- Psychotherapie oder kognitive Verhaltenstherapie bei psychosozialen Belastungen.
- Stressbewältigungstraining zur Verbesserung der Lebensqualität.
Chronifizierungsrisiken für unspezifische Rückenschmerzen (modifiziert nach [1])
- Psychosoziale Situation (psychosoziale Risikofaktoren; Evidenzgrad (EG), Level A)
- anhaltender Disstress im beruflichen und privaten Alltag
- verstärkte Neigung zur depressiven Verarbeitung von seelischen Belastungen
- passives Schon- und Vermeidungsverhalten (Schmerzverarbeitung über Fear-Avoidance-Believes, FAB)
- Ausblenden von Schmerzen, um durchzuhalten
Literatur
- Greitemann B, DGRW-Update (DGRW, Deutsche Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften) vom März 2012, Universität Hamburg
- Ferreira PH, Pinheiro MB, Machado GC, et al.: Is alcohol intake associated with low back pain? A systematic review of observational studies. Man Ther 2013;18(3):183-90. doi: 10.1016/j.math.2012.10.007.
Leitlinien
- S1-Leitlinie: Körperlicher Belastungen des Rückens durch Lastenhandhabung und Zwangshaltungen im Arbeitsprozess. (AWMF-Registernummer: 002 - 029), November 2013 Langfassung
- S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz: Nicht-spezifischer Kreuzschmerz (AWMF-Registernummer: nvl-007), Dezember 2017 Kurzfassung Langfassung
- S3-Leitlinie: Rückenschmerz bei Kindern und Jugendlichen. (AWMF-Registernummer: 027 - 070), Dezember 2021 Langfassung
- S2k-Leitlinie: Spezifischer Kreuzschmerz. (AWMF-Registernummer: 187-059), April 2024 Langfassung