Hörverlust (Hypakusis) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Hörverlust, auch Hypakusis genannt, kann auf verschiedenen pathophysiologischen Mechanismen beruhen, abhängig von der zugrunde liegenden Ursache. Man unterscheidet zwischen Schallleitungsstörungen, Schallempfindungsstörungen und Schallverarbeitungsstörungen, je nachdem, ob der Defekt im äußeren oder mittleren Ohr, in der Cochlea (Schnecke) oder im zentralen Hörsystem liegt.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

Schallleitungsstörung

Eine Schallleitungsstörung tritt auf, wenn der Schall nicht ordnungsgemäß durch das äußere Ohr oder das Mittelohr geleitet werden kann. Typische Ursachen sind:

  • Verlegung des äußeren Gehörgangs: Dies kann durch Cerumen (Ohrenschmalz), Fremdkörper oder Entzündungen verursacht werden.
  • Mukoseröser Paukenerguss (Seromukotympanon): Hierbei handelt es sich um eine Ansammlung von seröser oder mukoseröser Flüssigkeit im Mittelohr, die häufig bei Kindern auftritt, da ihre anatomischen Verhältnisse enger sind und sie anfälliger für Infektionen sind.
  • Chronische Otitis media (Mittelohrentzündung): Chronische Entzündungen können zu einer permanenten Schallleitungsstörung führen, indem sie das Mittelohr schädigen.
  • Otosklerose: Diese Erkrankung führt durch Fixation der Gehörknöchelchen, insbesondere des Steigbügels (Stapes), zu einer Schallleitungsstörung. Die Hörminderung tritt besonders in den tiefen Frequenzen auf und kann bis zu 40 dB betragen.

Schallempfindungsstörung (Sensorische Schwerhörigkeit)

Bei einer Schallempfindungsstörung ist das Corti-Organ in der Cochlea betroffen, insbesondere die äußeren Haarzellen, die eine wichtige Rolle bei der Verstärkung und Verarbeitung von Schallwellen spielen. Ursachen hierfür sind:

  • Lärmschäden: Langfristige Lärmbelastung kann die Haarzellen schädigen.
  • Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis): Mit zunehmendem Alter kommt es zu einer Degeneration der Haarzellen, insbesondere im Hochtonbereich.
  • Ototoxische Medikamente: Einige Medikamente wie Aminoglykoside oder Chemotherapeutika können die Haarzellen irreversibel schädigen.

Schallverarbeitungsstörung

Die Schallverarbeitungsstörung betrifft die zentrale Hörbahn oder die auditorischen Zentren im Gehirn. Man unterscheidet hier zwei Formen:

  • Neurale Schwerhörigkeit: Schädigungen des Hörnervens oder der Neuronen, die Schallinformationen von der Cochlea zum Gehirn leiten, können zu einem reduzierten Hörvermögen führen.
  • Zentrale Schwerhörigkeit: Schädigungen der Hörverarbeitung im Gehirn, wie sie bei einer kortikalen Taubheit auftreten, betreffen die Fähigkeit, Schall richtig zu verarbeiten, obwohl das periphere Hörorgan intakt sein kann.

Sekundäre pathophysiologische Mechanismen

  • Entzündliche Prozesse: Chronische Entzündungen im Mittelohr, wie bei einer Otitis media, führen zu Verklebungen und Narbenbildung, was die Schallübertragung beeinträchtigt.
  • Durchblutungsstörungen: Eine gestörte Durchblutung des Innenohrs, wie sie bei Gefäßregulationsstörungen auftritt, kann das Corti-Organ schädigen und zu einem Hörverlust führen.
  • Degeneration des zentralen Hörsystems: Mit zunehmendem Alter kann es zu einer Degeneration der neuronal verarbeiteten Hörsignale kommen, was im Frühstadium der altersbedingten Schwerhörigkeit (ARHL) eine wesentliche Rolle spielt. Hier sind nicht nur die peripheren Hörorgane, sondern auch die zentralen Verarbeitungsprozesse betroffen.

Klinische Manifestation

Leitsymptome

  • Hörminderung: Diese kann plötzlich (z. B. bei einem Hörsturz) oder allmählich (z. B. bei Presbyakusis) auftreten.
  • Tinnitus: Häufig begleitet ein Ohrgeräusch (Tinnitus) den Hörverlust.
  • Schallverzerrung: Betroffene können verzerrte oder dumpfe Geräusche wahrnehmen.
  • Verständnisschwierigkeiten bei Hintergrundgeräuschen: Besonders bei zentralen Verarbeitungsstörungen ist das Sprachverstehen in lauter Umgebung beeinträchtigt.

Fortgeschrittene Symptome

  • Kompletter Hörverlust: Bei fortgeschrittenen Schallempfindungsstörungen kann es zu einem vollständigen Hörverlust kommen.
  • Schwindel und Gleichgewichtsstörungen: Insbesondere bei einer Schädigung des Innenohrs oder des Hörnervs können Schwindel und Gleichgewichtsprobleme auftreten.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Pathogenese von Hörstörungen ist vielschichtig und variiert je nach Ursache. Schallleitungsstörungen betreffen das äußere und mittlere Ohr, während Schallempfindungsstörungen das Innenohr und das Corti-Organ beeinträchtigen. Schallverarbeitungsstörungen betreffen die zentrale Hörbahn oder die Hörrinde im Gehirn. Besonders bei der altersbedingten Schwerhörigkeit spielt die gestörte zentrale Verarbeitung akustischer Signale eine wesentliche Rolle. Eine frühzeitige Diagnose und Therapie sind entscheidend, um den Hörverlust zu behandeln und mögliche Folgeschäden wie soziale Isolation oder kommunikative Einschränkungen zu minimieren.

Beachte: Im Frühstadium der altersbedingten Schwerhörigkeit (ARHL, age related hearing loss) ist diese nicht so sehr durch Schädigungen am peripheren Hörorgan bedingt, sondern vielmehr durch eine gestörte zentrale Verarbeitung akustischer Signale.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern:
    • Ererbte dominante Schwerhörigkeit/Taubheit
    • Ererbte mitochondriale Schwerhörigkeit
    • Ererbte sporadische Schwerhörigkeit/Taubheit
    • Ererbte X-chromosomale Schwerhörigkeit
      • Genetische Erkrankungen
        • Alport-Syndrom (auch progressive hereditäre Nephritis genannt) – genetische Erkrankung mit sowohl autosomal-dominantem als auch autosomal-rezessivem Erbgang mit fehlgebildeten Kollagenfasern, die zur Nephritis (Nierenentzündung) mit fortschreitender Niereninsuffizienz (Nierenschwäche), Innenohrschwerhörigkeit und verschiedenen Augenerkrankungen wie beispielsweise einen Katarakt (grauer Star) führen kann
        • Alström-Syndrom – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; charakteristische Leitsymptome: retinale Degeneration, stammbetonte Adipositas, Diabetes mellitus und Innenohrschwerhörigkeit; entwickeln in früher Kindheit Lichtscheu und Nystagmus (unkontrollierbare, rhythmische Bewegungen der Augen); Sehstörung ist fortschreitend und die Kinder erblinden in der Regel im Alter von 12 Jahre; kognitive Leistung ist nicht oder nur sehr gering eingeschränkt
        • Auditorische Synaptopathie/Auditorische Neuropathie (AS/AN) – spezielle und seltene Form der Schallempfindungsschwerhörigkeit; die für das Hören wichtige Signalübertragung findet an Synapsen statt, die das Protein "Otoferlin" benötigen; Forscher konnten nachweisen, dass eine verminderte Menge von Otoferlin in der Zellmembran von Sinneszellen des Innenohrs dazu führt, dass die synaptische Übertragung zu schnell ermüdet [5].
          Symptomatik: leise Töne werden fast genauso gut wahrgenommen wie von Normalhörenden, aber gesprochene Sprache wird kaum verstanden.
        • Franceschetti-Syndrom (kraniofaziale Dysmorphie)
        • Goldenhar-Syndrom (Ohrmuschelfehlbildung, Gesichtsdysmorphie)
        • Pendred-Syndrom – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, die zu einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) mit Strumabildung führt; zusätzlich tritt eine Schallempfindungsschwerhörigkeit, einer Hypoplasie der Cochlea (Hörschnecke) auf; im frühen Kindesalter liegt oft noch eine Euthyreose (normale Schilddrüsenfunktion) vor
        • Pierre-robin-Syndrom (Mikrogenie, Gaumenspalte)
        • Usher-Syndrom – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; Hörsehbehinderung, die durch eine Kombination einer Höreinschränkung (früh einsetzende Innenohrschwerhörigkeit) bzw. Gehörlosigkeit von Geburt an mit einer Sehstörung in Form einer Retinopathia pigmentosa (Absterben der Sehzellen) charakterisiert ist; häufigste Ursache einer Blind-Taubheit
        • Refsum-Syndrom – genetisch bedingte Stoffwechselstörung, die vor allem zu fortschreitender Schwerhörigkeit ab der zweiten Lebensdekade führt
        • Waardenburg-Syndrom (Synonyme: Waardenburg-Klein-Syndrom, Van der Hoeve-Halbertsma-Waardenburg-Syndrom, Ptosis-Epicanthus-Syndrom, Waardenburg-Shah-Syndrom)  Sammelbezeichnung für verschiedene genetische Erkrankungen mit sowohl autosomal-dominantem als auch autosomal-rezesivem Erbgang; charakteristische Symptome: partieller Albinismus (Störung der Melaninbildung), angeborene Taubstummheit und Gesichtsdysmorphien (Gesichtsfehlbildungen)
        • Osteogenesis imperfectca (Glasknochenkrankheit; Kollagenstörung; Knochenbrüche)
        • u. v. m. (es gibt mehr als 300 syndromale Schwerhörigkeiten)
  • Fehlbildungen des Ohres
  • Mechanische Geburtsschäden
  • Lebensalter – zunehmendes Alter (durch den Verschleiß von Haarzellen und die Schädigung von Membranen geht die Leistungsfähigkeit des Gehörs zurück)
  • Berufe – Berufe mit Lärm am Arbeitsplatz; insb. Berufe im Baugewerbe und in der Landwirtschaft [9]

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Geringe Jodversorgung (5-fach häufiger Hörprobleme bei ausgeprägtem Jodmangel) [8]
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol – in hohen Dosen (Frau: > 40 g/Tag; Mann: > 60 g/Tag) und dauerhaft führt zu verstärkten Hörverlusten. Moderater Alkoholkonsum wirkt einem Hörverlust jedoch eher entgegen!
    • Tabak (Rauchen, Passivrauchen)
      • Rauchen ist ein unabhängiger Faktor für Hörverlust [7]
      • relatives Risiko für Hörverlust lag bei 1,6 für den hohen und 1,2 für den niedrigen Frequenzbereich [7]
  • Drogenkonsum
    • GHB (4-Hydroxybutansäure, veraltet auch Gamma-Hydroxy-Butansäure oder Gamma-Hydroxy-Buttersäure; "Liquid Ecstasy")
    • Heroin
    • Kokain
  • Körperliche Aktivität
    • Mangelnde körperliche Fitness – Menschen mit guten kardiovaskulären Werten hören besser und sind auch unempfindlicher gegen Lärm

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungstörungen (AVWS)****
  • Akustikusneurinom (Synonym: Akustikusschwannom) *** – benigner (gutartiger) Tumor, der von den Schwanńschen Zellen des vestibulären Anteils des VIII. Hirnnerven, dem Hör- und Gleichgewichtsnerven (Nervus vestibulocochlearis), ausgeht und im Kleinhirnbrückenwinkel oder im inneren Gehörgang gelegen ist. Das Akustikusneurinom ist der häufigste Kleinhirnbrückenwinkeltumor. Mehr als 95 % aller AKN sind einseitig. Bei Vorliegen von Neurofibromatose Typ 2 tritt das Akustikusneurinom hingegen typischerweise beidseitig auf.
  • Akustikusneuritis, virale
  • Apoplex**** (Schlaganfall)
  • Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung)
  • Caisson-Krankheit – Dekompressionskrankheit, die vor allem nach zu schnellem Auftauchen aus großer Tiefe auftritt
  • Cerumen obturans* (Ohrenschmalz)
  • Cholesteatom* (Synonym: Perlgeschwulst) des Ohres – Einwucherung von mehrschichtig verhornendem Plattenepithel in das Mittelohr mit nachfolgender chronisch-eitriger Entzündung des Mittelohrs [Schallleitungsschwerhörigkeit steht im Vordergrund, aber fast immer besteht auch eine Innenohrkomponente, aufgrund der chronischen Entzündung, ggf. toxinbedingt?]
  • Chronischer Tubenmittelohrkatarrh* – Schleimhautentzündung im Bereich des Mittelohrs und der Tube (Verbindung zwischen dem Mittelohr und dem Nasenrachenraum)
  • Cogan-Syndrom** – Erkrankung, die wahrscheinlich einen Autoimmunprozess als Grundlage hat und die zu Keratitis (Hornhautentzündung) und Innenohrschwerhörigkeit führt
  • Diabetes mellitus** (Zuckerkrankheit)
  • Embryopathia rubeolosa** – Erkrankung des Kindes durch eine Röteln-Infektion der Mutter während der Schwangerschaft
  • Erythroblasosis fetalis – übersteigerte Blutbildung beim Neugeborenen
  • Explosionstrauma**
  • Fremdkörper im Gehörgang*
  • Gehörgangsstenose/-atresie*
  • Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes) (Hochtonhörverlust) [1]
  • Hörsturz**, idiopathischer
  • Hyperlipidämie** (Hyperlipoproteinämie; Fettstoffwechselstörung)
  • Hypertonie** (Bluthochdruck)
  • Hypothyreose** (Schilddrüsenunterfunktion)
  • Knalltrauma**
  • Kompressionssyndrom***
  • Konnatale Syphilis** (Lues) – sexuell-übertragbare Infektionserkrankung, die während der Schwangerschaft von der Mutter auf das ungeborene Kind übertragen wurde
  • Koronare Herzkrankheit**
  • Labyrinthitis**, akute und chronische – Entzündung des Innenohres
  • Lärmtrauma**, akutes
  • Morbus Menière** – Innenohrerkrankung, die zu akuten Anfällen mit Schwindel, Ohrensausen und Schwerhörigkeit führt
  • Morbus Paget – Erkrankung des Skelettsystems mit Knochenumbau; hier wg.: Versteifung der Gehörknöchelchen, Zuwachsen der Cochlea oder Quetschung des Hörnerven
  • Multiple Sklerose (MS)****
  • Mütterlicher Alkoholabusus** (Alkoholabhängigkeit)
  • Otitis externa* (Gehörgangsentzündung)
  • Otitis media* (Mittelohrentzündung)
  • Otosklerose* – knöcherner Umbau des Mittel- oder Innenohres mit fortschreitender Schwerhörigkeit [ggf. zusätzlich zur Schallleitungsschwerhörigkeit auch Schallempfindungsschwerhörigkeit, besonders bei längerem Verlauf]
  • Paukenerguss* – Ansammlung von seröser, sero-mucöser oder mucöser Flüssigkeit im Mittelohr
  • Perinatale Hypoxie – Sauerstoffmangel des Kindes unter der Geburt
  • Presbyakusis** (Altersschwerhörigkeit)
  • Stumpfes Schädeltrauma
  • Seromukotympanon* – chronische Mittelohrentzündung mit Ergussbildung
  • Toxoplasmose** – Infektionserkrankung, die vor allem durch rohes Fleisch oder Katzenkot übertragen wird
  • Trommelfellverletzungen, z. B. traumatische Trommelfellperforation* (sehr selten: 1, 4 und 8,6/100.000)
  • Trommelfelldefekt* oder Kettendefekt* – bei chronischer Schleimhauteiterung
  • Tubenkatarrh* – Schleimhautentzündung der Eustachi-Röhre (Tuba auditiva, „Ohrtrompete“); meist im Rahmen eines Infektes der oberen Luftwege
  • Tumoren des Mittelohres*
  • Tumoren des Felsenbeins oder Kleinhirnbrückenwinkels (Chordom, Chondrosarkom, Meningiom)***
  • Tympanosklerose* – Verkalkung der Gehörknöchelchenkette als Folge häufiger Mittelohrentzündungen
  • Viruserkrankungen** (Virustoxine) oder bakterielle Infektionen** (Bakterientoxine) können zu einem plötzlich einsetzenden sensorineuralen Hörverlust (SSNHL) führen
    Virusinfektion: Herpes, Masern (Morbilli), Mumps (Parotitis epidemica), Rubella (Röteln), Influenza (Grippe), HIV, Cytomegalie, SARS-CoV-2
    Bakterielle Infektionen (Haemophilus, Pneumokokken, Staphylokokken, Streptokokken): Scharlach (Scarlatina), Meningitis, Otitis media (Mittelohrentzündung) [rezidivierend oder länger als drei Monate andauernd], Syphilis (Lues), Sepsis (Blutvergiftung)

*Schallleitungsschwerhörigkeit
**Schallempfindungsschwerhörigkeit
***Neurale Schwerhörigkeit
****Zentrale Schwerhörigkeit

Labordiagnosen – Laborparameter, die als unabhängige Risikofaktoren gelten

  • Cystatin C basierendes eGFR < 60 ml/min/1,73 m2 versus Teilnehmern mit höherer eGFR  → 50 % erhöhtes Risiko für eine Presbyakusis ("Altersschwerhörigkeit"); dabei ging die verminderte Nierenfunktion der Entwicklung von Altersschwerhörigkeit bis zu 20 Jahre vorausgeht [6].
  • Eisenmangelanämie (Ferritin ↓ und Hämoglobin ↓) [4] → Hörverlust:
    • sensorineurale Hörminderung, der eine Schädigung des Innenohrs zugrunde liegt (1,82-fach erhöhtes Risiko)
    • kombinierte Schwerhörigkeit, bei der auch die Schallübertragung im Mittelohr gestört ist (2,4-fach erhöhtes Risiko)

Medikamente (ototoxisch; ototoxische Arzneimittel/ototoxische (gehörschädigende) Medikamente)

  • Analgetika (Schmerzmittel)
    • Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID): Acetylsalicylsäure (ASS) [Hörschaden: > 1,95 g, dosisabhängig und reversibel nach kurzer Zeit [1]; Hörstörungen: > 10 g/d; Ohrgeräusche: ab 6-8 g]; Salicylate (Innenohrschwerhörigkeit)
  • Antibiotika
    • Aminoglycosidantibiotika (Aminoglykoside; Störungen besonders im Bereich der höheren Frequenzen) – Amikazin, Gentamycin (Gentamicin), Kanamycin, Neomycin, Netilmicin, Paromomycin, Streptomycin, Tobramycin
    • Glykopeptid-Antibiotika (Vancomycin, Teicoplanin)
    • Gyrasehemmer (Ciprofloxacin, Ofloxacin)
    • Makrolide (Störungen im Bereich des kompletten Frequenzspektrums) – Azithromycin, Erythromycin, Clarithromycin
      Ein Hörverlust tritt unter Makroliden nicht häufiger auf als mit Amoxicillin und Fluorchinolonen [3].
  • Anti-Malaria-Mittel wie Chloroquin oder Chinin (Chininalkaloide)
  • Antikonvulsiva wie Carbamazepin, Phenytoin, Streptomycin
  • Diuretika (entwässernde Medikamente)
    • Carboanhydrasehemmer (Acetazolamid)
    • Schleifendiuretika (Bumetanid; Etacrysäure; Furosemid – hier tritt die Nebenwirkung vor allem bei schneller intravenöser Injektion bei gleichzeitig bestehender Niereninsuffizienz auf)
  • Phosphodiesterase-5-Hemmer (Avanafil, Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil)  
  • Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker) – Omeprazol
  • Thalidomidschäden durch Einnahme des Medikaments Contergan® in den 1960er Jahren
  • Zytostatika wie Cisplatin, Carboplatin, Bleomycin, Vincristin

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Barotrauma ("Druckverletzung")
  • Explosionstrauma
  • Lärm – so besteht bei konstantem oder jahrelangem Schallpegel von 85 dB(A) die Gefahr der Lärmschwerhörigkeit; auch kurzzeitiger starker Lärm wie laute Diskomusik (110 dB) sollte vermieden werden; unten den anerkannten Berufskrankheiten (Berufskrankheiten-Liste; BK-Liste) ist die Lärmschwerhörigkeit mit ca. 40 % die häufigste Berufserkrankung
  • Gewerbliche Stoffe wie Arsen, Blei, Cadmium, Quecksilber, Zinn; Kohlenmonoxid; Fluorkohlenstoffverbindungen; Schwefelkohlenstoff; Kohlenstoffdisulfid; Styrol; Tetrachlorkohlenstoffverbindungen; Toluol; Trichlorethylen; Xylol

Literatur

  1. Selcuk A, Terzi H, Turkay U, Kale A, Genc S: Does gestational diabetes result in cochlear damage? J Laryngol Otol. 2014 Nov;128(11):961-5. doi: 10.1017/S0022215114002515.
  2. Kyle ME et al.: Ubiquitous Aspirin A Systematic Review of Its Impact on Sensorineural Hearing Loss. Otolaryngol Head Neck Surg October 30, 2014 0194599814553930, doi: 10.1177/0194599814553930
  3. Etminan M et al.: Risk of Sensorineural Hearing Loss With Macrolide Antibiotics: A Nested Case-Control Study. Laryngoscope 2016, online 6. August; doi: 10.1002/lary.26190
  4. Schieffer KM et al.: Association of Iron Deficiency Anemia With Hearing Loss in US Adults. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. Published online December 29, 2016. doi:10.1001/jamaoto.2016.3631
  5. Vogl C et al.: Tryptophan-rich basic protein (WRB) mediates insertion of the tail-anchored protein otoferlin and is required for hair cell exocytosis and hearing. EMBO Journal Volume 35, Issue 23, pages 2536-2552, 01 December 2016. doi: 10.15252/embj.201593565
  6. Schubert CR et al.: Association Between Cystatin C and 20-Year Cumulative Incidence of Hearing Impairment in the Epidemiology of Hearing Loss Study. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. Published online April 26, 2018. doi:10.1001/jamaoto.2018.0041
  7. Hu H et al.: Smoking, Smoking Cessation, and the Risk of Hearing Loss: Japan Epidemiology Collaboration on Occupational Health Study. Nicotine Tob Res. 2018 Mar 14. doi: 10.1093/ntr/nty026
  8. Scinicariello F et al.: Association of Iodine DeficiencyWith Hearing Impairment in US Adolescents Aged 12 to 19 Years: Analysis of NHANES 2007-2010 Data. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. Published online June 7, 2018. doi:10.1001/jamaoto.2018.0651
  9. Couth, S, Mazlan, N, Moore, D, Munro, K & Dawes, P 2019, 'Hearing difficulties and tinnitus in construction, agricultural, music and finance industries: contributions of demographic, health and lifestyle factors', Trends in Hearing (Online) November 20, 2019; https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/2331216519885571

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Periphere Hörstörungen im Kindesalter. (AWMF-Registernummer: 049 - 010), September 2013 Kurzfassung Langfassung