Vermehrte Harnausscheidung (Polyurie) – Einleitung

Polyurie bezeichnet ein Symptom, das durch eine vermehrte Harnausscheidung charakterisiert ist. Typischerweise wird ein Urinvolumen von mehr als 3 Litern pro Tag als Polyurie klassifiziert.

Synonyme und ICD-10: ICD-10-GM R35: Polyurie

Polyurie tritt häufig in Kombination mit Polydipsie auf, einem gesteigerten Durstgefühl, das als kompensatorische Reaktion auf den Flüssigkeitsverlust dient. Diese Symptome können Hinweise auf zugrunde liegende Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Diabetes insipidus oder chronische Nierenerkrankungen sein und sollten entsprechend abgeklärt werden.

Die Polyurie gehört zu den Miktionsstörungen (Störungen/Beschwerden bei der Blasenentleerung).

Formen der Polyurie

  • Nächtliche Polyurie (NP): Vermehrte Urinproduktion, die auf die Nacht beschränkt ist. Die NP ist einer der häufigsten Gründe einer Nykturie (nächtlicher Harndrang) beim erwachsenen Mann.

Abgrenzung

  • Nykturie: Bezeichnet die verstärkte Harnproduktion während der Nacht, sodass der Betroffene mehrmals in der Nacht zur Toilette gehen muss.
  • Pollakisurie: Drang zu häufigem Wasserlassen (erhöhte Miktionsfrequenz), wobei es nicht zu einer vermehrten Harnausscheidung (Polyurie) kommt.

Ursachen der Polyurie

Eine Polyurie kann Symptom vieler Erkrankungen sein, darunter:

  • Endokrinologische Erkrankungen:
    • Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
    • Diabetes insipidus (Wasserharnruhr)
    • Hyperaldosteronismus (Überproduktion von Aldosteron)
  • Nierenerkrankungen:
    • Chronische Niereninsuffizienz (chronische Nierenschwäche)
    • Akute Tubulusnekrose (akutes Nierenversagen)
  • Elektrolytstörungen:
    • Hypercalcämie (erhöhter Calciumspiegel im Blut)
    • Hypokaliämie (erniedrigter Kaliumspiegel im Blut)
  • Medikamentöse Ursachen:
    • Diuretika (harntreibende Mittel)
    • Lithium (Medikament zur Behandlung von bipolaren Störungen)
  • Psychogene Polydipsie: Zwanghaftes Wassertrinken

Differentialdiagnosen

  • Nykturie: Nächtlicher Harndrang
  • Pollakisurie: Häufiges Wasserlassen ohne vermehrte Harnausscheidung
  • Diabetes mellitus: Zuckerkrankheit
  • Diabetes insipidus: Wasserharnruhr
  • Chronische Niereninsuffizienz: Chronische Nierenschwäche
  • Hyperaldosteronismus: Überproduktion von Aldosteron

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen und Männer sind gleichermaßen betroffen.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten, ist jedoch häufiger bei älteren Erwachsenen und Personen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Nierenerkrankungen zu beobachten.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Die Prävalenz variiert je nach zugrunde liegender Ursache. Patienten mit schlecht eingestelltem Diabetes mellitus haben häufig eine Polyurie.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Häufig liegt aufgrund der Polyurie bei den Betroffenen eine Exsikkose (Austrocknung) vor. Nicht selten ist eine psychogene Polydipsie der Grund für eine Polyurie. Im Allgemeinen beginnt die Polyurie schleichend und wird oft erst bemerkt, wenn sie zu signifikanten Flüssigkeitsverlusten führt.

Prognose

Durch die Therapie der Grunderkrankung kann die als unangenehm empfundene Polyurie im Regelfall beseitigt werden. Die Prognose hängt von der Ursache der Polyurie ab. Bei guter Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung kann die Symptomatik oft deutlich reduziert oder vollständig behoben werden. Bei unbehandelten oder schwerwiegenden zugrunde liegenden Erkrankungen kann die Prognose ungünstiger sein, insbesondere wenn die Polyurie zu einer schweren Dehydratation (Flüssigkeitsverlust) führt.