Gallenblasenentfernung (Cholezystektomie)
Bei der Cholezystektomie handelt es sich um ein operatives Verfahren zur Entfernung der Gallenblase, welches primär bei einer symptomatischen Cholezystolithiasis (Gallensteinleiden mit Auftreten von Beschwerden) angewendet werden kann.
Die Durchführung der Cholezystektomie kann sowohl laparoskopisch (minimalinvasives operatives Verfahren, bei dem durch Öffnungen der Bauchdecke ein Endoskop und operative Instrumente in den Bauchraum eingeführt werden) als auch offen erfolgen, wobei die laparoskopische Methode in mehr als 90 % der Operationen eingesetzt wird. Nur 25 % der Personen mit Gallensteinen entwickeln im Laufe von 25 Jahren Symptome oder Komplikationen, sodass bei Beschwerdefreiheit in der Regel keine Behandlungsindikation besteht.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Cholezystolithiasis (Gallensteinleiden)
- Cholezystolithiasis mit Komplikationen stellt eine absolute Operationsindikation dar, während eine ausschließlich symptomatische Cholezystolithiasis eine relative Operationsindikation darstellt.
- Unkomplizierte Cholezystolithiasis mit charakteristischen biliären Schmerzen (Gallenkoliken in Abwesenheit von Gallensteinen) stellt laut S3-Leitlinie eine Indikation zur Cholezystektomie dar.
- Als häufige Komplikationen einer Cholezystolithiasis sind unter anderem wiederkehrende Koliken zu nennen. Als Folge der Cholezystolithiasis können auch eine akute Cholezystitis (Gallenblasenentzündung) oder ein Verschluss der Gallengänge auftreten.
- Gallenblasensteine mit einem Durchmesser von mehr als 3 cm sowie Gallenblasenpolypen mit einer Größe von 1 cm oder mehr sind trotz fehlender Symptomatik eine relative Operationsindikation.
- Asymptomatische Gallenblasensteine stellen in der Regel keine Indikation zur Cholezystektomie dar. Ausnahmen sind das Vorliegen einer Porzellangallenblase, große onkologische Eingriffe mit Lymphadenektomie (Lymphknotenentfernung) oder große Eingriffe am Dünndarm.
Asymptomatische Steine in den Gallengängen, meist sogenannte braune Pigmentsteine, können ebenfalls entfernt werden.
- Steinperforation − Bei Auftreten einer Steinperforation (Steindurchbruch) wandern Gallensteine in benachbarte Organe ein. Bei Einwanderung in den Darmtrakt kann es zu einer Obstruktion (vollständiger Verschluss) des Dünndarms mit einem Gallensteinileus (mechanischer Verschluss mit Stauung des Darminhaltes) kommen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass eine Perforation in das Abdomen (Bauchraum) erfolgt, was eine Peritonitis (Bauchfellentzündung) zur Folge hat. Neben der Cholezystektomie sind weitere therapeutische Maßnahmen notwendig.
- Chronische-rezidivierende Cholezystitis − Im Verlauf der chronischen Entzündung der Gallenblase kann es zur Entstehung einer Schrumpfgallenblase oder einer Porzellangallenblase kommen. Eine Porzellangallenblase ist durch eine Verhärtung der Wandstrukturen aufgrund eines erhöhten Bindegewebeanteils gekennzeichnet. Aufgrund des erhöhten Karzinomrisikos besteht auch bei Fehlen von Symptomen einer Cholezystitis eine absolute Indikation zur Cholezystektomie.
- Gallenblasenkarzinom (Gallenblasenkrebs) − Cholezystolithiasis und chronische Gallenblasenentzündungen sind die Hauptrisikofaktoren für die Entstehung eines Tumors der Gallenblase. Die Cholezystektomie ist nur beim zufällig entdeckten Frühstadium des Tumors ausreichend. Im fortgeschrittenen Stadium ist es zuvor unabdingbar zu überprüfen, ob eine operative kurative Therapie (mit kompletter Heilung) durchführbar ist.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
Relative Kontraindikationen
- Akute Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)
Absolute Kontraindikation
- Blutgerinnungsstörung
- Schwere Allgemeinerkrankung
Vor der Operation
- Anamnese und Diagnostik − Eine Cholezystolithiasis ist teilweise schwer zu diagnostizieren, da verschiedene Erkrankungen ähnliche Symptome verursachen. Insbesondere die Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung) ist eine wichtige Differentialdiagnose, da diese auch als Komplikation der Cholezystolithiasis auftreten kann und einer schnellen Behandlung bedarf. Die empfindlichste und schnellste Nachweismethode stellt die Sonographie (Ultraschall) dar.
- Absetzen von Antikoagulantien (Gerinnungshemmer) − Das Absetzen von beispielsweise Acetylsalicylsäure (ASS) oder Marcumar sollte in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen. Durch das kurzzeitige Aussetzen der Medikamenteneinnahme wird das Risiko für Nachblutungen deutlich minimiert, ohne dass eine signifikante Risikozunahme für den Patienten besteht. Sollten Krankheiten vorliegen, die das Blutgerinnungssystem beeinflussen können und dem Patienten bekannt sein, so muss dies dem behandelnden Arzt mitgeteilt werden.
- Ggf. Durchführung einer intraoperativen Cholangiographie, um das Risiko von schweren Gallengangverletzungen während der Cholezystektomie zu reduzieren [15].
Die Operationsverfahren
Die Cholezystektomie ermöglicht eine vollständige Entfernung aller vorliegenden Gallensteine. Die Anwendung des operativen Verfahrens führt des Weiteren zu einer Minimierung des Rezidivrisikos (Risiko eines Wiederauftretens).
Formen der Cholezystektomie
- Laparoskopische Cholezystektomie − Bei der laparoskopischen Operation lassen sich verschiedene Verfahrensdurchführungen unterscheiden. Als neue Standardoperation lässt sich die transumbilikale (über den Bauchnabel) Single-Port-Cholezystektomie nennen, bei der im Gegensatz zu anderen laparoskopischen Verfahren nur ein Zugang zum Bauchraum benötigt wird. Das Verfahren kann sowohl bei akuten als auch bei chronischen Gallengangsprozessen eingesetzt werden. Bei anderen laparoskopischen Verfahren wird nach dem Setzen eines Hautschnitts – über- oder unterhalb des Nabels – das Laparoskop (Endoskop) in den Bauchraum eingebracht. Über einen weiteren Zugang werden Schneide- und Greifinstrumente eingebracht. Je nach Verfahren variiert die Anzahl der Zugänge. Zur Entfernung der Gallenblase wird diese in einen Bergebeutel gelegt und entnommen.
Ein weiteres – nicht übliches – Verfahren ist die "Natural-orifice-transluminal-endoscopic-surgery(NOTES)-CCE/Operationstechnik", bei welcher der Patient über Zugänge operiert wird, die durch natürliche Körperöffnungen gewählt werden. - Offene Cholezystektomie − Durch die Nutzung des offenen Zugangs wird eine manuelle Palpation (Tastuntersuchung) vom Operateur ermöglicht. Des Weiteren ist die Auswahl der Operationsinstrumente größer, da keine Größenlimitation durch den Zugang vorliegt. Dennoch wird das Verfahren heute sehr selten genutzt, da eine besonders hohe Invasivität (eindringendes bzw. verletzendes Vorgehen) vorliegt und diese besonders von älteren Patienten schlechter toleriert wird. Die Entfernung der Gallenblase erfolgt nach dem Setzen eines Hautschnitts am Rippenbogen, durch den anschließend die Organstrukturen dargestellt werden.
Anästhesieverfahren: Allgemeinanästhesie (Vollnarkose)
Operationsdauer: 1-2 Stunden
Nach der Operation
- Überwachung: Unmittelbar nach der Operation werden die Patienten zur Überwachung ihrer Vitalzeichen und zum Schmerzmanagement auf die Station gebracht.
- Schmerzmanagement: Schmerzen werden üblicherweise mit oralen oder intravenösen Schmerzmitteln behandelt. Bei der laparoskopischen Cholezystektomie sind die Schmerzen in der Regel geringer und die Erholung schneller als bei der offenen Chirurgie.
- Ernährung: Die Patienten können in der Regel am Tag der Operation oder am nächsten Tag mit einer leichten, fettarmen Kost beginnen. Eine fettarme Diät wird für einige Wochen nach der Operation empfohlen.
- Mobilisierung: Eine frühe Mobilisierung wird empfohlen, um das Risiko von Komplikationen wie Thrombose zu verringern.
- Wundpflege: Die Pflege der Operationswunden ist wichtig, um Infektionen zu vermeiden. Bei laparoskopischen Eingriffen sind die Schnitte klein und heilen in der Regel schnell.
- Folgeuntersuchungen: Nachsorgeuntersuchungen sind wichtig, um den Heilungsprozess zu überwachen und eventuelle Komplikationen frühzeitig zu erkennen.
- Erholungszeit: Die Erholungszeit nach einer laparoskopischen Cholezystektomie ist in der Regel kurz. Die meisten Patienten können innerhalb einer Woche ihre normalen Aktivitäten wieder aufnehmen. Bei offenen Operationen kann die Erholungszeit länger sein.
- Hinweise für zu Hause: Patienten werden Anweisungen für die Pflege zu Hause, einschließlich Informationen über Aktivitätsbeschränkungen und Ernährungsempfehlungen, gegeben.
- Mögliche Spätkomplikationen: Diese können Gallenleckagen (Übertreten von Galle in den Bauchraum), Infektionen, Narbenhernien (Narbenbruch) und Verdauungsprobleme umfassen. Patienten sollten bei Anzeichen von Komplikationen wie anhaltenden Schmerzen, Fieber oder Gelbsucht sofort ihren Arzt kontaktieren.
Mögliche Komplikationen [7, 8, 9]
- Postcholezystektomiesyndrom − hierbei handelt es sich um das Auftreten von Oberbauchschmerzen nach erfolgter Operation, die beispielsweise aufgrund einer übersehenen Stenose (Verengung) oder dem Vorliegen von Konkrementen (Steine) im Ductus choledochus (v. lat. ductus „Gang“, choledochus „Galle aufnehmend“; auch Hauptgallengang) entstehen können.
- Hämatome (Bluterguss) im Operationsbereich
- Schulterschmerzen und Übelkeit nach laparoskopischer Cholezystektomie (s. u. "Weitere Therapie")
- Operationsnarben
- Postoperative Entzündungsreaktionen/Wundinfektionen (1,3-1,8 %)
- Nachblutungen (0,2-1,4 %)
- Gallengangsverletzungen – laut einer tschechischen Registerstudie: Inzidenz: laparoskopisch operierte 0,06 %; offene Operation: 1,29 % [13]
- Galleleckagen (Leck, Ductus cysticus/aberrierender Gallengang) (0,4-1,3 %)
- Verletzungen der Gallengänge (0,2-0,4 %)
- Mortalität (Sterberate): 0,4 % (Deutschland; Zeitraum. 2009-2013) [6]
Weitere Hinweise
- Die Bestimmung der Blasenwanddicke per Ultraschall spiegelt abgelaufene Entzündungs- und/oder Fibrosierungprozesse wider. Gemäß einer Studie ist die Wandstärke mit der Operationsdauer bzw. der Zahl der intraoperativen Komplikationen assoziiert:
- Wandstärke < 3 mm: Operation nach median 84 Minuten abgeschlossen
- Wandstärke 3-7 mm: Operation nach median 94 abgeschlossen
- Wandstärke > 7 mm: Operation nach median 110 Minuten abgeschlossen
- Unkomplizierte Cholezystolithiasis mit charakteristischen biliären Schmerzen (Gallenkoliken in Abwesenheit von Gallensteinen). Unabhängige Prädiktoren für eine Schmerzreduktion nach der OP sind [11]:
- Ältere Patienten
- Patienten ohne frühere Bauchoperation
- höherer VAS-Ausgangs-Score (Schmerz-Score)
- Ausstrahlung der Schmerzen in den Rücken
- Ansprechen der Schmerzen auf Analgetika (Schmerzmittel)
- Übelkeit während der Schmerzattacken und fehlendes Sodbrennen
- Weitere Kriterien sind [14]:
- Starke Schmerzattacken
- Schmerzen, die 15 bis 30 Minuten oder länger anhalten
- Schmerzen im Epigastrium oder im rechten Oberbauch lokalisiert
- Schulterschmerzen und Übelkeit nach laparoskopischer Cholezystektomie: Vorbeugung dieser Beschwerden durch ein Lungen-Recruitment-Manöver (= intrapulmonale Druckerhöhung/Druckerhöhung in der Lunge: innerhalb einer Minute sechs unterstützte Atemzüge mit bis zu einem Druck von insgesamt 40 cm H2O.); Vorgehen wie folgt:
- intraabdominelle CO2 (Kohlendioxid innerhalb des Bauchraumes) wird durch leichten Druck auf den Bauch über den epigastrischen Port abgelassen.
- Durchführung des Lungen-Recruitment-Manöver (s. o.)
- Entfernung des Ports und Verschluss der subumbilikalen ("unterhalb des Nabels (Umbilicus) gelegen") Faszie (dünne, sehnenartige Muskelhaut) per Naht; Verschluss der Hautinzision (kleiner Schnitt in der Haut) per Intrakutannaht (Form der Hautnaht, bei der sich der Faden knapp unter der Hautoberfläche hin- und herwendelt)
Literatur
- Holzinger F, Klaiber C: Der Trendsetter in der minimal-invasiven Chirurgie − die laparoskopische Cholezystektomie. Therapeutische Umschau. 2005. 62:65-68
- Jacob D, Raakow R: Single-Port-Cholezystektomie: Der neue Standard? Dtsch Med Wochenschr. 2010. 135:1363-1367
- Feussner H, Ungeheuer A, Lehr L, Siewert J: Technik der laparoskopischen Cholezystektomie. Langenbecks Arch Chir. 1991. 376:367-374
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- Siewert J: Onkologische Chirurgie. Springer Verlag 2010
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Leitlinien
- S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie von Gallensteinen. (AWMF-Registernummer: 021-008), November 2017 Langfassung