Knieprothese
Bei der Implantation einer Knieprothese oder Kniegelenksprothese (Synonyme: Kniegelenksendoprothese, Kniegelenkstotalendoprothese (KTE, KTEP), Totale Endoprothese des Knies (Knie-TEP), Totalendoprothese (TEP), Oberflächenprothese, Kunstkniegelenk; künstliches Kniegelenk) handelt es sich um ein therapeutisch operatives Verfahren der Orthopädie, welches zur Korrektur eines Funktionsverlustes beziehungsweise einer Funktionseinschränkung des Kniegelenks eingesetzt wird.
Der Einsatz eines künstlichen Kniegelenkes erfolgt insbesondere bei Patienten, bei denen eine Arthrose (Gelenkverschleiß) diagnostiziert wurde, die zu fehlender Mobilität führt und häufig mit dem Vorhandensein eines Schmerzreizes im Kniegelenk assoziiert ist. Neben der Arthrose gibt es verschiedene Faktoren, die eine massive Schädigung des Kniegelenks hervorrufen, sodass eine konservative Therapie mit Medikamentengabe zur Schmerzlinderung oder eine Arthroskopie (Gelenkspiegelung mithilfe eines Endoskops) nicht als ausreichend angesehen werden kann. Als schädigende Faktoren des Kniegelenks lassen sich unter anderem eine degenerative Arthrose, eine rheumatoide Arthritis (chronisch entzündliche Multisystemerkrankung, die sich meist in Form einer Synovialitis (Gelenkinnenhautentzündung) manifestiert), eine bakterielle Arthritis, eine Arthritis nach Unfall, eine Knochenfraktur (Knochenbruch) in unmittelbarer Nähe zum Kniegelenk, eine Deformation des Kniegelenks oder eine Fehlstellung des Skelettapparates nennen. Neben den Symptomen Schmerz und Mobilitätsverlust kann es jedoch auch in Abhängigkeit vom auslösenden Faktor zu einer kompletten Versteifung des Kniegelenkes kommen.
Ist als therapeutische Maßnahme die Implantation eines Kniegelenkes angezeigt, können verschiedene Operationstechniken und Prothesetypen eingesetzt werden. Grundsätzlich lassen sich zwei Prothesetypen unterscheiden. Es besteht die Möglichkeit, die beschädigten Areale des Gelenks in Form einer Teilprothese, der sogenannten Schlittenprothese, oder mittels einer Komplettprothese, die als "Totale Endoprothese" (Knie-TEP) bezeichnet wird, das gesamte Kniegelenk zu ersetzen. In der Regel erfolgt jedoch keine Erneuerung der Gelenkfläche der Patella (Rückseite der Kniescheibe).
Beachte: Bei der Indikationsstellung zum endoprothetischen Knieersatz ist das Timing der Operation für den Nutzen ein wesentlicher Faktor. Bei einer zu früh erfolgten Operation sind die möglicherweise nur leichten Verbesserungen gegenüber den möglichen Komplikationen abzuwägen; bei einer zu späten Operation ist die körperliche Beweglichkeit möglicherweise schon länger eingeschränkt gewesen und zusätzliche chronische Erkrankungen erhöhen das Risiko der Operation.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Degenerative Arthrose – alters- oder belastungsbedingt ist eine Schädigung des gesamten Kniegelenkes möglich. Die Arthrose ist die häufigste Indikation für die Durchführung einer Knieprothese. Die Knieprothese sollte jedoch nicht als erste Therapie der Wahl genannt werden, da das Therapieverfahren erst bei fehlendem Erfolg nicht invasiver Methoden angewendet werden sollte. Des Weiteren müssen beim Patienten heftige invalidisierende Schmerzen (= Mobilitätsverhinderung) mit einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität vorliegen. Prinzipiell sollte bei Therapiebeginn bereits das 60. Lebensjahr erreicht worden sein.
- Rheumatoide Arthritis – diese Autoimmunerkrankung beruht auf der fehlenden Eigenerkennung des Immunsystems, was zur Folge hat, dass Antikörper körpereigene Strukturen angreifen und zerstören, sodass sich beispielsweise Entzündungen des Gelenks mit Knorpelschädigung entwickeln können.
- Posttraumatische Arthritis – auch als Unfallfolge kann es aufgrund verschiedener Faktoren zu einer massiven Gelenkentzündung (Arthritis nach Unfall) kommen.
- Symptomatische Knieinstabilität – durch Schädigungen des Bandapparates kann sich beim betroffenen Patienten die Verletzungsgefahr deutlich erhöhen.
- Knieversteifung – die Versteifung eines Gelenkes kann verschiedene Ursachen haben. Vor wenigen Jahrzehnten stellte die Versteifung eines Gelenkes eine gängige Therapiemethode dar. Ist die Versteifung jedoch zum Beispiel durch einen Unfall entstanden, so kann eine Rekonstruktion der Beweglichkeit des Gelenks erfolgen.
- Deformationen des Kniegelenks – angeborene Defekte der Stellung oder Ausbildung des Kniegelenks können durch die Implantation einer Knieprothese korrigiert werden.
Gemäß der Sk2-Leitlinie sind für die Indikationsstellung einer Knietotalendoprothese (Knie-TEP) folgende Definitionen festgelegt [s. u. Leitlinien]:
- Hauptkriterien: dieses sind Mindestvoraussetzungen für die Indikationsstellung, die im Normalfall erfüllt sein müssen. Mögliche Hauptkriterien für die Indikation zur Knie-TEP sind:
- Gonalgie (Knieschmerzen; Dauer mindestens 3 bis 6 Monate; mehrfach wöchentlich intermittierend auftretender oder kontinuierlicher Schmerz), Nachweis eines Strukturschadens (Arthrose, Osteonekrose; Nachweis radiologisch), Versagen konservativer Therapiemaßnahmen, auf die Kniegelenkerkrankung bezogene Einschränkung der Lebensqualität und subjektiver Leidensdruck
- Nebenkriterien: diese können die Empfehlung für die Knie-TEP verstärken, sind jedoch nicht zwingend für die Indikationsstellung notwendig. Mögliche Nebenkriterien sind:
- Einschränkung der Gehstrecke und bei langem Stehen, Instabilität des Kniegelenks ECC
- Risikofaktoren: diese schwächen die Empfehlung für die Knie-TEP ab, da diese mit einem erhöhten Komplikationsprofil und/oder einem potentiell schlechten patientenrelevanten Ergebnis assoziiert sind.
- Absolute Kontraindikationen verbieten die Knie-TEP. Absolute Kontraindikation für eine Knie-TEP sind floride Infektionen im Kniegelenk
- Relative Kontraindikationen sprechen gegen die Knie-TEP, verbieten diese in begründeten Fällen jedoch nicht. Beispiele für relative Kontraindikationen sind sehr hoher BMI (≥ 40) und deutlich verkürzte Lebenserwartung aufgrund von Komorbiditäten (Begleiterkrankungen)
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Osteoporose: Der Verlust der Knochenfestigkeit bei Osteoporose erhöht das Risiko, dass sich die Prothese lockert, und kann zu weiterem Knochenverlust führen. (Risiko-Nutzen-Abwägung erforderlich)
- Aktive oder rezente Infektionen: Infektionen können das Risiko einer Protheseninfektion erhöhen.
- Schwerwiegende vaskuläre Erkrankungen: Schlechte Durchblutung in den Beinen kann die Heilung nach der Operation beeinträchtigen.
- Neurologische Erkrankungen: Beeinträchtigungen der Muskelkontrolle können den Erfolg einer Knie-TEP limitieren.
- Schwere Weichteilschäden: Beschädigungen der Muskeln und Bänder um das Knie können die Stabilität und Funktion des Gelenkersatzes beeinflussen.
- Schwere systemische Erkrankungen: Solche Erkrankungen können das Risiko von Komplikationen erhöhen.
- Allergien gegen Prothesenmaterialien: Allergien gegen Materialien wie Nickel oder Chrom können Probleme verursachen.
- Psychische Erkrankungen: Bestimmte psychische Zustände können Rehabilitation und Ergebnis beeinträchtigen.
- Drogen- oder Alkoholmissbrauch: Dies kann die Genesung und die Einhaltung der Rehabilitation negativ beeinflussen.
- Unzureichende Compliance oder fehlende Motivation zur Rehabilitation: Eine aktive Teilnahme an der Rehabilitation ist für den Erfolg der Operation entscheidend.
- Extremes Übergewicht: Übergewicht erhöht das Risiko für Komplikationen und kann die Haltbarkeit der Prothese beeinträchtigen.
Vor der Operation
- Der Bedarf eines Patienten für eine Knieprothese ist vom behandelnden Arzt sowohl durch eine Anamnese (Arzt-Patienten-Gespräch) als auch durch eine präzise körperliche Untersuchung festzustellen. Zur Festlegung des weiteren Vorgehens sollten bildgebende Verfahren wie eine Röntgenuntersuchung, eine Sonographie, eine Computertomographie (CT; CT Knie) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT; MRT Knie) je nach Notwendigkeit durchgeführt werden.
- Mit einer exakten Beinvermessung inkl. Beinganzaufnahmen werden Achskorrekturen vorher geplant und eine genaue Größenbestimmung der Prothese vorgenommen.
- Im Verdachtsfall sollte eine Autoimmunerkrankung wie die rheumatoide Arthritis durch eine Antikörperbestimmung im Blut oder in einer Biopsie ausgeschlossen werden.
- Vor dem geplanten Einsetzen einer Knieendoprothese sollte sich der behandelnde Arzt bei älteren Patienten darüber im Klaren sein, ob eine Osteoporose vorliegt. Im Zweifelsfall sollte eine Osteodensitometrie (Knochendichtemessung) durchgeführt werden.
Das Gesamtrisiko bei Osteoporosepatienten für intra- und postoperative Komplikationen, insbesondere für periprothetische Frakturen (Knochenbrüche), ist signifikant erhöht. Ggf. sollte bei Osteoporosepatienten mit Arthrose eine systemische Therapie mit Bisphosphonaten erfolgen. - Um eine Belastung der Prothese nach der Operation zu senken und die Lebens- und somit die Verweildauer der implantierten Knieprothese zu verlängern, sollte der Patient vor dem Eingriff bei gegebener Notwendigkeit eine Diät durchführen. Allerdings ist die Gewichtsabnahme erschwert, da der Patient in der Regel nicht mehr zu körperlicher Betätigung in der Lage ist. Aufgrund dessen ist die Verbesserung des Fitnesszustandes schwer zu erreichen.
- Neben der Vorbereitung und der Durchführung des operativen Eingriffes ist der Erfolg des Eingriffes laut diverser wissenschaftlicher Studien neben der Liegezeit des Patienten von weiteren Faktoren abhängig. Je besser der Allgemeinzustand des Patienten ist, umso geringer ist das Risiko von Komplikationen. Doch auch die muskuläre Belastbarkeit ist als wichtige Komponente in der Funktion des implantierten Gelenkes zu bewerten. Durch gezieltes Muskelaufbautraining lässt sich das Risiko minimieren, dass sich die Gelenkfunktion nicht relevant verbessert. Das Training sollte soweit möglich durch einen Physiotherapeuten oder einen Sportmediziner angeleitet werden.
- Neben der Reduktion des Gewichts ist es außerdem unerlässlich, dass der behandelnde Facharzt sowohl über die Medikamenteneinnahme und chronische Krankheiten wie Diabetes mellitus oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen informiert ist. Das Gleiche gilt für bestehende Allergien oder akute Infektionen.
- Aus infektiologischer Sicht ist es als besonders wichtig zu erachten, dass die Liegezeit des Patienten vor der Operation möglichst gering ist, um so das Risiko einer Infektion zu minimieren.
- In vielen Fällen müssen Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen, beispielsweise ASS, vor einer Operation abgesetzt werden.
Hinweise zur Anästhesie ("Betäubung")
- Die periartikuläre (um das Gelenk herum") Injektion von Analgetika (Schmerzmittel) hat bei Knie-TEP-Operationen (s. u.) mehrere Vorteile gegenüber der Periduralanalgesie (PDA): Der Patient hat weniger postoperative Schmerzen, eine frühere Erholung der Knieflexion (Kniebeugung) und weniger Übelkeit. Der einzige Malus sind relativ häufig vorübergehende Peronaeusparesen/Lähmung des Wadenbeinnervs (12 % versus 2 % bei PDA) [6].
- Die intravenöse Verabreichung von Dexamethason (0,1 mg/kg Dexamethason) 15 Minuten vor und 24 Stunden nach einer Knie-TEP-Operation war in einer randomisierten kontrollierten Studie mit deutlich reduzierten postoperativen Schmerzen verbunden. Des Weiteren konnten in der Interventionsgruppe signifikant Opioide und Antiemetika eingespart werden [24].
Hinweis: Gesetzlich versicherte Patienten haben seit 2021 vor einer Erstimplantation, einer totalen oder partiellen Knieendoprothese sowie vor einer Revisionsoperation die Möglichkeit, eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen.
Das Operationsverfahren
Die Implantation einer Knieprothese zählt zu den endoprothetischen Verfahren. Wie bereits beschrieben, lassen sich verschiedene Prothesetypen unterscheiden. Knieprothesen werden primär nach ihrem Kopplungsgrad eingeteilt. Der Kopplungsgrad ist abhängig von dem Verlust der Funktionalität des physiologischen Bandapparats im Kniegelenk. Je größer der zu kompensierende Schaden, der vom Implantat übernommen werden muss, desto höher ist der Kopplungsgrad der Prothese. Für die Implantation eines Kniegelenkes, unabhängig vom Prothesentyp, ist die Kenntnis über die anatomischen Funktionsprinzipien unabdingbar, da das Implantat so natürlich wie möglich die physiologischen Funktionen aufrechterhalten soll. Das Kniegelenk selbst stellt ein Roll-Gleit-Gelenk dar, bei dem während des normalen Ganges der Unterschenkel um den Oberschenkelknochen rotiert. Neben der Rotation erfolgt eine Gleitbewegung der beteiligten Knochenanteile. Aufgrund dessen stellt sich die Kniekinematik (Bewegungslehre) als komplex dar, was zur Folge hat, dass der exakte Erhalt der physiologischen Funktionalität nicht vollständig erreicht werden kann.
Die Einteilung der Implantationsverfahren der verschiedenen Prothesetypen
Teilprothesen
- Mediale Schlittenprothese – bei der medialen Schlittenprothese handelt es sich um ein relativ schonendes Verfahren, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass die intakten Kniegelenksbestandteile nicht entfernt und ersetzt werden. Insbesondere durch den Erhalt der Kreuzbänder wird es möglich, die physiologische Kniefunktion beinahe vollständig wiederherzustellen. Die wenig invasive Implantation einer Schlittenprothese führt zu einer, im Vergleich zu anderen Implantationsverfahren, mindestens gleichwertigen Schmerzminderung. Des Weiteren ist die Schlittenprothese dadurch gekennzeichnet, dass der Bewegungsumfang der physiologischen Funktion näher kommt, als es bei einer Implantation des totalen Oberflächenersatzes möglich wäre. Außerdem konnte in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass unter anderem als Resultat des geringeren Blutverlustes eine Reduktion des Risikos sowohl für intraoperative als auch postoperative Komplikationen (während und nach dem Eingriff) erreicht werden kann. Somit muss auch seltener eine Bluttransfusion erfolgen, die ebenfalls mit Risiken behaftet ist. Zusätzlich ist die Rehabilitationsphase relevant kürzer als bei einer Knie-TEP. Als entscheidender Nachteil des Verfahrens ist jedoch anzuführen, dass die mittel- bis langfristigen Revisionsraten generell höher liegen als beim totalen Gelenkersatz. Von entscheidender Bedeutung für den Therapieerfolg ist die korrekte Durchführung der Operationstechnik. Nur wenn absolut präzise gearbeitet wird, kann eine Wiedergewinnung der physiologischen Gelenkfunktion erreicht werden. Ist dies jedoch der Fall, kann die Synergie aus erhaltenen Gelenkkompartimenten und neu eingesetzten Bestandteilen optimiert werden.
- Uniknie – beim vollständigen Erhalt aller Bänder des Kniegelenkes, insbesondere der Kreuzbänder, wird dieses Verfahren eingesetzt. Bei einem vorliegenden Schaden an einem der beiden Kondylen (knöcherner Bestandteil des Kniegelenks) und der Funktionstüchtigkeit der Bänder stellt dieses Verfahren eine wenig invasive Methode zur Mobilitätserhaltung dar.
- Bikondyläre Primärprothese – dieses Verfahren kann genutzt werden, wenn die Voraussetzung gegeben ist, dass das vordere Kreuzband nicht mehr intakt ist, die weiteren Bänder aber adäquat funktionsfähig sind. Grundprinzip des Verfahrens ist der Ersatz der Gelenkflächen sowohl am Femur (Oberschenkelknochen) als auch an der Tibia (Schienbein). Außerdem müssen die Menisken, die ebenfalls Teil des Gelenks sind, entfernt werden. Je nach Implantationssystem ist es möglich, das Verfahren auch bei einem intakten vorderen Kreuzband zu nutzen, ohne dass eine Schädigung erfolgt.
- Posterior stabilisierte Prothese – bei fehlendem Erhalt der Funktion des hinteren und vorderen Kreuzbandes kann die posterior stabilisierte Prothese implantiert werden. Das Prinzip des Verfahrens beruht auf der Eigenschaft der Prothese, die Funktionen der Kreuzbänder zu übernehmen und so bewirkt wird, dass die Tibia bei zunehmender Beugung nach vorn gleitet oder der Oberschenkelknochen nach hinten gleitet.
Vollprothesen
- Knie-TEP – beim Einsatz der Totalprothese erfolgt die Entfernung der beteiligten Gelenkflächen, indem die gesamte Verbindung von Femur und Tibia operativ entfernt und im Anschluss erneuert wird. Das einfachste Verfahren der Totalendoprothese ist die Implantation einer Oberflächenprothese. Bei der Durchführung des Verfahrens erfolgt die Entfernung der beschädigten Knorpelflächen der Tibia und des Femurs, bei der jedoch auch Teile der Oberfläche des knöchernen Bestandteils des Kniegelenks entfernt werden. Die so entstehenden freiliegenden Knochenflächen können zur Anpassung an die Prothese entsprechend geformt werden, um einen optimalen Sitz gewährleisten zu können. Erst nach erfolgter Anpassung wird die Prothese an den beiden Knochen befestigt. Durch die Prothesenverankerung in beiden Knochen ist das Risiko einer Lockerung des Implantats niedriger als beispielsweise bei der medialen Schlittenprothese. Dennoch ist bei keinem Prothesenmodell eine vollständige Verhinderung der Lockerung möglich.
Siehe auch unter "Weitere Hinweise": "Metaanalyse wg. Entscheidung zu einer Knieteil- oder -vollprothese".
Anästhesieverfahren: Allgemeinanästhesie (Vollnarkose) oder Spinalanästhesie (rückenmarknahe Form der Regionalanästhesie)
Operationsdauer: ca. 60-120 Minuten
Nach der Operation
Nach dem Eingriff sollte mit Hilfestellung eines Physiotherapeuten eine sofortige Mobilisation des Patienten mit voller Belastung des operierten Knies erfolgen.
Postoperativ sind Schmerzen und Schwellungen sehr häufig möglich, sodass eine schmerzlindernde Therapie notwendig ist. Außerdem sollte möglichst früh mit einer leichten Trainingsbelastung der Prothese begonnen werden. Durch Training kann auch das Gewicht gesenkt werden, was später die Belastung der Prothese signifikant reduzieren und so die Verweildauer der Prothese verlängern kann.
Zur physikalischen und medikamentösen Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE) s. u. Lungenembolie/Prävention/Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE).
Hinweis: Gemäß einer retrospektiven Kohortenstudie ist Acetylsalicylsäure (ASS) in der Thromboembolieprophylaxe im Vergleich zu Antikoagulantien (Gerinnungshemmer) gleichwertig (1,16 % versus 1,42 %): adjustierte Odds-Ratio 0,85 mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,68 bis 1,07 [13]. Eine Metaanalyse mit über 6,000 Patienten bestätigt, dass die orale Gabe von Acetylsalicylsäure ausreicht, um Beinvenenthrombosen und Lungenembolien wirksam zu verhindern [19].
Zur Verminderung der postoperativen Schmerzen haben sich zur Einsparung der Opioiddosis nicht pharmakologischen Behandlungen wie Elektrotherapie und Akupunktur bewährt. Die Elektrotherapie senkte die Opioiddosis im Mittel um 3,50 Morphin-Äquivalente in Milligramm pro Kilogramm über 48 Stunden; Akupunktur verzögerte den Zeitpunkt bis zur ersten Opiatgabe (patientenkontrollierte Analgesie) um im Mittel 46,17 Minuten. Kryo- und Physiotherapie führten nur zu einer geringfügigen Schmerzlinderung [11].
Wenn zusätzlich zur Physiotherapie auch eine passive Bewegungsschiene (CPM-Schiene; engl. Continuous passive Motion) zur passiven (motorbetriebenen) Bewegung des künstlichen Kniegelenks eingesetzt wird, erhöht dieses den Bewegungsumfang [12].
Eine Fahrtauglichkeit ist im Regelfall erst sechs Wochen nach Implantation einer Knieprothese erreicht. Die für einen Bremsvorgang notwendige intakte Reaktionszeit auf den Bremsreiz (BRT) sowie Kraft, das Bremspedal ausreichend zu betätigen, Bremspedalkraft (BPF), liegt dann vor [22].
Mögliche Komplikationen
- Narkose – der Eingriff wird unter Vollnarkose oder nach Durchführung einer Spinalanästhesie durchgeführt, woraus sich verschiedene Risiken ergeben. Bei einer Vollnarkose können unter anderem Übelkeit und Erbrechen, Zahnschädigungen und möglicherweise auch Herzrhythmusstörungen auftreten. Auch die Kreislaufinstabilität ist eine gefürchtete Komplikation der Vollnarkose. Dennoch ist die Vollnarkose als komplikationsarmes Verfahren zu bewerten.
Die Spinalanästhesie ist ebenfalls relativ komplikationsarm, aber auch bei dieser Methode können Komplikationen auftreten. Eine Verletzung von Gewebe, beispielsweise von Nervenfasern, könnte zu einer lang andauernden Beeinträchtigung der Lebensqualität führen.- Das Risiko einer periprothetischen Gelenkinfektion (PJI) ist in den ersten drei Monaten nach dem operativen Eingriff am höchsten – verursacht vor allem von gram-positiven Erregern wie Enterobacter-Bakterien [26].
- Aktive Raucher haben öfter mit Wundkomplikationen zu kämpfen. Tiefe Wundinfektionen traten bei Rauchern doppelt so häufig auf [9].
- Infektionen – die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von bakteriellen Infektionen ist von verschiedenen Faktoren wie zum Beispiel der präoperativen Liegedauer und dem Alter abhängig. Durch Infektionen können weitreichende Komplikationen entstehen, die bis zu einer Sepsis (Blutvergiftung) führen können.
- Blutverlust – trotz relativ schonender Operationstechniken besteht die Gefahr, einen relativ starken Blutverlust kompensieren zu müssen.
- Schwellungen
- Schmerzen – ca. 20 % der Patienten klagen nach dem Eingriff über persistierende Beschwerden: mögliche Ursachen: Instabilität oder eine periprothetische Infektion (Beachte: Bei Verdacht auf eine periprothetische Infektion ist eine Kniegelenkspunktion immer erforderlich.)
- Myokardinfarkt (Herzinfarkt) – im ersten postoperativen Monat nach dem Eingriff war das Infarktrisiko um den Faktor 8,75 höher; während des gesamten ersten halben Jahres nach der totalen Kniearthroplastik war es erhöht, danach verschwand die Differenz zur Kontrollgruppe [10]
- Patellafraktur (Kniescheibenbruch) – bei Patienten mit starker Genua vara (O-Bein) und Knieendoprothese (Kniegelenksprothese); Ursachen: wg. Korrektur der Achsenstellung und/oder mögliche Devaskularisation der Patella (Kniescheibe) während der Weichteilmobilisation mit Resektion des Fettkörpers [14].
- Mortalität (Sterberate) 0,25 %; bei Teilprothese ist die Mortalität um 68 % geringer [7]
Weitere Hinweise
- Für die Knie-TEP-Gruppe konnte nachgewiesen werden, dass das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse um signifikant 7 % geringer war [8].
- 8 von 10 Knieprothesen haben heutzutage eine Haltbarkeit von ≥ 25 Jahren [15].
- Metaanalyse wg. Entscheidung zu einer Knieteil- oder -vollprothese: Eine Knieteilprothese ist bezüglich der Dauer des Klinikaufenthaltes, der Komplikationsrate oder der Mortalität (Sterberate) vorteilhafter; Revisionsoperationen sind nach einem Totalersatz deutlich seltener [16].
- Unikompartimentelle Gelenkersatz (UKE) bei isolierter medialer Arthrose des Kniegelenks funktionell versus Totalendoprothese (TEP):
Die UKE-Gruppe war sowohl im 2-Minuten-Gehtest als auch im Timed-up-and-go-Test kurzfristig im Vorteil. Dieser Unterschied war allerdings ein Jahr bzw. sechs Monate nach dem Eingriff nicht mehr signifikant [23]. - Patienten mit isolierter medialer Gonarthrose zeigten nach 5 Jahren unabhängig vom Prothesentyp (Teil- bzw. Vollendoprothese) keinen Unterschied im Hinblick auf das klinische Outcome (auf Grundlage des Oxford-Knee-Score). Bei der Patientenzufriedenheit zeigte sich allerdings ein Vorteil für die Teilendoprothese [17].
- 6 von 10 Knieprothesen haben heutzutage eine Haltbarkeit von ≥ 25 Jahren [14].
- Die Ergebnisse eines Umbrella-Reviews (Überprüfung systematischer Überprüfungen oder Metaanalysen) ergab für die Knie-TEP bei Arthrose im fortgeschrittenen Stadium, dass sich die Leitlinien auf retrospektive Beobachtungsstudien und Expertenkonsens berufen [20].
- Knie-TEP und wieder hinknien (bei: kreuzbanderhaltender zementierter Knie-TEP ohne Patella-Resurfacing): Jeder zweite Patient mit einem Durchschnittsalter von 70 Jahren war ein Jahr nach dem Eingriff nicht in der Lage, auf beiden Beinen zu knien; maximale Beugung bei der Gelenke schafften 68 % nicht [21].
- Knieprothese und Sport:
- Fahrradfahren sowie Low-Impact-Aktivitäten wie Schwimmen, Wandern, Nordic Walking, Bowling gelten als unproblematische Aktivitäten.
- Bei Intermediate-Impact-Sportarten wie Bergwandern, Golfen, Ski alpin oder Tennis sollten besser sechs Monate abgewartet werden.
- Knie-TEP und Knirschen/Knacken: Subjektiv wahrgenommene Geräusche aus dem Kunstgelenk waren ein bis zwei Jahre nach dem Eingriff noch deutlich häufiger als drei bis vier Jahre danach [26].
Literatur
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