Membranöse Glomerulonephritis – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die membranöse Glomerulonephritis (MGN) ist eine Erkrankung der Nieren, bei der die Glomeruli (Nierenkörperchen) durch die Ablagerung von Immunkomplexen (Antigen-Antikörper-Komplexen) geschädigt werden. Diese Immunkomplexe lagern sich unter der Basalmembran der Glomeruli ab und führen zu einer Verdickung der Glomerulären Basalmembran (GBM), was die Filterfunktion der Niere beeinträchtigt. Die Erkrankung kann primär oder sekundär auftreten.

Primäre membranöse Glomerulonephritis

In den meisten Fällen (insbesondere in Deutschland) tritt die MGN als primäre Glomerulonephritis auf, wobei die genauen Ursachen häufig unbekannt sind. In bis zu 80 % der Fälle bleibt die Ursache unklar, weshalb sie als idiopathisch bezeichnet wird.

Pathophysiologische Mechanismen

  • Bildung von Autoantikörpern: Bei der primären MGN spielt die Bildung von Autoantikörpern gegen körpereigene Strukturen der Glomeruli eine zentrale Rolle. Diese Autoantikörper binden an Antigene auf den Podozyten (spezialisierte Zellen der Glomeruli), was zur Bildung von Immunkomplexen führt. Besonders häufig werden Autoantikörper gegen das Phospholipase-A2-Rezeptor (PLA2R)-Antigen auf den Podozyten nachgewiesen.
  • Ablagerung von Immunkomplexen: Die Antigen-Antikörper-Komplexe lagern sich in der subepithelialen Region der Glomeruli unterhalb der glomerulären Basalmembran ab. Diese Ablagerungen aktivieren das komplementäre System, was eine lokale Entzündungsreaktion auslöst und zur Schädigung der Glomeruli führt.
  • Schädigung der glomerulären Barriere: Die Komplementaktivierung und die dadurch verursachte Entzündung führen zur Verdickung der glomerulären Basalmembran und zu einer Schädigung der Filtrationsbarriere. Dies erhöht die Durchlässigkeit der Kapillarwände für Proteine, was zur Proteinurie (Verlust von Proteinen im Urin) führt.

Sekundäre membranöse Glomerulonephritis

Die sekundäre membranöse Glomerulonephritis tritt im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen oder Infektionen auf. Besonders in Asien wird MGN häufig im Zusammenhang mit Hepatitis-B- oder Hepatitis-C-Infektionen beobachtet.

Pathophysiologische Mechanismen bei sekundärer MGN

  • Virusinfektionen: Bei Hepatitis-B- oder Hepatitis-C-Infektionen werden virale Antigene in den Glomeruli abgelagert, die dann die Bildung von Immunkomplexen auslösen. Diese Immunkomplexe führen, wie bei der primären Form, zu einer Entzündungsreaktion und zu einer Schädigung der glomerulären Barriere.
  • Andere Ursachen: Sekundäre MGN kann auch durch andere systemische Erkrankungen wie Autoimmunerkrankungen (z. B. systemischer Lupus erythematodes), Tumorerkrankungen oder Medikamentennebenwirkungen ausgelöst werden.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

Verdickung der glomerulären Basalmembran

Die Ablagerung der Immunkomplexe in der subepithelialen Region führt zur Verdickung der glomerulären Basalmembran. Dies ist ein charakteristisches histopathologisches Merkmal der MGN und trägt zur gestörten Filtrationsfunktion der Niere bei.

Proteinurie und nephrotisches Syndrom

Die gestörte Filtrationsbarriere führt zur Proteinurie (erhöhter Eiweißausscheidung im Urin), was zu einem nephrotischen Syndrom führen kann. Typische Merkmale des nephrotischen Syndroms sind:

  • Schwere Proteinurie
  • Hypoalbuminämie (niedrige Albuminwerte im Blut)
  • Ödeme (Wassereinlagerungen im Gewebe)
  • Hyperlipidämie (erhöhte Blutfettwerte)

Klinische Manifestation

Leitsymptome

  • Proteinurie: Der Verlust von Proteinen im Urin ist das häufigste klinische Zeichen der MGN und kann zu einem nephrotischen Syndrom führen.
  • Ödeme: Aufgrund der Hypoalbuminämie können ausgeprägte Ödeme, besonders an den Beinen und um die Augen, auftreten.

Fortgeschrittene Symptome

  • Bluthochdruck: Die Nierenschädigung kann zu einer verminderten Ausscheidung von Flüssigkeit und Elektrolyten führen, was zu Bluthochdruck führt.
  • Niereninsuffizienz: Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu einer progressiven Niereninsuffizienz (fortschreitende Störung der Nierenfunktion) kommen, die schließlich eine Dialyse (Blutwäsche) erfordert.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die membranöse Glomerulonephritis (MGN) ist eine immunvermittelte Erkrankung der Glomeruli, bei der es zur Ablagerung von Immunkomplexen in den Nierenkörperchen kommt. In den meisten Fällen tritt die Erkrankung als primäre MGN auf, wobei Autoantikörper gegen Antigene der Glomeruli gebildet werden. In Asien und anderen Regionen tritt die sekundäre Form häufig im Zusammenhang mit Hepatitis-B- oder Hepatitis-C-Infektionen auf. Beide Formen führen zur Schädigung der Filtrationsbarriere der Niere, was zu Proteinurie und im schlimmsten Fall zu einem nephrotischen Syndrom oder einer Niereninsuffizienz führen kann.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern
    • Genetische Erkrankungen
      • Sichelzellenanämie (med.: Drepanozytose; auch Sichelzellanämie, engl.: sickle cell anemia) – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, die die Erythrozyten (rote Blutkörperchen) betrifft; sie gehört zur Gruppe der Hämoglobinopathien (Störungen des Hämoglobins; Bildung eines irregulären Hämoglobins, dem sogenannten Sichelzellhämoglobin, HbS)
  • Geschlecht – Männer (weißer Hautfarbe) sind häufiger von der idiopathischen Form betroffen

Krankheitsbedingte Ursachen (= sekundäre membranöse Glomerulonephritis)

  • Autoimmunerkrankungen wie der systemische Lupus erythematodes (SLE)
  • Diabetes mellitus
  • Hepatitis B und C (Leberentzündung)
  • HIV
  • Malaria – durch Stechmücken übertragene Tropenkrankheit
  • Malignome (bösartige Erkrankungen):
    • Bronchial-, Mamma-, Kolon- und Magenkarzinom (Lungen-, Darm- und Magenkarzinom)
    • z. B. durch Thrombospondin Type 1 Domain Containing 7A bei einer Patientin mit einem Gallenblasenkarzinom [1, 2]
  • Morbus Crohn  chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED); sie verläuft meist in Schüben und kann den gesamten Verdauungstrakt befallen; charakterisierend ist der segmentale Befall der Darmmukosa (Darmschleimhaut), das heißt, es können mehrere Darmabschnitte befallen sein, die durch gesunde Abschnitte voneinander getrennt sind
  • Syphilis (Lues)

Medikamente

  • Captopril – Antihypertensivum (Medikament gegen Bluthochdruck)
  • Chlormethiazol – Medikament, das bei einem Entzug gegeben wird
  • Gold – wurde beim Rheuma als Medikament eingesetzt
  • Nicht-Steroidale Antiphlogistika (NSAR) – Schmerzmittel wie Ibuprofen
  • Penicillamin (Chelatbildner)
  • Probenecid (Gichtmittel)
  • Trimethadion – Antiepileptikum (Medikament gegen Krampfanfälle)

Weitere Ursachen

  • Quecksilber

Literatur

  1. Hoxha E et al.: A Mechanism for Cancer-Associated Membranous Nephropathy. N Engl J Med 2016; 374:1995-1996May 19, 2016 DOI: 10.1056/NEJMc1511702
  2. TomaAutoantibodies against thrombospondin type 1 domain–containing 7A induce membranous nephropathy. J Clin Invest. 2016. doi:10.1172/JCI85265.