Harnröhrenverengung (Harnröhrenstriktur) – Operative Therapie

Falls beim Patienten eine Harnverhaltung oder eine hohe Restharnmenge vorliegt, sollte der Patient mit einer suprapubischen Blasenfistel versorgt werden. Ein bestehender Harnwegsinfekt (HWI) wird entsprechend behandelt.

Endouroskopische Therapieverfahren:

  • Bougierung (Aufdehnung der Engstelle) ‒ hat nur einen zeitlich begrenzten Effekt (Wiederauftreten der Enge nach 4-6 Wochen)
  • Urethrotomia interna (interne Urethrotomie; Harnröhrenschlitzung) ‒ hohe Rezidivrate von bis zu 60 %; besser geeignet bei kurzstreckiger Striktur im bulbären Anteil (zwischen Schließmuskel und Beginn des mobilen Penis) der Urethra (Harnröhre) (bulbäre Harnröhrenstriktur)

Offen chirurgische Therapieverfahren (rekonstruktive Eingriffe):

  • Resektion der Striktur und End-zu-End-Anastomosierung (zwei Harnröhrenabschnitte werden an ihren eröffneten Enden wieder aneinander genäht werden, sodass ein kontinuierlicher Verlauf entsteht); gute Ergebnisse bei kurzstreckigen Strikturen (< 2,5 cm) der bulbären Harnröhre (ca. 90 %)
  • Urethroplastik (Harnröhrenplastik) mit freiem Graft (Transplantat z. B. Vorhaut oder Mundschleimhaut) – bei längerstreckigen bulbären und penilen Strikturen
    • Die Erfolgsrate nach einer primärer Urethroplastik liegt mit 79-95 % sehr hoch.
    • Falls ein erneuter Eingriff wegen eines Rezidivs erforderlich war, lag gemäß einer Studie bei den meisten Patienten eine bulbäre Striktur (71, 4 %) vor.
      Bei Wiederholung der Harnröhrenplastik mit bukkaler Schleimhaut der kontralateralen Wangenseite, lag die Erfolgsrate, definiert als Anteil der Patienten ohne Harnröhrenverengung, bei 82 % (Follow-up: 45,6 Monate). Damit stellte die Primärtherapie kein Risikofaktor für den erneuten Eingriff dar [1].
  • Perineale Urethrostomie (Boutonnierère) ‒ bei Ausnahmesituationen mit komplett destruierter Harnröhre (z. B. nach urethralem Stent); palliatives Verfahren, bei dem die Urethra (Harnröhre) unterhalb des Skrotums (Hodensack) eingenäht wird
    Beachte: Eine Miktion (Wasserlassen) via naturalis wird durch diesen Eingriff ebenso unmöglich wie eine normale Ejakulation.
  • Bulboprostatische Anastomose der Harnröhre

Mögliche Komplikationen der offen chirurgischen Therapie:

  • Ejakulationsstörungen (25 %)
  • Penisdeviationen, ventrale (5-20 %)
  • Sensibilitätsstörungen der Glans penis/Eichel (15 %); bei End-zu-End-Anastomose
  • Hautnekrosen (15 %); bei Flap (Lappen)-Urethroplastik
  • Fistelbildung (5 %); bei Flap-Urethroplastik

Postoperativ erfolgt bei fast allen Eingriffen abhängig von Art und Umfang die zeitweise Einlage eines Harnblasenkatheters, welcher im Verlauf nach wenigen Tagen bei endourologischen Verfahren bzw. 2-3 Wochen nach offen-chirurgischen Eingriffen, entfernt werden kann.

Weitere Hinweise

  • Die Analyse von 128 Männern, die wegen einer anterioren Harnröhrenstriktur (vorderen Harnröhrenenge) eine interne Urethrotomie (s. o.) vornehmen ließen, zeigte eine Erfolgsrate von 51,6 %. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 16 Monate. Im Mittel dauerte es sechs Monate, bis die Urethra (Harnröhre) erneut verengt war [2].
    Nach dem Rezidiv (Wiederauftreten der Erkrankung):
    • 35,5 % erhielten als Standardtherapie eine Urethroplastik (s. o.).
    • 29 % erhielten eine erneute interne Urethrotomie (s. o.).
    • Ein Drittel der Patienten (33,9 %) wünschte keine weitere Therapie.
  • Die Anlage einer suprapubischen Harnableitung (Harnableitung per Blasenkatheter, der oberhalb des Schambeins durch die Bauchwand in die Harnblase eingeführt wird und so den Urin unter Umgehung der Harnröhre ableitet) vor einer operativen Korrektur einer hochgradigen anterioren Striktur ändert in 47 % der Fälle die Operationsplanung [4]:
    • meist von Augmentation zu Exzision der Engstelle, aber auch umgekehrt
    • in 8 % der Fälle änderte sich die Lokalisation, von nur bulbär zu bulbär und penil
    Die Autoren stellten zudem fest, dass trotz optimaler urethraler Bildgebung mit suprapubischer Zystostomie (künstlicher Blasenausgang) die Strikturlänge bei Männern mit hochgradig verengter Harnröhre im Durchschnitt um 0,8 cm unterschätzt wird.
  • Wird bei einer Harnröhrenstriktur der Zeitpunkt für eine Urethroplastik über Jahre hinausgeschoben, kann es bei der Rekonstruktion zu vermehrten Komplikationen kommen. Pro Jahr Verzögerung bis zur Rekonstruktion unterzogen sich die Männer durchschnittlich 0,9 (± 2,4) endoskopischen Prozeduren. Diese Behandlungen scheinen Strikturen zu verlängern und die Komplexität der Reparatur zu erhöhen [3].

Literatur

  1. Rosenbaum CM et al.: Redo-Buccal Mucosa Graft Urethroplasty: Success Rate, Oral Morbidity and Functional Outcome. BJU Int 2016; online 12. Mai. doi: 10.1111/bju.13528
  2. Kluth LA et al.: Direct Vision Internal Urethrotomy for Short Anterior Urethral Strictures and Beyond: Success Rates, Predictors of Treatment Failure and Recurrence Management. Urology 2017, online 4. Mai; doi: 10.1016/j.urology.2017.04.037
  3. Viers BR et al.: Delayed Reconstruction of Bulbar Urethral Strictures is Associated with Multiple Interventions, Longer Strictures, and More Complex Repairs. J Urol 2017; online 18. August. doi: https://dx.doi.org/10.1016/j.juro.2017.08.081
  4. Moncrief T et al.: Urethral Rest with Suprapubic Cystostomy in Obliterative or Nearly Obliterative Urethral Strictures: Urethrographic Changes and Implications for Management. J Urol 2017, online 24. November https://doi.org/10.1016/j.juro.2017.11.110