Nächtliches Wasserlassen (Nykturie) – Anamnese
Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Nykturie (nächtliches Wasserlassen) dar.
Familienanamnese
- Wie ist der allgemeine Gesundheitszustand Ihrer Angehörigen?
- Gibt es in Ihrer Familie Erkrankungen, die häufig vorkommen?
Soziale Anamnese
- Welchen Beruf üben Sie aus?
- Gibt es Hinweise auf psychosoziale Belastungen oder Belastungen auf Grund Ihrer familiären Situation?
Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
- Wie lange haben Sie bereits nächtlichen Harndrang?
- Wie häufig müssen Sie nachts zur Toilette? Wie viel Urin kommt bei einem Toilettengang?
- Wie häufig müssen Sie innerhalb von 24 Stunden insgesamt zur Toilette?
- Wie viel trinken Sie pro Tag? Was trinken Sie?
- Trinken Sie vor dem Schlafen gehen viel? Was trinken Sie vor dem Schlafengehen?
- Wie sieht der Urin aus? Hat er sich im Farbe, Geruch, Menge, Beimengungen verändert?
- Haben Sie abends geschwollene Knöchel?
- Welche weiteren Beschwerden liegen vor?
Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese
- Schlafen Sie gut und ausreichend?
Eigenanamnese inkl. Medikamentenanamnese
- Vorerkrankungen (urologische Erkrankungen, internistische Erkrankungen)
- Operationen
- Strahlentherapie
- Impfstatus
- Allergien
- Schwangerschaften
Medikamentenanamnese
- Antibiotika
- Gentamycin
- Tetracyclin
- Amphotericin B (Antimykotikum)
- Anticholinergika (Polydipsie!/wg. vermehrten Trinkens) – Wirkstoffgruppe, die die Wirkung des Transmitters Acetylcholin hemmt
- Antidepressiva (MAO-Hemmer; SSRI = Selective Serotonin Reuptake Inhibitor) – Nykturie durch zentralnervöse Effekte
- Antiepileptika – Nykturie durch zentralnervöse Effekte
- Antihypertensiva
- Bronchodilatatoren
- Calciumantagonisten (Calciumkanalblocker; Wirkstoffgruppe, die bei Bluthochdruck eingesetzt wird) ‒ führt zur Polyurie
- Chlorpromazin (Polydipsie!) – Wirkstoff aus der Gruppe der Antipsychotika (Neuroleptika)
- Diuretika (Arzneimittel zur Ausschwemmung von Wasser) – insbesondere bei abendlicher Einnahme
- Thiazide (Chlortalidon, HCT, Xipamid, Indapamid)
- Schleifendiuretika (Furosemid, Torasemid)
- Aldosteronantagonisten (Spironolacton, Eplerenon)
- kaliumsparende Diuretika (Triamteren)
- Dopaminantagonisten – Nykturie durch zentralnervöse Effekte
- Drogen: Cannabis (Haschisch und Marihuana), Ecstasy, Heroin, Kokain oder Speed (Amphetamine)
- Glibenclamid (orales Antidiabetikum)
- Hormone
- Glucocorticoide (Polyurie)
- Schilddrüsenhormone (Thyroxin)
- Glucocorticoide (Polyurie)
- Hyponatriämie-begünstigende Medikamente:
- ACE-Hemmer (u. a. Lisinopril, Ramipril)
- Antidiuretika (Desmopressin, Terlipressin)
- Antiepileptika (Carbamazepin)
- Diuretika, insbesondere Thiazid-Diuretika (s. o.)
- SSRIs (Citalopram)
- Theophyllin – Wirkstoff, der zu den Xanthinderivaten gehört und vor allem im Rahmen der Therapie des Asthma bronchiale eingesetzt wird
- Thioridazin (Polydipsie!) – Wirkstoff aus der Gruppe der Antipsychotika (Neuroleptika)
- Lithiumkarbonat – Wirkstoff, der einen renalen Diabetes insipidus begünstigen kann
- Psychopharmaka (atypische Neuroleptika, Valproinsäurederivate, trizyklische Antidepressiva)
- Stimulanzien – z. B. Alkohol, Koffein, Nikotin, Ephedrin, Kokain, Speed (Amphetamine)
- Sympathomimetika (Medikamente, welche die Wirkung des Sympathikus verstärken)
Hinweis auf Führen eines Tagesbuches
Es sollte ein Tagebuch (Miktionsprotokoll; Harntagebuch; Blasentagebuch) über 2/14 Tage geführt werden mit folgenden Eintragungen:
- Miktionsfrequenz an 2 Tagen
- Miktionsvolumen
- 1. Morgenurin
- maximales Miktionsvolumen (ohne Berücksichtigung des 1. Morgenurins)
- mittleres Miktionsvolumen (ohne Berücksichtigung des 1. Morgenurins)
- nächtliche Urinmenge (1. Morgenurin + nächtliche Urinmenge)
- Trinkmenge/24 h an 2 Tagen
- Einschlafzeit und Aufstehzeit
- Beschwerden wie Inkontinenz, Drang oder Schmerzen
- Harnkontinenzereignisse in 14 Tagen
- Stuhlinkontinenzereignisse in 14 Tagen