Harnsteine (Urolithiasis) – Folgeerkrankungen

Im Folgenden die wichtigsten Erkrankungen bzw. Komplikationen, die durch die Urolithiasis (Harnsteine) mit bedingt sein können:

Symptome und abnorme klinische und Laborparameter, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)

  • Dysurie – erschwerte (schmerzhafte) Harnentleerung; verursacht durch Verletzungen der Wand der Harnröhre durch den wandernden Stein

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Blutungen
  • Harnsteinrezidiv (s. u. Prognosefaktoren)
  • Rezidivierende (wiederkehrende) Harnwegsinfektionen (HWI); Achtung! Harnwegsinfektionen und Harnsteine fördern sich gegenseitig.
  • Stauungsniere durch Harnrückstau mit Ausbildung einer Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
  • Strikturen (Narbenstränge) in Harnleiter oder Harnröhre
  • Urethritis (Harnröhrenentzündung)
  • Urosepsis – Blutvergiftung aufgrund von Infektionen im Bereich der ableitenden Harnwege; Hauptursache für die Harnsteinen bedingte Mortalität (Sterberate)
    • Frauen (ca. 3-fach häufiger eine Urosepsis) [1]

Prognosefaktoren

Hochrisikogruppe der Harnsteinbildner [modifiziert nach: S2k-Leitlinie]:

  • Biographische Ursachen
    • Genetische Belastung – genetisch determinierte Steinbildung (z. B.
      • Cystinurie (Typ A, B und AB) – genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; führt zu einer erhöhten Ausscheidung der Aminosäure Cystin, sowie den verwandten Aminosäuren Arginin, Lysin und Ornithin im Urin
      • Lesch-Nyhan-Syndrom (LNS; Synonyme: Hyperurikämie-Syndrom; Hyperurikose) – X-chromosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis (Störung im Purinstoffwechsel)
      • Mukoviszidose (Zystische Fibrose) – genetische Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang, die durch die Produktion von zu zähmen Sekret in verschiedenen Organen gekennzeichnet ist.
      • Hereditäre Hyperoxalurie (primäre Hyperoxalurie) – angeborene Stoffwechselstörung mit autosomal-rezessivem Erbgang, bei der zu viel Oxalat im Urin vorkommt
      • Renale tubuläre Azidose (RTA) Typ 1 – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, die zu einem Defekt Defekt der H+-Ionensekretion im Tubulussystem der Niere führt und infolgedessen zu einer Demineralisation des Knochens (Hypercalciurie und Hyperphosphaturie/vermehrte Ausscheidung von Calcium und Phosphat im Urin)
      • Xanthinurie – angeborene Stoffwechselstörung mit autosomal-rezessivem Erbgang, Störung im Purinstoffwechsel mit stark reduzierter Aktivität der Xanthinoxidase
      • 2,8-­Dihydroxyadeninurie  Mangel an Arginin-Phosphoribosyltransferase (APRT); autosomal-rezessiver Erbgang
    • Anatomische Anomalien, die eine Steinbildung bedingen können:
      • Hufeisenniere
      • Markschwammniere (tubuläre Ektasie)
      • Kelchdivertikel (Kelchaussackung), Kelchzyste
      • subpelvine ("unterhalb des Nierenbeckens") Harnleiterstenose (Harnleiterverengung)
      • Urethrozele – bruchsackartige Vorwölbung der Harnröhrenschleimhaut nach außen
      • vesiko-uretero-renaler Reflux (Synonyme: vesikoureteraler Reflux, vesiko-uretero-renaler Reflux, VRR, VUR, engl: vesicorenal reflux) – unphysiologischer Rückfluss von Harn aus der Blase über die Harnleiter (Ureteren) in das Nierenbecken; bei einem Harnwegsinfekt besteht so die Möglichkeit, dass infizierter Urin in die Harnleiter zurück in das Nierenbecken läuft. 
    • Positive Familienanamnese (familiäre Steinformation)
    • Kinder und Jugendliche
  • Krankheiten, die mit der Steinbildung assoziiert sind
    • Chronische gastrointestinale Erkrankung und bariatrische Chirurgie
    • Harntransportstörung
    • Harnsäure-­ und Uratsteinbildung (Gicht)
    • Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenüberfunktion)
    • Infektsteinbildung
    • Gastrointestinale Erkrankungen (M. Crohn, Colitis ulcerosa, Fettmalabsorptionssyndrom, Z.n. bariatrischer Chirurgie, Sprue)
    • Metabolisches Syndrom – klinische Bezeichnung für die Symptomkombination Adipositas (Übergewicht), Hypertonie (Bluthochdruck), erhöhte Nüchternglucose (Nüchternblutzucker) und Nüchterninsulin-Serumspiegels (Insulinresistenz) und Fettstoffwechselstörung (erhöhte VLDL-Triglyceride, erniedrigtes HDL-Cholesterin). Des Weiteren ist häufig auch eine Koagulationsstörung (vermehrte Gerinnungsneigung), mit einem erhöhten Risiko für Thromboembolien nachzuweisen.
    • Nephrokalzinose – Ablagerung von Calcium-Salzen in den Nierengefäßen und Bindegewebe der Niere
    • Polyzystische Nierenerkrankung – Nierenerkrankungen, die durch das Vorkommen vieler Zysten (flüssigkeitsgefüllte Hohlräume) gekennzeichnet sind
    • Sarkoidose – granulomatöse Entzündung; sie gilt als entzündliche Multisystemerkrankung
    • Rückenmarksverletzungen, neurogene Blase
  • Umweltfaktoren
    • Chronische Bleibelastung
    • Cadmium
  • Weiteres
    • Häufig rezidivierende Steinbildung (≥ 3 Steine innerhalb von 3 Jahren)
    • Brushit-­ (CaHPO4 × 2 H2O) und Karbonatapatitsteinbildung
    • Bilaterale (beidseitige) große Steinmasse
    • Residualsteine ("Reststeine") nach vorausgegangener Therapie
    • Einzelniere (Niere selbst erhöht das Risiko der Steinbildung nicht besonders, aber es ist bei dieser Konstellation von größerer Bedeutung, das Wiederauftreten von Steinen zu verhindern)
    • Arzneimittelinduzierte Steinbildung

Literatur

  1. Down C et al.: Gender differences in acute stone admissions – should we have a lower threshold for treatment in female patients? BJUI 2 February 2021 https://doi.org/10.1111/bju.15363

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Urolithiasis: Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe. (AWMF-Registernummer: 043 - 025), Mai 2019 Langfassung