Pansinusoperation

Bei der Pansinusoperation handelt es sich um ein operativ therapeutisches Verfahren der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, welches zur Behandlung einer gleichzeitigen Entzündung aller Nasennebenhöhlen eingesetzt werden kann. Die Pansinusoperation stellt ein minimal-invasives chirurgisches Verfahren dar, sodass für den Patienten eine verhältnismäßig geringe Belastung peri- und postoperativ (während und nach der Operation) vorliegt. Aufgrund dessen ist die Regenerationsphase nach der Operation relativ kurz.

Zu den Nasennebenhöhlen werden die Stirnhöhlen (Sinus frontalis), die Kieferhöhlen (Sinus maxillaris), die Keilbeinhöhle (Sinus sphenoidalis) und die Siebbeinzellen (Sinus ethmoidalis) gezählt. Neben einer klassischen sich in den Nasennebenhöhlen ausbreitenden Infektion wird die Pansinusoperation auch bei anatomischen Fehlbildungen im Sinusareal genutzt. Anatomische Fehlbildungen können das Risiko für chronische Entzündungen im Bereich der Nasennebenhöhlen deutlich erhöhen. Neben diesen Fehlbildungen prädestinieren Verengungen, die beispielsweise durch Polypen (sichtbare Veränderung oder Vermehrung von Gewebe, die sowohl gut- als auch bösartig sein kann) oder Neoplasien (gut- oder bösartige Neubildungen mit variablem Krankheitsverlauf) hervorgerufen werden, für die Entstehung eines Entzündungsprozesses. Bei dieser Entzündung ist grundsätzlich eine Volumenzunahme des Gewebes feststellbar. Bei akuten Entzündungen wird diese durch eine Schwellung des Gewebes hervorgerufen, bei chronischen Prozessen führt die Abwehrreaktion des Körpers zu einer langfristigen Anpassungsreaktion. In Abhängigkeit vom Grund für die Entstehung der Pansinusitis ist es gegebenenfalls unausweichlich, eine operative Behandlung der konservativen Behandlung mit Antibiotika vorzuziehen. Bevor jedoch eine chirurgische Intervention erfolgt, sollte sichergestellt werden, dass die vorhandenen nicht operativen Maßnahmen zur Eliminierung des Entzündungsprozesses ausgeschöpft wurden. Neben einer Antibiotikatherapie sollten vom Patienten Antiphlogistika (entzündungshemmende Arzneimittel) und Cortison-Nasensprays als Therapiemaßnahmen genutzt werden. Wird die operative Therapie bei fehlender Wirkung der konservativen Maßnahmen jedoch zu spät eingesetzt, so können bereits Folgeerkrankungen im Larynxareal (Kehlkopfbereich) und an den Bronchien auftreten.

Zielsetzung einer Pansinusoperation

  • Entzündungen zu beseitigen: Bei gleichzeitiger Entzündung aller Nasennebenhöhlen, einschließlich der Stirn-, Kiefer-, Keilbein- und Siebbeinhöhlen, wird diese Operation eingesetzt, um die Entzündung effektiv zu bekämpfen.
  • Anatomische Fehlbildungen zu korrigieren: Anatomische Abweichungen, die das Risiko für chronische Sinusitis (Nebenhöhlenentzündung) erhöhen, können durch die Pansinusoperation korrigiert werden, um die normale Funktion der Nasennebenhöhlen wiederherzustellen.
  • Obstruktionen zu entfernen: Die Entfernung von Polypen oder Neoplasien (Neubildung), die zu Blockaden in den Nasennebenhöhlen führen, wird ebenfalls durch dieses Verfahren erreicht.
  • Komplikationen zu verhindern: Bei Ausbreitung der Entzündung auf kritische Bereiche wie die Orbita oder das Gehirn wird die Operation notwendig, um schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden.
  • Funktionelle Verbesserungen zu erreichen: Die Operation verbessert die Ventilation (Belüftung) und Drainage der Nasennebenhöhlen, was die Lebensqualität der Patienten erheblich steigert und die Häufigkeit von Infektionen reduziert.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Komplikationen akuter Entzündungen – geht eine Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung) auf die weiteren Sinusareale über, so stellt dies nicht unbedingt eine Indikation für eine Operation dar, weil die Möglichkeit der konservativen Behandlung besteht. Geht der entzündliche Prozess jedoch mit Entzündungskomplikationen einher, so liegt ein Bedarf für eine sofortige Operation vor.
  • Chronische Sinusinfektion – liegt eine dauerhafte Entzündung der Sinusareale vor, die sich medikamentös nicht mehr kontrollieren lässt und möglicherweise zu chronischen Entzündungen beziehungsweise Folgeerkrankungen an Kehlkopf und Bronchien führt, so muss eine baldige Pansinusoperation eingeleitet werden.
  • Mucocele oder Pyocele – liegt eine Bildung von Schleim- oder Eiterzysten vor, so stellt dies eine Indikation für die Pansinusoperation dar.
  • Ausweitung des Entzündungsareals – greift die vorliegende Entzündung auf die Orbita (Augenhöhle) oder das Gehirn über, so muss eine rasche Operation erfolgen, um Folgeschäden zu vermeiden.
  • Verletzungen der Schädelbasis mit Liquorrhoe (Hirnwasserausfluss)
  • Polypenbildung – durch die Entstehung sogenannter Polypen ist das Auftreten von Ventilationsstörungen relativ häufig, sodass die Polypen zur Verbesserung der Nasenatmung mittels Sinusoperation entfernt werden müssen. Neben dieser Atmungsbeeinträchtigung können die Polypen auch zu Riechstörungen (Dysosmie) führen oder eine Neigung zu einem Ohrtrompetenkatarrh (Entzündung der Schleimhäute, die mit einer verstärkten Flüssigkeitsabsonderung assoziiert ist) oder Otitis media (Mittelohrentzündung) verursachen.
  • Nasenbluten (Epistaxis) – bei unstillbarem Nasenbluten aus dem hinteren Siebbeinbereich stellt die Pansinusoperation die Behandlungsmöglichkeit der ersten Wahl dar.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Blutungsneigung – eine angeborene Blutungsneigung, die beispielsweise durch eine Hämophilie (vererbbare Blutgerinnungsstörung) bedingt sein kann, bedarf besonderer Vorsichtsmaßnahmen, um schwerwiegende peri- oder postoperative Komplikationen zu vermeiden. Sollte dennoch ein Risiko bestehen, so muss die Operation abgesagt werden.
  • Reduzierter Allgemeinzustand – da bei der Pansinusoperation eine Vollnarkose durchgeführt wird, muss der Patient körperlich in der Lage sein, diese zu kompensieren.

Vor der Operation

  • Das Absetzen von blutverdünnenden Medikamenten wie Acetylsalicylsäure (ASS) oder Marcumar sollte in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen. Durch das kurzzeitige Aussetzen der Medikamenteneinnahme wird das Risiko für Nachblutungen deutlich minimiert, ohne dass eine signifikante Risikozunahme für den Patienten besteht.
  • Medikamente, die zur Symptomlinderung vor der chirurgischen Intervention eingenommen wurden, dürfen nicht ohne Absprache mit dem behandelnden Arzt weiter eingenommen werden. Möglicherweise können sich die zur Nachbehandlung eingesetzten Arzneimittel und die vor der Operation eingenommen Medikamente gegenseitig negativ beeinflussen. Bei der Nachbehandlung werden weitere medikamentöse Maßnahmen ergriffen, um eine Reinfektion zu verhindern.

Das Operationsverfahren

Anatomische Eigenschaften und physiologische Funktion der Nasennebenhöhlen

  • Die Nasennebenhöhlen stellen lufthaltige und mit Schleimhaut ausgekleidete Hohlräume dar, die mit der Nase über ein Gangsystem verbunden sind. Aufgrund dessen besteht das Risiko, dass sich Entzündungsprozesse aus der Nase im gesamten Hohlraumnetzwerk der Nasennebenhöhlen ausbreiten.
  • Da die Ausführungsgänge jedoch nur über einen kleinen Umfang verfügen, können sich leicht Pathogene (Krankheitserreger) einnisten und so dauerhaft zu einer Entzündung führen. Die Nidation (Einnistung der Keime) und die hieraus resultierende Entzündung können zu einer behinderten Nasenatmung, chronischer Rhinitis (Schnupfen), Infektneigung, Kopfschmerzen und zusätzlich zu einer Störung des Geruchssinns führen.
  • Mithilfe der Operation wird das Ziel verfolgt, vorhandene Engstellen im nasalen Atmungstrakt zu erweitern und entzündungsbedingt veränderte Schleimhäute zu entnehmen.

Ablauf des Verfahrens

Bei fehlendem Erfolg der nicht operativen Maßnahmen liegt die Indikation (Anzeige) für die Durchführung der minimalinvasiven Abtragung aller vorhandenen Siebbeinzellen vor. Bei der operativen Entnahme ist jedoch zu beachten, dass besonders die vertikalen Lamellen (anatomische Stützstruktur) der mittleren und oberen Nasenmuschel geschont werden. Um eine adäquate Schonung der Lamellen zu erreichen, erfolgt der Eingriff unter Verwendung eines Endoskopes, welches mit oder ohne ein Mikroskop ausgestattet sein kann. Zu Beginn des Eingriffes wird zunächst eine anteriore Ethmoidektomie (Entfernung der Siebbeinzellen) mit Identifikation der Schädelbasis durchgeführt, sodass eine Stirnhöhleneröffnung möglich wird. Nach der Entfernung der Siebbeinzellen erfolgt in der Regel die Fensterung (fensterförmige Gewebeentfernung) und in einigen Fällen auch die gesamte Sanierung sowohl der Kiefer- und Stirnhöhle als auch der Keilbeinhöhle.

Im Anschluss an die durchgeführte Operation wird häufig eine Nasentamponade eingesetzt, die im Regelfall für 48 Stunden dort verbleiben soll. Inzwischen gibt es jedoch auch Studienergebnisse, die von der Nutzung der Nasentamponade abraten. Zusätzlich zur Pansinusoperation ist es möglich, die Operationsdurchführung um weitere chirurgische Maßnahmen zu erweitern. Ein Beispiel für eine solche Zusatzmaßnahme ist die Septumkorrektur, bei der eine operative Rekonstruktion des Nasenseptums erfolgt, welches einerseits zur Sanierung der Krankheitsherde bei Atembeschwerden oder andererseits zur Verbesserung der Sicht und Instrumentenbewegung während des operativen Eingriffes führt. Außerdem können eine Nasenmuschelreduktion und eine Tonsillektomie in die Operation integriert werden, um so Entzündungsprozesse besser bekämpfen zu können oder die Ventilation zu verbessern. Bei dieser Operation ist jedoch zu beachten, dass auch bei einer standardmäßigen Durchführung der Pansinusoperation Komplikationen wie Blutungen sehr häufig vorkommen. Tritt diese Komplikation auf, so ist eine sofortige Koagulation (Verödung) der Blutgefäße angezeigt. Neben einer Nachblutung oder Infektion kann es in seltenen Fällen zu einer Sekretstauung oder aber auch zu Hämatomen am Auge kommen. Des Weiteren muss der Patient eine meist temporäre Störung des Geruchssinns in Kauf nehmen.

Anästhesieverfahren: Allgemeinanästhesie (Vollnarkose)
Operationsdauer: 1-3 Stunden

Nach der Operation

Bei der Pansinusoperation stellt die Nachbehandlung einen elementaren Teil des Gesamtbehandlungskonzeptes dar, da sonst keine adäquate Abheilung des Operationsareals gewährleistet werden kann. Insbesondere die Reventilation (Wiederbelüftung) und die Wiederherstellung der mukoziliaren Clearance (kleinste Härchen dienen dem Transport von Schleim und pathogenen Substanzen) als Abwehrmechanismus der Schleimhautareale sind von großer Wichtigkeit im Behandlungsschema. Des Weiteren muss die vorhandene Verklebung und Verkrustung gelöst werden, um so die Wahrscheinlichkeit für das spätere Auftreten von Rezidiven zu reduzieren. Zur optimalen Nachbehandlung ist es nötig, dass diese entweder durch den behandelnden Operateur oder durch einen niedergelassenen Hals-Nasen-Ohren-Arzt unter endoskopischer Kontrolle erfolgt.

Je nach Klinik unterscheiden sich jedoch die Methoden zum Einsatz der Nasentamponade. Häufig wird nach der Operation eine Gummifingerlingstamponaden eingebracht, die wenige Tage nach dem Eingriff wieder entfernt werden muss. Ist die Entfernung erfolgt, so ist es notwendig, eine mehrtägige Nachbehandlung mit abschwellenden Nasentropfen durchzuführen. Außerdem wird eine Absaugung des Wundsekrets vorgenommen, da dies spätere Komplikationen reduzieren kann. Neben der Absaugung werden Krusten und Borken entfernt und eine Schleimhautpflege mittels Nasenöl und -salbe betrieben. Um die Entfernung der Krusten und Borken durchführen zu können, muss der Patient vor dem Absaugen dreimal täglich inhalieren, sodass die Strukturen aufweichen können. Im Regelfall wird jedoch eine Antibiotikagabe vermieden, um so Resistenzen zu vermeiden.

Mögliche Komplikationen

  • Endonasale Blutung – innerhalb der Nase kann es zu Blutungen kommen, deren Quellen im Allgemeinen die Arteria sphenopalatina oder ein Gefäßast über der inferioren (hinteren) Keilbeinhöhlenvorderwand sind.
  • Intraorbitale Blutung – durch die Operation können Verletzungen der lateralen (seitlichen) Arteria ethmoidalis anterior entstehen, was zu einer Retraktion (Zurückziehen) der blutenden Arterie in die Orbita führt. Hierdurch ist ein massives Risiko für ein bedrohliches Orbitahämatom (Bluterguss in die Augenhöhle) gegeben.
  • Verletzung des Ductus nasolacrimalis (anatomische Struktur der Nase) – in der Regel ist diese Verletzung oftmals folgenlos, allerdings kann der Tränenfluss so stark beeinflusst werden, dass eine Schädigung des Auges erfolgen kann.
  • Perforation der Schädelbasis – Verletzungen der Schädelbasis gehen mit einer Liquorrhoe (Liquorfluss) einher, der als Zeichen für Sofortversorgung gedeutet werden muss. Zur Kontrolle sollte eine Computertomographie (CT) durchgeführt werden.
  • Augenmuskelschaden – durch die Nähe des Operationsareals zu den Augenmuskeln können Läsionen an der Ausgenmuskulatur die Folge sein. Je nach Ausmaß können so bestimmte Augenbewegungen nicht oder nur bedingt durchgeführt werden.

Literatur

  1. Strutz J, Mann WJ: Praxis der HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie. Georg Thieme Verlag 2009
  2. Theissing J: HNO-Operationslehre. Georg Thieme Verlag 2006
  3. Flüshöh S: Subjektive Beschwerden und objektive Befunde bei Patienten nach endonasaler Pansinus-Operation; Ruhr- Universität Bochum. Inaugural-Dissertation 2002
  4. Aletsee C, Deglmann M, Dieler R: Chirurgische Eingriffe an den Nasennebenhöhlen bei Sinusitiden und benignen Tumoren. Laryngo-Rhino-Otol. 2003. 82:508-513
  5. Hofmann E: Anatomie der Nase und der Nasennebenhöhlen im sagittalen Computertomogramm. Clinical Neuroradiology. 2005. 15:258-264