Vermehrte Harnausscheidung (Polyurie) – Anamnese
Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Polyurie (vermehrte Harnausscheidung) dar.
Familienanamnese
- Gibt es in Ihrer Familie häufig Nierenerkrankungen?
- Bestehen in Ihrer Familie Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus?
- Gibt es gehäuft hormonelle Störungen in Ihrer Familie (z. B. Schilddrüsenerkrankungen, Nebennierenfunktionsstörungen)?
Soziale Anamnese
- Beruf:
- Welchen Beruf üben Sie aus?
- Haben Sie einen geänderten Tagesrhythmus (z. B. Schichtarbeit), der Ihren Flüssigkeitshaushalt beeinflussen könnte?
- Gibt es Hinweise auf erhöhten Stress oder psychische Belastungen?
- Halten Sie sich häufig in heißen Klimazonen auf oder treiben Sie intensiven Sport?
Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
- Wie lange besteht die vermehrte Harnausscheidung schon?
- Hat sich die Urinmenge plötzlich oder allmählich verändert?
- Wurde die tägliche Urinmenge gemessen? Falls ja, wie hoch ist sie (in Litern pro Tag)?
- Haben Sie Begleitsymptome:
- Haben Sie einen vermehrten Durst? Falls ja, wie viel trinken Sie täglich?
- Treten häufige nächtliche Toilettengänge auf?
- Bestehen Beschwerden wie Fieber, allgemeines Krankheitsgefühl oder Infekte?
- Leiden Sie unter Müdigkeit, Konzentrationsproblemen oder Schwächegefühlen?
- Haben Sie Symptome einer Dehydratation (z. B. trockene Haut, Schwindel, Kreislaufprobleme)?
- Ist Ihnen eine Veränderung der Urinfarbe oder des Geruchs aufgefallen?*
- Bestehen Schmerzen oder Brennen beim Wasserlassen?*
- Ist Ihnen schäumender oder blutiger Urin aufgefallen?*
Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese
- Haben Sie gleichzeitig eine Gewichtsveränderung bemerkt (z. B. ungewollten Gewichtsverlust)? Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
- Ernähren Sie sich ausgewogen?
- Haben Sie eine besondere Ernährungsweise (z. B. proteinreiche, kohlenhydratarme oder vegane Ernährung)?
- Haben Sie in letzter Zeit vermehrt salzige oder proteinreiche Nahrung zu sich genommen?
- Treiben Sie regelmäßig Sport? Falls ja, wie oft und mit welcher Intensität?
- Trinken Sie gerne Kaffee, schwarzen oder grünen Tee? Wenn ja, wie viele Tassen pro Tag
- Trinken Sie andere bzw. weitere koffeinhaltige Getränke? Wenn ja, wie viel jeweils davon?
- Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen pro Tag?
- Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
- Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche?
Eigenanamnese
- Vorerkrankungen:
- endokrine Erkrankungen (z. B. Diabetes insipidus, Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion))?
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. Hypertonie (Bluthochdruck), Herzinsuffizienz (Herzschwäche))?
- Nierenerkrankungen (z. B. chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche), interstitielle Nephritis (Entzündung des Nierenzwischengewebes), Zystennieren)?
- Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, Hyperkalzämie (erhöhter Calciumspiegel im Blut), Hypokaliämie (erniedrigter Kaliumspiegel im Blut))?
- neurologische Erkrankungen (z. B. Multiple Sklerose, Morbus Parkinson)?
- Wurde in der Vergangenheit eine Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel durchgeführt?
- Haben Sie bereits Operationen im Bereich der Nieren oder Harnwege durchlaufen?
- Bestehen bekannte Allergien (z. B. gegen Medikamente, Kontrastmittel, Nahrungsmittel)?
- Sind Sie schwanger oder planen Sie eine Schwangerschaft?
Medikamentenanamnese
- Antibiotika
- Gentamycin
- Tetracyclin
- Amphotericin B (Antimykotikum)
- Anticholinergika (Polydipsie!/wg. vermehrten Trinkens) – Wirkstoffgruppe, die die Wirkung des Transmitters Acetylcholin hemmt
- Antidepressiva (MAO-Hemmer; SSRI = Selective Serotonin Reuptake Inhibitor) – Nykturie (nächtliches Wasserlassen) durch zentralnervöse Effekte
- Antiepileptika – Nykturie durch zentralnervöse Effekte
- Antihypertensiva
- Bronchodilatatoren
- Calciumantagonisten (Calciumkanalblocker; Wirkstoffgruppe, die bei Bluthochdruck eingesetzt wird) ‒ führt zur Polyurie
- Chlorpromazin (Polydipsie!) – Wirkstoff aus der Gruppe der Neuroleptika
- Diuretika (Arzneimittel zur Ausschwemmung von Wasser) – insbesondere bei abendlicher Einnahme
- Dopaminantagonisten – Nykturie durch zentralnervöse Effekte
- Drogen: Cannabis, Ecstasy, Heroin, Kokain oder Speed (Amphetamine)
- Glibenclamid (orales Antidiabetikum)
- Hormone
- Glucocorticoide (Polyurie)
- Schilddrüsenhormone (Thyroxin)
- Glucocorticoide (Polyurie)
- Theophyllin – Wirkstoff, der zu den Xanthinderivaten gehört und vor allem im Rahmen der Therapie des Asthma bronchiale eingesetzt wird
- Thioridazin (Polydipsie!) – Wirkstoff aus der Gruppe der Neuroleptika
- Lithiumkarbonat
- Stimulanzien – z. B. Alkohol, Koffein, Nikotin, Ephedrin, Kokain, Speed (Amphetamine)
- Sympathomimetika (Medikamente, welche die Wirkung des Sympathikus verstärken)
* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)
Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.