Morbus Menière – Operative Therapie

Der Morbus Menière ist eine Innenohrerkrankung, die durch wiederkehrende Schwindelanfälle, Tinnitus und Hörminderung gekennzeichnet ist. Eine operative Therapie wird in Erwägung gezogen, wenn die konservative Therapie nicht ausreichend wirksam ist und die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigt wird.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Therapieresistenter Morbus Menière, bei dem medikamentöse Maßnahmen keine ausreichende Symptomkontrolle ermöglichen
  • Häufige, schwere Schwindelattacken mit Sturzgefahr (Drop Attacks)
  • Beeinträchtigung der Lebensqualität durch unkontrollierbaren Drehschwindel
  • Progrediente Hörverschlechterung trotz konservativer Therapie

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Schwere Begleiterkrankungen, die das OP-Risiko erhöhen
  • Fehlende Zustimmung des Patienten zu invasiven Eingriffen
  • Fehlende eindeutige Diagnose (z. B. Differenzialdiagnose vestibuläre Migräne oder bilaterale vestibuläre Hypofunktion)

Operationsverfahren

  • Einlage eines Paukenröhrchens
    • Ziel: Druckausgleich und Entlastung des Innenohrs
    • Erfolgsrate: Mehr als zwei Drittel der Patienten berichten über eine Besserung der Symptome [1]
  • Saccotomie (endolymphatische Shuntoperation)
    • Ziel: Eröffnung des Saccus endolymphaticus, um überschüssige Flüssigkeit aus dem Innenohr abzuleiten
    • Langzeiterfolg: Eine Metaanalyse zeigte, dass bei rund 75 % der Patienten die Schwindelattacken langfristig kontrolliert werden konnten [2]
  • Ausschaltung des Vestibularorgans (Gleichgewichtsorgan)
    • Ototoxische Therapie: Injektion von Gentamicin in das Mittelohr zur chemischen Destruktion des Vestibularorgans
    • Neurektomie des Nervus vestibulocochlearis (Hör-Gleichgewichtsnerv): Chirurgische Durchtrennung des Nerven zur Unterbindung der Schwindelanfälle (Ultima-Ratio-Therapie)
  • Ausschaltung des Ganglion vestibulare
    • Ziel: Unterbrechung der Signalweiterleitung aus dem vestibulären System
  • Labyrinthdestruktion (Zerstörung des Labyrinths)
    • Indikation: Erloschenes Hörvermögen
    • Verfahren: Zerstörung des Labyrinths mit simultaner Cochlea-Implantation
    • Ergebnis: Sistieren des Attackenschwindels und Verbesserung des Hörvermögens
  • Cochlea-Implantation (Cochlea-Implantat)
    • Indikation: Einseitige oder beidseitige Ertaubung bei Morbus Menière
    • Funktionsweise: Übernimmt die Funktion der geschädigten Hörsinneszellen und leitet Audiosignale an das Gehirn weiter

Postoperative Nachsorge

  • Physiotherapie zur vestibulären Rehabilitation, insbesondere nach destruktiven Verfahren
  • Regelmäßige HNO-ärztliche Kontrollen, um den Verlauf zu beurteilen
  • Hörgeräteanpassung oder Cochlea-Implantation, falls notwendig
  • Langfristige Nachbeobachtung, insbesondere zur Prävention eines bilateralen Befalls

Mögliche Komplikationen

  • Hörverlust, insbesondere nach invasiven oder ototoxischen Verfahren
  • Gleichgewichtsstörungen, vor allem nach Vestibularorgan-Destruktion
  • Narbenbildung oder postoperative Infektionen
  • Persistierende oder rezidivierende Schwindelsymptomatik

Vergleich der Operationsmethoden

Verfahren Indikationen (Anwendungsgebiete) Vorteile Nachteile
Paukenröhrchen Druckausgleich, milder bis moderater Morbus Menière Minimalinvasiv, einfache Durchführung Rezidive (Wiederauftreten der Erkrankung) möglich
Saccotomie (endolymphatische Shunt-OP) Therapieresistenter Schwindel Hohe Erfolgsrate (75 %), langfristige Kontrolle möglich Nicht bei allen Patienten effektiv
Ototoxische Gentamicin-Injektion Wiederkehrender schwerer Schwindel Einfaches Verfahren, kein operativer Eingriff nötig Risiko für Hörverlust
Vestibularis-Neurektomie Schwerer, therapieresistenter Schwindel Effektive Ausschaltung des Schwindels Chirurgische Risiken, möglicher Hörverlust
Labyrinthdestruktion Erloschenes Hörvermögen mit massivem Schwindel Eliminiert Schwindel, kombiniert mit Cochlea-Implantat Dauerhafter Hörverlust, nicht reversibel
Cochlea-Implantation Beidseitige oder schwere einseitige Ertaubung Ermöglicht Hören trotz Innenohrschädigung Aufwendige Nachsorge

Fazit

  • Paukenröhrchen sind ein einfacher und oft wirksamer erster Schritt in der operativen Therapie.
  • Die endolymphatische Shuntoperation ist eine etablierte Methode mit hoher Erfolgsrate.
  • Bei therapieresistentem Schwindel kommen invasive Verfahren wie Neurektomie oder Labyrinthdestruktion infrage.
  • Eine Cochlea-Implantation kann bei Morbus Menière-bedingter Ertaubung das Hören wieder ermöglichen.

Literatur

  1. Ogawa Y et al.: Clinical study of tympanostomy tube placement for patients with intractable Meniere's disease. J Laryngol Otol 2015; 129 (2):1 20-125
  2. Sood AJ et al.: Endolymphatic sac surgery for Meniere’s disease: a systematic review and meta-analysis. Otol Neurotol. 2014;35:1033-1045