Rückenschmerzen – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Rückenschmerzen bzw. des Kreuzschmerzes dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie häufig Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenerkrankungen (z. B. Bandscheibenvorfälle, Skoliose)?
  • Sind in Ihrer Familie entzündliche Erkrankungen wie Morbus Bechterew bekannt?

Soziale Anamnese

  • Welchen Beruf üben Sie aus? Gibt es körperlich belastende Tätigkeiten (z. B. schweres Heben, langes Sitzen, monotone Bewegungen)?
  • Treten die Beschwerden vermehrt während oder nach der Arbeit auf?
  • Gibt es Hinweise auf psychosoziale Belastungen (z. B. Stress, familiäre Konflikte)?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Wo sind die Schmerzen lokalisiert (z. B. Lendenwirbelsäule, Brustwirbelsäule, Halswirbelsäule)?
  • Wie lange haben Sie schon Rückenschmerzen?
  • Wie stark sind die Schmerzen auf einer Skala von 1 bis 10?
    • 0-2: kein/kaum Schmerz
    • 3-4: bei Ablenkung ist der Schmerz nicht mehr im Mittelpunkt
    • 5-6: Schmerz behindert Gehen, Ein- und Durchschlafen
    • 7-8: Bedürfnis sich hinzulegen, Ablenkung nicht mehr möglich, gesamtes Denken kreist um den Schmerz
    • 9-10: unaushaltbare, fürchterliche Schmerzen, der Patient "möchte schreien" oder schreit tatsächlich
  • Wie haben die Schmerzen begonnen?
    • Plötzlich nach einer Anstrengung einsetzend?
    • Langsam zunehmend bzw. fortschreitend nach vorhergehenden Kreuzschmerzen?
    • Nach einer Fehlbewegung?
    • Nach einem Unfall?
  • Wobei verändern sich die Schmerzen, bzw. nehmen zu oder ab?
    • Sind die Schmerzen verstärkt beim Husten und Niesen? (diskogener Schmerz)
      • Gehen?
      • Stehen?
      • Sitzen?
      • Liegen?
  • Sind Ihre Schmerzen belastungsunabhängig (= Ruheschmerz)? 
  • Haben Sie tageszeitliche Unterschiede in der Schmerzintensität?
    • Tagsüber mehr Schmerzen als nachts?
    • Tagsüber und nachts gleichermaßen viele Schmerzen?
  • Strahlen die Schmerzen aus?
  • Haben Sie einen Dauerschmerz?
  • Haben Sie eine Bewegungseinschränkung?
  • Haben Sie Sensibilitätsstörungen/Gefühlsstörungen?
  • Haben Sie Lähmungserscheinungen bemerkt?*
    • Extremitäten*?
    • Blasen- und Mastdarmstörungen*?
  • Haben Sie begleitende Symptome wie Fieber oder allgemeines Krankheitsgefühl?

Um die Schmerzen genauer zu verstehen, wird in der Regel ein Schmerztagebuch angelegt, welches vom Patienten geführt werden muss.
Dadurch gewinnt der Arzt wertvolle Erkenntnisse über Art und Auftreten des Schmerzes, die bei der genauen Diagnosestellung hilfreich sein können.

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Sind Sie übergewichtig? Bitte geben Sie Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
  • Bewegen Sie sich täglich ausreichend?
  • Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen pro Tag?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk und in welcher Menge?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche und wie häufig?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Leiden Sie an bekannten Knochen-/Gelenkerkrankungen (z. B. Osteoporose, Arthrose)?
    • Sind bei Ihnen Wirbelsäulenerkrankungen bekannt (z. B. Bandscheibenprolaps/Bandscheibenvorfall, osteoporotische Kompressionsfraktur, Skoliose)?
    • Haben Sie extravertebragene („nicht direkt von der Wirbelsäule ausgehende“) Rückenschmerzen?
      • abdominale und viszerale Prozesse (z. B. Cholezystitis (Gallenblasenentzündung), Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung))
      • Gefäßveränderungen (z. B. Aortenaneurysma/Wandaussackung der Hauptschlagader)
      • gynäkologische Erkrankungen (z. B. Endometriose)
      • neurologische Erkrankungen (z. B. Polyneuropathien/Erkrankungen des peripheren Nervensystems, die mehrere Nerven betreffen)
      • psychosomatische und psychiatrische Erkrankungen
      • urologische Erkrankungen (z. B. Urolithiasis (Harnsteinleiden), Nephrolithiasis (Nierensteine))
  • Operationen und Verletzungen:
    • Hatten Sie Operationen an der Wirbelsäule oder Knochenbrüche im Rückenbereich?
    • Hatten Sie Unfälle (z. B. Schleudertrauma, Sturz)?
  • Allergien:
    • Haben Sie Allergien gegen Medikamente oder andere Substanzen?

 Medikamentenanamnese

  • Analgetika (Schmerzmittel) – beim Entzug von Analgetika
  • α4β7-Integrin-Antagonist (Vedolizumab)
  • Glucocorticoide – osteoporotische Frakturen (Knochenbrüche durch Knochenschwund)
  • Opiate – beim Entzug von Opiaten

Achtung!
Drei Monate oder länger systemische Glucocorticoidtherapie erhöht das Osteoporoserisiko um 30-50 %. Bei einer Therapie mit Dosieraerosolen, wie beispielsweise beim Asthma bronchiale, tritt diese Nebenwirkung nicht auf.

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.