Nierensteine (Nephrolithiasis) – Medikamentöse Therapie
Therapieziel
- Besserung der Schmerzsymptomatik
Therapieempfehlungen
Beachte: Gemäß aktueller S2k-Leitlinie kann bei Patienten mit neu diagnostiziertem Harnleiterstein bis zu 7 mm Durchmesser der Spontanabgang unter regelmäßiger Kontrolle abgewartet werden.
Die häufigste Behandlungsmaßnahme der akuten Nierenkolik ist die konservative Therapie mit dem Ziel des spontanen Steinabgangs (Expulsion; medizinische Expulsionstherapie; engl. Medical Expulsive Therapy, MET):
- Flüssigkeitsgabe, um die Harnproduktion über 2 l/Tag zu steigern.
- Analgetika (Schmerzmittel): nichtsteroidale Antirheumatika (z. B. Indometacin), Metamizol und Opioid-Analgetikum (Tramadol)
- Spasmolytika (krampflösende Medikamente)
- Alphablocker (Tamsulosin)
- Indikation für eine MET: Konkremente < 10 mm (DGU-Leitlinie: ≤ 5 mm), Beschwerden unter Kontrolle, Nierenfunktion normal und keine Harnwegsinfektion (HWI). Ergebnisse:
- MET versagte bei 21 % [4]
- In einer Studie mit 1.167 Patienten mit symptomatischen Ureterstein (≤ 10 mm) konnte nachgewiesen werden, dass für eine medikamentöse explusive Therapie (MET): 4 Wochen lang täglich 400 µg Tamsulosin bzw. 30 mg Nifedipin) im Vergleich zu einer Placebotherapie keine statistisch relevante Differenz bestand [1].
- Begleitende Therapiemaßnahmen:
- Wärmeanwendungen wie warme Packungen oder warme Vollbäder
- Darmentleerung durch einen Einlauf oder Laxantien
- Kleine Harnsteine (< 5 mm) gehen in > 80 % der Fälle spontan ab! Die Zeit bis zum Spontanabgang beträgt durchschnittlich 30 bis 40 Tage. Dieses kann durch ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Bewegung gefördert werden.
- Um abgehende Harnsteine aufzufangen, sollte der Patient dazu über ein Sieb urinieren. Anschließend sollten die Steine analysiert werden, um eine adäquate Metaphylaxe (Schutz vor erneutem Auftreten der Erkrankung) einleiten zu können.
Wirksamkeit von Analgetika bei Nierenkolik
- In einer randomisierten-kontrollierten Studie konnte mit i.m. Applikation eines NSAR eine wirksamere Schmerzlinderung bewirkt werden als mit ein Opioid i.v. Studienziel war eine mindestens 50%ige Schmerzreduktion nach 30 Minuten. Das primäre Studienziel, wurde mit Diclofenac bei 68 %, mit Paracetamol bei 66 % und mit Morphin bei 61 % der Patienten erreicht. Des Weiteren war in der NSAR-Gruppe seltener eine Rescue-Analgesie (mit demselben Wirkstoff) erforderlich (12 % vs. 20 % bzw. 23 %) [3].
- Alternative zu Analgetika: Injektion von sterilem Wasser (ISWI) zur akuten Schmerzlinderung bei Nierenkolik. ISWI war anderen Gruppen mit Standardbehandlung (Diclofenac i.m., Paracetamol i.v. bzw. Tramadol i.v.) kurzfristig signifikant überlegen. Nach 60 Minuten allerdings war der Vorteil ausgeglichen [5].
Weitere Maßnahmen:
- Harnableitung bei medikamentös nicht beherrschbaren Koliken, hochgradiger Obstruktion (Verschluss) mit konsekutiver Harnstauungsniere und /oder steigenden Retentionswerten/Aufstau harnpflichtiger Substanzen (postrenales Nierenversagen) – s. u. "Operative Therapie"
Falls eine Harnleiterschiene gelegt wird: Alphablocker senken die Beschwerden durch eine Harnleiterschiene signifikant [1]. - Chemolitholyse (steinauflösende Wirkstoffe) – in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Steines/der Steine, s. u. Metaphylaxe (Harnsteinprophylaxe) – und/oder ggf. Einsatz steinabtreibender Medikamente (Diuretika/entwässernde bzw. harntreibende Arzneimittel)
- Orale Chemolitholyse bei Harnsäuresteinen (Erstlinientherapie): Urineinstellung auf Urin pH 7,0-7,2 mit z. B. Kalium-Natrium-Hydrogencitrat (Alkalicitrat)
- Geht der Stein nicht spontan ab, so muss eine operative Therapie (s. u. "Operative Therapie; ggf. auch Lithotrypsie) erfolgen.
- Siehe auch unter "Weitere Therapie"
Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)
Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für den Säure-Basen-Haushalt sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:
- Vitamine (D3)
- Mineralstoffe (Calcium, Kalium, Magnesium)
- Spurenelemente (Zink)
- Weitere Vitalstoffe (Fruchtsäuren – Citrat (gebunden in Magnesium-, Kalium- und Calciumcitrat))
Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.
Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
Literatur
- Pickard R et al.: Medical expulsive therapy in adults with ureteric colic: a multicentre, randomised, placebo-controlled trial. Lancet 2015, online 19. Mai; doi: 10.1016/S0140-6736(15)60933-3
- Lamb AD et al.: Meta-analysis showing the beneficial effect of alpha-blockers on ureteric stent discomfort. BJU Int. 2011 Dec;108(11):1894-902. doi: 10.1111/j.1464-410X.2011.10170.x
- Pathan SA et al.: Delivering safe and effective analgesia for management of renal colic in the emergency department: a double-blind, multigroup, randomised controlled trial. Lancet 2016, online 15. März; doi: 10.1016/S0140-6736(16)00652-8
- Portis AJ et al.: Unsuccessful Medical Expulsive Therapy: a Cost to Waiting? Urology 2015, online 25. September; doi: 10.1016/j.urology.2015.07.048
- Az A et al.: Intradermal Sterile Water Injection: Safe and Effective Alternative for Relief of Acute Renal Colic in the Emergency Department. J Emerg Med 2023; https://doi.org/10.1016/j.jemermed.2023.10.014
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Urolithiasis: Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe. (AWMF-Registernummer: 043 - 025), Mai 2019 Langfassung