Otosklerose – Operative Therapie
Die Otosklerose (krankhafte Verknöcherung der Gehörknöchelchenkette im Mittelohr) ist eine fortschreitende Erkrankung, die zu einer Schallleitungsschwerhörigkeit führt. In schweren Fällen kann es auch zu einer kombinierten Schwerhörigkeit mit Beteiligung des Innenohrs kommen. Die operative Therapie konzentriert sich auf die Stapeschirurgie (chirurgische Behandlung des Steigbügels, eines der drei Gehörknöchelchen).
Stapeschirurgie – Verfahren der ersten Wahl
1. Stapedotomie (Teilentfernung des Steigbügels) – Goldstandard
- Verfahren:
- Der Fußplattenbereich des Steigbügels (Stapes) wird teilweise entfernt, und eine Stapesersatzprothese wird eingesetzt.
- Dies ermöglicht die Wiederherstellung der Schallleitung zum Innenohr, wodurch sich das Hörvermögen verbessern kann.
- Vorteile:
- Geringeres Risiko für postoperativen Schwindel als bei der Stapedektomie
- Schnellere Erholung
- Standardtherapie bei fixierter Steigbügelfußplatte
2. Stapedektomie (komplette Entfernung des Steigbügels)
- Verfahren:
- Der gesamte Steigbügel wird entfernt, und eine Prothese wird an der Fußplatte fixiert, um die Schallübertragung wiederherzustellen.
- Indikation:
- Wird meist dann durchgeführt, wenn eine Stapedotomie nicht ausreichend möglich ist (z. B. bei vollständiger Verknöcherung der Fußplatte).
- Nachteil:
- Erhöhtes Risiko für Komplikationen am Innenohr
3. Stapesersatzprothesen (Ersatz des Steigbügels durch eine Prothese)
- Materialien:
- Titan, Teflon oder Platin
- Indikation:
- Wird bei beiden chirurgischen Verfahren (Stapedotomie/Stapedektomie) verwendet, um die Schallübertragung wiederherzustellen.
Hinweis zur postoperativen Hörverbesserung
- Eine durch die Operation angestrebte Hörverbesserung kann dem Patienten präoperativ nicht garantiert werden.
- In einigen Fällen kann es postoperativ zu einer Verschlechterung des Hörvermögens oder in seltenen Fällen zur Ertaubung kommen.
Mögliche Komplikationen einer Stapesplastik (chirurgische Rekonstruktion des Steigbügels)
1. Komplette Ertaubung (Innenohrschaden)
- Ursache:
- Direkte Schädigung der Cochlea (Hörschnecke im Innenohr) durch Manipulation im Bereich der Fußplatte des Steigbügels
- Perilymphfistel (Flüssigkeitsverlust aus dem Innenohr) durch intraoperative Verletzung
- Risiko:
- In etwa 1 % der Fälle tritt eine komplette Ertaubung (an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit) auf.
2. Vestibularorganausfall (Gleichgewichtsstörung mit Schwindel)
- Ursache:
- Reizung oder Schädigung des Vestibularorgans (Gleichgewichtsorgan im Innenohr) während der Operation
- Perilymphfistel durch Manipulation an der Steigbügelfußplatte
- Symptome:
- Schwindel (Vertigo)
- Gleichgewichtsstörungen
- Übelkeit und Erbrechen
- Dauer:
- In den meisten Fällen vorübergehend, kann aber in seltenen Fällen persistieren.
3. Schädigung des N. facialis (Gesichtsnervenlähmung)
- Ursache:
- Der Nervus facialis (Gesichtsnerv) verläuft in der Nähe des Steigbügels und kann intraoperativ irritiert oder geschädigt werden.
- Symptome:
- Facialisparese (Lähmung der Gesichtsmuskulatur auf der operierten Seite)
- Geschmacksstörungen (Verlust oder Veränderung des Geschmackssinns auf der vorderen Zunge), da der Chorda-tympani-Nerv (Geschmacksnerv) geschädigt werden kann.
- Dauer:
- In den meisten Fällen nur vorübergehend, aber in seltenen Fällen dauerhaft.
4. Tinnitus (Ohrgeräusche)
- Ursache:
- Trauma des Innenohrs während der Operation
- Veränderungen des Drucks im Innenohr
- Verlauf:
- In vielen Fällen vorübergehend, kann aber in seltenen Fällen persistieren.
5. Postoperativer Schwindel und Gleichgewichtsstörungen
- Ursache:
- Druckveränderungen im Innenohr
- Manipulation an der Fußplatte
- Dauer:
- Kurzfristig (Tage bis Wochen): Häufig durch Anpassungsschwierigkeiten des Innenohrs bedingt
- Langfristig (> 3 Monate): Selten, kann jedoch eine vestibuläre Rehabilitationstherapie erforderlich machen.
6. Perilymphfistel (Austritt von Innenohrflüssigkeit)
- Ursache:
- Beschädigung der Steigbügelfußplatte während der Operation
- Symptome:
- Plötzlicher Schwindel
- Hörverlust
- Tinnitus
- Therapie:
- Revisionsoperation zur Abdichtung der Perilymphfistel erforderlich.
Nachsorge und Rehabilitation
- Schonung für mindestens 2-3 Wochen
- Vermeidung von Druckveränderungen (z. B. starkes Pressen, Heben schwerer Lasten, Flugreisen, Tauchen)
- Regelmäßige audiologische Kontrollen zur Überprüfung des Hörvermögens
- Schwindeltraining oder vestibuläre Rehabilitationstherapie bei postoperativen Gleichgewichtsstörungen
- Vermeidung von lauten Geräuschen in den ersten Wochen postoperativ
Fazit
Die Stapeschirurgie (Stapedotomie oder Stapedektomie) ist der Goldstandard in der operativen Behandlung der Otosklerose (krankhafte Verknöcherung im Mittelohr mit Hörverlust). Eine postoperative Hörverbesserung ist möglich, kann jedoch nicht garantiert werden. Die Operation birgt potenzielle Risiken, darunter Innenohrschädigungen, Schwindel, Facialisparesen und Tinnitus, weshalb eine umfassende Aufklärung des Patienten essenziell ist.