Minimal-Change-Glomerulonephritis – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Minimal-Change-Glomerulonephritis (MCGN), auch als Minimal-Change-Nephropathie bekannt, ist eine Erkrankung der Glomeruli (Nierenkörperchen), bei der es zu einer Störung der Filtrationsfunktion der Nieren kommt. Die genaue Ursache der Erkrankung ist noch unklar, aber es wird angenommen, dass eine autoimmunologische Komponente beteiligt ist.
Primäre pathophysiologische Mechanismen
Störung der T-Zell-Aktivität
Die Hauptursache für die MCGN scheint in einer Fehlregulation des Immunsystems zu liegen. Es wird vermutet, dass T-Lymphozyten (T-Zellen), eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen, die eine wichtige Rolle in der Immunabwehr spielen, bei der Entstehung der Krankheit eine zentrale Rolle spielen. Eine gestörte T-Zell-Aktivität könnte zu einer veränderten Immunantwort führen, die die Podozyten (spezialisierte Zellen der Nierenkörperchen) schädigt.
- T-Zell-Dysfunktion: Die genaue Rolle der T-Zellen bei MCGN ist bislang nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch angenommen, dass diese Zellen eine übermäßige Immunreaktion auslösen, die die Podozyten beeinflusst. Dies könnte durch die Freisetzung von Zytokinen oder anderen immunologischen Mediatoren geschehen, die die Struktur und Funktion der Podozyten schädigen.
Schädigung der Podozyten
Die Podozyten sind wichtige Zellen in den Glomeruli, die die glomeruläre Filtrationsbarriere aufrechterhalten. Bei der MCGN kommt es zu einer Fehlfunktion der Podozyten, was zu einer Störung der glomerulären Filtration führt. Elektronenmikroskopisch lässt sich eine Verbreiterung der Podozytenfortsätze (Füßchenfortsätze) erkennen, die normalerweise eng miteinander verzahnt sind und die Filtrationsfunktion unterstützen.
- Veränderungen der Podozyten: Bei der MCGN sind die Podozyten an einigen Stellen von der glomerulären Basalmembran abgelöst, was zu einer gestörten Architektur des glomerulären Filters führt. Diese strukturellen Veränderungen führen zu einem erhöhten Verlust von Proteinen über den Urin, was eine Proteinurie (erhöhte Eiweißausscheidung im Urin) verursacht.
Sekundäre pathophysiologische Veränderungen
Glomeruläre Filtrationsstörung
Die Schädigung der Podozyten führt zu einer Beeinträchtigung der glomerulären Filtrationsfunktion. Normalerweise verhindern die Podozyten den Verlust von Proteinen aus dem Blut in den Urin. Bei MCGN kommt es jedoch zu einer erhöhten Durchlässigkeit der glomerulären Basalmembran, was zu einer Proteinurie führt.
- Verlust von Lipoproteinen: Durch die gestörte Filtrationsbarriere kommt es auch zu einer vermehrten Filtration von Lipoproteinen, was zu fettigen Ablagerungen in den proximalen Tubuli (Nierenkanälchen) führt. Diese Ablagerungen sind ein lichtmikroskopisches Zeichen für das Vorliegen der MCGN.
Minimal-Change-Befund
Der Begriff "Minimal-Change" bezieht sich auf die Tatsache, dass die Veränderungen in den Nierenkörperchen lichtmikroskopisch kaum erkennbar sind. Das Nierengewebe scheint weitgehend normal zu sein, und nur sehr geringe strukturelle Veränderungen sind zu erkennen. Dies macht die Diagnose oft schwierig, da die klinischen Symptome im Vergleich zu den histologischen Befunden oft schwerwiegender erscheinen.
- Elektronenmikroskopische Befunde: Erst bei einer Untersuchung im Elektronenmikroskop werden die strukturellen Veränderungen sichtbar, wie die Verbreiterung der Podozytenfortsätze und die Abhebung der Podozyten von der Basalmembran.
Klinische Manifestation
Leitsymptome
- Proteinurie (Eiweiß im Urin): Die Schädigung der Podozyten führt zu einer massiven Proteinurie, oft im Rahmen eines nephrotischen Syndroms. Dies ist das häufigste klinische Zeichen der MCGN.
- Ödeme (Wassereinlagerungen): Durch den Verlust von Albumin (ein wichtiges Eiweiß im Blut) kommt es zu einem kolloidosmotischen Druckverlust im Blut, was zu Wassereinlagerungen im Gewebe führt.
Fortgeschrittene Symptome
- Hyperlipidämie (erhöhte Blutfettwerte): Aufgrund des erhöhten Verlusts von Proteinen, insbesondere von Albumin, reagieren die Leberzellen mit einer erhöhten Produktion von Lipoproteinen, was zu erhöhten Cholesterin- und Triglyzeridwerten führt.
- Hypoalbuminämie (niedriger Albuminspiegel im Blut): Der massive Eiweißverlust über den Urin führt zu einem deutlichen Abfall der Albuminwerte im Blut, was die Ödembildung (Wassereinlagerung im Gewebe) verstärkt.
Assoziierte Faktoren
Obwohl die genaue Ursache der MCGN nicht bekannt ist, wurden einige assoziierte Faktoren identifiziert, die mit der Krankheit in Verbindung gebracht werden:
- Infektionen: Bestimmte virale Infektionen, wie Hepatitis B und Hepatitis C, sowie andere systemische Infektionen könnten mit der Entwicklung von MCGN in Verbindung stehen.
- Allergische Reaktionen und Medikamente: Einige Fälle von MCGN sind mit allergischen Reaktionen auf Medikamente oder Impfungen verbunden.
- Autoimmunerkrankungen: Eine Fehlfunktion des Immunsystems, wie sie bei Autoimmunerkrankungen auftritt, könnte zur Entwicklung der MCGN beitragen.
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Die Minimal-Change-Glomerulonephritis (MCGN) ist eine Erkrankung der Glomeruli, bei der es zu einer Schädigung der Podozyten kommt, was eine gestörte Filtration in den Nieren zur Folge hat. Diese Störung wird durch eine Fehlregulation des Immunsystems, insbesondere der T-Zellen, verursacht, die die Podozytenfunktion beeinträchtigen. Trotz minimaler struktureller Veränderungen im lichtmikroskopischen Bild zeigt die elektronenmikroskopische Untersuchung deutliche Veränderungen, wie eine Verbreiterung der Podozytenfortsätze. Die Hauptsymptome der MCGN sind massive Proteinurie und Ödeme, häufig im Rahmen eines nephrotischen Syndroms.
Ätiologie (Ursachen)
Krankheitsbedingte Ursachen
- Hämatologische Neoplasien (Blutkrebs)
- Morbus Hodgkin (Lymphogranulomatose) – ein bösartiger Tumor des Lymphsystems
- Nach atopischen Anfällen bei einer Allergie
- Nach Infekten verschiedenster Art, unter anderem auch bei einer HIV-Infektion
- Nahrungsmittelallergie
- Non-Hodgkin-Lymphom – bösartiger Tumor des Lymphsystems, der nicht die Diagnosekriterien des Morbus Hodgkin erfüllt
- Paraneoplastische (neben einer bestehenden Krebserkrankung auftretend) Syndrome – bei verschiedenen bösartigen Tumoren wie dem Mesotheliom, dem Nieren-, Mamma- (Brustkrebs), Kolon- (Darmkrebs) oder Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs)
Medikamente
- Interferon α – Medikamente mit antiviraler (gegen Viren gerichtete), wachstumshemmender und immunregulatorischer Eigenschaft
- Lithium
- Nicht-Steroidale Antiphlogistika (NSAR) – Schmerzmittel wie Ibuprofen
- Penicillamin (Chelatbildner)
- Quecksilber
- Rifampicin – Antibiotikum (Medikament gegen bakterielle Infektionen)
Weitere Ursachen
- Nach Impfungen